Forschung
Was die Forschung untersucht und herausfindet, wird durch Wissenstransfer greifbar und verständlich.
Und ermöglicht so sinnvolles und effektives Handeln für die Meere .
Meeresumweltsymposium 2018 zeigt positive Entwicklungen auf
Hamburg 22.06.2018
Die Entwicklungen zum Schutz der Meeresumwelt haben in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gezeigt.
Umweltbelastende Chemikalien haben auf Grund der gesetzlichen Regulierung in Nord- und Ostsee deutlich abgenommen. Einige Substanzen im Bereich der Flammschutzmittel nehmen bereits im Vorfeld des ab 2020 geltenden Verbotes ab. Die präsentierten Untersuchungen zum Verhalten von Seevögeln in der Nähe von Offshore-Windparks fließen in die Konsultationen zum Vorentwurf des Flächenentwicklungsplans für Nord- und Ostsee ein.
Das sind einige Ergebnisse aus dem 28. Meeresumwelt-Symposium in Hamburg. Schwerpunkte waren dieses Jahr Vorhaben zur Erreichung des Nachhaltigkeitsziels 14 „Schutz und Nachhaltige Nutzung der Meere und ihrer Ressourcen“ der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sowie Fragen im Bereich „Schifffahrt und Umwelt“, „Meeresmüll“, „Offshore-Windenergie und Seevögel“ und „Nachhaltige Aquakultur“.
In ihrer Rede zur Eröffnung zeigte die Präsidentin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie und maritime Botschafterin der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO, Monika Breuch-Moritz, auf, dass die internationalen Übereinkommen zum Schutz der Umwelt wirken. „Diese positiven Ergebnisse motivieren die Nutzer der Meere, sich weiter dem Umweltschutz zu verschreiben“, betonte sie vor rund 400 Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Umweltschutzverbänden, Politik und Medien. „Gerade beim Kampf gegen Müll im Meer ist es erforderlich, weltweit bei den Hauptbelastungspfaden von Land aus anzusetzen, um möglichst effektiv die Meeresumwelt zu schützen. “ Dies komme auch der dortigen Bevölkerung zugute, erläuterte sie.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Florian Pronold, bezeichnete Meeresschutz als das Bohren dicker Bretter auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Er warnte davor, die gleichen Anforderungen, die in den hochentwickelten Industrienationen umgesetzt werden können, an den Meeresumweltschutz in Entwicklungsländern zu stellen.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder betonte die Verantwortung der Nutzer der Meere, so auch der Schifffahrt für deren Schutz. Die Ablösung des Schweröls durch alternative Kraftstoffe, zum Beispiel verflüssigtes Erdgas LNG, sei ein wichtiger Schritt zu einem klimaneutralen Seetransport. Er forderte hierzu eine Innovationsoffensive in Forschung und Entwicklung.
Erste Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen des Verhaltens von Seetaucher, Trottellumme und Dreizehenmöwe im Bereich von Offshore-Windparks waren ein weiterer Bestandteil der Diskussion auf dem 28. Meeresumweltsymposium. Die Untersuchungen hatte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz in Auftrag gegeben, um die neuesten Erkenntnisse aus dem Betriebsmonitoring der Windparks auswerten zu lassen. Die Erkenntnisse werden in den Entwurf des Flächenentwicklungsplans von Nord- und Ostsee einfließen.
Das Meeresumwelt-Symposium ist die wichtigste interdisziplinäre Plattform zum Schutz der marinen Umwelt in Deutschland. Jährlich diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Umweltverbänden die drängenden Fragen und aktuellen Erkenntnisse zum Schutz der Meere.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist die zentrale maritime Behörde in Deutschland. Rund 850 Menschen in rund 100 Berufen befassen sich mit Aufgaben in der Seeschifffahrt, der Ozeanographie, der nautischen Hydrographie, der Offshore-Windenergie und der Verwaltung. Fünf eigene Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiffen operieren in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone von Nord- und Ostsee. Das BSH arbeitet international in mehr als 12 Organisationen und etwa 200 dort angesiedelten Gremien unter anderem bei der Entwicklung internationaler Übereinkommen mit. Das BSH ist eine Bundesoberbehörde und Ressortforschungseinrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur mit Dienstsitzen in Hamburg und Rostock.
