Forschung

Was die Forschung untersucht und herausfindet, wird durch  Wissenstransfer greifbar und verständlich.
Und ermöglicht so sinnvolles und effektives Handeln für die Meere .

Im Boden der Weltmeere lagern bis zu 16 Millionen Tonnen Mikroplastik

Ein Strand ist übersäht mit Müll aus kleinem Makro- und Mikroplastik

© sergeitokmakov / Pixabay

An der Meeresoberfläche im Pazifik schwimmt ein Müllstrudel mit der vierfachen Größe von Deutschland und unter Wasser sieht es noch schlimmer aus. In einer australischen Studie berechneten Wissenschaftler:innen eine Gesamtmenge von neun bis 16 Millionen Tonnen Mikroplastik in den Böden unserer Weltmeere. Jedes weitere Jahr kommen ungefähr 1,5 Millionen Tonnen dazu. Während Plastik eine gesundheitliche Gefahr für Tiere und Menschen darstellt, produziert Phytoplankton einen Großteil des Sauerstoffs, den wir atmen. Dass an vielen Orten bereits mehr Plastikpartikel als Plankton im Meer schwimmen könnte, ist besorgniserregend. Mit dem Verbot von bestimmten Plastikprodukten im Jahr 2021 erhofft sich die Politik, diese Mengen zukünftig zu reduzieren. 

Den zugehörigen Artikel „Im Boden der Weltmeere lagern bis zu 16 Millionen Tonnen Mikroplastik“ vom 07.10.2020 findet ihr bei Spiegel Online.

Wenn ihr in eurem Alltag mehr auf die Vermeidung von Mikroplastik achten wollt, könnt ihr euch den Einkaufsratgeber vom BUND angucken. Weitere Alternativen zu (Einweg)Plastik findet ihr bei unserer Kampagne BLUE STRAW.

DAM-Pilotmissionen untersuchen Einfluss von Grundschleppnetz-Fischerei auf Meeresschutzgebiete in Nord- und Ostsee

Ein großes Fischernetz wurde an einem Strand angespült

© Joshua J. Cotten / Unsplash

Pressemitteilung, 30.11.2020, Deutsche Allianz für Meeresforschung

Berlin, 30. November 2020 Welche Auswirkungen hat der Ausschluss der Fischerei mit Grundschleppnetzen auf die Meeresschutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee? Mit dieser Kernfrage beschäftigen sich zwei Pilotmissionen in Nord- und Ostsee, die im Rahmen der Forschungsmission „Schutz und nachhaltige Nutzung mariner Räume“ der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM) im März gestartet sind. Die Frage stand auch im Mittelpunkt der Auftaktveranstaltung zu den Pilotmissionen, die aufgrund der COVID-19-Beschränkungen heute im digitalen Raum stattfand. Rednerinnen und Redner aus Politik, Behörden, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutierten über Herausforderungen einer nachhaltigen Fischerei und Nutzung von Nord- und Ostsee (Programm).

Forschungsfokus Grundschleppnetz-Fischerei für effektives Schutzgebiet-Management

Grundschleppnetze, mit denen bodennah lebende Fische wie Schollen, Seezungen, Kabeljau (Dorsch) oder Garnelen gefangen werden, beeinträchtigen den Meeresboden und die dort siedelnden Lebensgemeinschaften erheblich. Je nach Fanggebiet und -methode können Lebensräume wie Sandbänke, Riffe, Muschelbänke oder Sandkorallen unterschiedlich stark geschädigt werden. Daher soll die mobile grundberührende Fischerei (MGF) zumindest in Teilen der deutschen und europäischen Meeresschutzgebiete in den kommenden Jahren ausgeschlossen werden.

Die beiden DAM-Pilotmissionen bieten nun die Chance zu verfolgen, wie sich die Schutzgebiete nach Ausschluss der grundberührenden Schleppnetzfischerei entwickeln. Dafür wird zunächst der aktuelle Umweltzustand in ausgewählten Regionen inner- und außerhalb von Meeresschutzgebieten in der AWZ von Nord- und Ostsee als Referenz erforscht und dokumentiert, um danach zu analysieren, wie sich Lebensgemeinschaften, Meeresbodenmorphologie, Biogeochemie der Meeressedimente und Austauschprozesse zwischen Sediment und Wassersäule ohne weitere Störungen entwickeln. Solche Einflüsse auf Meeresschutzgebiete sind bisher kaum untersucht und die Ergebnisse bieten eine wichtige Grundlage für ein zukünftiges Management der Schutzgebiete in Nord- und Ostsee.

Vorsorgeforschung für einen nachhaltigen Umgang mit den Küsten, Meeren und Ozeanen

Für diese Art von Vorsorgeforschung hätten die norddeutschen Bundesländer mit dem Bund die Deutsche Allianz Meeresforschung (DAM) im letzten Jahr geschaffen, betonte Bettina Martin, die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, in ihrem Grußwort: „Die Deutsche Allianz Meeresforschung hat das Potential, eine der weltweit größten und erfolgreichsten marinen Forschungsallianzen zu werden. Damit wir dieses Ziel erreichen können, müssen sich alle vier Kernbereiche der DAM entfalten können: Forschung, Infrastrukturen, Datenmanagement und Digitalisierung sowie Transfer. Es bedarf der gemeinsamen Kraftanstrengung aller Partnerinnen und Partner, damit dieses wichtige Projekt schon bald seinem Anspruch gerecht werden kann und eine Spitzenstellung in der internationalen Meeresforschung einnimmt.”

