Good News
Das Meer und seine Bewohner geraten immer mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft.
Nachrichten über unseren Umgang mit den Meeren sind oft erschreckend, aber es gibt auch Lichtblicke, die Ansporn sind, umzudenken.
Schutz der Makohaie auf den Südatlantik ausgeweitet
Pressemitteilung, 22.11.22, Pro Wildlife
Fischereikommission ICCAT legt erstmals Fangbeschränkungen für den Südatlantik fest – versäumt es jedoch ein Anlandeverbot zu verhängen
Vale do Lobo / Affoltern / München, 22. November 2022. Die Naturschutzorganisationen Sharkproject und Pro Wildlife begrüßen die Entscheidung der 23. Sondersitzung der ICCAT in Vale do Lobo, nach jahrzehntelanger Überfischung ohne Managementmaßnahmen, jetzt erstmals Fangbeschränkungen für die bedrohten Haie im Südatlantik festzulegen. Die Organisationen bedauern jedoch, dass ein vollständiges Fangverbot, wie ursprünglich von der Europäischen Union vorgeschlagen, von Südafrika und Namibia blockiert wurde. ICCAT, die Internationale Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik, ist die Fischereiorganisation (RFMO), die den Fang von Thunfisch, Schwertfisch und Haien im Atlantik regelt.
Schutzerfolg aus dem letzten Jahr machte Hoffnung für den Haischutz im Südatlantik
Nach dem bahnbrechenden Erfolg auf der ICCAT-Konferenz im vergangenen Jahr – ein Fangverbot für den Makohai im Nordatlantik – hatten Pro Wildlife und Sharkproject dieses Jahr auf einen ähnlich weitreichenden Erfolg für den Südatlantik gehofft. Der vom Aussterben bedrohte Kurzflossen-Mako, eine weit wandernde Art, ist im gesamten Atlantik beheimatet. Sein Überleben auf beiden Seiten des Äquators hängt daher von aufeinander abgestimmten und wirksamen Steuerungsmaßnahmen ab, insbesondere da viele Fischereinationen in beiden Teilen des Atlantiks fischen. Der Makohai ist ein wichtiger und oft willkommener Beifang in der Thun- und Schwertfisch-Fischerei.
Obwohl sowohl die Wissenschaft als auch die Zivilgesellschaft seit 2017 – als die Bestände als potenziell überfischt eingestuft wurden – eine Begrenzung für den südlichen Bestand auf höchstens 2001 t gefordert haben, gibt es bis heute keine Fangbegrenzung für den Südatlantik, um ein nachhaltiges Niveau zu erreichen und die Überfischung zu stoppen.
2019 wurden Makohaie in Anhang II des Artenschutzabkommens (CITES) aufgenommen. Nun sind die Ausfuhrländer aufgefordert, die Nachhaltigkeit ihrer Fänge nachzuweisen. In Ermangelung solcher „Non-Detriment Findings“ beschloss die wissenschaftliche Prüfgruppe (SRG) der europäischen CITES-Behörden im September 2022, ein Ein- und Ausfuhrverbot von Makohaien aus dem Südatlantik.
EU-Vorschlag für ICCAT: Ein Meilenstein für den Schutz des Makohais im Südatlantik
Nach dieser Entscheidung hat die EU einen Vorschlag für die ICCAT-Tagung vorgelegt, der einen Meilenstein für den Schutz des Makohais im Südatlantik bedeutet, nämlich ein zweijähriges Anlandungsverbot und des weiteren dieselben Maßnahmen, die beim ICCAT in 2021 für den Nordatlantik verabschiedet wurden. Der Vorschlag wurde vom Vereinigten Königreich mitunterstützt.
„Wir begrüßen die Entscheidung der Europäischen Kommission, als der ehemals größten Fangnation von Makohaien im Südatlantik, die für fast die Hälfte aller Anlandungen verantwortlich ist, sich endlich für Schutzmaßnahmen im gesamten Atlantik einzusetzen, und wir waren begeistert, dass Brasilien, eine weitere große Fangnation mit einer Fangmenge von über 600 Tonnen im Jahr 2021, den Vorschlag von Beginn der Verhandlungen an unterstützt hat, ebenso wie viele andere Nationen“, sagte Dr. Iris Ziegler, Fischereiexpertin bei Sharkproject International.
Sie fährt fort: „Es war jedoch sehr enttäuschend zu sehen, dass Südafrika und Namibia, zwei weitere große Fangnationen im Süden, das vorgeschlagene Rückhalteverbot ablehnten und forderten, auch diejenigen Tiere, die beim Einholen der Langleinen noch leben, behalten zu dürfen, selbst wenn kein Beobachter an Bord ist.“ Beides sind wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Überlebenschancen des Beifangs und wurden im vergangenen Jahr so für den Norden vereinbart.
Zwei Fangnationen verhindern ein Anlandeverbot als Vorsichtsmaßnahme
Die beiden Mitgliedstaaten der Kommission hatten während der ersten Sitzung des Gremiums damit gedroht, gegen die Annahme des Vorschlags Einspruch zu erheben, und dies noch einmal buchstäblich Minuten vor der Verabschiedung eines überarbeiteten Vorschlags, den sie im Laufe der letzten Woche mit allen Parteien ausgehandelt hatten.
