Good News
Das Meer und seine Bewohner geraten immer mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft.
Nachrichten über unseren Umgang mit den Meeren sind oft erschreckend, aber es gibt auch Lichtblicke, die Ansporn sind, umzudenken.
Für eine nachhaltige Entwicklung: Global denken und lokal handeln!
Unser Interview mit Dr. Kevin Riemer-Schadendorf, dem Leiter Nachhaltigkeit und Kommunikation bei der UmweltDruckerei, über nachhaltiges Wirtschaften, Klimaschutz und seine Liebe zum Meer.
Warum seid ihr die Druckerei, die wir empfehlen, wenn es darum geht, wirklich umweltfreundlich zu drucken?
Seit unserer Gründung im Jahre 2009 verfolgen wir einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz. Wir mussten unsere Prozesse nicht erst sukzessive ökologisch transformieren, sondern sind von Beginn an ökologisch aufgestellt.
Kannst du in ein paar Sätzen umreißen, was euch besonders macht?
Wir drucken ausschließlich mit Ökostrom und Bio-Farben auf 100 % Recyclingpapier. Die unvermeidbaren CO₂-Emissionen werden bei uns obligatorisch über öko-soziale Projekte kompensiert. Und natürlich sind wir Blauer Engel zertifiziert.
Und was ist das Besondere an euren Farben und Papieren? Recyclingpapier wird ja immer noch bei manchen kritisch für einen qualitativen Druck gesehen, dennoch erzielt ihr so großartige Ergebnisse: Unsere Flyer werden stets gelobt. Sie sind farbintensiv und tief dunkelblau, wie es sich für eine NGO mit unserem Namen gehört.
Das Vorurteil, dass Recyclingpapiere noch immer gräulich oder gelblich aussehen, hält sich seit Jahrzehnten hartnäckig. Doch das ist schon längst nicht mehr so! Wer sich kostenlos unsere Papiermuster bestellt, kann sich leicht davon überzeugen. Wir sind was Recyclingpapiere angeht stets auf dem neuesten Stand. Gerade wechseln wir auf das Circle Offset Premium White. Es hat die höchstmögliche Weiße im Rahmen der Blauen Engel-Zertifizierung (135 CIE). In Kombination mit unseren Bio-Farben bildet es die Grundlage für hochwertige Druckergebnisse. Diese veganen Bio-Farben basieren auf Pflanzenölbasis. Sie benötigen dazu keine umweltschädlichen Mineralöle, um euer sattes Dunkelblau zu erzeugen.
Ihr engagiert euch ja ebenfalls aktiv für den Umweltschutz. Fördert ihr in dem Kontext auch den Meeresschutz?
Richtig, wir engagieren uns primär für den Klima- und Artenschutz; vornehmlich in Deutschland, Europa und Afrika. Sowohl Natur- als auch Klima- und Meeresschutz können schwerlich getrennt voneinander betrachtet werden. Alles hängt miteinander zusammen.
Ein Beispiel ist die Korallenbleiche, die primär durch steigende Wassertemperaturen verursacht wird. Wenn das Klima sich erwärmt, stressen die hohen Temperaturen die Korallen, was zur Bleiche führt und das gesamte Ökosystem gefährdet. Exemplarisch sind Meeresschildkröten auf gesunde Korallenriffe angewiesen, da diese Lebensräume für viele ihrer Beutetiere bieten. Korallenbleiche beeinträchtigen somit die Nahrungsgrundlage der Schildkröten. Zudem sind die Eier der Schildkröten anfällig für Veränderungen im Klima, da Temperatur und Meeresspiegel direkte Auswirkungen auf ihre Brutstätten haben. Um die Meeresschildkröten zu schützen, supporten wir beispielsweise ein Artenschutzprojekt in Kenia. Gemeinsam haben wir vor Ort 1.200 Mangroven gepflanzt. Die Bäume leisten nicht nur einen wichtigen Klima- und Erosionsschutz, sondern dienen den Schildkröten und weiteren Arten als sicheres Brut- und Aufzuchtgebiet.
Das passt gut zu unserem eigenen Mangrovenschutzprojekt MANGREEN in Tamil Nadu. Hast du eigentlich eine persönliche Verbindung zum Meer?
Es gibt ja die Standardfrage, ob man eher ein „Berg- oder Meerestyp“ sei, wenn es um die Urlaubsplanung geht. Als Hamburger Jung bin ich am Wasser groß geworden, daher kann ich für mich ganz klar sagen: Meer! Sobald ich die Möglichkeit finde, springe ich ins Wasser – egal wie kalt das jeweilige Meer, der See oder Fluss auch immer ist. Ich wohne zur Hälfte in Hamburg und Berlin. Wenn ich nicht im Ausland am Meer bin, dann zieht es mich als Ausgleich nahezu jede Woche in die Hamburger Alsterschwimmhalle oder ins Berliner Prinzenbad.
Apropos Wasser: Kannst du unseren Leser:innen erklären, warum es bei uns im DEEPWAVE Büro nur noch Hahnenwasser oder soziales Wasser gibt? Und zwar seitdem wir deine sehr zu empfehlende Podcast-Folge bei ZWEIvorZWÖLF (Folge #32) gehört haben.
Das freut mich sehr! Und du hast meinen Begriff „soziales Wasser“ übernommen. Das ist zwar kein offizieller Begriff; beschreibt aber relativ gut, aus welchen zwei Perspektiven man Trinkwasser vornehmlich betrachten sollte; nämlich aus der ökologischen und eben aus der sozialen Perspektive. Sozial nenne ich das Wasser von Viva con Agua, da mit jedem Kauf weltweite Trinkwasserprojekte gefördert werden, denn noch immer haben über zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Vielleicht noch wichtiger ist die ökologische Betrachtungsweise. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass es völlig hanebüchen ist, hierzulande etwa Wasser von den Fiji-Inseln zu trinken. Da wird Wasser, stinknormales H₂O, am anderen Ende der Welt in Plastik abgepackt und einmal um die ganze Welt transportiert, um letztlich in Deutschland als sinnloser Müll zu enden oder gar wieder als Plastikmüll in die Türkei oder Malaysia exportiert zu werden, wo es in Deponien jahrhundertelang verrottet oder schlimmstenfalls in den Meeren als Mikroplastik endet. Eine wahrlich katastrophale Rohstoff-, Umwelt- und Klimabilanz. Und zudem völlig unnötig! Das Leitungswasser in Deutschland ist eines der am strengsten kontrollierten Lebensmittel. Wir bekommen es nahezu kostenlos aus dem Wasserhahn. Ich trinke es seit meiner Geburt. Wenn ich Menschen in Afrika oder Indien erzähle, dass wir reinstes Trinkwasser aus der Leitung bekommen, darin baden und damit sogar unsere Notdurft herunterspülen, bekommt man recht schnell ein Gefühl dafür, wie privilegiert wir in Europa leben. Wenn ich ihnen darüber hinaus erzähle, dass Menschen, trotz dieses Privilegs, dennoch lieber Wasser im Supermarkt kaufen, ernte ich zu Recht, nennen wir es, erstaunte Gesichter.