Antarktisches Eis schwindet weiter
Das antarktische Eis scheint schneller zu schwinden als bisher angenommen. Forscher der Ice Sheet Mass Balance Inter-comparison Excercise (IMBIE) haben nun mithilfe von Satellitenbildern herausgefunden, dass die Antarktis in den letzten 25 Jahren im Durchschnitt 3.800 Tonnen Eismasse pro Sekunde verloren hat. Vor allem in der Westantarktis schwindet das Eis rasant. Allerdings kann nicht eindeutig gesagt werden, welche Entwicklung der Antarktische Eisschild nehmen wird. Denn dafür sind die Auswirkungen der Ozeanströme, der Lufttemperaturen und des Schneefalls auf die Antarktis noch unbekannt. Gleichzeitig ist die Entwicklung der Antarktis entscheidend für den Meeresspiegelanstieg. Würde das gefrorene Wasser vollständig abschmelzen, stiege der Meeresspiegel um 60 Meter.
Den Artikel Sie schmilzt von Alina Schadwinkel vom 13.06.2018 findet ihr bei Zeit Online.
UPDATE: Eine im Juni 2019 erschienene Studie bestätigt die Befürchtungen und beschreibt, dass zwei Gletscher der Westantarktis bereits jetzt instabil sind.
UPDATE: Die Antarktis spielt womöglich nicht nur eine große Rolle, um abzuschätzen, wie stark der Meeresspiegel ansteigen wird. Eine Studie belegt, dass der Zirkumpolarstrom künftig zunehmen und so den Klimawandel verstärken könnte.
BLUE STRAW Kampagne geht weiter!
Plastikmüll in den Meeren ist ja inzwischen in aller Munde – und das nicht nur im übertragenen Sinne: wer heute Fisch isst, verspeist dabei munter zerbröseltes Plastikspielzeug, alte Tupperdosen und vor allem eins: Strohhalme. Die heißen zwar so, sind aber genauso aus Plastik wie die Sixpackringe und Feuerzeuge der letzten Party. Milliarden Plastikstrohhalme, die ein Schlürfen lang benutzt werden – um dann 500 Jahre im Meer zu treiben. Wenn sie nicht vorher im Magen von Pottwalen landen, die daran elendig verenden, oder in den Nasen von majestätischen Meeresschildkröten, die daran ersticken. Dieses Video hat inzwischen fast jeder gesehen. Und dennoch: „Sie sind so schön BUNT! Sie sind so schön BILLIG! Gibt es nichts Wichtigeres?“
So war die Stimmung, als wir 2014 anfingen, unsere Strohhalm-Kampagne zu entwickeln. Plastikstrohhalme? Ein Problem? Für die Meere?
Wir haben mit unserer BLUE STRAW Kampagne darauf aufmerksam gemacht und gezeigt, dass es Alternativen gibt. Und haben mit dieser Kampagne so viele Menschen überzeugt, dass wir durch ihr Voting die Google Impact Challenge 2016 gewonnen haben.
Seitdem hat sich in rasantem Tempo so viel getan!
Die Meere sind in den Fokus gerückt wie nie zuvor. Heute ist fast allen bewusst, dass sie für unser Überleben auf diesem Planeten essentiell sind. Er heißt nicht umsonst der BLAUE Planet.
Und heute kennen wir die Zahlen: Plastikstrohhalme sind nicht pille palle. Sie landen über die Flüsse und Strände – wie wir bei unseren Müllsammelaktionen am Elbstrand immer wieder sehen – in den Meeren. Und bilden einen Hauptteil der Plastikmüllsuppe, an der unsere Meere langsam aber sicher ersticken, wenn wir nichts dagegen tun.
Weltweit werden derzeit Verbote von Einwegplastikartikeln entwickelt und durchgesetzt. (By The Way: Deutschland ist darin mal wieder am lahmsten…) Nur was nützen Verbote, wenn es keine greifbaren Alternativen gibt?
Daher war die Ursprungsidee der BLUE STRAW Kampagne zu zeigen, dass es Alternativen gibt und – anhand einer App – vor allem WO es sie gibt.
Natürlich ging es uns erst einmal um STROH, aus dem die Strohhalme waren, als sie erfunden wurden. Gutes, geeignetes, biologisch angebautes Roggenstroh war 2014 noch Luxus und Nischenware. Heute kommen die wenigen Pioniere im Anbau der plötzlich gestiegenen Nachfrage kaum nach.
