Klima

Meeresschutz ist Klimaschutz.

Davos: Logik eines Hardware-Upgrades

Nahaufnahme einer Platine

© moebiusdream / Pixabay

Pressemitteilung, 20.01.2025, NABU

Krüger: Die Erde passt nicht zu der Art wie wir Business machen wollen

Berlin/Davos – Der Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums (WEF) benennt die größten Herausforderungen, denen sich die Weltgemeinschaft im kommenden Jahr und im nächsten Jahrzehnt stellen muss. Demnach dominieren Umweltrisiken die Risikoeinschätzung für das kommende Jahrzehnt: Extreme Wetterereignisse, der Verlust der biologischen Vielfalt und der Zusammenbruch von Ökosystemen werden als die gravierendsten langfristigen Risiken angesehen. Sie geben einen Hinweis, dass die Art und Weise, wie die Weltwirtschaft wirtschaften will, nicht zur Hardware des Planeten Erde passt. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:

„Wenn sich in diesen Tagen die globalen Entscheidungsträger der Weltwirtschaft in Davos treffen, dann wird deutlich, dass die Hardware unseres Planeten mit ihren Plänen nicht mehr Schritt hält. Das lässt nur zwei Möglichkeiten zu: Hardware-Upgrade oder wir arbeiten an einer Software, die besser auf die Hardware abgestimmt ist.“

Steigende Temperaturen, schwindende Wälder, verschmutzte Meere und ein alarmierender Verlust an biologischer Vielfalt zeigen: Die planetaren Belastungsgrenzen sind erreicht, vielerorts bereits überschritten. Die Natur sendet unmissverständliche Warnsignale – Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände sind keine Einzelereignisse mehr, sondern gehören zum Alltag.

Krüger weiter: „Das Weltwirtschaftsforum kann die Weichen für eine nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft stellen. Die wirtschaftlichen Risiken, die der aktuelle Global Risks Report aufzeigt, sind ein deutlicher Weckruf: Ohne entschlossenes Handeln wird die ökologische Krise zur ökonomischen Katastrophe. Ohne intakte Ökosysteme und eine gesunde Umwelt gibt es keine langfristige wirtschaftliche Sicherheit“.

Diese Herausforderungen betreffen auch Deutschland und Europa unmittelbar. Extreme Wetterereignisse, der Verlust von Lebensräumen und die Belastung der Gewässer erfordern dringendes Handeln. Die EU-Wiederherstellungsverordnung bietet eine Chance, den ökologischen Verlusten entgegenzuwirken. Sie setzt klare Ziele für die Renaturierung geschädigter Ökosysteme und fordert ein ambitioniertes politisches Engagement sowie eine enge Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Krüger: „Davon ist im Wahlkampf noch nichts zu spüren.“

HINTERGRUND: Der Global Risks Report 2025 des Weltwirtschaftsforums (WEF) benennt die größten Herausforderungen, die die Weltgemeinschaft im kommenden Jahr und innerhalb des nächsten Jahrzehnts bewältigen muss. In einer Umfrage unter mehr als 900 Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik werden insbesondere klimabedingte extreme Wetterereignisse als eines der drängendsten kurzfristigen Risiken hervorgehoben. Über einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet dominieren Umweltgefahren die Risikolandschaft: Extreme Wetterereignisse, der Verlust der biologischen Vielfalt und der Zusammenbruch von Ökosystemen zählen zu den gravierendsten Bedrohungen.

 

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Trotz der alarmierenden Prognosen und der eindringlichen Warnungen, wie sie Greta Thunberg 2019 mit ihrem Appell „I want you to panic“ beim Weltwirtschaftsforum vor sechs Jahren in Davos formulierte, zeigt die Wirtschaftslandschaft kaum Fortschritte. Solange die wirtschaftlichen Entscheidungsträger nicht bereit sind, die drängenden Umweltherausforderungen ernsthaft anzugehen, werden wir weiterhin an der Linie des ökologischen Abgrunds balancieren.

Wie reagieren marine Nahrungsnetze auf Alkalinitätserhöhungen?

Alkalinitätserhöhung - Mikroskopaufnahme einer gemischten Zooplanktonprobe© Epipelagic / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 06.12.2024, GEOMAR

 

Erste Studie zeigt vielversprechende Ergebnisse

06.12.2024/Kiel. Um den Klimawandel einzudämmen, müssen die vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen so schnell und umfassend wie möglich reduziert werden. Zusätzlich muss ein Teil des von uns bereits ausgestoßenen CO2 sicher aus der Atmosphäre entfernt werden. Ein Lösungsansatz dafür ist, die natürliche CO2-Aufnahme des Ozeans durch Alkalinitätserhöhung zu beschleunigen. Dabei wird der Prozess der Gesteinsverwitterung nachgeahmt, indem gemahlenes oder gelöstes Gestein direkt dem Meerwasser zugegeben wird. Bislang ist noch wenig über die Auswirkungen bekannt, die diese Methode auf das Leben im Meer hat. Jetzt konnte eine Studie des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigen, dass die Auswirkungen auf Zooplankton unter bestimmten Voraussetzungen gering wären und das Nahrungsnetz stabil bliebe. Die Ergebnisse erscheinen heute in dem Fachjournal Science Advances.

 

Der Ozean nimmt bereits heute ein Viertel bis ein Drittel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen auf, doch dieser Prozess führt auch zur Versauerung des Wassers. Durch den gezielten Eintrag von bestimmten Mineralien kann die Alkalinität des Meerwassers erhöht werden. Das bedeutet, dass das Wasser dann mehr CO2 chemisch binden kann, ohne weiter zu versauern. Welche Auswirkungen eine Alkalinitätserhöhung (Ocean Alkalinity Enhancement, OAE) auf die Umwelt hätte, ist noch wenig erforscht. Wissenschaftler:innen aus der Gruppe von Professor Dr. Ulf Riebesell am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel haben nun im Rahmen des europäischen Projekts OceanNETs in einem Experiment auf Gran Canaria erstmals die Reaktion von Zooplankton und mögliche Auswirkungen auf das Nahrungsnetz untersucht. Ihre Ergebnisse erscheinen heute in der Fachzeitschrift Science Advances.