Du hast eben das Thema Umweltbilanzen angesprochen. Was ist für dich die wichtigste Schraube in der Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrise? Und welche Rolle spielen Druckereien im Gesamtgefüge der Klimakrise?
Die wichtigste Schraube in der Bekämpfung der Klima- und Biodiversitätskrise ist die drastische Reduzierung des menschengemachten CO₂-Ausstoßes, insbesondere durch den Übergang zu erneuerbaren Energien, die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft und die Verbesserung der Energieeffizienz samt Mobilitätswende. Dies reduziert nicht nur die Treibhausgase, sondern schützt letztlich auch Lebensräume, die für die Biodiversität entscheidend sind, indem wir die Umweltbelastungen verringern und die Resilienz der Ökosysteme stärken.
In diesem Gesamtkontext spielt jeder eine Rolle. Natürlich auch die Wirtschaft und entsprechend Druckereien, die ebenfalls Energie und Rohstoffe benötigen. Manche scheinen sich dieser Verantwortung, jedoch nicht vollends bewusst zu sein. Häufig weisen politische Parteien mit dem Finger auf die jeweilige Oppositionspartei oder gar auf die Regierungen der Nachbarländer oder die Unternehmen schieben die Schuld auf die Konsument:innen und umgekehrt. Schuldzuweisungen führen zu keinen Lösungen! Jeder trägt Verantwortung. Wie heißt es in Dürrenmatts Die Physiker noch gleich: „Was alle angeht, können nur alle lösen. Jeder Versuch eines Einzelnen, für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.“ Der menschengemachte Klimawandel ist natürlich ein globales Problem. Das wissen wir spätestens seit den wissenschaftlichen Studien des Club of Rome Ende der 1960er Jahre. Die Klimakrise kann nur gemeinsam gelöst werden durch internationale Kooperationen, multilaterale Abkommen und supranationale Institutionen.
Abschließend würden wir gerne in diesem Zusammenhang wissen: Was ist dein ganz persönliches Rezept gegen doom and gloom? Wie ermutigst du dich selbst bei all den schlechten Nachrichten jeden Tag?
Also in eine Weltuntergangsstimmung zu verfallen, halte ich natürlich für wenig erstrebenswert, obgleich wohl jeder bereits mal einen Hauch aus Melancholie und Pessimismus verspürte, wenn man jeden Abend in der Tagesschau die schlechten Nachrichten von Krieg, Klimakrise und Umweltverschmutzung ertragen muss. Ich hingegen klammere mich an die Maxime: Think globally, act locally. Versuche nicht, die Welt alleine zu retten, denn das wird dir nicht gelingen. Schaue einfach bei dir in der Nachbarschaft. Was gibt es dort für ökologische und soziale Probleme? Entscheide dich für eines und versuche dieses zu lösen, um damit die Welt ein kleines bisschen besser zu gestalten.
Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres vor Borkum
Pressemitteilung, 18.04.2024, Deutsche Umwelthilfe (DUH)
Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Ölkonzern One-Dyas zum Stopp der Gasbohrungen vor Borkum
Berlin/Den Haag, 18.4.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Entscheidung der Rechtbank Den Haag, die geplanten Baumaßnahmen des Öl- und Gaskonzerns One-Dyas in der Nordsee sofort zu stoppen. Damit hat die DUH heute gemeinsam mit der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, der niederländischen NGO Mobilisation for the Environment (MOB) und der Stadt Borkum einen historischen Erfolg mit ihrer Klage gegen neue Gasbohrungen in der Nordsee erzielt. Die DUH kündigt nun auch rechtliche Schritte gegen die Ölförderung Mittelplate im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer an.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Entscheidung der Rechtbank Den Haag markiert einen Wendepunkt im Kampf für Klimaschutz und den Erhalt unserer Natur. Sie ist ein klares Signal dafür, dass der Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und anderer sensibler Ökosysteme Vorrang hat vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Staaten und Konzerne müssen sich jetzt klar machen: Klima- und Umweltschutz sind rechtliche Verpflichtungen und kein freiwilliger Luxus. Dieses Urteil ist ein historischer Schritt für eine Nordsee frei von schmutzigen fossilen Bohrplattformen und für den endgültigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern. Damit das Realität wird, machen wir weiter Druck und leiten nun auch rechtliche Schritte gegen die Öl-Förderung auf der Förderplattform Mittelplate im Nationalpark Wattenmeer ein.“
Jürgen Akkermann, Bürgermeister der Stadt Borkum: „Vor einigen Wochen bebte im Landkreis Diepholz zum wiederholten Male die Erde. Dadurch wurden Häuser beschädigt und die Bevölkerung verunsichert. Der Grund dafür war die nahegelegene Erdgasförderung. Für touristische Destinationen, die ausschließlich vom Tourismus und der Gesundheitsvorsorge leben, wie z.B. die ostfriesischen Inseln, wäre dies und die Belastung der Umwelt durch die Förderung verheerend. Wir freuen uns, dass mit diesem starken Signal aus Den Haag, eine wichtige Entscheidung für den Klima- und Umweltschutz, aber auch für den Küstenschutz der deutschen und niederländischen Inseln getroffen wurde.“
Bondine Kloostra, Rechtsanwältin: „Ich begrüße das Urteil ausdrücklich: Ein Teil der Genehmigung wurde für ungültig erklärt, weil die Gasbohrungen Stickstoffablagerungen in geschützter Natur verursachen. Das Gerichtsurteil unterstreicht, wie schlecht es um den Schutz der Natur in den Niederlanden bestellt ist. Es gibt noch viel zu tun, um unsere Natur und unsere Zukunft wirksam zu schützen und diesen Schutz konsequent rechtlich durchzusetzen.“
Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative ‚Saubere Luft Ostfriesland‘: „Zusammenarbeit zahlt sich aus! Dieser große Erfolg wurde möglich durch die grenzüberschreitende Bündelung von Engagement und Sacharbeit von vollkommen unterschiedlichen Organisationen. Sich für den Erhalt der Natur einzusetzen lohnt sich! Als nächste Schritte müssen nun die endgültige Absage der Genehmigung durch das deutsche LBEG und die Anerkennung und Unterschutzstellung der neu gefundenen Riffflächen durch die deutschen Naturschutzbehörden erfolgen.“
Stijn van Uffelen, Sprecher der niederländische NGO ‚Mobilisation for the Environment‘: „Dies ist sowohl ein Sieg für die Natur als auch für die Gerechtigkeit. Die Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft können nicht einfach so weitermachen und müssen sich wie alle anderen an die Umweltvorschriften halten. Dennoch hat diese Klage einen üblen Beigeschmack. Es ist seltsam, über ein neues Bohrloch zu diskutieren, wenn sich die Regierung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichtet hat. Es ist uns ein Rätsel, warum neue Bohrungen noch nicht einem generellen Verbot unterliegen.“
Die DUH und die anderen Umweltorganisationen hoffen nun, dass das Urteil auch in Zukunft zu einem verstärkten Schutz der Nordsee, anderer Meeresgebiete und dem Einhalten von Klimazielen beiträgt.