Stroh ist gut, wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt, die Strohhalme als Wegwerfding zu benutzen. In Bars, Clubs, Cafés, Mensen und Kantinen, Coffee Shops, Eisdielen, Strandbars, Restaurants, Hotels und Ressorts, zu Hause und in der Tasche für Unterwegs gibt es inzwischen viel mehr gute, coole, hippe Alternativen. Allen voran unzerbrechliches Glas.
Und es gibt viele Initiativen, die sich mit viel Elan dafür einsetzen, dass irgendwann in ganz naher Zukunft der allerallerletzte Plastikstrohhalm benutzt wird.
DEEPWAVE hat mit der BLUE STRAW Kampagne den Anfang gemacht, den wir jetzt gemeinsam mit anderen Initiativen weiterentwickeln werden.
Alle die DEEPWAVE kennen, wissen, dass Onno die Kampagne entworfen und vorangetrieben hat, und dass er, wenn er an diesem Montag im Oktober 2016 wiedergekommen wäre, an ihr weitergearbeitet hätte.
Das tun wir jetzt für ihn. Und für die Meere.
Euer DEEPWAVE Team
Zero-Waste: Vancouver verbietet Einwegplastik

© 12019 / Pixabay © Games from Canada
Vancouver ist die erste Stadt in Kanada, die ab Juni 2019 Plastikhalme, Styroporbecher und To-Go Behälter verbietet. Das ist ein großer Schritt für die Stadt in Richtung ihrer „Zero-Waste“ Strategie, die sie bis 2040 erreichen möchte. Und das Problem ist sehr groß: Jede Woche landen allein 4,6 Millionen Plastikbecher und -tüten im Müll, wovon Einwegverpackungen etwa 50 Prozent des gesamten Mülls ausmachen. Die finanzielle Folge ist, dass der Staat jedes Jahr etwa 2,5 Millionen Dollar Steuergelder dafür ausgibt, die Umwelt sauber zu halten.
Im Rahmen der Zero-Waste Strategie hat sich Vancouver nicht nur der Vermeidung von Plastikmüll sondern von Müll im allgemeinen verschrieben. Bis 2040 sollen die Menschen keine Lebensmittel mehr wegwerfen und unbrauchbare Lebensmittel sollen kompostiert oder zu Öl verarbeitet werden. Die Stadt will zudem die Langlebigkeit von Produkten durch Reparaturen fördern und dazu anregen, Güter möglichst mit anderen Haushalten zu teilen. Durch diese Maßnahmen soll der Konsum eingeschränkt werden. Nun ist zu hoffen, dass die Zero-Waste Strategie bald Nachahmer findet und Vancouver bis 2040 seine Ziele erreicht.
Den Artikel Vancouver will be the 1st Canadian city to ban plastic straws, foam cups and foam containers von Josh Duncan vom 17.05.2018 findet ihr bei Kelowna Now.
Den vollständigen Bericht zur „Complete Zero Waste 2040“ Strategie findet ihr in diesem PDF.
Auch DEEPWAVE setzt sich mit der BLUE STRAW Kampagne und dem NoStraw-Shop für ein Ende der Wegwerfprodukte ein.
Gigantisches submarines Kaltwasserkorallen-Gebirge
Pressemitteilung, 04.03.2018, MARUM
Internationales Forscherteam untersucht Korallenriffe vor Mauretanien
Auf einer Länge von etwa 400 Kilometern erstreckt sich am Meeresboden vor der Küste Mauretaniens die weltweit größte zusammenhängende Kaltwasserkorallenstruktur. Dr. Claudia Wienberg vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen und ihre Kolleginnen und Kollegen haben untersucht, wie sich die Kaltwasserkorallen vor Mauretanien in den vergangenen 120.000 Jahren entwickelten. Ihre Ergebnisse haben sie in der Zeitschrift Quaternary Science Reviews veröffentlicht.