Experiment im Riesen-Reagenzglas

Die Studie hat einen Ansatz gewählt, der die Meereschemie nur geringfügig stört: die CO₂-equilibrierte Alkalinitätserhöhung – eine Form von OAE, bei der der zu bindende Kohlenstoff bereits vom alkalisierten Wasser absorbiert wurde, bevor er in die Meeresumwelt freigesetzt wird. Für ihr Experiment setzten die Wissenschaftler:innen sogenannte KOSMOS-Mesokosmen ein (Kiel Off-Shore Mesocosms for Ocean Simulations) – große Behälter, die direkt ins Meerwasser gelassen werden und dort jeweils acht Kubikmeter Wassersäule isolieren. In diese wurden verschiedene Konzentrationen von Natriumkarbonat und -hydrogenkarbonat (auch als Soda, bzw. Backpulver bekannt) eingebracht – von keiner Alkalinitätssteigerung bis hin zur Verdopplung der natürlichen Alkalinität. Über einen Zeitraum von 33 Tagen wurde untersucht, wie sich die Alkalinisierung auf das Zooplankton auswirkt, das eine zentrale Rolle im marinen Nahrungsnetz spielt. Dafür analysierten die Forschenden eine Vielzahl von Parametern wie Biomasse, Produktion, Diversität und Fettsäuren des Zooplanktons.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Planktongemeinschaften stabil blieben und das Zooplankton die moderaten chemischen Veränderungen durch die CO2-equilibrierte OAE weitgehend tolerierte. Zwar verschlechterte sich während des Experiments die Nahrungsqualität der Schwebstoffe, von denen sich das Zooplankton ernährt, doch dies schien die Konsumenten nicht zu beeinträchtigen. Die Forschenden vermuten, dass die nährstoffarmen Bedingungen im Untersuchungsgebiet – ein charakteristisches Merkmal subtropischer Gewässer – mögliche indirekte Auswirkungen der OAE auf das Zooplankton abgemildert haben könnten.

Potenzial im Klimaschutz und weiterer Forschungsbedarf

Die Alkalinitätserhöhung könnte eine bedeutende Rolle bei der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre im Kampf gegen den Klimawandel spielen. Wenn der Ozean mehr CO2 aufnehmen kann, ohne saurer zu werden, könnte er ein noch stärkerer Puffer gegen die globale Erwärmung werden und den Weg in eine Zukunft ebnen, in der kohlenstoffintensive Industrien durch erneuerbare Energien ersetzt, die Emissionen von Industrien, die nicht dekarbonisiert werden können, neutralisiert und historische Kohlenstoffemissionen sicher entfernt und gelagert werden. Es besteht jedoch noch dringender Forschungsbedarf, um die Auswirkungen auf das gesamte marine Ökosystem zu klären.

„Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die CO2-equilibrierte Alkalinitätserhöhung das Zooplankton in dem untersuchten nährstoffarmen subtropischen Gebiet nur geringfügig beeinflusst und das Nahrungsnetz insgesamt stabil bleibt“, erklärt Erstautor Nicolás Sánchez, Doktorand am GEOMAR, „das sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie andere marine Umgebungen darauf reagieren oder wie sicher andere, technisch besser umsetzbare OAE-Ansätze sind, die größere chemische Veränderungen im Meerwasser verursachen.“

Die Wissenschaftler:innen empfehlen daher, die Methode in verschiedenen Ökosystemen weiter zu erforschen, da es keinen universellen OAE-Ansatz geben wird, der überall anwendbar ist. Die Methode müsse an die jeweiligen Bedingungen angepasst werden. Sánchez: „Unsere Studie ist ein vielversprechender erster Schritt zur Definition eines verantwortungsvollen Rahmens für die Anwendung der Alkalinitätserhöhung.“

 

Originalpublikaton:

Sánchez, N., Goldenberg, S., Brüggemann, D., Taucher, J., & Riebesell, U. (2024). Plankton food web structure and productivity under Ocean Alkalinity Enhancement. Science Advances.

https://doi.org/10.1126/sciadv.ado0264

Förderung:

Das Projekt OceanNETs (Ocean-based Negative Emission Technologies; Ozeanbasierte Technologien zur Entfernung von Kohlendioxid) läuft von 2020 bis 2025 und wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 der Europäischen Union gefördert. Die Studie wurde co-finanziert von dem Helmholtz European Partnering Projekt Ocean-CDR.

 

Diese Pressemitteilung findet ihr beim GEOMAR.

Die Alkalinitätserhöhung des Ozeans zeigt Potenzial, CO2 zu binden und die Versauerung zu verringern, birgt jedoch Risiken, die weiter erforscht werden müssen. Trotz dieser vielversprechenden Ansätze bleibt der Kohleausstieg und die umfassende Reduktion von CO2 die wichtigste Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel.

Vorkommen von Blau- und Finnwalen in der Arktis

Eine Schwanzflosse eines Wals ragt aus dem Meer. Im Hintergrund sind Eisberge zu sehen

© Torsten Dederichs / Unsplash

Pressemitteilung, 27.11.2024, AWI

Forschungsteam unter AWI-Leitung stellt erste akustische Langzeituntersuchung von Bartenwalen in der östlichen Framstraße vor

Die Langzeitanalyse der Unterwasserrufe von Blau- und Finnwalen in der östlichen Framstraße liefert wichtige Erkenntnisse zu saisonalen und jährlichen Mustern im Vorkommen von Blau- und Finnwalen in diesem Gebiet. So waren Blauwale vor allem im Sommer und Herbst zu hören, während die akustische Präsenz von Finnwalen auf ein deutlich längeres und variableres Vorkommen hinweist. Der einmalige Langzeitdatensatz belegt zudem in den Wintermonaten das vereinzelte Auftreten von Blauwalen – den größten Tieren der Erde. Diese Erkenntnisse stellt ein Forschungsteam unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts jetzt in der Fachzeitschrift PLOS ONE vor.

 

Die östliche Framstraße ist stark von den Folgen des Klimawandels betroffen, was sich auch auf die dort lebenden Arten auswirkt. So führen steigende Meerestemperaturen unter anderem zu einem deutlichen Rückgang des Meereises und zu Verschiebungen im Nahrungsnetz. Für Bartenwalarten, die saisonale Wanderungen unternehmen, ist der östliche Teil der Framstraße zwischen Svalbard und Grönland eine wichtige Region, denn dort transportiert eine Meeresströmung relativ warmes Wasser in die Arktis, was wiederum eine hohe biologische Produktivität bedingt. Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) betreibt in diesem Gebiet seit 2014 das Ozean-Beobachtungssystem FRAM (Frontiers in Arctic Marine Monitoring), um langfristige Veränderungen zu untersuchen. Teil des Observatoriums sind akustische Langzeitbeobachtungen bei denen im Ozean verankerte Rekorder mit Hilfe von Hydrophonen (Unterwasser-Mikrofonen) Geräusche aufzeichnen, beispielsweise die Rufe von Walen. Diese schaffen eine Grundlage für die Untersuchung von Artenvorkommen, insbesondere im Hinblick auf mögliche klimawandelbedingte Veränderungen, einzelne Geräte waren bereits vor der Einrichtung des FRAM-Observatoriums ausgebracht worden, außerdem steuerte das Pacific Marine Environmental Laboratory der NOAA zwei Datensätze bei.