Hintergrund
Mit einer neuen Förderplattform wollte One-Dyas ein Gasfeld in der Nordsee erschließen, das zur Hälfte in der niederländischen und zur Hälfte in der deutschen Nordsee liegt. Die Plattform liegt knapp 500 Meter vor der deutschen Seegrenze und in unmittelbarer Nähe des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer sowie mehrerer Natura-2000-Gebiete. Umweltverbände warnen, dass die Erdgasförderung im sensiblen Ökosystem Wattenmeer den Erhalt der Artenvielfalt gefährdet und den Klimazielen zuwiderläuft. Auch die Insel Borkum ist konkret bedroht. Die geringen jährlichen Fördermengen tragen selbst bei besten Förderbedingungen nicht mehr als 0,7 Prozent zum deutschen Erdgasverbrauch bei. Diesem Betrag stehen drohende CO2-Emissionen von bis zu 65 Millionen Tonnen gegenüber, wenn der Konzern seine Förderpläne in der Region umsetzt.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.
Dieses historische Urteil ist nicht die erste erfolgreiche Klage der DUH gegen die Gasbohrungen vor Borkum. Warum die Förderung von Erdöl und -gas so gefährlich ist, und wie sich DEEPWAVE dazu positioniert, könnt ihr hier nachlesen.
Endlich Klimaschutz auf See in Sicht
Pressemitteilung, 11.12.2023, Pressemitteilung NABU
Endlich Klimaschutz auf See in Sicht
2023 könnte Wendepunkt für Schifffahrtsbranche sein
Berlin – Neue Beschlüsse der EU und der UN-Schifffahrtsorganisation (IMO) könnten die Schifffahrt endlich auf einen Kurs Richtung Klimaschutz bringen. Schon ab Jahreswechsel muss für den CO2-Ausstoß gezahlt werden. Die Branche könnte so vom Nachzügler zum Vorreiter der Transformation werden. Das ist auch dringend nötig, denn etwa drei Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen werden von der Schifffahrt verursacht. Wäre sie ein Staat, stünde sie ganz oben unter den Klimasündern, noch vor Deutschland. Das könnte sich jetzt ändern.
Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer: „Endlich kommt Bewegung in die Schifffahrt: Mit dem CO2-Preis, neuen Standards für Treibstoffe und Effizienz, sowie der Verpflichtung für Kreuzfahrtschiffe, die dreckigen Motoren im Hafen zu stoppen und stattdessen grünen Strom von Land zu beziehen, sind die Weichen endlich gestellt. Die Maßnahmen greifen leider noch nicht für alle Schiffe und müssen deutlich nachgeschärft werden, um das 1,5-Grad-Ziel in erreichbare Nähe zu rücken, aber der Anfang ist gemacht. Die Branche nimmt wie gewöhnlich den Weg des geringsten Widerstands. Erst wenn die Politik Grenzen zieht, werden nicht weiter hohe Profite zulasten von Natur und zukünftigen Generationen eingefahren.“
Die Weltmeere sind bisher in vieler Hinsicht ein rechtsfreier Raum, die Schifffahrt setzt auf den dreckigsten aller Treibstoffe, das giftige, aber billige Schweröl. 2023 hat die IMO (International Maritime Organization), eine Untergruppe der UN, eine Strategie zur klimafreundlicheren Schifffahrt verabschiedet, und die EU hat das Klimaschutzprogramm „Fit for 55“ mit ambitionierten Vorgaben für die Schifffahrt beschlossen. Auch in Deutschland beginnt endlich die Arbeit an einem Nationalen Aktionsplan Klimafreundliche Schifffahrt, wie es der NABU gefordert hat.
Sönke Diesener, NABU-Schifffahrtsexperte: „Wir müssen endlich rein in die sauberen Treibstoffe. Nur durch den vollständigen Ausstieg aus der Nutzung klimaschädlicher, fossiler Treibstoffe wie Schweröl und LNG kann die Schifffahrt Kurs auf Einhaltung der Pariser Klimaziele nehmen. Die EU geht voran, aber auch global ist die Einführung eines CO2-Preises dringend notwendig. Zum Glück steht dies schon beim nächsten Treffen der IMO auf der Agenda. Wenn die Regulierung 2024 so große Schritte macht, wie in diesem Jahr, blicken wir endlich vorsichtig optimistisch auf eine Branche, in der Klimaschutz noch vor wenigen Jahren ein Fremdwort zu sein schien. Der Rahmen steht, er muss nun mit Technologie, Ehrgeiz und Investitionen gefüllt werden.”
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
2018 hat die europäische Schifffahrt 139 Millionen Tonnen CO2 emittiert – fast so viel wie Braunkohlewerke. Die Beschlüsse der EU sind ein Schritt in die richtige Richtung, trotzdem bedarf es noch weiterer Verbesserungen. So warnen auch Umweltverbände vor dem Ausbau der LNG-Technologie, welche häufig fälschlicherweise als umweltfreundlich beworben wird. Emissionen von Treibhausgasen und Methanlecks entlang der gesamten Lieferkette sind bedeutende Quellen für Umweltbelastungen und tragen zur Klimaerwärmung bei.