Anders als tropische Korallen, die in flachen, lichtdurchfluteten Gewässern leben, findet man Kaltwasserkorallen in Wassertiefen von mehreren hundert bis tausend Metern. Mehr als die Hälfte der bekannten, heute lebenden Korallenarten existieren in völliger Dunkelheit in der Tiefsee. Auch sie sind geschäftige Ingenieure, die beeindruckende Korallenriffe aufbauen. Maßgeblich an der Riffbildung beteiligt ist die Kaltwasserkorallenart Lophelia pertusa. Sie gehört zu den Steinkorallen und bildet stark verzweigte, buschartige Kolonien. Wo viele solcher Kolonien nebeneinander existieren, bilden sich riffartige Strukturen, die neuen Lebensraum bieten für verschiedene andere Tierarten wie Weichkorallen, Fische, Krebse und Schwämme. Eine Kaltwasserkoralle sitzt ihr Leben lang fest verbunden auf dem Substrat, auf dem die Larve einst siedelte. Kaltwasserkorallen wachsen bevorzugt auf ihresgleichen und lassen so über Zeiträume von Jahrtausenden bis Jahrmillionen riesige Strukturen am Meeresboden entstehen.
Alpen vor Mauretanien
Die weltweit größte zusammenhängende Kaltwasserkorallenstruktur mit einer Länge von etwa 400 Kilometern existiert entlang der Mauretanischen Küste. Hier erreichen die Korallenhügel Höhen von 100 Metern. „Die Größe der Hügel und die Länge dieser Strukturen ist wirklich speziell. Im Grunde genommen könnte man hier tatsächlich von einem Kaltwasserkorallen-Gebirge unter Wasser sprechen“, sagt Dr. Claudia Wienberg vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen. „Vor Mauretanien sind die einzelnen Kaltwasserkorallen-Hügel vermutlich über die Zeit zusammengewachsen. So etwas gibt es nirgendwo sonst in den Weltmeeren.“ Wienberg war Teil eines internationalen Teams von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, das an Bord des Forschungsschiffs MARIA S. MERIAN dieses Gebiet intensiv beprobte, um mehr über die Entwicklung der Kaltwasserkorallen zu erfahren. In einer Studie, die im Wissenschaftsjournal Quaternary Science Reviews veröffentlicht wurde, stellen sie und ihre Kolleginnen und Kollegen nun die Ergebnisse vor.
Sauerstoffmangel versetzte Korallen in Ruhezustand
Prof. Dr. Norbert Frank und sein Team von der Universität Heidelberg analysierten Korallenfragmente von der Oberfläche und aus verschiedenen Tiefen des Meeresbodens und bestimmten deren Alter. Mit diesen und weiteren Untersuchungen konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachzeichnen, wie sich die Kaltwasserkorallen vor Mauretanien in den vergangenen 120.000 Jahren entwickelten. So gab es in der Vergangenheit immer wieder Phasen, in denen die Wachstumsraten Spitzenwerte von 16 Metern pro 1000 Jahre erreichten. So schnell wächst nicht einmal das derzeit größte Kaltwasserkorallen-Riff vor Norwegen. Vor fast 11.000 Jahren stagnierte das Wachstum der Mauretanischen Korallenhügel. Zu dieser Zeit sind die Korallen wahrscheinlich gänzlich von den Hügeln verschwunden. Erst heute tauchen dort wieder vereinzelt lebende Kaltwasserkorallen auf. Das Wachstum der Korallen hängt von verschiedenen Umweltbedingungen ab, wie Wassertemperatur, Sauerstoffgehalt, dem Nahrungsangebot und den vorherrschenden Strömungen, die Nahrung zu den unbeweglichen Kaltwasserkorallen transportieren. Von allen Einflüssen machten die Forschenden den niedrigen Sauerstoffgehalt von etwa 1 Milliliter Sauerstoff pro Liter Wasser als kritischen Faktor aus. „Das ist extrem wenig. Ursprünglich wurde angenommen, dass bei 2,7 Milliliter pro Liter die unterste Grenze für Kaltwasserkorallen liegt, bei der sie zwar überleben, aber keine Riffe mehr bauen können“, so Wienberg. „Die vereinzelten Kaltwasserkorallen auf den Hügeln zeigen zwar, dass sie zumindest zeitweise sehr geringe Sauerstoffgehalte überleben können, aber gut geht es ihnen nicht.“
Die Ergebnisse zeigen, dass die Hochphasen der Kaltwasserkorallen, in denen die Hügel in die Höhe wuchsen, mit Zeiten zusammenfallen, in denen mit Sauerstoff angereicherte Wassermassen aus dem Norden in das Gebiet strömten. Waren die Kaltwasserkorallen in der Vergangenheit wie auch heute von sauerstoffarmen Wassermassen aus dem Süden umströmt, so wuchsen die Hügel nicht oder nur sehr langsam. Je nach vorherrschendem Klima verschob sich die Front zwischen diesen Wassermassen von Nord nach Süd und umgekehrt, und die Korallen wurden von sauerstoffreichem, dann wieder von sauerstoffarmem Wasser umströmt.