„Fortschreitende Veränderungen des Lebensraums, wie der Rückgang des Meereises, werden voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf das Vorkommen mariner Säugetiere haben“, berichtet Marlene Meister, Doktorandin am Alfred-Wegener-Institut und Erstautorin der aktuellen Studie. Daher erwarten die Forschenden unter anderem, dass Blau- und Finnwale, die vorwiegend im Sommer und Herbst aus dem Nordatlantik in die Framstraße zum Fressen migrieren, ihren Aufenthalt dort räumlich und zeitlich ausdehnen oder möglicherweise das ganze Jahr über dort verweilen. In der aktuellen Publikation untersuchten sie deshalb saisonale Muster im akustischen Vorkommen von Blau- und Finnwalen im Zeitraum von 2012 bis 2021.

„Das Migrationsverhalten von Finnwalen ist als relativ flexibel bekannt und die Tiere waren auch das ganze Jahr über zu hören. Überrascht waren wir jedoch, dass wir in drei der zehn Beobachtungsjahre vereinzelte Tage mit Blauwalruf-Detektionen im Januar oder Februar gefunden haben“, sagt Marlene Meister. Dies sei ungewöhnlich, da angenommen wird, dass die Tiere sich zu diesem Zeitpunkt in südlicheren Gebieten aufhalten. „Die sporadische akustische Präsenz im Winter deutet darauf hin, dass einzelne Tiere ihren saisonalen Aufenthalt in der Framstraße verlängern oder zu dieser Jahreszeit aus südlicheren Aufenthaltsorten in das Gebiet zurückkehren. Das Migrationsverhalten von Blauwalen im Nordatlantik gilt eigentlich als recht verlässlich, weshalb ich einen auf Sommer und Herbst begrenzten Aufenthalt der Tiere erwartet hätte“, berichtet die AWI-Biologin weiter. Weil es vor 2012 keine akustischen Langzeitaufnahmen aus der östlichen Framstraße gab, ließe sich allerdings nicht mit Sicherheit sagen, dass das (akustische) Vorkommen von Blauwalen im Winter in der Framstraße ein neues, klimawandelbedingtes Phänomen ist. Insgesamt konnte das Forschungsteam einen deutlichen Einfluss von Meerestemperatur und Zooplanktonvorkommen auf die akustische Präsenz von Blauwalen feststellen.

Das Forschungsteam leistet einen wichtigen Beitrag zur Untersuchung des Artenvorkommens und damit zur Dokumentation potenzieller klimawandelbedingter Veränderungen. Zudem unterstreicht die Veröffentlichung die Bedeutung der Framstraße als einen wertvollen Lebensraum für Bartenwale (vermutlich als Fresshabitat) und trägt zu einem besseren Verständnis des Wanderungsverhaltens verschiedener Arten bei. Die angewandte Methode, das Passive Akustische Monitoring (PAM), ist besonders wichtig, um das (akustische) Artenvorkommen ganzjährig und auch unter widrigen Bedingungen zu untersuchen, und wird daher vom AWI im FRAM-Observatorium als Teil der Langzeitforschung fortgesetzt. Schließlich sind vor allem im Winter visuelle Beobachtungen aufgrund von Eisbedeckung und Dunkelheit nahezu unmöglich.

Ein verbessertes Verständnis von Artenvorkommen, Habitatnutzung und Migrationsverhalten ermöglicht es, Schutzmaßnahmen gezielter einzusetzen. Diese sind momentan von besonderer Bedeutung: Der Rückgang des Meereises macht den Arktischen Ozean für menschliche Aktivitäten immer zugänglicher. Der steigende Schiffsverkehr in der Arktis, etwa entlang der Nordwest- oder Nordostpassage, führt zu erhöhtem anthropogenem Stress für marine Säugetiere. Unterwasserlärm, vor allem durch Schiffsmotoren und seismische Untersuchungen, beeinträchtigt bereits heute die Kommunikation von Bartenwalen. Zudem drohen zusätzliche Gefahren durch vermehrte Schiffskollisionen, Lebensraumzerstörungen und Ölverschmutzungen. Effektive Maßnahmen zur Reduzierung von anthropogenem Stress sind daher in Zeiten des Klimawandels umso wichtiger.

 

Diese Pressemitteilung und die dazugehörige Originalpublikation findet ihr beim AWI.

Der Arktische Ozean befindet sich in einem rasanten Wandel, der marine Ökosysteme tiefgreifend verändert. Mit der fortschreitenden Klimakrise werden immer mehr Arten – nicht nur Wale – gezwungen sein, ihre Lebensräume und Verbreitungsmuster anzupassen.

Verbrauchertäuschung mit angeblich „klimaneutralem“ Erdgas: Deutsche Umwelthilfe leitet Rechtsverfahren gegen 15 weitere Gasversorger ein

Greenwashing - Eine gelbe Gasleitung

© Pixabay / ds_30

Pressemitteilung, 26.11.2024, DUH

• DUH-Bundesgeschäftsführer Resch wirft den Erdgasversorgern „unverantwortliches Greenwashing“ vor, indem sie fossiles Erdgas einfach zu „Ökogas“ umlabeln

• Angebliche Klimaneutralität bleibt leeres Versprechen: Wesentliche Informationen zu Ökogas-Tarifen werden Verbraucherinnen und Verbrauchern vorenthalten

• Gasversorger sollen transparent über verheerende Klimaauswirkungen durch fossiles Erdgas informieren und diese nicht durch untaugliche Kompensationsprojekte grün waschen

Berlin, 26.11.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) läutet im Kampf gegen Greenwashing durch Gasversorger die nächste Runde ein: Die Umwelt und Verbraucherschutzorganisation hat deutschlandweit 15 weitere Unternehmen aufgefordert, ihre irreführende Werbung für angeblich klimaneutrales oder CO2-kompensiertes Erdgas abzustellen und entsprechende Unterlassungserklärungen zu unterzeichnen. Die Gasversorger geben vor, dass Verbraucherinnen und Verbraucher dank Kompensation ohne Auswirkungen auf das Klima weiter mit fossilem Gas heizen können. Verbraucherinnen und Verbraucher werden allerdings nicht ausreichend über die Kompensationsversprechen aufgeklärt. Das betrifft insbesondere die zur vermeintlichen Kompensation genutzten Klimaschutzprojekte, denn zahlreiche Recherchen bestätigen mittlerweile die Kritik der DUH und zeigen: Ungeeignete Kompensationsprojekte haben massenhaft Phantomgutschriften generiert.