„Wir sind enttäuscht, dass ICCAT es versäumt hat, das vorgeschlagene Anlandeverbot als Vorsichtsmaßnahme zur Reduzierung der Gesamtmortalität nach Jahren der Überfischung zu verabschieden“, betonte Dr. Ralf Sonntag, wissenschaftlicher Berater von Pro Wildlife, und erklärte: „Ein Anlandeverbot ist der effektivste Weg, um dem Bestand tatsächlich eine Verschnaufpause zu gönnen und die tatsächliche Beifangsterblichkeit anhand der Rückwurfdaten zu bewerten, ein beträchtlicher Anteil der Beifänge könnte tatsächlich lebend freigelassen werden.“
Beide Organisationen begrüßen das erzielte Abkommen, sind jedoch sehr besorgt über die Zugeständnisse, die auf Wunsch Südafrikas und Namibias gemacht wurden. „Trotz einer Obergrenze von fast 50 % im Vergleich zu den Anlandungen im Jahr 2021 bzw. 1.295 Tonnen, die für die Jahre 2023 und 2024 gefangen werden dürfen, könnten diese Zugeständnisse einen Anreiz für einige Fangländer darstellen“, so Iris Ziegler, „ihre Anlandungen über ihre Fänge von 2021 hinaus zu erhöhen und auch lebende Tiere zu töten, anstatt sie freizulassen. Dadurch wird das Ziel, die Gesamtsterblichkeit auf 2001 t zu begrenzen, wahrscheinlich nicht erreicht, zumal die Nichtmeldung von Rückwürfen weit verbreitet ist und die Gesamtsterblichkeit in der Vergangenheit deshalb deutlich unterschätzt wurde.“
Die Ergebnisse im Überblick
Der jetzt angenommene Vorschlag verlangt, dass alle Fangländer mit Anlandungen von mehr als 500 Tonnen ihre Anlandungen um 60 % reduzieren, während die Länder mit weniger als 500 Tonnen ihre Anlandungen nur um 40 % reduzieren müssen. Darüber hinaus gelten viele der Maßnahmen, die 2021 für den Nordatlantik verabschiedet wurden, nun auch für den Südatlantik, wie z. B. Meldepflicht für alle toten Rückwürfe und die Freilassung lebender Tiere, die Festlegung wissenschaftlich fundierter Fangmengenbegrenzungen für die Zukunft, vereinbarte Wiederaufbauziele für den Bestand, falls dieser überfischt sein sollte.
Iris Ziegler fügt abschließend hinzu: „Wir fordern alle Beteiligten auf, zumindest die Tiere, die beim Einholen der Leinen noch leben, auf freiwilliger Basis wieder freizulassen und an wirksamen Maßnahmen zu arbeiten, um den Fang von Makohaien von vornherein zu vermeiden. Es ist zwingend erforderlich, den Anteil an totem Beifang sowohl im Nord- als auch im Südatlantik erheblich zu reduzieren, wenn wir die Gesamtmortalität senken und den Rückgang dieser Bestände aufhalten wollen. “Nur die USA und Kanada haben in 2021 den Anteil der Lebendfreilassung bereits auf 60 bis 70 % ihrer Rückwürfe verbessert.
Hintergrundinformationen:
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Pro Wildlife.
Neben Beifängen stellt Finning eine große Bedrohung für Haipopulationen weltweit dar. Auf unserem Politikblog findet ihr Informationen über die EU-Bürgerinitiative gegen Haifischflossenhandel.
In der Podcastfolge „Das traurige Los der Haie“ erfahrt ihr außerdem, welche Folgen Finning für das gesamte Ökosystem hat.
NABU begrüßt Bundestagsentscheid für ein Sofortprogramm Munition im Meer
Pressemitteilung, 22.11.2022, Naturschutzbund Deutschland e.V.
Krüger: Endlich grünes Licht für Meere ohne Weltkriegsaltlasten / Bergung muss zügig beginnen
Berlin – 1,6 Millionen Tonnen giftige Munitionsaltlasten aus den beiden Weltkriegen liegen in der deutschen Nord- und Ostsee. Diese können nun endlich geräumt werden, denn heute hat der Bundestag den Weg frei gemacht für ein 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm Munition im Meer. „Das Sofortprogramm ist ein schöner Erfolg für die Meere, an dem der NABU seit 2006 mitgearbeitet hat. Endlich übernimmt der Bund Verantwortung, um die giftigen Hinterlassenschaften der Weltkriege naturverträglich zu entsorgen. Damit das Sofortprogramm noch in dieser Legislatur ein Erfolg wird, ist jetzt das Bundesumweltministerium am Zug. Es muss alle notwendigen Komponenten für Bergung und Entsorgung zügig ausschreiben“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger und mahnt zugleich: „Der heutige Erfolg ist nur ein erster Schritt. Die Munitionsbergung ist eine Generationenaufgabe. Bund und Länder müssen dafür eine gemeinsame, langfristige Finanzierung auf die Beine stellen und damit heute schon beginnen.“
Eine naturverträgliche Munitionsräumung im Meer in dieser Größenordnung gibt es bislang noch nirgendwo auf der Welt. Bislang werden Munitionsaltlasten, die etwa beim Bau von Windparks oder Pipelines gefunden werden, viel zu oft gesprengt. Das ist eine Gefahr vor allem für Meeressäuger. Zudem werden die giftigen Inhaltsstoffe bei der Explosion in großem Umkreis verteilt und gelangen so in die marine Nahrungskette – und über Speisefische bis auf unseren Teller. „Es ist ein Meilenstein, dass Deutschland bei der naturverträglichen Bergung und Entsorgung jetzt Vorreiter wird. Wir hoffen, dass das Beispiel Schule macht und naturverträgliche Bergung international der neue Standard wird“, so NABU-Meeresschutzexpertin Anne Böhnke-Henrichs. „Dafür müssen verschiedene technische Komponenten zusammenspielen: von der gefahrlosen, unbemannten Bergung, über spezielle Schneidtechnik zum Zerlegen der Munitionskörper bis zur Entsorgung in mobilen Brennkammern auf einer schwimmenden Plattform. Die Technik für die Einzelkomponenten gibt es schon, aber mit dem Sofortprogramm kommt sie erstmals eng verzahnt und in großem Maßstab zum Einsatz.“
Hintergrund
Bereits 2006 forderte der NABU Schleswig-Holstein eine Strategie zur naturverträglichen Munitionsbergung aus dem Meer. Die Politik zögerte und verschleppte. Mit den für mindestens zehn Schweinswale tödlichen Minensprengungen im Fehmarnbelt im August 2019 war das Thema plötzlich auf der bundespolitischen Agenda. Bei einem parlamentarischen Frühstück im März 2020 zeichnete sich fraktionsübergreifend Einigkeit bei dem Thema ab, im Frühjahr 2021 forderten zwei ähnliche Bundestagsanträge von Bündnis 90, Grünen/FDP und SPD/Union die systematische Räumung und Entsorgung von Munitionsaltlasten im Meer. Im Bundestagswahlkampf hatte der NABU ein Sofortprogramm Munition im Meer als Kernforderung oben auf die Agenda gesetzt und Vertretern aller demokratischen Parteien die Zusage abgenommen, ein 100-Millionen-Euro-Programm zur naturverträglichen Munitionsbergung und Entsorgung auf den Weg zu bringen.