Globaler Rettungsplan für Flussdelfine
Pressemitteilung, 24.10.2023, WWF
11 Staaten unterzeichnen globale Flussdelfin-Deklaration
Heute haben 11 asiatische und südamerikanische Länder in Bogotá ein wegweisendes Abkommen unterzeichnet, um Flussdelfine vor dem Aussterben zu retten. Alle sechs Arten, die es weltweit noch gibt, sind auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN als gefährdet oder kritisch gefährdet eingestuft.
Die Globale Deklaration für Flussdelfine zielt darauf ab, den Rückgang aller Flussdelfinarten zu stoppen und die am stärksten gefährdeten Populationen zu vergrößern. Beispielsweise durch die Entwicklung und Finanzierung von Maßnahmen für die Beseitigung von Stellnetzen, die Verringerung der Verschmutzung, die Intensivierung der Forschung und die Ausweitung von Schutzgebieten.
Seit den 1980er Jahren sind die Populationen von Flussdelfinen weltweit um 73 % zurückgegangen, was auf eine ganze Reihe von Bedrohungen zurückzuführen ist. Darunter: nicht nachhaltige Fischereipraktiken, Staudämme, Wasserverschmutzung durch Landwirtschaft, Industrie und Bergbau sowie der Verlust von Lebensräumen durch den Menschen. Die jüngste Katastrophe von über 150 verendeten Flussdelfinen im Tefé-See, gelegen im Amazonasgebiet, zeigt, dass die Klimakrise zu einer rasant wachsenden Bedrohung geworden ist.
Flussdelfine leben in einigen der weltweit wichtigsten Flüssen (Amazonas, Mekong, etc.). Sie sind starke Indikatoren für die Gesundheit der Ökosysteme, in denen sie leben. Wo Süßwasserdelfinpopulationen leben, ist es daher wahrscheinlich, dass auch die Flusssysteme insgesamt in einem guten Zustand sind. Das ist elementar wichtig, schließlich versorgen Flüsse ebenfalls Hunderte von Millionen Menschen weltweit – Indigene gleichermaßen wie Bewohner:innen von Metropolregionen. Die Flüsse bewässern riesige Mengen an landwirtschaftlichen Flächen, treiben Industrie und Wirtschaft an und ernähren einen großen Teil der Tierwelt. Daher bedeutet ein Schutz der Flussdelfine gleichzeitig auch einen Schutz aller Lebewesen.
Während das globale Gesamtbild leider düster erscheint, haben sich die Schutzbemühungen – wo sie konsequent umgesetzt werden – als erfolgreich erwiesen. Die Population der Indus-Delphine beispielsweise hat sich in den letzten 20 Jahren dank gemeinsamer Maßnahmen von Regierung, Gemeinden und NGOs, darunter auch der WWF, fast verdoppelt. Auch die jüngste Zählung der Jangtse-Schweinswale zeigt einen Anstieg der Population um 23 % in den letzten fünf Jahren.
„Die heute unterzeichnete Flussdelfin-Erklärung ermöglicht den langfristigen Schutz der Flussdelfinpopulationen und -gebiete, während sie zeitgleich ein schnelleres Agieren von staatlicher Seite bei Tragödien, wie der am Tefé-See, fördert“, so Programmreferent Südamerika beim WWF Deutschland, Dr. Dirk Embert.
Hintergrund Flussdelfinarten:
Überlebende Arten von Flussdelfinen: Amazonas, Ganges, Indus, Irrawaddy, Tucuxi und Jangtse-Schweinswal. Der Jangtse-Schweinswal ist der einzige Süßwassertümmler der Welt, wird aber mit den anderen Süßwasserwalen unter dem Oberbegriff „Flussdelfine“ zusammengefasst. Alle Arten sind entweder „unmittelbar vom Aussterben bedroht“ (Irrawaddy-Delfin und Jangtse-Schweinswal) oder „vom Aussterben bedroht“ (Amazonas, Ganges, Indus und Tucuxi). Eine siebte Art – der Chinesische Flussdelfin – wurde 2007 für „wahrscheinlich ausgestorben“ erklärt.
Hintergrund Abkommen:
Die acht Säulen der Globalen Erklärung für Flussdelfine sind: Schaffung eines Netzes von Schutzgebieten; Verbesserung des Managements von Flussdelfingebieten; Ausweitung von Forschung und Überwachung; Einbeziehung lokaler Gemeinschaften und indigener Völker; Abschaffung nicht nachhaltiger Fischereipraktiken; Verbesserung der Wasserqualität und -quantität; Feier des #WorldRiverDolphinDay, um das Bewusstsein zu schärfen; verstärkte Bereitstellung von Ressourcen und Partnerschaften.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Delfine sind intelligente und faszinierende Tiere, wie auch eines unserer Lieblingsbücher „Die Insel der Delfine“ von Fabian Ritter zeigt. Aber auch Haie und Rochen sind für ein gesundes Meeresökosystem unverzichtbar. Deshalb haben 1,1 Millionen Europäer:innen und über 100 NGOs ein Ende des Flossenhandels in der EU gefordert.
Landes-Pilotprojekt zu Geisternetzen startet in Schleswig-Holstein
Pressemitteilung, 02.10.2023, WWF
WWF koordiniert Suche, Bergung und Entsorgung von Geisternetzen in der Ostsee
Im September startete in Schleswig-Holstein das bundesweit zweite Pilotprojekt zur Bergung von Geisternetzen, das mit von einem Küstenbundesland verwalteten Fischereigeldern finanziert wird. Der WWF wird die Suche, Bergung und Entsorgung von Geisternetzen in der Ostsee federführend durchführen und dabei mit der Fischerei und den Behörden eng zusammenarbeiten.
Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee, lobt den Einsatz der Landesregierung. „Die Bergung von Geisternetzen ist eine staatliche Aufgabe. Schleswig-Holstein kommt nun dieser Verantwortung nach und hat dabei auch die Entwicklung einer langfristigen Lösung im Blick. Der WWF freut sich, diesen Weg gemeinsam mit dem Land zu gehen.“
Mit der vom WWF entwickelten Sonarsuche werden die Netze in Küstenfischereigebieten ausfindig gemacht, um sie anschließend zu bergen und zu entsorgen. Die Fischereibetriebe unterstützen dabei mit ihren Kuttern. „Es ist wichtig, die Fischerei einzubinden. Die Fischer kennen ihr Revier und sind eine wertvolle Unterstützung für das Projekt“, erklärt Finn Viehberg.