Volker Rieke, Leiter der Abteilung Zukunftsvorsorge – Forschung für Grundlagen und nachhaltige Entwicklung im Bundesministerium für Bildung und Forschung, beschrieb in seinem Grußwort die Erwartung der Politik: „Die Forschungsmissionen der Deutschen Allianz Meeresforschung sollen nicht nur exzellente Forschung ermöglichen. Wichtig ist auch der Transfergedanke: Das Ziel ist, das erlangte Wissen in die Umsetzung zu bringen. Politik und Gesellschaft benötigen konkretes Handlungswissen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.“ 

Handlungsorientierte Forschung zur Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie

Mit den Pilotmissionen leistet die Meeresforschung einen Beitrag zur Umsetzung der 2008 unterzeichneten EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) für die deutschen Teile der Nord- und Ostsee. Deutschland stehe hier in der Pflicht, eine Verbesserung des Umweltzustandes von Nord- und Ostsee zu erreichen, sagte Christiane Paulus, Leiterin der Abteilung Naturschutz und nachhaltige Naturnutzung im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, in ihrem Grußwort. „Die Deutsche Allianz Meeresforschung ist für unsere Arbeit eine wichtige Verbündete. Ich freue mich deswegen sehr über diese Neu-Gründung. Die handlungsorientierten Forschungsergebnisse der DAM für einen nachhaltigen Umgang mit den Meeren werden uns helfen, der Verantwortung gerecht zu werden, die Deutschland für Arten und Lebensräume in seinen sowie den Meeren weltweit hat.“

Klaus Jürgens, Projektleiter der Pilotmission Ostsee am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), erwartet von den Pilotmissionen neue Erkenntnisse über die Bedeutung von Meeresschutzgebieten für den Erhalt lebensraumtypischer Artengemeinschaften, Sedimentfunktionen und Ökosystemprozesse in der Ostsee als Grundlage für Empfehlungen zum Management der Naturschutzgebiete. „Wir erfassen in unseren Untersuchungen alle Komponenten, von Bakterien und Stoffumsetzungen bis zur Fischfauna, und bekommen damit das erste Mal ein umfassendes Bild der Auswirkungen grundberührender Fischerei auf die Ökologie der Meeresschutzgebiete in der Ostsee,“ erklärte er beim Podiumsgespräch.

Es müssten geeignete Schutzmaßnahmen entwickelt werden, um den Umweltzustand in Nord- und Ostsee zu verbessern und dem möglichen Verlust der Artenvielfalt zu begegnen, erläuterte Karen Wiltshire, Projektleiterin der Pilotmission Nordsee und Stellvertretende Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Die menschliche Zukunft ist eng mit intakten Meeresökosystemen verknüpft. Wir benötigen Wissen, einen effektiven Wissenstransfer und Vorsorge, um die Nutzung mit dem Schutz dieser Systeme zu verbinden. Die Pilotmissionen sind ein wichtiger Baustein in diesem unabdingbaren Prozess.”

Wissen wirksam machen, Meeresschutzgebiete effektiver managen

In Meeresschutzgebieten soll die biologische Vielfalt erhalten und wiederhergestellt werden. Dafür werden für jedes Gebiet Managementpläne abgestimmt, die Schutzmaßnahmen für die vorkommenden Arten und Lebensräume enthalten. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) ist verantwortlich für die Umsetzung der Managementpläne in den Meeresschutzgebieten der AWZ. Britta Knefelkamp, als Abteilungsleiterin im BfN für Meeresnaturschutz zuständig, verspricht sich von den Pilotmissionen wissenschaftsfundierte Ergebnisse, die im politischen Prozess nutzbar sind und die Abstimmung und konkrete Umsetzung fischereilicher Maßnahmen erleichtern können. „Diese Daten liefern uns neben dem behördlichen Monitoring Informationen über den aktuellen Zustand der Meeresschutzgebiete. Um die marinen Ökosysteme besser zu verstehen, Zustandsveränderungen rechtzeitig zu erkennen und effiziente Maßnahmen ergreifen zu können, müssen wir zukünftig die Zusammenarbeit von Naturschutz und Forschung noch weiter intensivieren.“

Der Auftaktveranstaltung folgt ein Fachtreffen am 1./2. Dezember, ebenfalls im Online-Format.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DAM (Deutsche Allianz für Meeresforschung).

In einer gemeinsamen Pressemitteilung warnen DEEPWAVE und andere Umweltverbände vor der Industrialisierung der Nord- und Ostsee. Mehr darüber erfahrt ihr in unserem Politikblog.

 

Kehren die großen Räuber in die Nordsee zurück?

Pressemitteilung, 26.11.2020, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Forschungsverbundprojekt BioWeb gestartet.