Diese Pressemittelung findet ihr beim NABU.
Bereits im März 2021 wurde eine geplante Sprengung von Munition im Fehmarnbelt abgesagt. Erfahrt mehr darüber auf unserem Politikblog.
Ohne die Arbeit der vielen NGOs, voran des NABU, wäre dieser große Schritt für den Schutz unserer Meere und ihrer Bewohner nicht möglich gewesen.
Plastikverschmutzung hat künftig ihren Preis
Pressemitteilung, 02.11.2022, BMUV
Bundeskabinett beschließt Gesetz zum Aufbau eines Einwegkunststofffonds
Die Bundesregierung hat heute beschlossen, dass Hersteller von Produkten aus Einwegplastik sich künftig an den Kosten der Abfallbeseitigung in Parks und Straßen beteiligen müssen. Laut Gesetz zahlen die Hersteller eine jährliche Abgabe in einen zentralen Fonds ein, der vom Umweltbundesamt verwaltet wird. Die Höhe der Abgabe bemisst sich an der Art und Menge jener Produkte, die sie zuvor auf den Markt gebracht haben. Aus dem Fonds können Kommunen Gelder erhalten, die ihre Kosten für Abfallbewirtschaftung und Sensibilisierungsmaßnahmen decken. Zu den betroffenen Produkten aus Einwegkunststoff zählen beispielsweise Tabakprodukte mit kunststoffhaltigen Filtern, Getränkebehälter und -becher und To-Go-Lebensmittelbehälter.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Zigarettenkippen, Flaschen, To-Go-Becher und Einmal-Essensbehälter landen leider viel zu oft an Straßenrändern, in unseren Parks und Wäldern und sind Ausdruck der Verschmutzungskrise. Die Kosten für Reinigung und Entsorgung des achtlos weggeworfenen Wegwerfplastiks trägt bislang die Allgemeinheit, das soll sich ändern. Wer sein Geschäft darauf stützt, Wegwerfprodukte aus Plastik auf den Markt zu bringen, soll sich an den Sammlungs- und Reinigungskosten der Kommunen beteiligen. Denn diese Rohstoffverschwendung trägt erheblich dazu bei, die weltweite Verschmutzungskrise anzutreiben. Mit dem neuen Gesetz steuern wir der Ressourcenverschwendung und Umweltverschmutzung entgegen und entlasten zugleich Städten und Gemeinden. Nicht Wegwerfplastik, sondern Mehrweg soll der neue Standard werden. Dieses Umdenken treibe ich auch mit Deutschlands internationalen Partnern engagiert voran. Seit März dieses Jahres verhandeln wir engagiert über das erste globale Abkommen gegen unnötiges, schädliches Plastik und Plastikmüll.“
Die Abgabe für in Verkehr gebrachte Produkte aus Einwegkunststoff haben die Hersteller erstmals im Frühjahr 2025 zu leisten und zwar auf der Basis der im Kalenderjahr 2024 in Verkehr gebrachten Produktmenge. Die konkrete Höhe der Abgabesätze für die Hersteller sowie das Auszahlungssystem an die Kommunen und sonstigen Anspruchsberechtigten werden durch eine Rechtsverordnung festgelegt. Die dazu erforderliche Datenbasis wird derzeit durch ein Forschungsvorhaben im Auftrag des Umweltbundesamtes ermittelt. Der Abschlussbericht zu dem Forschungsvorhaben wird noch vor den parlamentarischen Beratungen vorgelegt. Die Kommunen erhalten dann im Herbst 2025 aus dem Einwegkunststofffonds Geld für die in 2024 erbrachten abfallwirtschaftlichen Leistungen. Nach den ersten Ergebnissen des Forschungsvorhabens werden die Einnahmen des Fonds auf bis zu 450 Millionen Euro jährlich geschätzt. Das Einwegkunststofffondsgesetz muss vom Bundestag verabschiedet werden und passiert anschließend den Bundesrat. Die zugehörige Rechtsverordnung, die unter anderem die Abgabesätze festlegen wird, wird derzeit im BMUV vorbereitet. Das Gesetz dient der Umsetzung von Artikel 8 Absatz 1 bis 7 der EU-Einwegkunststoffrichtlinie in nationales Recht.