Wienbergs Theorie zufolge fanden die Kaltwasserkorallen bei extrem niedrigen Sauerstoffgehalten in kleineren Schluchten zwischen den großen Hügelstrukturen Zuflucht. In diesen Canyons finden sich heutzutage auch weit mehr Kaltwasserkorallen als auf den Hügeln. Die schwimmenden Korallenlarven sind über eine gewisse Strecke mobil, bevor sie sich endgültig niederlassen. So könnten Migrationsbewegungen von den Hügeln in die Canyons und – unter dem Einfluss der nördlichen Wassermassen – wieder zurück stattgefunden haben.
„Laut wissenschaftlicher Prognosen werden sich die Zonen mit geringem Sauerstoffgehalt in den Weltmeeren weiter ausdehnen“, so Wienberg. „Auch wenn Kaltwasserkorallen eine hohe Toleranz zeigen, so ist dies doch ein entscheidender Stressfaktor für diese Ökosysteme der Tiefsee. Hinzu kommen die durch den Klimawandel erhöhten Wassertemperaturen sowie die zunehmende Ozeanversauerung.“
Diese Pressemittelung findet ihr beim MARUM.
Weitere Informationen zu Korallenriffen und die Auswirkungen der Klimakrise auf das Great Barrier Reef, findet ihr in unserem Forschungs- und Klimablog.
Ozeanversauerung – die Grenzen der Anpassung
Pressemitteilung, 11.07.2016, GEOMAR
Weltweit längstes Labor-Experiment mit der Kalkalge Emiliania huxleyi zeigt, dass evolutionäre Anpassung an Versauerung nur eingeschränkt möglich ist
Die wichtigste einzellige Kalkalge der Weltmeere, Emiliania huxleyi, ist grundsätzlich in der Lage, sich durch Evolution an Ozeanversauerung anzupassen. Das bisher längste Evolutionsexperiment mit diesem Organismus zeigt jedoch, dass das Anpassungspotenzial nicht so groß ist, wie ursprünglich angenommen. So konnte sich die Wachstumsrate unter erhöhten Kohlendioxid-Konzentrationen auch nach vier Jahren nicht weiter nennenswert verbessern. Die Kalkbildung war sogar geringer als bei heutigen Zellen von Emiliania huxleyi. Die Studie zeigt, dass die evolutiven Effekte im Phytoplankton komplexer sind, als bisher angenommen.
In einem bislang einmaligen Evolutionsexperiment demonstrierten Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und des Thünen-Instituts für Seefischerei, dass sich die wichtigste einzellige Kalkalge der Weltozeane, Emiliania huxleyi, nur begrenzt per Evolution an Ozeanversauerung anpassen kann. Dass die Anpassung per Evolution möglich ist, hatten GEOMAR-Wissenschaftler bereits 2012 bewiesen. Jetzt, vier Jahre nach Start des Experiments, hat sich die Anpassung in den Wachstumsraten der Kalkalge nur wenig verbessert. „Das Anpassungspotential von Emiliania huxleyi ist doch geringer als ursprünglich vermutet. Auch nach vier Jahren Evolution kann die Kalkalge die Beeinträchtigungen des Wachstums durch Versauerung nicht komplett kompensieren“, erklärt Dr. Lothar Schlüter, Erstautor der Studie und ehemaliger Doktorand am GEOMAR. Ihre Ergebnisse, die im Rahmen des Exzellenzclusters „The Future Ocean“ und des deutschen Forschungsverbunds BIOACID (Biological Impacts of Ocean Acidification) gewonnen wurden, stellen die Forscher jetzt im Fachmagazin Science Advances vor.
Basis der Untersuchung war eine einzelne Zelle der Kalkalge aus dem Raunefjord in Norwegen. Da sich Emiliania huxleyi im Labor etwa einmal am Tag durch Teilung vermehrt, konnten aus dem Isolat zahlreiche genetisch zunächst identische Kulturen gewonnen werden. Für die Studie wurden jeweils fünf Kulturen unter konstanter Temperatur und drei unterschiedlichen Konzentrationen an Kohlendioxid (CO2) gehalten: Einem Kontrollwert mit heutigen Verhältnissen, den Bedingungen, die nach den kritischsten Berechnungen des Weltklimarats gegen Ende dieses Jahrhunderts erreicht werden könnten, und dem höchstmöglichen Grad an Versauerung.