Senckenberg-Wissenschaftlerin Ingrid Kröncke koordiniert das neu gestartete Forschungsverbundprojekt „BioWeb“. Ziel der Projektpartner*innen ist es, die Veränderungen in der Artenvielfalt und in den Nahrungsnetzen der Nordsee zu untersuchen. Zudem sollen Lösungen für eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche zukünftige Nutzung entwickelt werden.

Wie sieht die Nordsee in zwanzig Jahren aus? Und welche Konsequenzen haben die rasanten Änderungen der Umwelt für die Artenvielfalt, die Nahrungsnetze und die Menschen, die von und mit der Nordsee leben? Diese Themen werden im neuen Forschungs-Verbundprojekt „BioWeb“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, untersucht. „Vor allem die Akteur*innen vor Ort im Nordseeküstenbereich, zu denen die lokale Fischerei, Aquakultur, Wirtschaft, Tourismus sowie Politik und Verwaltung gehören, brauchen Lösungsvorschläge, wie eine ökologisch, ökonomisch und sozial verträgliche zukünftige Nutzung der Nordsee aussehen kann und welche Möglichkeiten der Anpassung es für sie gibt“, so Frau Prof. Dr. Ingrid Kröncke von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und Koordinatorin des Verbundprojektes, zu denen auch das Alfred-Wegner-Institut, die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover und das Thünen-Institut für Seefischerei gehören.

Im Vergleich zur globalen Situation ändern sich die Artenvielfalt und das Nahrungsnetz der Nordsee besonders schnell, unter anderem angetrieben durch massive Zunahme der wirtschaftlichen Aktivitäten sowie durch den Klimawandel. Allerdings gibt es auch positive Signale: Wertvolle Fischbestände profitieren vom nachlassenden Fischereidruck und verminderte Nährstofffrachten der großen Flüsse wirken sich positiv auf die Eutrophierung der südlichen Nordsee aus. „Wie sich die Vielzahl der verändernden Faktoren auf die Zusammensetzung und Funktionsweise der Nahrungsnetze in der Nordsee auswirken und zusammenspielen werden, ist dagegen weitgehend unbekannt“, erklärt Kröncke.

Daher sollen in dem neuen Projekt vorhandene Daten aus vielen einzigartigen Langzeitreihen kombiniert werden, um besser zu verstehen, wie sich zukünftige Änderungen auswirken könnten – von der Verfügbarkeit der Nährstoffe an der Basis der Nahrungsketten bis hin zu großen Räubern, wie Thunfischen und Kegelrobben am oberen Ende. Dies sind die Grundlagen für Zukunftsszenarien, wie die Nordsee sich entwickeln wird, und damit Handlungsspielräume aufzeigen zu können. Kröncke hierzu: “Mit diesem Ansatz werden wir der Gesellschaft die notwendigen Entscheidungsgrundlagen bieten, die für Weichenstellungen zu einer nachhaltigen Nutzung der Nordsee gebraucht werden“.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Was es mit der Idee, Treibhausgase unter der Nordsee zu speichern, auf sich hat, könnt ihr in unserem Forschungs- und Klimablog nachlesen.

 

 

Lauwarm erwischt: Expedition zum Nordpol

Das Forschungsschiff kehrt von der MOSAiC Expedition zurück und legt in Bremerhaven an

© Alfred-Wegener-Institut / Nico Harms (CC-BY 4.0)

Die Mosaic-Expedition – die größte Arktis-Mission aller Zeiten – ist beendet. Die Polarstern erreichte am 12. Oktober 2020 wieder den Startpunkt ihrer Reise, Bremerhaven. Unter der Leitung des AWI waren 20 verschiedene Nationen an dem Projekt beteiligt, welches die Forscher:innen vor große Aufgaben stellte. Über ein Jahr lang wurden etwa 200 verschiedene Parameter erfasst, um das Eis und das Wasser rund um die Arktis nahezu lückenlos zu vermessen. Das Forschungsschiff ließ sich zweimal in einer Eisscholle festfrieren und driftete so um den Nordpol. Trotz der erschwerten Bedingungen aufgrund von Covid-19 konnte die Mission erfolgreich beendet werden. Die gesammelten Daten werden in den nächsten Jahren aufbereitet und mit Daten aus einer früheren Arktis-Expedition im Jahr 1893 verglichen. Die Auswertung wird deutlich machen, wie stark sich das Ökosystem jetzt schon aufgrund der Erderwärmung verändert hat.

Den zugehörigen Artikel von Marlene Weiß vom 13.10.2020 findet ihr bei der Süddeutschen Zeitung.

Ein Interview mit Alexander Gerst und Antje Boetius, der Leiterin des AWI, sowie einen Podcast zu der Mosaic-Expedition findet ihr in unserem Forschungsblog.

Meeresströmungen werden immer schneller

Schäumende Wellen in der Mittagssonne repräsentieren Meeresströmungen unter Wasser.