Jürgen Resch
, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Deutschlandweit labeln Gasversorger fossiles Erdgas mit fragwürdigen Kompensationsgutschriften einfach um und verkaufen es als ‚Ökogas‘. Dieses unverantwortliche Greenwashing ist mitverantwortlich dafür, dass immer noch jedes Jahr hunderttausende Gasthermen neu installiert werden. Mit unseren neuen Rechtsverfahren wollen wir dies stoppen. Die Werbeversprechen sind für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nachvollziehbar, da die Unternehmen kaum Transparenz zu den verwendeten Kompensationsprojekten bieten. Wie zahlreiche Studien belegen, sparen die meisten bestehenden Projekte zum CO2-Ausgleich allerdings nicht einmal annähernd so viele Treibhausgase ein, wie behauptet. Intransparente Kompensationsversprechen ohne Angaben zu den genutzten Projekten sind auf dieser Grundlage völlig wertlos. Wir fordern die Gasversorger auf, ehrlich über die verheerenden Klimaauswirkungen des fossilen Erdgases zu informieren und diese nicht durch fragwürdige Verrechnung mit zumeist untauglichen Kompensationsprojekten im Ausland zu verschleiern. Fossile Energieträger in grünem Gewand sind keine Lösung, sondern Teil des Problems.

Agnes Sauter
, Leiterin Ökologische Verbraucherberatung und Marktüberwachung der DUH: „Das zuständige Bundesjustizministerium muss endlich durchgreifen und die neue EU-Richtlinie zur ‚Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel‘ zügig in nationales Recht umsetzen, um Klimaneutralitätsversprechen komplett zu verbieten, wenn diese auf Kompensation beruhen. Es ist untragbar, dass Unternehmen ihre Öko-Bilanzen weiterhin mit unwirksamen Phantomgutschriften verschönern.“

Hintergrund:

Die DUH hat folgende Unternehmen zur Unterlassung aufgefordert: Brillant Energie GmbH (Leipzig), enercity AG (Hannover), eprimo GmbH (Neu-Isenburg), Erlanger Stadtwerke AG (Erlangen), homee GmbH (Berlin), Knauber Erdgas GmbH (Bonn), NEW Niederrhein Energie und Wasser GmbH (Mönchengladbach), Stadtwerke Geseke GmbH (Geseke), Stadtwerke Langenfeld GmbH (Langenfeld), Stadtwerke Lauffen am Neckar GmbH (Lauffen a. N.), Stadtwerke Mühlheim am Main GmbH (Mühlheim a. M.), Stadtwerke Recklinghausen GmbH (Recklinghausen), Stadtwerke Zeven GmbH (Zeven), Stadtwerke München GmbH (München) und Technische Werke Ludwigshafen am Rhein AG (Ludwigshafen).

In der Vergangenheit hat die DUH bereits Rechtsverfahren gegen 25 Gasversorger eingeleitet und diese zur Unterlassung ihrer Ökogas-Lüge aufgefordert. 19 Unternehmen haben eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Gegen die Entega Plus GmbH hat die DUH vor Gericht ein Anerkenntnisurteil erwirkt. Sieben Verfahren laufen derzeit, wovon drei sich auf den Verstoß gegen eine vorherige Unterlassungserklärung beziehen. Die Gas und Strom Mittelrhein GmbH konnte darlegen, dass sie für den betroffenen Tarif keine Neukunden anwarben und keine Bestandskunden vorhanden waren, weshalb die Abgabe einer Unterlassungserklärung entfallen ist. In diesen früheren Fällen ging es vor allem um Kompensationsversprechen auf der Grundlage untauglicher Klimaschutzprojekte in den Bereichen Wald, Kochöfen und Wasserkraft.

 

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Anstatt ehrlich auf erneuerbare Energien umzustellen, setzen Gasversorger auf Greenwashing und lassen damit wertvolle Zeit im Kampf gegen die Klimakrise verstreichen. Ebenfalls problematisch ist die parallele Entwicklung des Flüssigerdgases (LNG): Es wird als Brückentechnologie beworben, obwohl der Methanausstoß von LNG-betriebenen Schiffen sogar höher ist als bei herkömmlichen Treibstoffen. Transparente Aufklärung und ein konsequenter Umstieg auf wirklich erneuerbare Energien sind dringend notwendig, um den Verbrauchern nachhaltige Alternativen zu bieten.

BUND: Weltklimakonferenz verfehlt ambitionierte Klimafinanzierung

Eingangsbereich und Logo der COP29

© Matthew Tenbruggencate / Unsplash

Pressemitteilung, 25.11.2024, BUND

Beschlüsse gehen an drastischer Realität der Klimakrise vorbei.

  • Neues Finanzierungsziel gefährdet Lebengrundlange von Millionen von Menschen
  • Konkrete Zusagen für ehrgeizigere Klimaschutzbeiträge bleiben aus
  • geringer Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisiert den Ausgang der diesjährigen UN-Klimakonferenz deutlich. Die Staatengemeinschaft verpasst nach zähen Verhandlungen die Chance, sich auf ausreichende finanzielle Unterstützung für ärmere Staaten und ambitionierteren Klimaschutz zu einigen.

 

Unzureichende Finanzierung gefährdet globalen Klimaschutz

Das bisherige Ziel von 100 Milliarden Dollar jährlicher Finanzierung wurde vielfach kritisiert, da es an den eigentlichen Bedarfen vorbei geht. Im Abschlusstext einigten sich die Staaten nun auf eine Summe von 300 Milliarden jährlicher Klimafinanzierung bis 2035, wobei die Industrieländer die Führung übernehmen sollen. Zusätzlich soll bis zur nächsten COP ein Fahrplan erarbeitet werden, wie diese Summe auf 1,3 Billionen aus staatlichen sowie anderen Quellen angehoben werden kann.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Das Verhandlungsergebnis ist enttäuschend und verfehlt bei weitem die eigentlichen finanziellen Bedarfe. Das blockiert nicht nur ambitionierten Klimaschutz, es gefährdet auch ganz konkret die Lebensgrundlage von Menschen weltweit. Die reichen Industriestaaten präsentieren sich gerne als Vorreiter in Sachen Klimaschutz, werden ihrer besonderen Verantwortung in dieser zentralen Frage jedoch nicht gerecht.”