Derzeit laufen die Verhandlungen für ein rechtlich verbindliches UN-Abkommen zur Beendigung der Plastikvermüllung von Umwelt und Meeren. Ein zwischenstaatliches Verhandlungskomitee erarbeitet bis 2024 den Entwurf für das globale Plastikabkommen. Die Vorverhandlungen am Sitz des UN-Umweltprogramms (UNEP) in Nairobi haben im März 2022 mit dem Resolutionsentwurf „End Plastic Pollution – Towards a Legally Binding Agreement“ wichtige Eckpunkte zum Geltungsbereich und zum Ambitionsniveau des neuen Abkommens aufgestellt. Der Resolutionsentwurf sieht vor, dass die geplante Konvention den gesamten Lebenszyklus von Plastikprodukten in den Blick nimmt und somit auf umfassende Weise das Problem der Plastikverschmutzung, inklusive Mikroplastik, in der Umwelt und den Meeren behandelt. In diesem Kontext betont der Resolutionsvorschlag auch die Bedeutung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft sowie der Steigerung der Ressourceneffizienz zur Verbesserung der Zirkularität im Kunststoffsektor. Dieser umfassende Ansatz war ein zentrales Anliegen der Bundesregierung, die sich in den letzten Jahren gemeinsam mit einer breiten Allianz afrikanischer lateinamerikanischer, asiatischer und europäischer Staaten für die Erarbeitung eines entsprechenden Abkommens eingesetzt hat.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
Mehr zum Thema Plastikverschmutzung und Kreislaufwirtschaft findet ihr bei unserer BLUE STRAW Kampagne. Schaut auch gerne bei unserem NoStraw Shop vorbei, um aktiv gegen die Plasikflut zu kämpfen.
Schutz der Meere: Deutschland unterstützt bis auf Weiteres keinen Tiefseebergbau
Pressemitteilung, 01.11.22, BMUV
In Jamaika laufen derzeit Verhandlungen im Rahmen des Rates der Internationalen Meeresbodenbehörde. Dort hat die Bundesregierung erstmals eine „precautionary pause“, eine vorsorgliche Pause beim Tiefseebergbau gefordert. Dabei erklärte die Bundesregierung, dass sie bis auf Weiteres keine Anträge auf kommerziellen Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee unterstützt. Das vorhandene Wissen und der Stand der Forschung reichen nicht aus, um ernsthafte Umweltschäden durch Tiefseebergbau auszuschließen. Zudem wirbt Deutschland im Kreis der Mitgliedstaaten dafür, ebenfalls keine Anträge zu unterstützen. Eine formale Unterstützung von Abbauanträgen durch einen Mitgliedstaat des UN-Seerechtsübereinkommens ist zwingende Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen eine Genehmigung der Internationale Meeresbodenbehörde erhält.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Tiefseebergbau würde die Meere weiter belasten und Ökosysteme unwiederbringlich zerstören. Deshalb werben wir als ersten Schritt für ein Innehalten und keine vorschnellen Entscheidungen auf Kosten der Meeresumwelt. Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern haben wir jetzt die Chance, eine weitere drohende Umweltkrise abzuwenden und dem Erhalt der Natur und ihrer Erforschung Vorrang zu geben. Nur ein intakter Ozean hilft uns im Kampf gegen Biodiversitäts- und Klimakrise.“
Parlamentarische Staatssekretärin Franziska Brantner: „Deutschland will die weitere Erforschung der Tiefsee. Aber wir wollen den Vorsorgeansatz im Tiefseebergbau stärken. Deshalb sollten bis auf Weiteres keine Anträge auf kommerziellen Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee unterstützt werden.“
Mit der Erklärung, bis auf Weiteres auf die Unterstützung von Tiefseebergbau zu verzichten, kann jeder Staat zur Einhaltung einer „precautionary pause“ beitragen, bis die Tiefseeökosysteme und möglichen Risiken des Tiefseebergbaus ausreichend erforscht sind und strenge Abbauregularien vorliegen, die ernsthafte Umweltschäden ausschließen. Mit dem Verzicht auf die Unterstützung von Abbauanträgen („Sponsoring“), der vorbehaltlich der Prüfung einer Notwendigkeit rechtlicher Anpassungen erklärt wird, zeigt die Bundesregierung einen Weg zur Umsetzung der „precautionary pause“ im Rahmen des geltenden UN-Seerechtsübereinkommens auf und wirbt dafür im Kontakt mit anderen Staaten.
Die Entscheidung der Bundesregierung, für eine „precautionary pause“ im Tiefseebergbau zu werben, erfolgt als Reaktion auf den im vergangenen Jahr angekündigten Abbauantrag des Pazifikstaats Nauru. Damit wurde die sogenannte „Zweijahresklausel“ des Seerechtsübereinkommens ausgelöst, nach der innerhalb von zwei Jahren die Abbauregularien entwickelt werden müssen. Die Frist hierfür endet im Juli 2023.