© Xavier Mounton Photographie / Unsplash

Die Erderwärmung bringt grundlegende Vorgänge in unseren Meeren durcheinander. Nun fanden Forscher:innen anhand eines globalen Beobachtungssystems heraus, dass drei viertel aller Meeresströmungen an Geschwindigkeit zugenommen haben. Ein verändertes Strömungsmuster der Ozeane beeinflusst die Windgeschwindigkeit, welche sich wiederum auf die Strömungen im Meer auswirkt. Die steigende Windenergie macht sich vorerst noch nicht im Schiffsverkehr bemerkbar, sorgt aber für globale Veränderungen. Die Windrichtung beeinflusst auch die Verteilung von Niederschlag. So kann es in betroffenen Gebieten durch mehr oder weniger Regen zu Dürren oder Überschwemmungen sowie zu starken Stürmen kommen. Das gesamte Ausmaß der Auswirkungen ist allerdings nur schwer abschätzbar und wird mit fortschreitender Erderwärmung zunehmend unberechenbarer. 

Den zugehörigen Artikel „Meeresströmungen werden immer schneller“ vom 06.02.2020 findet ihr bei Spiegel Online.

Einen Artikel über die Auswirkungen der Klimakrise auf den Agulhasstrom und weitere Informationen findet ihr sowohl unserem Forschungsblog als auch in unserem Klimablog.

Squalen in Covid-19 Impfungen erhöht Druck auf Haie

In dunklem Wasser kommt von der Seite ein grauer Hai ins Bild geschwommen.

© David Clode / Unsplash

Gebt Haien eine Stimme und unterschreibt die Petition Stop Using Sharks in COVID-19 Vaccine – Use EXISTING Sustainable Options.

Update vom 16. OktoberSharks, Squalene, and a SARS-CoV-2 vaccine

Laut der roten Liste der International Union for Conservation of Nature IUCN sind jetzt schon ein Viertel aller Haispezies aufgrund von Haifischflossenhandel, Umweltverschmutzungen und Fischerei gefährdet. Und wäre das nicht schon Druck genug für die Tiere, wird vermehrt Squalen in Covid-19 Impfungen eingesetzt.

Squalen ist ein Bestandteil des Leberöls von Haien. Man findet es in vielen Supplementen und in Kosmetikartikeln wie Make-Up, Sonnencreme und Nagellack. Jetzt wird es aufgrund seiner immunantwortverstärkenden Eigenschaft in der Forschung für einen Covid-Impfstoff benutzt. Hai-Squalen ist bereits in vielen Impfstoffen gegen Influenza- und Coronaviren vorhanden. Durch die aktuelle Situation steigt die Nachfrage erheblich.

Dass es andere, tierleidfreie und umweltfreundliche Squalenquellen gibt, wird außer Acht gelassen. Aus einigen Bakterien und Pflanzen wie Oliven und Zuckerrohr kann man den Stoff extrahieren. Doch diese Art der Gewinnung ist deutlich zeitintensiver, aufwendiger und verursacht somit ungefähr 30% mehr Kosten als die Entnahme aus der Haileber.

Um eine Tonne des Leberöls herzustellen, benötigt man 2500 bis 3000 Haie und so werden schätzungsweise 2,7 Millionen Haie jedes Jahr für den regulären Squalenbedarf getötet. Diese Zahl wird erheblich ansteigen, wenn sich die Nachfrage für Impfstoffe weiter erhöht. Je nach Dosis würden im schlimmsten Fall nach einer Hochrechnung bis zu 500000 Haie ihr Leben lassen. Diese Zahl beschreibt das Szenario von zwei Impfungen pro Person pro Jahr. Wenn die Impfung aber öfter verabreicht werden muss, zum Beispiel saisonal, erhöht sich diese Zahl dramatisch.

Wenn ihr in Zukunft Produkte ohne tierisches Squalen kaufen wollt, achtet sowohl auf „squalene“ als auch auf „squalane“ in der Produktbeschreibung. Informiert euch über die Herkunft der Inhaltsstoffe, denn oft wissen selbst die Unternehmen nicht, aus welchen Quellen sie das Squalen beziehen.

Weitere Informationen zu Hai-freien Produkten findet ihr bei den Shark Allies.

Schaut euch auch unseren Beitrag zur EU-Bürgerinitiative gegen Haifischflossenhandel an.

 

 

Forscher rätseln über Orca-Angriffe

Eine Gruppe von vier Orcas mit einem Orca im Vordergrund schwimmt im blauen Meer an der Wasseroberfläche

© NOAA / Unsplash

Das Beutespektrum von Orcas ist groß. Sie jagen Pinguine, Robben, Schwarmfische und sogar Haie. Der Mensch taucht unter diesen Schwertwalleckerbissen nicht auf. In Spanien ist man jetzt allerdings in Alarmbereitschaft, weil Orcas immer wieder Boote gerammt und beschädigt haben. Wissenschaftler:innen sind diese Orca-Angriffe ein Rätsel.

Die vermeintlichen Angreifer werden durch den Menschen vielfach bedroht. Orcas stehen ganz oben in der Nahrungskette und sind somit stark von der Schadstoff- und Müllverschmutzung betroffen. Giftstoffe gelangen durch falsche Entsorgung ins Meer und reichern sich im Körper der Tiere an. Plastikteile werden mit Nahrung verwechselt und verschluckt oder durch andere Lebewesen, die bereits Plastik im Organismus haben, konsumiert. Die Ortung von echter Nahrung wird außerdem durch Schiffslärm gestört.