Der BUND fordert, dass die deutschen Finanzzusagen ab 2025 auf mindestens acht Milliarden Euro neuer und zusätzlicher Finanzierung jährlich steigen, um den weltweiten Klimaschutz effektiv zu unterstützen.

 

Klares Signal für ambitionierteren Klimaschutz bleibt aus

Im vergangenen Jahr fand die erste globale Bestandsaufnahme statt. Sie wies deutliche Lücken bei den nationalen Klimabeiträgen und deren Umsetzung auf. In den diesjährigen Verhandlungen haben die Staaten die Chance verpasst, konkrete Vorgaben für ehrgeizigere nationale Klimaschutzbeiträge (NDCs) im nächsten Jahr zu bestimmen.

Bandt: „Die vergangenen Monate mit schweren Überschwemmungen in Nepal, Nigeria und Spanien haben uns noch einmal drastisch vor Augen geführt, wie essentiell entschlossener Klimaschutz ist. Wir können uns nicht mehr erlauben, dass es bei leeren Worthülsen bleibt. Auf der Konferenz im vergangenen Jahr wurde erstmals eine Abkehr von fossilen Energien beschlossen. Dieses Momentum aufzugreifen und voranzutreiben, hat die Konferenz in diesem Jahr verfehlt.”

 

Kein Klimaschutz ohne Menschenrechte

Die Ausrichtung der COP29 in einem Öl- und Gasförderland wie Aserbaidschan erschwerten die Verhandlungen zusätzlich.

Karola Knuth, Bundesvorstand der BUNDjugend: „Dass die COP nun zum dritten Mal in Folge in einem Staat mit zweifelhafter Menschenrechtslage stattfindet, ist ein Skandal. Die Zivilgesellschaft durfte ihre wichtigen Stimmen in die internationalen Verhandlungen nicht einbringen, was wir in den Ergebnissen sehen. Insbesondere marginalisierte Menschen müssen um ihre Sicherheit fürchten. Diese Verdrehungen stärken den Einfluss von fossilen Unternehmen und Staaten und lassen unsere kritischen Stimmen scheinbar verstummen. Deshalb lehnen wir und viele weitere zivilgesellschaftliche Akteure die Ergebnisse ab und bleiben laut!“

 

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Die COP29 enttäuscht auf ganzer Linie: Halbherzige Finanzierungszusagen und fehlender Ehrgeiz beim Klimaschutz zeigen, dass die Weltgemeinschaft weiter an der Realität der Klimakrise vorbeischrammt. Zwar wurde auf der COP27 vor zwei Jahren Klimafonds für Verluste und Schäden beschlossen, doch diese wurden nicht genutzt, um ambitionierte Maßnahmen nachzulegen. Bereits zu Beginn der COP29 hatte die DUH klare Signale der Bundesregierung für Klimafinanzierung und Methan-Minderung gefordert.

Gemeinsam gegen den fossilen Irrweg: CCS-Gesetz stoppen

CCS-Gesetz: Demonstation gegen CCS. Es wird ein Demoplakat in die Kamera gehalten mit dem Text "Fossil Fuel Fantasy = Carbon Capture & Storage"

© Wikimedia Commons (Creative Commons Attribution 2.0)

Pressemitteilung, 16.11.2024, BUND

Echte Klimaschutzlösungen jetzt!

  • Großes Bündnis gegen Novelle des Kohlendioxid-Speichergesetzes
  • Offener Brief an Bundestag und Bundesrat
  • Mehr als 70 internationale Organisationen und Initiativen beteiligt

Mehr als 70 Organisationen und Bürgerinitiativen aus zahlreichen Ländern warnen davor, in der Klimapolitik auf CCS zu setzen (Carbon Capture and Storage). In einem offenen Brief fordern sie die Mitglieder von Bundestag und Bundesrat auf, die Novelle des Kohlendioxid-Speichergesetzes nicht zu beschließen. Andernfalls könnten große CCS-Anlagen und flächendeckende CO2-Pipelinenetze errichtet werden. Jeder Emittent hätte ein Recht auf Anschluss – unabhängig davon, ob seine CO2-Emissionen nicht auch von vornherein hätten vermieden werden könnten. Mit Milliarden an Steuergeldern für CCS würde der Ausstieg aus fossilen Energien verschleppt oder sogar verhindert.

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „CCS ist eine Attrappe, hinter der sich Subventionen für fossile Geschäfte verbergen. Jetzt soll sie zum Gesetz werden. Wir brauchen dringend eine breite Debatte über echte Klimaschutzlösungen, um nicht auf Scheinlösungen wie CCS hereinzufallen. Dieser offene Brief beweist, wie viele Menschen aus verschiedensten Bereichen diesem Irrweg bereits widersprechen.“

Die unterzeichnenden Organisationen stammen nicht nur aus dem Bundesgebiet, sondern auch aus Dänemark, Norwegen, den Niederlanden, Polen, Tschechien, Schweden, den USA, Ghana, DR Kongo, UK und Kanada. Sie fordern:

  • Keine Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
  • Schnellstmöglicher Ausstieg aus Erdgas, Kohle und Erdöl, gerade auch in der Industrie
  • Kein Aufweichen der Meeresschutzvereinbarungen London Protokoll und Hohe-See-Einbringungsgesetz für CCS
  • Alle Kraft in Energieeinsparung und Energiesuffizienz, den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien bis zu 100 Prozent, eine ressourcenschonende Produktion, Kreislaufwirtschaft und Priorität für natürlichen Klimaschutz.

 

Hintergrund:

Trotz Ampel-Aus könnte die Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetz noch beschlossen werden. Denn auch die CDU drängt auf eine schnelle Verabschiedung, unter anderem wegen der bereits angekündigten massiven Subventionen für CCS, für die es aktuell keine rechtliche Grundlage gibt.

Die Bundesregierung hat im Mai 2024 eine Änderung des CCS-Gesetzes vorgelegt. Damit sollen die rechtlichen Voraussetzungen für den großmaßstäblichen Transport von CO2 aus Kraftwerken, Industrie und Müllverbrennung geschaffen werden. CO2-Deponien in der Nordsee wären erlaubt. Wenn die Landesregierungen es wollen, auch unter Land. Dafür sollen große Industrieanlagen und ein rund 5000 Kilometer langes grenzüberschreitendes CO2-Pipelinenetz in Deutschland neu errichtet werden, im vermeintlichen „öffentlichen Interesse“. Betreiber sind Gaskonzerne. Enteignungsvorschriften zugunsten der CO2-Pipelines sollen vereinfacht, demokratische Beteiligungsrechte beschnitten werden. Massive Subventionen sind geplant. Auf die Länder und Kommunen kämen hohe Kosten zu.