Nach vier Jahren, beziehungsweise 2100 Algen-Generationen später, stellten die Wissenschaftler fest: Die Zellen angepasster Populationen teilten sich zwar deutlich schneller als die nicht-angepassten, wenn beide der Ozeanversauerung ausgesetzt waren. Aber ihre Fitness verbesserte sich nur unwesentlich. Nach einem Jahr trat zunächst eine leichte Steigerung der Wachstumsraten relativ zu den Kontrollkulturen ein, später jedoch kaum noch – was im Gegensatz zu vielen anderen Evolutionsexperimenten steht. „Offenbar hat die Anpassung Grenzen, und die Beeinträchtigung der Wachstumsrate kann durch Evolution nicht komplett kompensiert werden“, so Schlüter.
Einzellige Kalkalgen wie Emiliania huxleyi binden in ihren Kalkplättchen (Coccolithen) Kohlenstoff. Diese Kalkplättchen spielen als Ballast eine wichtige Rolle für den Kohlenstofftransport in den tiefen Ozean – und somit für die Fähigkeit der Weltmeere, Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufzunehmen und die Folgen des Klimawandels abzumildern. „Drei Jahre nach Beginn des Experiments war die Produktion an Kalkplättchen in den an höhere CO2-Konzentrationen angepassten Kulturen geringer als bei nicht-angepassten“, berichtet Prof. Thorsten Reusch, Leiter der Marinen Ökologie und Koordinator der Studie. „Uns überraschte, dass dieser Effekt nicht gleich zu Beginn des Experiments eintrat – denn wenn die Ozeanversauerung die biologische Kalkbildung behindert, müsste diese direkt reduziert werden.“ Entgegen der 2012 publizierten Ergebnisse über die Beobachtungen im ersten Jahr des Experiments konstatieren die Forscher jetzt, dass Evolution die negativen Effekte auf die Kalkbildung der einzelnen Mikroalgen verstärkt.
Die langfristig an Ozeanversauerung angepassten Kulturen hatten ihre Fähigkeit zur Bildung von Kalkplättchen jedoch nicht grundsätzlich reduziert. Wenn diese wieder heutigen CO2-Konzentrationen ausgesetzt wurden, war die Produktion wieder genauso hoch wie bei heutigen Kalkalgen. „Die Algen reduzieren die Kalzifizierung nur dann, wenn diese für sie aufwändiger ist – nämlich unter Ozeanversauerung“, betont Prof. Reusch. Zurzeit laufen weitere Untersuchungen, um die zellbiologischen Mechanismen zu verstehen, durch die ihre Kalkbildung reguliert wird. „Die evolutionäre Antwort von Phytoplankton-Organismen ist bei weitem komplexer als ursprünglich angenommen. Laborexperimente mit einzelnen Arten helfen uns, sie besser nachzuvollziehen. Nur mit diesem Wissen können wir abzuschätzen, wie der globale Wandel den Kohlenstoffkreislauf in Zukunft ändern wird.“
Diese Pressemitteilung findet ihr bei GEOMAR.
Neuste Entdeckungen zur Anpassung von Kalkalgen an die Ozeanversauerung findet ihr in unserem Beitrag „Was „Geisterfossilien” über vergangene Klimafolgen verraten“.
Meeresboden als Langzeitdeponie für Plastik
Pressemitteilung, 10.02.2016, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
Kieler Meeresforscher untersuchen Abbau von Plastiktüten im Sediment
Gemeinsame Pressemitteilung des Exzellenzclusters ‚Ozean der Zukunft‘ und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel
Egal ob an den Küsten der Antarktis oder auf den Sedimenten der Tiefsee – es gibt mittlerweile kaum noch einen Ort auf der Erde, an dem kein Plastikmüll zu finden ist. Doch wie lange Kunststoffe in den Meeren verbleiben, bis sie abgebaut sind, ist bislang kaum untersucht. Eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Kieler Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ hat jetzt die Veränderungen von handelsüblichen Polyethylen-Tüten mit denen von sogenannten kompostierbaren Plastiktüten in zwei für den Meeresboden typischen chemischen Umgebungen untersucht. Wie das Team in der internationalen Fachzeitschrift Marine Pollution Bulletin schreibt, haben Bakterien die kompostierbaren Tüten zwar deutlich schneller besiedelt. „Ein Abbau oder auch nur eine Veränderung des Materials war bei beiden Tüten nach hundert Tagen aber nicht feststellbar“, sagt Alice Nauendorf, Erstautorin der Studie.