In der Erklärung der Bundesregierung auf der 27. Sitzung des Rates der Internationalen Meeresbodenbehörde heißt es im Wortlaut: „Subject to national legal review, Germany will therefore not sponsor any plans of work for exploitation until the deep-sea ecosystems and the impacts of deep-sea mining have been sufficiently researched and until there are exploitation regulations with strict environmental standards in place, ensuring that the marine environment is not seriously harmed. Germany insists on the strict application of the precautionary approach and sees the need for a precautionary pause in deep-sea mining, facilitating further marine scientific research.“
Deutschland wird sich auch in Zukunft aktiv in die Arbeit der Internationalen Meeresbodenbehörde, insbesondere die Entwicklung effektiver Abbauregularien mit strengen Umweltstandards einbringen, um sicherzustellen, dass die Meeresumwelt auch bei einem möglichen Beginn von Genehmigungsverfahren nicht ernsthaft geschädigt wird. Gleichzeitig muss die Meeresforschung intensiviert werden, um mehr Wissen über die Tiefsee sowie die möglichen Auswirkungen von Tiefseebergbau zu erlangen.
Die Tiefsee gehört zu den am wenigsten erforschten Gebieten unseres Planeten.
Deutschland unterstützt bereits seit längerem die Erforschung von Tiefseeressourcen und hält über die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zwei sogenannte Explorationsverträge mit der Internationalen Meeresbodenbehörde im Pazifik und im Indischen Ozean.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
Schon 2018 haben viele NGOs zum Umdenken in Bezug auf den Tiefseebergbau aufgerufen. Weitere spannende Infos und Fakten findet ihr auf unserem Tiefseeblog, sowie auf unserer Tiefsee-Seite.
European Commission takes bold steps to protect vulnerable marine ecosystems
Pressemitteilung, 15.09.2022, Seas At Risk
Today, the European Commission has announced that it will protect 87 vulnerable marine ecosystems from deep-sea bottom fishing near the Atlantic coasts of France, Ireland, Portugal and Spain.
Deep-sea vulnerable marine ecosystems are scientifically recognised as storing a large part of the CO2 produced by human activities. Protecting deep-sea vulnerable ecosystems thus represents a crucial step towards preventing marine ecological breakdown and mitigating climate change.
The protection of vulnerable marine ecosystems was a vital part of the 2016 Deep Sea Fisheries Regulation. In addition to prohibiting bottom-trawling below 800 metres, the Regulation required an end to bottom-fishing in cold water coral reefs, aggregations of deep-sea sponges, sea pens and other deepwater habitats by 2018. These diverse deep-sea ecosystems are highly vulnerable to degradation. The delay in implementing this obligation of the Regulation was partly the result of the lengthy and extensive consultation and evaluation undertaken by the European Commission with scientists, Member States, the fishing industry and non-governmental organisations (NGOs).
“Despite being four years late as a result of a lengthy consultation process with stakeholders, we applaud the European Commission for finally and firmly adopting the preservation of vulnerable deep sea ecosystems. The protection of these ecosystems is a key step towards reversing biodiversity loss in our ocean, while also contributing to mitigating climate change,” said Andrea Ripol, Marine Policy Officer of Seas At Risk.
BACKGROUND
Life in the deep sea grows at a much slower pace and is very vulnerable to human pressures. Bottom-trawling can crush deep-sea coral in a matter of seconds, which can live for as long as 4,000 years if unharmed. Some deep-sea fish species live for more than a century, and while they can spawn many eggs, it can take several years for juveniles to reach maturity.
Deep-sea ecosystems are so significant for ecology and climate that some scientists have been calling for years for a general ban on fishing activities in the deep sea. This type of fishing is only profitable because of the high level of subsidies it receives. Scientists call for end to deep-sea fishing – The Washington Post
The relevance of the deep sea for climate comes from the fact that some of the organic carbon captured by vegetated coastal ecosystems is exported to the deep sea, where it stays stored for thousands of years. See here for more info.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Seas At Risk.
Neben Tiefseefischerei stellt auch Tiefseebergbau eine große Gefahr für dieses Ökosystem dar. Einen IUCN Bericht über die Zukunft des Tiefseebergbaus, sowie unsere Reflexionen „Tiefseebergbau für Einsteiger:innen“ findet ihr auf unserem Tiefseeblog.
Mikroplastik in Kosmetik jederzeit und überall erkennen – mit der ToxFox-App
Mikroplastik und andere Schadstoffe, welche sowohl unserer Umwelt als auch unserer Gesundheit schaden, befinden sich inzwischen fast überall, vor allem aber auch in unseren Kosmetik- und Alltagsprodukten. Mit den Inhaltsangaben, welche auf den Produkten abgebildet sind, können die meisten Menschen häufig wenig anfangen – so weiß kaum jemand, was beispielsweise Polyvinyl Derivate (PVX) sind.
Die ToxFox-App des BUNDs leistet dafür nun einfache Abhilfe. Mit der App kann man ganz einfach den Barcode der einzelnen Produkte scannen und sofort wird einem angezeigt ob und welche Schadstoffe enthalten sind. So kann bedenkenlos und giftfrei eingekauft werden. Außerdem wird erklärt, welche Funktionen eventuelle Giftstoffe haben und welche Probleme sie mit sich bringen. So kann PVX-Kunststoff zu Atemproblemen führen, wenn er in die Kiemen von Fischen gelangt.
Beim BUND erhaltet ihr weitere Informationen zur ToxFox-App.
Außerdem gibt es noch andere praktische Apps, um Mikro- und Einwegplastik zu vermeiden und einen nachhaltigen Lebensstil zu erleichtern, wie zum Beispiel die ZeroWasteMap-App der Stadtreinigung Hamburg oder die Refill-App.