Schon im Januar 2024 hatte ein Bündnis aus elf Umweltverbänden und Bürgerinitiativen den CCS-Plänen der Ampel widersprochen. Heute zeichnen über 70 Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Unternehmen den gemeinsamen offenen Brief und rufen die Zivilgesellschaft auf, ihren Widerspruch sichtbar zu machen und den Offenen Brief zu unterzeichnen.

 

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Bereits im Mai hat sich der BUND aktiv gegen das CCS-Gesetz (KSpG) ausgesprochen, welches fossile Energien künstlich am Leben erhält. Auch wir von DEEPWAVE kritisieren im Text „Unter die Erde kehren“ von unserem Gastautor Nico Czaja eindringlich, wie sehr diese vermeintliche „Lösung“ den dringend nötigen Ausstieg aus fossilen Energien behindert.

Lücken in der Ozeanbeobachtung schließen

EuroSea: Ein Fernrohr ist in das Meer an den Horizon gerichtet. Es ist neblig.

© Davide Ragusa / Unsplash

Pressemitteilung, 11.11.2024, GEOMAR

Empfehlungen der europäischen Meeresforschungsgemeinschaft

 

11.11.2024/Kiel/Baku. Die europäischen Meeresforscher:innen plädieren dringend für eine Verbesserung und Vereinheitlichung der Ozeanüberwachung. Ein Appell, der sich auch an die internationale Gemeinschaft richtet, die sich von heute an in Baku zur Weltklimakonferenz COP29 trifft. Um den Ozean als wichtigen Partner im Kampf gegen den Klimawandel zu erhalten, sei es dringend notwendig, seinen Zustand umfassend zu überwachen. Darauf weisen die Forschenden in zwei kürzlich veröffentlichten Berichten hin, in denen die zentralen Lücken und Herausforderungen in Europa beschrieben, aber auch Lösungen aufgezeigt werden, wie Überwachung und Schutz europäischer Gewässer verbessert werden können. Die Positionspapiere sind aus dem EU-Projekt EuroSea hervorgegangen, das am GEOMAR-Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordiniert wurde.

 

Ein gesunder Ozean bildet die Grundlage für vieles, was unser Leben prägt. Er versorgt uns mit Sauerstoff und Nahrung und bietet Lebensraum für unzählige Arten – vor allem aber wirkt er wie ein Puffer gegen den Klimawandel, indem er große Mengen CO2 und überschüssige Wärme absorbiert. Doch dem Ozean geht es schlecht. Verschmutzung, Versauerung, Überfischung und die zunehmende Erwärmung setzen ihm zu und beeinträchtigen seine Fähigkeit, das Klima zu stabilisieren. Um den Ozean als Klimapartner zu erhalten, ist es daher wichtig, seinen Zustand möglichst umfassend und gut koordiniert zu überwachen.

 

Lücken in der Ozeanbeobachtung: Technologische und finanzielle Defizite

Die Mitglieder des EU-Projekts EuroSea haben die Ozeanbeobachtung in Europa unter die Lupe genommen. In ihren beiden kürzlich erschienenen Berichten „Urgent gaps and recommendations to implement during the UN Ocean Decade“ und „Towards a sustained and fit-for-purpose European ocean observing and forecasting system“ werden die gravierendsten Lücken in der Überwachung von mariner Biodiversität, invasiven Arten und Ozeanphänomenen wie der Erwärmung und dem Anstieg des Meeresspiegels identifiziert. Viele dieser Lücken entstehen demnach durch technologische Defizite oder durch unzureichende Finanzierung.

„Wir brauchen dringend eine nachhaltigere und effektivere Ozeanbeobachtung, um Veränderungen im Zustand der Ozeane zu verfolgen und die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern“, sagt Dr. Toste Tanhua, Chemischer Ozeanograph am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Leiter des nun abgeschlossenen Projekts EuroSea, aus dem die beiden Berichte hervorgegangen sind. Er nimmt selbst an der heute beginnenden UN-Weltklimakonferenz COP29 in Baku teil und wird dort dem Thema Ozeanbeobachtung auf internationaler Ebene seine Stimme leihen. Im Ocean Pavilion, an dem sich das GEOMAR in diesem Jahr als Partner beteiligt, diskutiert er auf einem Panel über die Beteiligung von nicht-wissenschaftlichen Akteur:innen, wie etwa Segler:innen, an der Ozeanbeobachtung.

In ihren Positionspapieren unterstreichen die Wissenschaftler:innen die Notwendigkeit, die Datensammlung zu verbessern, innovative Technologien wie Umwelt-DNA und mehr autonome Geräte einzusetzen sowie die internationale Zusammenarbeit zu stärken. Besonders hervorgehoben wird die Förderung der langfristigen Finanzierung und die Schaffung zentraler Koordinationsstellen, um die Effektivität der Meeresbeobachtung langfristig zu sichern.

„Die Empfehlungen, die wir gemeinsam erarbeitet haben, richten sich sowohl an die wissenschaftliche Gemeinschaft als auch an politische Entscheidungsträger und die Industrie“, sagt Dr. Tanhua. „Die Herausforderungen sind groß, aber die Lösungen, die wir vorschlagen, bieten klare Handlungsansätze. Wir müssen möglichst umfassende Informationen generieren, um marine Ökosysteme besser zu verstehen und besser schützen zu können. Das ist ein ganz wichtiger Baustein in den Bemühungen, die Klimakrise abzumildern. Zwar reduziert die Beobachtung allein nicht die Auswirkungen des Klimawandels, doch sie ermöglicht uns, zu verstehen und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen. Denn: Man kann nur managen, was man auch messen kann.“

 

Empfohlene Maßnahmen zur Verbesserung der Ozeanbeobachtung

Beispielswiese wird empfohlen, umfassende Programme zur Überwachung der marinen Biodiversität zu entwickeln. Insbesondere der Einsatz innovativer Technologien wie Umwelt-DNA (eDNA) könnte dazu beitragen, invasive Arten frühzeitig zu identifizieren und die Datensammlung zu verbessern.

Der Einsatz autonomer Geräte (z.B. Argo-Floats und Sensoren) sollte erhöht werden, um die Daten von Satelliten zu validieren und die Beobachtung des tiefen Ozeans zu verbessern. Dies ist besonders wichtig für schwer zugängliche extrem kalte Regionen.

Weiterhin sollten einheitliche Verfahren zur Überwachung von Eutrophierungsindikatoren wie Nährstoffkonzentrationen und Sauerstoffgehalt entwickelt werden, um die negativen Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Meeresumwelt besser zu überwachen und zu reduzieren.