Die Empfehlungen aus dem Pilotprojekt sollen am Ende zu einer langfristigen Lösung für das Problem verlorener Fischernetze führen. Klare Regelungen können die Fischereibetriebe auch dazu motivieren, Netzverluste durch Unfälle auf See zu melden, damit eine zeitnahe Bergung möglich ist. Ziel des WWF ist es, dass Schleswig-Holstein und die anderen Küstenländer die Such- und Bergungseinsätze in Zusammenarbeit mit den Fischereien in Zukunft selbst durchführen.
Das Projekt „Verlorene Fischernetze Schleswig-Holstein“ läuft für zwei Jahre und wird vom Land Schleswig-Holstein mit 260.000 Euro aus Eigenmitteln und aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfond (EMFAF) gefördert. Es findet in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Fischerei des Landwirtschaftsministeriums und der Abteilung Meeresschutz des Umweltministeriums des Landes Schleswig-Holstein statt.
Seit 2013 entwickelt und erprobt der WWF verschiedene Methoden zur Suche und Bergung von Geisternetzen. Mehr als 26 Tonnen Schlepp- und Stellnetze konnte die Umweltschutzorganisation seit 2015 aus der Ostsee bergen. Dafür hat der WWF bisher über 1,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln in die Entwicklung und Erprobung investiert.
Hintergrund
Als Geisternetze bezeichnet man herrenlose Fischernetze, die teils jahrzehntelang im Wasser treiben können oder am Meeresboden liegen. Sie bestehen aus Kunststoff und können etwa 30 – 50 Prozent des Plastikmülls in den Meeren ausmachen. Oft werden die herrenlosen Netze zur tödlichen Falle für Seevögel, Fische oder Meeressäuger. Nur indem Geisternetze aus dem Wasser entfernt werden, lässt sich verhindern, dass sie mit der Zeit zu Mikroplastik zerfasern, und sich so Kunststoffe in der Nahrungskette anreichern.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Geisternetze verursachen einen großen Teil der Plastikverschmutzung im Meer. 2018 schätzte die FAO (Food and Agriculture Organization), dass jährlich etwa 640 000 Tonnen Fischereinetze weltweit in den Ozeanen landen. Das UN-Plastikabkommen, das diesen November verhandelt wird, ist auch deshalb ein besonderer Erfolg, weil es auch auf Geisternetze verweist.
Bundestag legt Abgaben für To-Go-Becher und Zigarettenkippen aus Einwegplastik fest
Pressemitteilung, 29.09.2023, BMUV
Der Bundestag hat gestern Abend die Einwegkunststofffondsverordnung beschlossen. Die Verordnung legt die Höhe der Abgabesätze und das Auszahlungssystem für den Einwegkunststofffonds fest. In den Fonds zahlen die Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffprodukten eine Abgabe ein, um die öffentliche Hand bei der Bekämpfung der Vermüllung der Umwelt zu unterstützen. Die Verordnungsermächtigung ist in dem im Mai 2023 verabschiedeten Einwegkunststofffondsgesetz verankert. Das Gesetz schafft die rechtlichen Grundlagen für die Errichtung und Verwaltung des Einwegkunststofffonds durch das Umweltbundesamt.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Zigarettenkippen, To-Go-Becher und Einmal-Essensbehälter landen viel zu oft an Straßenrändern, in unseren Parks und Wäldern und sind Ausdruck der Verschmutzungskrise. Die Kosten für Reinigung und Entsorgung des achtlos weggeworfenen Wegwerfplastiks trägt bislang die Allgemeinheit. Das wird sich ab 2024 ändern. Wer sein Geschäft darauf stützt, Wegwerfprodukte aus Plastik auf den Markt zu bringen, wird sich dann an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen. Mit der Verordnung schaffen wir nun auch die nötige Rechtssicherheit für alle betroffenen Akteure.“
Die in der Verordnung vorgesehenen Abgabesätze sind im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie des Umweltbundesamtes ermittelt worden. Dazu wurden unter anderem die tatsächlich anfallenden Kosten für die Reinigung von Abfällen aus Einwegkunststoffprodukten im öffentlichen Raum ermittelt. So werden für je Kilogramm in Verkehr gebrachte Produkte folgende Abgaben fällig:
- Tabakfilter: 8,972 Euro je Kilogramm
- To-Go-Getränkebecher: 1,236 Euro je Kilogramm
- To-Go-Lebensmittelbehälter: 0,177 Euro je Kilogramm
- Tüten und Folienverpackungen: 0,876 Euro je Kilogramm
- Getränkebehälter ohne Pfand: 0,181 Euro je Kilogramm
- Getränkebehälter mit Pfand: 0,001 Euro je Kilogramm
- leichte Plastiktüten: 3,801 Euro je Kilogramm
- Feuchttücher: 0,061 Euro je Kilogramm und
- Luftballons: 4,340 Euro je Kilogramm.
Auf der Basis der angegebenen Abgabesätze kann jedes Unternehmen anhand der in Verkehr gebrachten Menge nun ganz konkret berechnen, in welcher Höhe die Abgabe künftig zu leisten ist. Die Abgabe haben die Hersteller erstmals ab dem Frühjahr 2025 zu leisten und zwar auf der Basis der im Kalenderjahr 2024 in Verkehr gebrachten Produktmenge. Zur Abwicklung des Einwegkunststofffonds entwickelt das UBA derzeit die erforderlichen Datenbanken. Die Registrierung der Hersteller und Anspruchsberechtigen soll pünktlich zum 1. Januar 2024 starten.
Auch das Punktesystem für die Auszahlung der Fondsmittel an die anspruchsberechtigten Kommunen wird durch die Einwegkunststofffondsverordnung festgelegt. Es sieht für die Reinigungs-, Sammlungs-, Entsorgungs- und Sensibilisierungsleistungen im Innerorts- wie im Außerortsbereich die Vergabe von Punkten vor. Dabei wurde darauf geachtet, dass die von den Anspruchsberechtigten anzugebenden Kennzahlen so genau wie nötig, aber so unbürokratisch wie möglich festgelegt wurden. Anzugeben von den Kommunen sind zum Beispiel das Papierkorbvolumen, die gefahrenen Reinigungskilometer und die entsorgte Abfallmenge.