Korallengärten auf der „Mauretanischen Mauer“ entdeckt
Pressemitteilung, 21. Juni 2022, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Neue, kolonienbildende Oktokorallenart von der weltweit größten Tiefwasserkorallenhügelkette beschrieben
Wissenschaftler*innen von Senckenberg am Meer und der Universität Tel Aviv haben eine neue Korallenart entdeckt. Die Oktokoralle Swiftia phaeton wurde auf der weltweit größten Tiefwasserkorallenhügelkette vor der Küste Mauretaniens während verschiedener Tauchgänge in Tiefen zwischen etwa 400 und 600 Metern gefunden. Dort bildet sie „Korallengärten“ – dichte Ansammlungen von einer oder mehreren Korallenarten. Die Neubestimmung erfolgte mittels Mikro-Computertomographie – einem Verfahren für die detaillierte dreidimensionale Bildgebung von inneren Strukturen. Die Forschenden warnen in ihren in den Fachjournalen „ZooKeys“ und „IntechOpen“ veröffentlichten Studien vor der Gefährdung der gerade erst entdeckten Art – in ihrem Ökosystem wird Kohlenwasserstoff gefördert und seit den 1960er Jahren Fischerei betrieben.
Über 580 Kilometer erstreckt sich in einer Wassertiefe zwischen 400 und 600 Metern die bis zu 100 Meter hohe „Mauretanische Mauer“ – eine Hügelkette geformt von Tiefwasserkorallen, die sich in den vergangenen 120.000 Jahren parallel zur mauretanischen Küste entwickelt hat. „Dieser Meeresbereich beherbergt nicht nur die weltweit größte Hügelkette mit lebenden Tiefwasserriffen, sondern wird – aufgrund der außergewöhnlich hohen Fischbestände – auch intensiv vom Menschen genutzt“, erläutert Dr. Íris Sampaio, vormals bei Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und heute bei der Universität Tel Aviv beschäftigt. Die Meeresforscherin fährt fort: „Das hat Konsequenzen für die Riffe: Nicht nur zerstören Schleppnetze den Lebensraum von Koralle und Co., die aufgewirbelten Sedimente sind ein zusätzlicher Stressfaktor und die sauerstoffreichen Bereiche schwinden zunehmend. Es ist deshalb unerlässlich, die dortige Biodiversität zu erforschen, um sie – vor einer weiteren Zerstörung – schützen zu können.“
Sampaio hat mit ihren Kolleg*innen von Senckenberg am Meer Prof. Dr. André Freiwald und Dr. Lydia Beuck nun eine weitere neue Oktokorallenart von der „Mauretanischen Mauer“ beschrieben: Swiftia phaeton lebt an den Kontinentalhängen Mauretaniens. Die Art unterscheidet sich von ihren nordostatlantischen und mediterranen Verwandten durch die dunkelrote Farbe der Kolonien, eine Schicht von stabförmigen Hartteilen (Skleriten) auf den Polypenhügeln und die unterschiedlichen Größen der Polypen und Skleriten. „Mit Hilfe eines ferngesteuerten Unterwasserfahrzeugs konnten wir Lebendnachweise der Korallen in einer Tiefe von 396 bis 639 Metern vor Mauretanien erbringen. Die neue Art besiedelt hauptsächlich abgestorbene Korallengerüste, Korallenschutt oder Gestein. Sie ist die bislang im Nordostatlantik am südlichsten auftretende bekannte Art und bildet – anders als weitere Swiftia-Arten – große ‚Korallengärten‘“, ergänzt Sampaio.
Zur taxonomischen Bestimmung der Oktokoralle setzte das Team erstmalig Mikro-Computertomographie ein. Die Methode ermöglicht ein detailliertes dreidimensionales Bild der inneren Struktur von sehr kleinen Proben. „Wir konnten so die Skleritenschicht entdecken, die Swiftia phaeton von anderen Arten unterscheidet“, erklärt Sampaio.
Freiwald resümiert: „In zukünftigen Forschungsprojekten möchten wir diese Methode häufiger einsetzen, um die verschiedenen Korallen noch zuverlässiger und einfacher zu bestimmen. Bislang sind etwa 850 Arten von den Tiefwasserriffen der ‚Mauretanischen Mauer‘ beschrieben – das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Wir brauchen genaue Kenntnisse zur Fauna der ‚Mauretanischen Mauer‘, um die Folgen der natürlichen und anthropogenen Einflüsse zu bewerten. Die Widerstandsfähigkeit der Korallengärten vor Mauretanien hängt vor allem mit dem Vorhandensein von Hartsubstrat für die Ansiedlung und mit der Exposition gegenüber nahrungsreichen Strömungen zusammen. Und nicht nur die Korallenriffe sind gefährdet – auch die Fischerei und damit die Lebensgrundlage vieler Menschen sowie etwa 20 Prozent der mauretanischen Staatseinnahmen stehen auf dem Spiel!“
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Noch mehr zum Thema Korallengärten findet ihr in unserem Factsheet. Leider steht katastrophal um unsere Riffe. Erderwärmung, Ozeanversauerung und Extremwetter setzen diesen besonderen und unverzichtbaren Ökosystemen stark zu.