Viele werden bei diesen Vorfällen an die bildstarken Beschreibungen genau solcher Angriffe aus dem Roman „Der Schwarm“ von Frank Schätzing erinnert. Versuchen sich die Orcas mit ihren Kollisionen Gehör zu verschaffen?

Beim Spiegel findet ihr den zugehörigen Artikel.

Nur die Weichen bleiben

Links und rechts ragen zwei große, bunt bewachsene Steinkorallen aus dem Meeresboden, im Hintergrund tummeln sich kleine Fische

© Fezbot2000 / Unsplash

Korallenriffe, wie das berühmte Great Barrier Reef an der australischen Ostküste, verschwinden zunehmend. Genau wie bei anderen Ökosystemen auch sorgt der Klimawandel bei den Korallen für eine Verschiebung der dominanten Arten. Vor allem Steinkorallen – diejenigen, die für die Bildung großer Riffe zuständig sind – sind gefährdet. Weichkorallen wie die Lederkorallen oder die Gorgonien hingegen sind anders aufgebaut und können sich besser an veränderte Bedingungen anpassen. So ergeben sich neue Zusammensetzungen, die sich auf das ganze Ökosystem Meer auswirken. Meeresbiologin Andrea Quattrini vom National Museum of Natural History in Washington hat diese Auswirkungen jetzt untersucht und ihre Ergebnisse zusammengetragen.

Süddeutsche Zeitung, 31.08.2020, Autorin: Tina Baier

Trotz Klimakrise wird es weiter Korallen geben. Allerdings keine mehr, die Riffe bilden. Was bedeutet das für den Menschen?

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Veränderung des Klimas das Überleben der Korallen bedroht. Nach neuen Erkenntnissen gibt es die Nesseltiere seit 770 Millionen Jahren. Sie haben also schon öfter starke Veränderungen sowohl des Klimas als auch der chemischen Zusammensetzung der Ozeane mitgemacht.

[…]

Den vollständigen Artikel findet ihr bei der Süddeutschen Zeitung.

Weitere Informationen zu Korallenriffen könnt ihr in unserer Themenübersicht finden und in unserem Factsheet Korallenriffe: Bedrohte Paradiese der Meere.

 

 

Tassen statt Tampons: die Meere schützen

Eine Frau mit blauem DEEPWAVE T-Shirt steht lachend am Rheinufer und wirft eine pinke Tasse (Menstruationscup) in die Luft, die ihr in die geöffnete Hand fallen wird.

© DEEPWAVE / Bea Baurmann

Für die Projektvorstellung August 2020 der Organisation one for the planet e.V. haben wir ein kleine Kampagne enwickelt, über die auf deren Website bis zum 31. August  abgestimmt werden konnte.

Unsere Gründungsidee und Hauptaufgabe ist es ja, Wissen zu teilen, um sinnvoll handeln zu können.
Für unsere Arbeit als NGO bedeutet das auch, dieses Wissen in konkreten Projekten und Kampagnen umzusetzen. Seit Anbeginn klären wir über die Problematik von Mikro- und Nanoplastik in den Meeren auf und mit unserer BLUE STRAW Kampagne haben wir anhand des Plastiktrinkhalms beispielhaft zeigen können, wie überflüssig Single Use Items sind und wie gefährlich für unsere Meeresumwelt.

Hier setzt unsere Kampagne Tassen statt Tampons: die Meere schützen an: Auch hier geht es darum, Alternativen für Einwegprodukte zu finden, die allzu oft in den Meeren landen, und diese Alternativen den Mädchen und Frauen vorzustellen, die nicht so leicht dazu Zugang haben.

Irgendjemand hat einmal ausgerechnet, dass eine Frau im Laufe ihres Lebens 10.000 Tampons benutzt, wir haben es hier also nicht mit einem Bagatellproblem zu tun. Abgesehen von der absurden Ressourcenverschwendung ist es kein Wunder, dass davon welche im Meer landen, direkt vom Strand, den Dünen oder über die Böschungen der Flüsse, inkl. rasch aufgerissener Verpackung. Ist ja nur so ein Fitzelchen. Menstruationstassen halten bis zu 10 Jahren. Das heißt abgesehen von allen anderen Vorteilen bräuchte eine Frau im Laufe ihres Lebens davon: vier.

Zeichnung eines Strandes von oben mit Wellensaum, an dem ein Tampon liegt, der Tampon ist als Foto dazugefügt, mit einem zweiten Tampon, der sich ins Meer auflöst

© DEEPWAVE / Illustration: Anna Mandel

Mit der finziellen Unterstützung der one-for-the-planet-Community könnten wir Menstruationstassen kaufen und diese verschenken. In Brennpunktschulen und Flüchtlingsprojekten, zu denen wir persönlichen Kontakt haben. So bieten wir Mädchen und Frauen die Möglichkeit, die Menstruationstasse auszuprobieren, die noch nicht von diesem Konzept gehört haben oder sich diese Investition nicht leisten können. Wir möchten ihnen ermöglichen, gesünder, angenehmer, kostengünstiger und auch selbstbewusster mit ihrer Periode umzugehen.