Für die Untersuchungen hat das Team Sedimentproben aus der Eckernförder Bucht in der westlichen Ostsee genutzt. „In den oberen Schichten dieser Sedimentproben war noch Sauerstoff vorhanden, in den unteren nicht. Das ist typisch für Meeresböden weltweit“, erklärt die Meeresbiologin Nauendorf und ergänzt: „Diese Schichten unterscheiden sich auch in den Bakterienarten, die dort leben.“
In einem Laborexperiment wurden die beiden Tütensorten in jeweils sauerstoffhaltigem und sauerstoffarmen Sediment für rund hundert Tage eingelagert. Die sogenannte kompostierbare Tüte bestand nach Herstellerangaben aus biologisch abbaubarem Polyester, aus Maisstärke sowie aus nicht näher bezeichneten Inhaltsstoffen.
Anschließend nutzte das Team eine ganze Reihe von Analysemethoden wie hochpräzisen Gewichtsmessungen, die Fluoreszenzmikroskopie oder auch Rasterelektronenmikroskop-Untersuchungen, um mögliche Veränderungen des Materials nachzuweisen. „Wir konnten deutlich sehen, dass die kompostierbaren Tüten stärker mit Bakterien besiedelt waren – in den sauerstoffhaltigen Schichten fünfmal stärker, in den sauerstofffreien Schichten sogar achtmal stärker als die Polyethylen-Tüte“, sagt Nauendorf.
Gleichzeitig zeigten die Untersuchungen aber auch, dass sich das Material beider Tüten in den Hundert Tagen des Versuchs nicht verändert hat. „Es gab weder eine Gewichtsabnahme noch chemische Veränderungen. Demnach hat also kein Abbau stattgefunden“, betont Prof. Dr. Tina Treude, Hauptautorin der Studie, die mittlerweile an der University of California , Los Angeles (UCLA) arbeitet. Der genaue Grund für die unterschiedliche Besiedlung mit Bakterien blieb noch offen. „Wir konnten in der Polyethylen-Tüte einen antibakteriellen Stoff nachweisen. Möglicherweise hat er eine intensivere Besiedlung durch Bakterien unterbunden“, so Nauendorf.
Doch trotz der noch offenen Fragen zeigt der Versuch, dass Plastikabbau in den Sedimenten der Meere – wenn überhaupt – nur sehr langsam vonstattengeht. Auch die Besiedlung mit Bakterien ist offensichtlich keine Garantie für die chemische Umsetzung eines Stoffes. „Die Studie legt die Befürchtung nahe, dass die Sedimente der Meere eine Langzeitdeponie für Plastikmüll werden können. Was das mit den Ökosystemen der Meere macht, müssen zukünftige Studien noch zeigen“, sagt Professorin Treude.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Hier findet ihr die zugehörige Studie.
Nicht nur größere Plastikteile, auch Mikroplastik belastet den Meeresboden noch stärker, als bisher angenommen. Auf der anderen Seite wurde in einer Studie gezeigt, dass Plastikmüll am Meeresboden als neuer Wohnort für einige Tiere dienen kann. Die Wissenschaftler:innen vermuten, dass diese neue Besiedelung starke Auswirkungen auf das Ökosystem hat.
Einblicke in die Arbeit von Tiefseeforscherin Antje Boetius
Meeresbiologin Antje Boetius gibt in dem Interview mit ARD-Alpha einen spannenden Einblick in ihre Arbeit als Tiefseeforscherin. Sie spricht über ihre Faszination zur Tiefsee und den heutigen Problemen, mit dem dieser einzigartige Lebensraum zu kämpfen hat.
Das komplette Videointerview vom 25.02.2015 könnt ihr euch in der BR Mediathek anschauen.