Gerade in Gebieten mit hohem Nährstoffeintrag sollte der Einsatz von autonomen Sensoren gefördert werden. Diese Systeme ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung von Algenblüten und der Versauerung der Ozeane.

 

Empfehlungen für die Koordination und das Management der Ozeanbeobachtung

Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ländern und Akteuren wird empfohlen, um die Überwachungsstrategien zu harmonisieren und den Austausch von Daten zu erleichtern. Für die Koordination braucht es eine verantwortliche Stelle, die für das Management und die strategische Planung der Ozeanbeobachtungsaktivitäten verantwortlich ist. Diese Struktur würde die Effizienz fördern und länder- und disziplinenübergreifende Kooperationen erleichtern.

Um sicherzustellen, dass die Ozeanbeobachtungssysteme nachhaltig arbeiten und kontinuierlich aktualisiert werden können, sollte vor allem eine Finanzierungsstrategie für langfristige Beobachtungsprogramme entwickelt werden. „Unsere Forschungs­förderungs­strukturen unterstützen – völlig zu Recht – die Generierung von Wissen, nicht aber das Monitoring“, erklärt Dr. Abed El Rahman Hassoun, Erstautor des ersten Positionspapiers. „Um diese Lücke zu schließen, bräuchte es eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit und Kofinanzierung zwischen verschiedenen Ministerien. Dies ist ein Problem, das wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern der EU sehen.“

 

Hintergrund: EuroSea-Projekt

Das EU-Projekt EuroSea brachte von 2019 bis 2023 unter der Leitung von Dr. Toste Tanhua vom GEOMAR mehr als 150 Expert:innen von 53 Partnerinstitutionen aus 16 Ländern zusammen, um die bestehenden Systeme der Ozeanbeobachtung besser zu integrieren und die Bereitstellung von Ozeaninformationen zu verbessern. Der Fokus lag auf der gesamten Wertschöpfungskette der Ozeanbeobachtung, von den Messungen bis zu den Nutzern der Daten. Die Europäische Union förderte das Projekt mit 12,6 Millionen Euro.

 

Diese Pressemitteilung und die dazugehörigen Berichte findet ihr beim GEOMAR.

Die Botschaft der Meeresforscher:innen ist klar: Eine verbesserte und nachhaltige Ozeanbeobachtung ist von zentraler Bedeutung, um den Herausforderungen des Klimawandels effektiv begegnen zu können. Vor allem in der Tiefsee gibt es noch unzählbare Wissenslücken, die noch geschlossen werden müssen.

Update vom 26.11.2024:

Die COP29 ist beendet und enttäuscht auf ganzer Linie: Konkrete Zusagen zur langfristigen Finanzierung der Ozeanüberwachung blieben hinter den Erwartungen zurück. Nur wer misst, kann managen – und nur wer handelt, kann den Ozean retten!

Weltklimagipfel: Deutsche Umwelthilfe fordert klare Signale der Bundesregierung für Klimafinanzierung und Methan-Minderung

Während einer Demonstration wird ein Schild mit "Climate action now" hochgehalten

© Filmbetrachter / Pixabay

Pressemitteilung, 07.11.2024, DUH

  • Nach US-Wahl schwierige Vorzeichen für COP29: Weltgemeinschaft muss Zeichen der Geschlossenheit beim Klimaschutz setzen
  • Innenpolitische Machtkämpfe in Deutschland dürfen nicht zum Hindernis für Verhandlungen über sichere und ambitionierte Klimaschutzfinanzierung in Ländern des globalen Südens werden
  • DUH fordert Kehrtwende bei steigenden Methan-Emissionen: Bundesregierung muss zur COP konkretes Methan-Minderungsziel und Minderungsplan mitbringen
  • Expertinnen und Experten der DUH sind vor Ort für Hintergrundgespräche und Interviews

Berlin, 8.11.2024: Vor Beginn der 29. Weltklimakonferenz (COP) in Baku, Aserbaidschan, fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) von der Bundesregierung, alle Zweifel bezüglich der Höhe der deutschen Klimafinanzierung und des zukünftigen klimapolitischen Kurses auszuräumen. Die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen insbesondere in Ländern des globalen Südens ab 2026 wird ein wichtiger Fokus der diesjährigen COP sein. Die EU hat die Verantwortung, hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Der Kreis der Geberländer müsse künftig jedoch auch China und die Golfstaaten einschließen, um die Beiträge zur internationalen Klimafinanzierung auf mehr Schultern zu verteilen, so die DUH.

Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die Wahl von Trump bedeutet auch für die globalen Klimaschutzbemühungen einen Schock. Vom Weltklimagipfel in Baku muss deswegen das klare Signal ausgehen, dass die Weltgemeinschaft auch ohne die USA bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens voranschreitet. Die Klimakrise macht keine Pause und die globale Klimadiplomatie muss deswegen weitergehen. Die zentrale Frage des Klimagipfels in Baku lautet, wie es mit der Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in den ärmsten Ländern der Welt weitergeht. Die Verhandlerinnen und Verhandler müssen die Klimakonferenz in Aserbaidschan nutzen, um sich auf eine faire, belastbare und ambitionierte Klimafinanzierung zu einigen. Deutschland muss zu den von Bundeskanzler Scholz persönlich gemachten Zusagen zur Klimafinanzierung stehen und seiner Verantwortung auch zukünftig gerecht werden.“

Mit Aserbaidschan hat die Klimakonferenz erneut einen Gastgeber, der in großem Maßstab fossile Energien exportiert. Der staatliche Öl- und Gaskonzern plant, die Förderung von Erdgas im nächsten Jahrzehnt um ein Drittel zu steigern. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die bei der Klimakonferenz im letzten Jahr beschlossene Abkehr von fossilen Energien zu bekräftigen.

Neben der Reduktion von CO2-Emissionen müssen die Staaten auch dafür sorgen, dass weniger Methan emittiert wird. Das Klimagas ist über 20 Jahre betrachtet mehr als 80-mal so schädlich wie CO2 und für mindestens ein Drittel der bisherigen Erderhitzung verantwortlich. Mit dem 2021 verkündeten Global Methane Pledge versprechen mittlerweile 158 Staaten – auch Deutschland – eine Reduktion der Methan-Emissionen um 30 Prozent bis 2030. Dennoch steigen die globalen Methan-Emissionen auch 5 Jahre vor dem Zieljahr noch immer.