Und gleichzeitig betreiben wir dabei aktiven Meeresschutz, indem wir darüber aufklären, was solche Single Use Items anrichten, und dazu beitragen, dass weniger davon ins Meer gelangen. Jeder auch noch so minimale Kunststoffanteil bleibt und bleibt und bleibt im Meer… Und daher ist jede scheinbar noch so winzige Veränderung in unserem Alltagsleben entscheidend: jede Tasse zählt.

Aktualisierung

Die one-for-the-planet-Community hat für unser Projekt abgestimmt: wir können mit der Kampagne starten.

Herzlichen Dank an alle Unterstützer:innen!

Die aktualisierte Projetkbeschreibung findet ihr auf der Seite von one for the planet.

Mission Erde: Alexander Gerst und Antje Boetius tauchen ab

Alexander Gerst und Antje Boetius im Tiefsee U-Boot

© AWI/Joachim Jakobsen

Alexander Gerst begibt sich für die Fernsehserie “Mission Erde” an Orte, bei denen mittels Forschung versucht wird, das fragile Ökosystem Erde besser zu verstehen. Auf seiner Expeditionsreise traf er auch die Wissenschaftlerin und Leiterin des Alfred-Wegener-Institutes Antje Boetius, um mit ihr in die Tiefsee der Azoren abzutauchen. Anlässlich dieses vom SWR beauftragten Projekts haben wir mit Antje Boetius über ihre gemeinsame Reise gesprochen, ihre Begegnung mit einem Astronauten, den Schutz der Tiefsee und warum eine Tauchfahrt in die Tiefen der Meere zu einem ebenso entscheidenden Perspektivwechsel führen kann wie eine Reise ins All.

DEEPWAVE (DW): Aus dem Weltall betrachtet verschwinden alle Grenzen. Schon die ersten Astronauten in den 60ern berichteten von dieser einzigartigen Erfahrung, die Erde im Ganzen zu sehen. Wie von dort oben alles mit allem verbunden ist, doch auch wie ungeschützt wir sind. Alexander Gerst selbst sagte einmal, dass er dieses Erlebnis jedem von uns wünscht, damit wir mit eigenen Augen sehen, wie wir die Welt verändern. Aus welchem Grund wünschst du uns allen einmal die Tiefsee zu erleben?

Antje Boetius: Es ist schon ein einzigartiges Gefühl, in die Tiefe der Meere abzutauchen. Auch wenn ich nun schon öfter in den Genuss gekommen bin, jedes Mal fasziniert es mich aufs Neue, wenn das Sonnenlicht schon nach 100 Metern schwindet, die Blaufärbung sich in Schwarz verwandelt und man so versteht, dass die Tiefsee ein riesiger Raum des Planeten Erde ist. Dieser Perspektivwechsel ist anders als bei Astronauten, anstatt die Erde als kleine blaue Murmel wahrzunehmen, die etwas schutzlos im Universum kreist, taucht man in ihren Bauch und begreift seine eigene Winzigkeit und die gigantischen Dimensionen dieses unbekannten Raumes. Ich würde sagen, das macht etwas demütiger, aber gleichzeitig auch so neugierig.

DW: Der Weltraum und die Tiefsee könnten in vielerlei Hinsicht nicht verschiedener sein. Die Leere des Vakuums, verglichen mit unvorstellbarem Druck. Freie Sicht bis in entfernte Galaxien oder nur soweit die Scheinwerfer reichen. Absolute Stille verglichen mit Walgesängen, die über den ganzen Erdball zu hören sind. Hast du jetzt, wo du mit Alexander Gerst unterwegs warst, noch mehr ein Gefühl für die Einzigartigkeit der Tiefsee? Oder ging es in euren Gesprächen eher um die Gemeinsamkeiten, die Schwärze, das Schweben, die Enge oder Freiheit?

Boetius: Wir haben über beides viel gesprochen – vor allem über die Gemeinsamkeit, dass in der bemannten oder wie Alexander sagt „bemenschten“ Raumfahrt und Tiefseeforschung ein nicht zu unterschätzender Perspektivwechsel entsteht. Dass es wichtig ist, dass die internationale Gemeinschaft dafür die notwendigen Techniken vorhält, auch wenn Roboter immer besser im Erkunden werden. Es gibt viel Gemeinsames, wie das Bewusstsein für lebenserhaltende Versorgung durch Technik und Umwelt – das vielen Menschen fehlt, weil man sich so gar keine Gedanken machen muss, woher die Luft zum Atmen kommt und die Energie zum Leben. Und wir haben festgestellt, dass die unbedingte Neugierde und Lust auf das Erkunden und Verstehen fremder Räume in der Kindheit ein ganz starkes Gefühl ist.

DW: Du hast einmal von der Biolumineszenz gesagt, sie sei dort unten wie eine sternenklare Nacht im Gebirge, nur dass sich alle Sterne bewegen und blinken wie in der wildesten Disco. Konntet ihr beim Tauchgang selbstleuchtendes Leben sehen?