Ozeanversauerung: Schwer zu verdauen
Forscher:innen aus Schweden und Deutschland haben anhand der Larven des Grünen Seeigels (Strongylocentrotus droebachiensis) gezeigt, dass marine Lebewesen Nahrung in saurerem Wasser schlechter verdauen können. Mithilfe neuer Testverfahren, die es ermöglichten, die Verdauung und die Verdauungsenzyme mariner Lebewesen zu untersuchen, belegte die Gruppe, dass ein niedriger pH-Wert einen hohen Energieaufwand zur Folge hat, weshalb sich die Verdauung verlangsamt.
In den Verdauungsorganen besteht nämlich – anders als bei Säugetieren – ein hoher pH-Wert. Das Milieu in den Verdauungsorganen muss folglich basisch sein, damit die Verdauung gut funktioniert. Daher wird der pH-Wert in den Organen aktiv auf einem gleichbleibenden hohen pH-Wert gehalten. Sinkt der pH-Wert im Meer, muss viel Energie aufgewendet werden, um die immer größer werdende Differenz zwischen dem pH-Wert des Verdauungstrakts und dem des Wassers aufrecht zu erhalten. Die Forscher:innen belegten, dass sich mehr pH-Wert regulierende Enzyme an der Darmwand befanden, wenn der pH-Wert des Wassers niedrig war. Wegen der gesunkenen Effektivität des Verdauungsprozesses benötigten Seeigel-Larven mehr Nahrung, um ihren Energiebedarf zu decken.
Gelangt immer mehr CO2 in die Atmosphäre, nehmen die Ozeane ihre Pufferwirkung wahr und lösen CO2. Dadurch sinkt der pH-Wert der Meere. Erwärmt sich jedoch die Erde und fischen wir auch in Zukunft so rigoros und ohne Rücksicht auf die marine Tierwelt, wird auch die Biodiversität sinken. Dadurch fänden die Seeigel noch weniger Nahrung als bisher, obwohl sie aufgrund der Ineffizienz ihres Verdauungssystems eigentlich mehr Nahrung bräuchten. Folgen könnten ein gehemmtes Wachstum, Unfruchtbarkeit oder das Sterben von Larven und adulten Tieren sein. Anhand dieses Beispiels erkennt man wieder einmal, wie sehr die Ozeane unter der Masse der menschengemachten Stressoren leiden, weil jedes einzelne Problem andere Probleme weiter verschärft.
Den Artikel Ozeanversauerung: Schwer zu verdauen vom 15.11.2013 findet ihr auf der Seite des GEOMARs.
Mehr Informationen zur Ozeanversauerung findet ihr in unserem Factsheet.
Forscher:innen finden Leben in der ozeanischen Kruste
Forscher:innen haben tief in der ozeanischen Kruste Mikroorganismen nachgewiesen, nachdem sie in Proben, die eine Expedition 2004 vor der Küste des Bundesstaates Oregon genommen hatte, Gene identifizierten, die zur Verarbeitung von Methan und Sulfaten notwendig sind. Um dann auszuschließen, dass diese Gene von schon gestorbenen Mikroorganismen stammen, haben die Forscher:innen daraufhin versucht, diese Mikroorganismen zu kultivieren, da dafür lebende Mikroorganismen notwendig sind. Nach sieben Jahren konnte schließlich Methan – ein Stoffwechselprodukt der Mikroorganismen – nachgewiesen werden, sodass klar war, dass sich in den Proben lebende Mikroorganismen befinden.
Die Forscher:innen wollen nun untersuchen, wie viele verschiedene Arten von Bakterien sich in der Erdkruste befinden und welchen Einfluss diese Mikroorganismen auf den Kohlenstoff-Kreislauf haben. Es ist bereits bekannt, dass die ozeanische Kruste eine große Kohlenstoffsenke darstellt, während durch sie viele Schwefelverbindungen in den Ozean gelangen. Dadurch, dass diese Mikroorganismen scheinbar Sulfate verarbeiten, haben sie folglich einen Einfluss auf das Gleichgewicht im Ozean.
Den Artikel Forscher finden Leben tief unter dem Meer von Nina Weber vom 14.03. 2013 findet ihr bei Spiegel Online.
Auch in Bezug auf das Auftauen des Permafrostbodens spielen Bakterien eine große Rolle. Taut der Permafrostboden wegen der Erderwärmung auf, zersetzen Bakterien die im Permafrostboden enthaltenen organischen Materialien und stoßen das Treibhausgas Methan aus, wodurch sich die Erde weiter erwärmt. Daher wird das Schmelzen des Permafrostbodens als ein Kipppunkt bezeichnet.