Die Abgabesätze und das Punktesystem werden nach den gesetzlichen Vorgaben alle drei Jahre durch die Bundesregierung überprüft. Das Umweltbundesamt (UBA) wird dazu wieder eine Studie zur Ermittlung der notwendigen Daten in Auftrag geben. Bei der Konzeptionierung dieser Studie und der anschließenden Änderung der Verordnung wird die neue Einwegkunststoffkommission beteiligt. Diese Kommission ist ebenfalls im Einwegkunststofffondsgesetz verankert, sie hat sich am 28. September 2023 erstmals konstituiert.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
Seit Anfang September diesen Jahres liegt der erste Entwurf für ein globales Plastikabkommen vor. Das finale UN-Plastikabkommen wird Ende 2024 erwartet und soll die globale Plastikflut damit endlich wirksam bekämpfen.
Weiterer Erfolg gegen Gasbohrungen vor Borkum: Deutsche Umwelthilfe erreicht vor Gericht Aufrechterhaltung des Baustopps
Pressemitteilung, 29.09.2023, Deutsche Umwelthilfe (DUH)
- Rechtbank Den Haag stellt in achtstündiger Verhandlung klar, dass weiterhin keine Bohrplattform vor Borkum errichtet werden darf
- Auch Meeresschutz, Klimaschutz und die drohende Zerstörung von Riffen wurden ausführlich verhandelt
- Weitere Verhandlung für Januar 2024 angekündigt, bis dahin sind neue Gasbohrungen ausgeschlossen
Berlin, 29.9.2023: In ihrer Klage gegen neue Gasbohrungen in der Nordsee vor der Küste Borkums hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) einen weiteren Erfolg errungen. Das niederländische Gericht Rechtbank Den Haag hat gestern in der mündlichen Verhandlung des Hauptsacheverfahrens klargestellt, dass bis auf Weiteres keine Bohrplattform vom niederländischen Konzern One-Dyas errichtet werden darf. Die DUH klagt gemeinsam mit ihren Partnern von der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, der Insel Borkum und der niederländischen Umweltorganisation Mobilisation for the Environment gegen die geplanten Gasbohrungen. Das fossile Bohrprojekt direkt vor dem UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer steht im gravierenden Gegensatz zu sowohl dem Klimaschutz wie auch dem Meeresschutz und darf nicht genehmigt werden.
Bereits im April 2023 konnte sich das Bündnis mit einem Eilantrag vor dem Gericht durchsetzen und ein Verbot der Errichtung einer Bohrplattform erreichen. Hintergrund für die gestrige Entscheidung zur Aufrechterhaltung des Bauverbots sind fehlende behördliche Genehmigungen für die Stickstoffemissionen aus dem Projekt auf niederländischer Seite. Verhandelt wurde aber auch über Klimaschutz, die Beeinträchtigung von Schutzgebieten und die drohende Zerstörung von Riffen am geplanten Bauplatz. Für Anfang Januar 2024 wurde eine weitere Verhandlung vom Gericht angekündigt. Bis dahin sind Gasbohrungen ausgeschlossen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Gemeinsam mit unseren Partnern haben wir einen weiteren Erfolg für Klima- und Meeresschutz errungen. Die Zeit für neue fossile Projekte in der Nordsee, die noch dazu Riffe und Schutzgebiete bedrohen, ist endgültig vorbei. Diese Botschaft ist nun hoffentlich beim niederländischen Konzern One-Dyas angekommen. Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, neue CO2-Quellen anzuzapfen. Schon gar nicht darf es eine weitere Industrialisierung der Nordsee geben. Wir brauchen ein radikales Umdenken, das den Meeren mehr Schutz zugesteht und eine Regeneration dieses belasteten Naturraums zulässt. Wir fordern den Konzern One-Dyas auf, die rückwärtsgewandten Pläne endgültig abzublasen.“
Die DUH und ihre Partner blicken optimistisch auf das weitere Verfahren. Nach den ausführlichen Fragen des Gerichts zu Klima- und Meeresschutz sowie zu den bedrohten Riffen sehen sich die Organisationen in ihren Argumenten gegen das Projekt nach der gestrigen mehr als achtstündigen Gerichtsverhandlung bestätigt.
Auch auf deutscher Seite gibt es noch kein grünes Licht für das Projekt: Weiterhin steht die Entscheidung des zuständigen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie in Niedersachsen aus. Auch in diesem Verfahren hatten die DUH und ihre Partner Einwendung erhoben und bereiten weitere rechtliche Schritte vor.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.
In einer kürzlich veröffentlichten Studie des DIW Berlin im Auftrag der DUH wurde festgestellt, dass das LNG-Projekt in Mukran für die Vermeidung von Kapazitätsengpässen nach Ostdeutschland und Osteuropa nicht notwendig ist und somit kontraproduktiv für den Klimaschutz.