Boetius: Die Azoren, wo wir getaucht sind, sind da wirklich spektakulär. Es ist im U-Boot eine Herausforderung, alles so dunkel zu machen, dass man dieses Disco-Gefühl erreicht, was bedeutet, dass man auch die kleinen treibenden Lebewesen funkeln sehen sollte. Aber Joachim Jakobsen, der Pilot, hat uns das ermöglicht. Es war ein echter Wow-Moment für uns alle. Gerade weil die Lula 1000 eine große Plexiglas-Kuppel hat, kann man völlig eintauchen in die vielen Lichtsignale der Tiefseelebewesen.

DW: Die Biolumineszenz in der Tiefsee dient unter anderem der Kommunikation, man geht davon aus, dass mehr Lebewesen per Lichtsignal als akustisch kommunizieren. Spürt man diese Kommunikation, wenn man da mittendrin ist?

Boetius: Auf jeden Fall ist da viel Licht, und wir haben noch gar nicht erforscht, für was das alles gut ist. Es ist ja so, dass man Tiefseelebewesen nicht im Labor beforschen kann, man muss hintauchen, und an sich Stunden und Tage einfach mit Zusehen verbringen. Wir glauben, dass alle Formen von Verhalten und Kommunikation – Räuber/Beute, Sex, Kooperation, Verstecken, Vortäuschen und vieles mehr – durch Licht organisiert werden kann. Aber das gilt auch für Geräusche, die noch weniger beforscht sind. Die wenigsten Tiefsee-U-Boote und Roboter und auch leider nur sehr wenige Tiefseeverankerungen haben akustische Rekorder, da stehen wir ganz am Anfang. Aber wenn man hinhört, dann gibt es auf jeden Fall viele verschiedene Geräusche, Klicklaute, Knattern, Brummen und die tollen Walgesänge.

DW: Apropos hören, was hört man eigentlich überhaupt während einer Tauchfahrt? Hattet ihr die Gelegenheit Walgesängen zu lauschen, oder werden sie übertönt von den Hintergrundgeräuschen des Tauchboots – so wie wir es uns für die Stille rund um die ISS vorstellen? Oder ist der Lärm von Schiffsschrauben und Zivilisation schon in die Tiefe vorgedrungen?

Boetius: Im U-Boot hören wir zunächst vor allem Blasen platzen beim Ab- und Auftauchen, Pings für die Orientierung und dann ab und zu die eher scharrende Kommunikation zum Schiff. Wir können das Meeresleben draußen um uns herum nicht hören ohne zusätzliche Geräte. Für solche Horchposten in der Tiefsee nutzen wir daher passive hydroakustische Rekorder auf Verankerungen, da kommt Erstaunliches bei raus. Manche Geräusche kann man gar nicht zuordnen. Auf jeden Fall gibt es auch in der Tiefsee menschlichen Lärm zu detektieren, aber eher im Nordmeer und Mittelmeer, wo nach Gas und Öl gesucht wird.

Aufnahme aus dem all vom Ruhrgebiet im sehr trockenen Sommer 2018

© dpa / NASA

DW: Alexander Gerst hat 2018 Bilder des extremen Hitzesommers aus dem All geschossen und geschrieben “Schockierender Anblick. Alles vertrocknet und braun, was eigentlich grün sein sollte.” Hattet ihr ein ähnliches Erlebnis unter Wasser? Einen Anblick, der zeigt, wie sich die Klimakatastrophe auf die Tiefsee auswirkt?

Boetius: Das war eher über Wasser zu sehen. Es gibt vermutlich durch die Zunahme der Wärme im Meer monatelang und besonders als wir da waren Massen von Portugiesischen Galeeren. Der Stadtstrand war vorübergehend deswegen geflaggt. Die Taucher und Mariner vor Ort erzählten uns, dass dies sehr ungewöhnlich sei und erst in den letzten Jahren so oft vorkommt. In der Tiefsee der Azoren ist es dagegen wunderschön, da in 1000 Metern Wassertiefe beeindruckende Tiefseekorallenriffe wachsen.

DW: Was empfindest du, wenn du da unten die zerstörerischen Spuren des Menschen findest? Wie hat Alexander Gerst z.B. auf den Plastikmüll reagiert, den ihr vermutlich unweigerlich selbst dort gefunden haben werdet? Wie habt ihr euch darüber ausgetauscht?

Boetius: Wir haben beim Strandspaziergang nach einem Sturm enorm viel Kunststoffreste am Strand gesehen, mancher kam von sehr weit her. Der Golfstrom transportiert nicht nur Meeresschildkröten, sondern eben auch viel Müll zu den Azoren. Es waren viel Reste von Fischereinetzen zu sehen, auch wenn schon lange nicht mehr mit Netzen um die Azoren gefischt wird. Und im schwarzen Vulkansand sah man leicht vor allem blaue Kunststoffpartikel in Sandkorngröße. Darüber haben wir uns unterhalten: wie auch diese neue Schicht von Kunststoff in den Stränden und Meeresböden der Welt für unsere Generation ein Marker sein wird.