KI erkennt Riff-Gesundheit am Klang
Nicht nur Wale, sondern auch Fische, Krebse und andere Riffbewohner geben Geräusche von sich, mit denen sie teilweise auch kommunizieren. Dicht besiedelte Riffe produzieren somit ihr eigene Musik, in toten wird es dagegen still. Forscher:innen haben nun einer Künstlichen Intelligenz beigebracht, den Gesundheitszustand eines Korallenriffes mithilfe seiner Soundkulisse zu erkennen. Bisher war es schwierig die Riff-Gesundheit mit visuellen oder akustischen Hilfsmitteln zu ermitteln, es waren aufwändige Arbeitsschritte sowie viele Taucher:innen nötig. Die Komplexität der Riff-Geräusche macht es für Menschen fast unmöglich, die Riff-Gesundheit anhand einzelner Tonaufnahmen zu bestimmen. Die KI der Forscher:innen konnte Algorithmen entwickeln, um die einzelnen Muster der Soundkulisse zu erkennen und somit auf den Gesundheitszustand des Riffes zu schließen. Zuvor wurde die KI mit Tonaufnahmen gefüttert, bei welchen der jeweilige Gesundheitszustand bekannt war.
Diese Methode klingt sehr vielversprechend für zukünftige Analysen der Riff-Gesundheit und deren Entwicklung. In vielen Fällen ist es kostengünstiger, praktikabler und weniger zeitaufwändig, anstatt regelmäßig Forschungstaucher:innen das Riff untersuchen zu lassen.
Den Artikel „Akustisches Monitoring – KI erkennt Riff-Gesundheit am Klang“ von Martin Vieweg vom 30.05.2022 sowie ein Video zu dem Thema findet ihr bei wissenschaft.de.
Das Original-Paper „Enhancing automated analysis of marine soundscapes using ecoacoustic indices and machine learning“ könnt ihr bei ScienceDirect nachlesen.
Warum Korallenriffe von so großer ökologischer Bedeutung sind, könnt ihr in unserem Factsheet nachlesen.
Durchbruch gegen die Plastikflut: Was 175 Staaten jetzt beschlossen haben
Die UN-Umweltversammlung hat ein neues Plastikabkommen ins Leben gerufen, welches endlich die weltweite Plastikverschmutzung eindämmen soll. Drei Tage lang wurde einzig und allein über das Thema Plastik diskutiert – mit einem erfolgreichen und vielversprechenden Ergebnis. Bis Ende 2024 müssen konkrete Maßnahmen von den Mitgliedsstaaten definiert werden. Dafür soll sich bis zur nächsten Umweltversammlung ein Gremium mit der weltweiten Plastikproduktion, dem Plastikkonsum und der Entsorgung auseinandersetzen. Das Ziel ist ein verbindliches Abkommen wie das Kyoto-Protokoll oder das Pariser Klimaabkommen. Auf folgende Punkte haben sich die UN-Mitgliedsstaaten bereits geeinigt:
- Das Gremium soll den Lebenszyklus von Plastik, also die Herstellung, die Verwendung und die Entsorgung, genau unter die Lupe nehmen.
- Es sollen Höchstgrenzen für die Produktion und den Verbrauch festgelegt werden.
- Es sollen Maßnahmen gegen den Müll ergriffen werden, der sich bereits in der Umwelt befindet.
- Ärmere Länder sollen finanziell unterstützt werden, sodass diese Abfallsysteme ausarbeiten können.
Wir blicken zuversichtlich auf das neue Abkommen der UN-Umweltversammlung, jedoch muss dieses auch konsequent durchgesetzt und nicht wie das Kyoto-Protokoll oder das Pariser-Klimaabkommen untergraben werden.
Den Artikel „Durchbruch gegen die Plastikflut: Was 175 Staaten jetzt beschlossen haben“ vom 31.05.2022 von Désiree Schneider findet ihr bei Perspective Daily.
Perspective Daily ist eine Plattform für konstruktiven Journalismus, die wir gerne unterstützen wollen. Die Artikel von Perspective Daily befinden sich hinter einer offenen Paywall. Lasst PD gerne ein Abo da, um alle Artikel sehen zu können und den konstruktiven Journalismus zu unterstützen.
Mehr zum Thema Plastikverschmutzung findet ihr bei unserer Blue Straw-Kampagne.
Bundesregierung geht in die Offensive für saubere Ozeane, den Schutz mariner Artenvielfalt und gegen Meeresmüll
Pressemitteilung, 10.02.2022, BMUV (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz)
Die Bundesregierung will mit einer Meeresoffensive gegen Umweltverschmutzung vorgehen und den Schutz der marinen Artenvielfalt vorantreiben. Das kündigte Bundesumweltministerin Steffi Lemke heute zum internationalen Meeresgipfels „One Ocean Summit“ im französischen Brest an. Teil der Meeresoffensive ist eine kohärente nationale Meeresstrategie, um spezifische Meeresschutz-Ziele verstärkt sektorübergreifend zu verankern. Die Offensive umfasst daneben die aktive Beteiligung an der Erarbeitung unterschiedlicher Abkommen gegen die Verschmutzung der Meere und für marine Biodiversität auf UN-Ebene. Entwicklungsministerin Svenja Schulze hat zudem zusätzliche 20 Millionen Euro für den Weltbank-Fonds ProBlue zugesagt, in den zuvor schon das BMUV eingezahlt hatte. Damit wird Deutschland zu einem der größten Geber des Fonds. Mit dem Geld wird der Einsatz gegen Meeresmüll und Meeresverschmutzung sowie ein nachhaltiges Management von Küsten- und Meeresgebieten gefördert.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Gesunde Meere sind für uns Menschen überlebenswichtig. Sie sind wichtiger CO2-Speicher und regulieren das Klima. Sie sind Lebensraum einer einzigartigen Flora und Fauna, Verbindung zwischen Kontinenten und Nahrungsquelle. Zur Realität gehört aber auch, dass die Meere unter Überfischung, Verschmutzung durch Schadstoffe und Überdüngung sowie gigantische Strudel aus Plastikmüll massiv unter Druck sind. Vieles von dem, was wir Menschen tun, gefährdet die natürlichen Funktionen der Meere. Rasches und entschlossenes Handeln ist nötig. Wir werden dafür eine verbindliche ressort-übergreifende Meeressstrategie vorlegen und eine Koordination der Meerespolitik unter Leitung eines neuen Meeresbeauftragten vorantreiben.“
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze: „Intakte Meere sind nicht nur wichtig für Klimaschutz und Artenvielfalt, sie sind auch Lebensgrundlage für Menschen auf der ganzen Welt. Mehr als 800 Millionen Menschen leben von Fischerei und Aquakultur. Das Entwicklungsministerium unterstützt daher zusammen mit seinen Partnerländern und mit internationalen Initiativen den Erhalt und die Ausweitung von Meeres- und Küstenschutzgebieten, nachhaltige Fischerei und neue nachhaltige Einkommensquellen für die Küstenbevölkerung.“
Die Meeresoffensive Deutschlands für die kommenden Jahre wird alle Facetten des Meeresschutzes in einer Meeresstrategie der Bundesregierung bündeln. So sollen Schutz und umweltverträgliche Nutzung der Meere miteinander in Einklang gebracht werden. Die neue Strategie der Bundesregierung sowie die Funktion des Meeresbeauftragten werden derzeit im BMUV vorbereitet.