Bedeutender Erfolg für den Schutz der Meere
Pressemitteilung, 21.09.2023, BMUV
Deutschland unterzeichnet als einer der ersten Staaten das UN-Hochseeschutzabkommen in New York
Deutschland hat gestern Abend das UN-Hochseeschutzabkommen BBNJ (Biodiversity Beyond National Jurisdiction) unterzeichnet. Außenministerin Annalena Baerbock und Bundesumweltministerin Steffi Lemke haben gemeinsam an der Unterzeichnung in New York teilgenommen. Zuvor hatte die internationale Staatengemeinschaft das Abkommen im Juni im Konsens angenommen. Deutschland hatte sich jahrelang für einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen eingesetzt. Sobald 60 Staaten das Abkommen ratifiziert haben, tritt es 120 Tage später in Kraft. Ziel ist, dass dies bis zur nächsten UN-Ozeankonferenz 2025 in Frankreich geschieht. Die zügige Ratifizierung hat für Deutschland hohe Priorität. Durch das Abkommen können erstmals weltweit anerkannte Schutzgebiete auf Hoher See ausgewiesen werden, um Ruheräume für die Meeresnatur zu schaffen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Das UN-Hochseeschutzabkommen ist ein wegweisender Schritt für den internationalen Meeresschutz – und ein bedeutender Erfolg für den Multilateralismus. Deutschland hat heute das Abkommen als einer der ersten Staaten unterzeichnet und wird es auch finanziell unterstützen. Das sind wichtige Signale, damit wir jetzt ins Handeln kommen. Erstmals gibt es nun Regeln zum Schutz der Biodiversität in den Weltmeeren. Wir sind auf gesunde Meere bei der Bekämpfung der Klimakrise, der Verschmutzungskrise und der Krise des Artenaussterbens angewiesen. Nun gilt es zügig Schutzgebiete auf der Hohen See auszuweisen, um 30 Prozent der Weltmeere unter strengen Schutz zu stellen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieses Abkommen Realität wird. Es geht beim Schutz der Meere um nicht weniger als um den Schutz der Lebensgrundlagen der gesamten Menschheit.“
Außenministerin Annalena Baerbock: „Das Abkommen zum Schutz der Hochsee ist ein Hoffnungsschimmer für die ganze Welt. Bisher war es so, dass die Hohe See im Umweltbereich de facto ein rechtsfreier Raum war, auch wenn 2/3 der Ozeane die Hohe See umfassen. Gerade mit Blick auf den Schutz von Biodiversität konnten wir aufgrund dieser Regelungslücke nicht gemeinsam unsere Hohe See schützen. Das ändert sich jetzt mit diesem Abkommen. Und zugleich ist dieses Abkommen auch ein Hoffnungsschimmer für die Vereinten Nationen. Ja, dieser Prozess war lang. 15 Jahre hat es gedauert. Dieser Prozess hat aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir gemeinsam in den Vereinten Nationen gerade bei schwierigen Themen um Lösungen ringen und bereit sind, dicke Bretter zu bohren. Am Ende können dann Abkommen im Sinne der gesamten Welt zustande kommen.“
Das UN-Hochseeschutzabkommen gilt für ein Gebiet, das circa 40 Prozent der Erdoberfläche ausmacht. Es ermöglich, dass Schutzgebiete auf der Hohen See und im sogenannten „Gebiet“ (hoheitsfreier Tiefseeboden) ausgewiesen werden können. In diesen Gebieten wird die menschliche Nutzung eingeschränkt. Dies kann zum Beispiel die Fischerei, die Schifffahrt, oder auch den Tiefseebergbau betreffen. Die Vertragsstaatenkonferenz wird hierfür unter anderem mit Organisationen wie der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO), der internationalen Meeresbodenbehörde (IMB) oder regionalen Fischereiorganisationen zusammenarbeiten. Die marine Biodiversität leidet unter dem fortschreitenden Nutzungsdruck auf die Meere, sowie den Auswirkungen des Klimawandels. Die Temperatur der Weltmeere ist dieses Jahr auf ein Rekordhoch gestiegen. Durch Ruhe- und Rückzugsräume können Schutzgebiete als Klimaschutzinstrumente eingesetzt werden, um unter anderem die Resilienz der Ozeane zu stärken. Das Hochseeschutzabkommen ist somit ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der VN-Nachhaltigkeitsziele (SDG 13 [Klimaschutz] und SDG 14 [Leben unter Wasser]).
Daneben verpflichtet das UN-Hochseeschutzabkommen Staaten zu Umweltverträglichkeitsprüfungen für relevante menschliche Aktivitäten auf der gesamten Hohen See, um die Auswirkungen auf die Meeresumwelt möglichst gering zu halten. Weiterhin regelt es den Vorteilsausgleich für die Nutzung maringenetischer Ressourcen der Hochsee sowie den Kapazitätsaufbau und Transfer von Meerestechnologie für Entwicklungsländer.
Besonders erfreulich ist, dass das Abkommen es ermöglicht, Meeresschutzgebiete ggf. auch mit Dreiviertelmehrheit auszuweisen, wenn ein Konsens nicht erreichbar ist, und dass es unmittelbare rechtliche Pflichten der Staaten enthält, die gegebenenfalls auch mithilfe der bewährten Streitbeilegungsmechanismen des UN-Seerechtsübereinkommens geklärt werden können (zum Beispiel vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg, dem IGH oder Schiedsgerichten).
Hintergrund
Die Hohe See umfasst 2/3 der gesamten Meeresgebiete und liegt außerhalb nationaler Hoheitsbefugnisse einzelner Staaten. Mit dem UN-Hochseeschutzabkommen werden detaillierte Regelungen zum Schutz der Biodiversität getroffen und eine Governance-Lücke geschlossen.
Das UN-Hochseeschutzabkommen tritt nach 120 Tagen in Kraft, sobald 60 Staaten das Abkommen ratifiziert haben. Der Ratifizierungsprozess schließt sich an die Unterzeichnung an. Nach Angaben der UN werden rund 20 Staaten das Abkommen bereits in den ersten Tagen unterzeichnen. Für DEU ist ein Umsetzungsgesetz erforderlich, was die Beteiligung des Bundestags voraussetzt.
Nachdem das Abkommen in Kraft getreten ist, wird eine Vertragsstaatenkonferenz (englisch COP – Conference of Parties) eingerichtet werden. Die Vertragsstaatenkonferenz kann unter anderem Beschlüsse zur Ausweisung von Schutzgebieten auf der Hohen See treffen und Empfehlungen an andere internationale Organisationen, wie zum Beispiel die Internationale Seeschifffahrtsorganisation zum Schutz der Biodiversität abgeben. Daneben entscheidet die Vertragsstaatenkonferenz zum Beispiel auch über die Einrichtung eines ständigen Sekretariats für das UN-Hochseeschutzabkommen und über dessen Sitz. Deutschland wird die Umsetzung des UN-Hochseeschutzabkommens durch die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) fördern. Daneben hat Deutschland eine Meeresoffensive gestartet, die sich sowohl international als auch national gegen die Umweltverschmutzung der Meere und für den besseren Umgang mit der Artenvielfalt einsetzt.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
Neben den vielen überwältigenden Hiobsbotschaften über die Klima- und Biodiversitätskrise freuen wir uns, euch zur Abwechslung ein paar „Good News“ präsentieren zu können. Auch gegen die Plastikflut liegt seit Anfang September ein Entwurf für ein globales Plastikabkommen vor und im Juli hat das Europäische Parlament für das Nature Restauration Law gestimmt.
Umfassender Entwurf für ein globales Plastikabkommen liegt vor
Pressemitteilung, 05.09.2023, WWF
WWF fordert rechtlich bindende Maßnahmen, globale Solidarität und ausreichende Finanzierung
Seit gestern liegt der erste Entwurf für ein globales Abkommen gegen die Plastikflut vor. Dieser sogenannte “Zero Draft” bildet die Grundlage für die bevorstehenden Vertragsverhandlungen im November. Der WWF begrüßt den umfassenden Entwurf und hält es für einen wichtigen Schritt, dass sich die Weltgemeinschaft trotz vieler unterschiedlicher Sichtweisen auf einen ersten gemeinsamen Text einigen konnte. Der konstante Einsatz des Bundesumweltministeriums und Umweltministerin Steffi Lemke leistete dazu einen wichtigen Beitrag.