DW: Ihr beide seid an Orten, an die so leicht fast kein Mensch kommt, ihr seid in einem Medium, das für uns Normalsterbliche zu den Mythen gehört, den Seeungeheuern, den Sternen, nach denen wir greifen. Er oben, in dem Element, in dem wir das Göttliche verorten, du unten, in unserem Kulturkreis eher das Dunkle, Böse, die Verführung, das was einen hinabzieht. Immerhin haben wir den tiefsten Bereich des Meeres – das Hadal – nach dem griechischen Gott der Unterwelt – Hades – benannt. Warum sollten wir diesen weit entfernten, unzugänglichen Ort lieben und schützen? Schützt er uns? So wie die Sterne uns in unserer Vorstellung beschützen?

Boetius: So habe ich da noch gar nicht drüber nachgedacht, denn für mich ist „Unten“ in der Tiefe das Himmlische – die größte Lebensvielfalt der Erde, die Schöpfung des Lebens, das dunkle Paradies. Ich mache mir da mehr Sorgen um das „Oben“, besonders solange wir die Atmosphäre als kostenlose Müllhalde nutzen für unsere Abgase. Ich glaube, viele Menschen spüren Empathie für beide fremde, dem Menschen unzugängliche Orte. Wir fühlen uns besser, wenn wir wissen, dass es eine unvergängliche, pure, saubere Natur gibt, Wildnis. Nun sagen wir Meeresforscher, aber auch die Astronauten, schon länger: Menschen, passt auf diesen blauen Planeten Erde auf, es ist der Einzige, den wir haben. Und immer mehr Menschen lernen, dass wir dem Ozean viel zu verdanken haben, den Sauerstoff, den wir atmen, die Wärme im Winter, die Kühlung im Sommer, das Speichern von CO₂, ein Teil des Eiweißes, das wir brauchen. Wenn wir also den Zustand des Ozeans verschlechtern, dann müssen wir diese Leistungen anders organisieren und das ist schwierig und teuer.

DW: Und wie genau können wir ihn schützen?

Boetius: Begreifen, dass unser Handeln an Land die Ozeane verändert, auch wenn sie weit weg scheinen. An sich ist ja der Schutz des Lebens im Meer nun auch schon ein abgestimmtes politisches Ziel – wir haben viele Schutzziele vereinbart, für unsere Meere und die Ozeane weltweit. Aber zum Schützen gehört auch Hinschauen, Messen wie es dem Ozean geht, Überwachen, ob wir richtig mit ihm umgehen, und versuchen, das wieder herzustellen, was wir verloren haben, wie die Bestände der größten Walarten, die Gefährdung der meisten Haiarten, die Gesundheit der Korallenriffe und Mangroven sowie Seegraswiesen weltweit, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Für die Tiefsee, die größtenteils jenseits der ökonomischen Zonen der Staaten liegt, sind dabei besonders ein international organisierter Meeresschutz und klare Regeln sowie auch Kontrolle und Strafen gegen Verstöße wichtig. Leider ist da noch einiges zu tun, man könnte zum Beispiel erstmal die Tiefseefischerei auf Hoher See verbieten, um etwas mehr Ruheraum zu geben. Das könnte sogar zu besseren Fischereierträgen insgesamt führen.

DW: Du hast einmal gesagt, dass für dich das Abtauchen in die Tiefsee wie nach Hause kommen ist. Warum? Für manche ist die Vorstellung, in der Tiefe, völlig abhängig von Technik, im schwärzesten Schwarz zu sein, nicht gerade heimelig.

Boetius: Vielen Wissenschaftler:innen geht es so, dass sie Gefühle für das entwickeln, was sie lange beforschen. Bei mir sind es nun schon über 30 Jahre, dass ich die Weltmeere beforsche mit allen möglichen Technologien. Und besonders wenn ich dann abtauchen kann im Forschungs-U-Boot, aber auch mit den inzwischen gut ausgestatteten Tiefseerobotern, habe ich zuerst das Gefühl, vor Glück zu platzen, noch bevor dann die ernste, straff organisierte wissenschaftliche Arbeit losgeht.

DW: Letzte Frage, glaubst du, dass im Weltall zu sein bei dir das gleiche Gefühl auslösen könnte?

Boetius: Das müsste ich mal ausprobieren. Aber ich glaube: ja. Als ich Alexander Gerst zuhören durfte, wie er beschrieb, wie sich das Losfliegen, das Hinschauen, dieser fantastische Perspektivwechsel und besondere Expeditions-Auftrag für ihn anfühlt, dann habe ich auch Lust bekommen. Auch wenn die Vorbereitung da noch ungleich viel intensiver ist als bei uns, ganz abgesehen von den Auswahlprozessen für Austronaut:innen. Aber wenn ich bedenke, was es alles noch da draußen zu entdecken gibt, dann stelle ich es mir auch sehr wunderbar vor, Weltraumforscherin zu sein.

Danke für das Interview und viel Erfolg nicht nur in der Erforschung der Tiefsee, sondern auch für die restlichen Monate der MOSAiC Expedition!

Schütz mit uns die Tiefsee!

Erfahre noch mehr über die Tiefsee:

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