Ganz konkret bringt die Bundesregierung den globalen Meeresschutz an folgenden Stellen national, europäisch und international voran:
- Die Bundesregierung arbeitet derzeit mit ihren Partnern an einem zügigen Abschluss der UN-Verhandlungen für ein Übereinkommen zum Schutz der Biodiversität und der nachhaltigen Nutzung der Hohen See.
- Bei der UN-Umweltversammlung (UNEA) im März 2022 starten die Verhandlungen über ein rechtsverbindliches UN-Abkommen gegen Meeresmüll und Plastikverschmutzung. Deutschland gehört zu den Wegbereitern des internationalen Vertrags. Grundlage der Verhandlungen bildet eine Resolution, die u.a. mit Unterstützung Deutschlands von Peru und Ruanda initiiert wurde und heute von mehr als 50 Staaten und der Europäischen Union unterstützt wird.
- Auch vor unserer Haustür, in Nord und Ostsee, gibt es viel zu tun: bei der Umsetzung der europäischen und regionalen Ziele im Meeresschutz. Die EU-Biodiversitätsstrategie verlangt, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent der Meeresfläche Europas unter Schutz gestellt werden. Dabei ist zentral, dass die EU-Meeresschutzgebiete echte Rückzugsorte für die marine Flora und Fauna sind. In Deutschland sind in dieser Woche die Managementpläne für die Schutzgebiete in der Ostsee in Kraft getreten. Konkrete Maßnahmen können nun starten, zum Beispiel für weniger Unterwasserlärm, zur Wiederherstellung von Riffen, für naturverträglichere Fischfangmethoden und saubereres Wasser.
Ein Ergebnis des Gipfels ist die Ausweitung der sogenannten Clean Oceans Initiative durch ein stärkeres Engagement der Entwicklungsbanken. In der Clean Oceans Initiative konnte Deutschland gemeinsam mit Frankreich, der Europäischen Investitionsbank sowie spanischen und italienischen Förderbanken bereits 1,63 Milliarden Euro mobilisieren. 500 Millionen Euro davon hat das BMZ über die KfW Entwicklungsbank beigetragen, weitere Mittel sind geplant. Die Initiative widmet sich vor allem dem Abwasser- und Abfallmanagement in Partnerländern, um den Eintrag von Plastik und Müll in die Meere zu verhindern. Ein weiteres wichtiges internationales Instrument ist der vom BMZ ins Leben gerufene Blue Action Fund, der Meeresgebiete mit einer Fläche von rund 360.000 Quadratkilometern schützt. Deutschland hat hierfür zusammen mit anderen Gebern bislang rund 170 Millionen Euro mobilisiert.
Darüber hinaus unterstützt das BMUV den Meeresschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern. Beispielweise fließen rund 20 Millionen Euro in Projekte in Südostasien, die dem Aufbau von Meeres- und Küstenresilienz im Korallendreieck dienen. Weitere 5 Millionen Euro fließen jeweils in den grenzübergreifenden Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Meeres- und Küstenregion in Ostafrika sowie die Prävention von Verschmutzung durch Plastikabfälle in der Karibik. Das BMUV hat seit 2019 mit seinem dedizierten Förderprogramm gegen die Vermüllung sieben Projekte in den meistbetroffenen Regionen des globalen Südens – Afrika, Asien und Lateinamerika – mit einem Gesamtvolumen von knapp 40 Millionen Euro bewilligt und weitere 30 Millionen Euro in entsprechende Fonds, vor allem in die zweite Säule des PROBLUE Fund der Weltbank mit dem Ziel des Meeresumweltschutzes eingezahlt.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim BMUV.
DEEPWAVE und 16 weitere Organisationen haben bereits 2020 von der Bundesregierung und den zuständigen Behörden eine „Meeresoffensive 2020“ gefordert. Ein Jahr später findet sich diese Forderung im Koalitionsvertrag wieder: „Wir starten eine Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur“.
Die in dieser Pressemitteilung geäußerten konkreten Maßnahmen gegen die Meeresverschmutzung sowie den Schutz der Artenvielfalt lassen uns mit neuer Hoffnung auf die nächsten Jahre blicken. Wir hoffen auf eine rasche und konsequente Umsetzung für den Schutz und die Erhaltung unserer Meere.