“Viele Jahre haben wir um das Verhandlungsmandat für ein globales Plastikabkommen gerungen. Der Entwurf ist endlich der Startpunkt für die ersten konkreten Textverhandlungen in Nairobi. Sie sind der schwierigste Teil auf dem Weg zum Abkommen“, erklärt Florian Titze, Experte für internationale Politik beim WWF Deutschland.
Der erste Entwurf beinhaltet eine Reihe effektiver Lösungen, um die globale Plastikkrise zu adressieren. Darunter sind weltweite Verbote und Reduktionsmaßnahmen für Kunststoffe mit hohem Verschmutzungsrisiko, wie beispielsweise Einwegplastikprodukte, Mikroplastik in Kosmetika oder auch Geisternetze. In Fällen, in denen ein umgehendes Verbot schädlicher Produkte nicht möglich ist, muss das Abkommen sicherstellen, dass diese Produkte bis spätestens 2035 vollständig aus dem Verkehr gezogen werden.
Der WWF mahnt allerdings, dass viele der beinhalteten Lösungen noch nicht konkret genug seien. „Der Text enthält noch viele unwirksame Optionen und Scheinlösungen, die vor allem von ölproduzierenden und –verarbeitenden Staaten gefordert werden. Das muss sich ändern. Außerdem müssen globale Kontrollmaßnahmen rechtlich bindend im Vertrag festgelegt werden und auch global gelten. Beschließen wir nur freiwillige Maßnahmen, wird das die Plastikflut nicht aufhalten. Das hätte verheerende Folgen für Mensch, Natur und Artenvielfalt“, so Florian Titze.
Darüber hinaus fordert der WWF noch mehr globale Solidarität und ausreichende Finanzierung für die Umsetzung des Abkommens in allen Ländern. Bis Ende 2024 müssen sich die Staaten auf wirksame und für alle Länder geltende globale Maßnahmen einigen.
Hintergrund
Im März 2022 haben die UN-Mitgliedstaaten einstimmig den historischen Beschluss gefasst, die weltweite Plastikkrise zu stoppen und ein Abkommen zum Beenden der globalen Plastikverschmutzung zu verhandeln. Mit dem gestern veröffentlichten „Zero Draft“ liegt zum ersten Mal ein Verhandlungstext vor, über den die Mitgliedstaaten im November in Nairobi, Kenia, beraten werden. Dies wird die dritte (INC-3) von fünf Verhandlungsrunden sein. Das finale UN-Plastikabkommen wird Ende 2024 erwartet.
Obwohl Kunststoff haltbar und vielseitig einsetzbar ist, werden aus fast der Hälfte des produzierten Plastiks kurzlebige oder Einwegartikel hergestellt, deren Zerfall – wenn sie in die Natur geraten – Hunderte von Jahren dauern kann. Die meisten dieser Produkte werden in Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen verbraucht. Untersuchungen zeigen, dass 2015 bereits 60 Prozent aller jemals produzierten Kunststoffe ihr Lebensende erreicht hatten und weggeworfen wurden. Weltweit wurden weniger als 10 Prozent des Plastikmülls recycelt. Der Rest wurde entweder verbrannt, auf Mülldeponien gelagert oder so schlecht gehandhabt, dass er in die Umwelt gelangt.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Der Runde Tisch Meeresmüll, der seit nunmehr sieben Jahren Handlungsempfehlungen gegen die Plastikverschmutzung von Nord- und Ostsee erarbeitet, kann als bereits bestehendes nationales Netzwerk die Umsetzung des globalen Plastikabkommens auf lokaler Ebene unterstützen.
Ein Türspalt für den europäischen Naturschutz
Pressemitteilung, 12.07.2023, NABU
Krüger: Mühsamer Kampf, um Europas Ökosysteme vor Hitze und Fluten zu schützen / Angstmache und Populismus von EVP und Co. haben nicht gesiegt
Berlin/Straßburg – Heute hat das Europäische Parlament für das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law) gestimmt – ein wichtiger Schritt für die Wiederherstellung von zerstörten Ökosystemen. Der NABU bewertet das Abstimmungsergebnis als wichtigen Erfolg einer beispiellosen öffentlichen Mobilisierung von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Allerdings wurde dieser Erfolg zu einem hohen Preis errungen.
NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Heute wurde in Straßburg Geschichte geschrieben: Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hat im Europäischen Parlament die entscheidende Hürde genommen. Aus zwei Gründen ist das historisch: Erstens, weil uns das Nature Restoration Law vor Hitze, Flut und Missernten schützen kann, indem es Ökosysteme wie Flüsse, Wälder und Moore widerstandfähig macht. Und zweitens, weil sich im Europäischen Parlament das Verantwortungsbewusstsein für künftige Generationen durchgesetzt hat, gegen Angstmache und Populismus. Die Argumentationen vieler Unionsabgeordneter und Liberaler in den vergangenen Wochen erfüllt uns mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf zur Europawahl aber mit Sorge.“
Raphael Weyland, NABU-Büroleiter in Brüssel: „Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur geht als Sieger hervor: Mehr als 6000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und unzählige Unternehmen haben die Desinformationskampagne der EVP unter Manfred Weber entlarvt. Gleichwohl haben die Abgeordneten in ihrem Kompromiss viele wichtige Verpflichtungen geopfert und die Ambitionen für die Wiederherstellung unserer Natur weiter heruntergeschraubt. So wurde etwa die Renaturierung landwirtschaftlicher Flächen oder die Agrarflächen und Wiedervernässung von Mooren im Gesetzesentwurf gänzlich gestrichen. Am Ende hat der heutige Erfolg die EU zwar vor einer großen internationalen Blamage bewahrt, bleibt aber weit entfernt von dem, was aus wissenschaftlicher Sicht für den Natur- und Klimaschutz notwendig wäre. Im bevorstehenden Trilog zwischen Parlament, Kommission und Rat gilt es hier dringend nachzubessern.“
Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.
Warum das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur fast zurückgewiesen wurde, könnt ihr hier nachlesen.