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Die deutsche Delegation muss während der COP als ‚Global Methane Champion‘ konkrete Maßnahmen und Vereinbarungen zur Methanreduktion zwischen Importeuren wie Deutschland und Herkunftsländern fossiler Energien verhandeln. Dabei muss sie auch das Gastgeberland zur Verantwortung ziehen. Um einen fairen Beitrag zur Erreichung des Global Methane Pledge zu leisten, darf sich die Bundesregierung nicht allein auf der EU-Methanverordnung ausruhen. Denn hier werden große Teile der schädlichen Methan-Emissionen nicht angegangen. Für die Emissionen aus der Landwirtschaft hat die Regierung entgegen den Versprechungen aus dem jetzt überholten Koalitionsvertrag kein Konzept vorgelegt. Unabhängig von der Tagespolitik ist und bleibt Methan ein zentraler Treiber der Klimakrise. Deswegen fordern wir von der internationalen Staatengemeinschaft, Deutschland und der EU, auf der Klimakonferenz endlich das Ruder bei weiterhin steigenden Methanemissionen herumzureißen!“

Die DUH wird als Koordinator des internationalen NGO-Bündnisses „Methane Matters Coalition“ bei der COP29 in Baku mit eigenen Veranstaltungen vor Ort sein und die Entwicklungen verfolgen. Die Expertinnen und Experten der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation stehen im Vorfeld und während der Konferenz für Informationen und Interviews rund um das Thema Methan zur Verfügung.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Der Bruch der Ampel-Koalition darf nicht dazu führen, dass sich der Fokus noch weiter von den wichtigen Themen weg verschiebt. Der Zusammenhalt in Politik und Gesellschaft ist nun wichtiger denn je, um die aktuellen Krisen zu bewältigen.

Schleppnetzfischerei reduziert Kohlenstoffspeicherung

Ein Krabbenkutter fischt in der Nordsee, doch der Meeresboden dient als Kohlenstoffsenke

© Pixabay / Wolf Blur

Pressemitteilung, 28.10.2024, Hereon

 

Durch intensive Fischerei am Meeresgrund wird vermehrt Kohlenstoff freigesetzt

Plattfische und Garnelen werden in der Nordsee mit Schleppnetzen gefischt, die über den Meeresboden gezogen werden. Dadurch wird Kohlenstoff ins Wasser und schließlich Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre freigesetzt, wie die jüngsten Forschungsarbeiten des Helmholtz-Zentrums Hereon zeigen. Die Studie ist Teil des Verbundprojekts APOC. Partner sind das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Bemühungen der Forschenden um eine Verringerung der Unsicherheit bei der quantitativen Bewertung der Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei auf die Kohlenstoffspeicherung in der Nordsee und den globalen Schelfmeeren wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.

 

Normalerweise ist der Meeresboden eine Kohlenstoffsenke. Das heißt, er speichert mehr Kohlenstoff, als er abgibt. Forschende vom Hereon-Institut für Küstensysteme – Analyse und Modellierung haben zusammen mit den APOC-Partnern herausgefunden, dass diese Funktion durch den Einsatz von Grundschleppnetzen beeinträchtigt wird. Dazu haben sie über 2.300 Sedimentproben aus der Nordsee analysiert.

Der Geophysiker und Erstautor Dr. Wenyan Zhang fasst die Ergebnisse so zusammen: „Wir haben herausgefunden, dass Sedimentproben in Gebieten mit intensiver Schleppnetzfischerei geringere Mengen an organischem Kohlenstoff enthielten als Proben, die in schwach befischten Gebieten genommen wurden. Diesen Effekt konnten wir mit hoher statistischer Sicherheit auf die Grundschleppnetzaktivität zurückführen. Darüber hinaus verringern unsere Methoden die Unsicherheit bei quantitativen Bewertungen der Auswirkungen auf regionaler bis globaler Ebene im Vergleich zu früheren Schätzungen erheblich.“ Computersimulationen hätten zudem gezeigt, dass der Kohlenstoffgehalt im Meeresboden durch intensive Schleppnetzfischerei über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich sinkt. Besonders anfällig seien weiche, schlammige Böden.

 

Millionen Tonnen CO2 freigesetzt

Die Sedimente am Meeresgrund binden Kohlenstoff. Tiere, die am Meeresboden leben, verzehren diesen Kohlenstoff nicht nur, sondern verlagern ihn auch durch Wühlen und Graben in tiefere Bodenschichten, wo er über tausende Jahre gespeichert werden kann. Die Schleppnetze der Fischereien bewirken das Gegenteil: Sie wirbeln die Sedimente auf. Außerdem beschädigen sie Lebensräume, wodurch Pflanzen und Tiere absterben. Dadurch gelangt der Kohlenstoff aus dem sauerstoffarmen Sediment ins Wasser, wo mehr Sauerstoff vorhanden ist. Dort wird er durch Mikroorganismen wie Bakterien zu CO2 umgewandelt. Ein Teil des CO2 gelangt in die Atmosphäre, wo es als Treibhausgas den Klimawandel verstärkt.

Den Berechnungen der Autorinnen und Autoren zufolge werden durch die Schleppnetzfischerei in der Nordsee jährlich rund eine Million Tonnen CO2 aus Sedimenten freigesetzt. Weltweit wird der Effekt auf etwa 30 Millionen Tonnen geschätzt. Diese Schätzung liegt zehn Prozent unter früheren globalen Schätzungen, bei denen die kritischen Rückkopplungsschleifen zwischen Schleppnetzfischerei, Partikeldynamik und benthischer Fauna nicht berücksichtigt wurden. Diese dynamischen Rückkopplungsschleifen werden nun in dem bei Hereon entwickelten numerischen Modell berücksichtigt.

 

Schlammige Böden besser schützen

„Unsere Ergebnisse weisen auf die Notwendigkeit hin, schlammige Lebensräume in Küstenmeeren wie der Nordsee besonders zu schützen“, sagt Zhang. Bislang würden Meeresschutzmaßnahmen vor allem in Gebieten mit harten, sandigen Böden und Riffen vorgenommen. Diese Gebiete seien zwar ökologisch vielfältig, speicherten aber weniger Kohlenstoff. „Unsere Methoden und Ergebnisse können bei der Optimierung der marinen Raumordnungspolitik eingesetzt werden, um den potenziellen Nutzen einer Begrenzung oder Beendigung der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten zu ermitteln“, sagt Zhang.

Das APOC-Projekt wurde koordiniert vom AWI in Zusammenarbeit mit Hereon und gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Projekts MARE:N Ozeane unter Stress. APOC steht im Deutschen für Anthropogene Einflüsse auf den Kreislauf partikulären organischen Kohlenstoffs in der Nordsee. Die Forschenden untersuchten die Bedeutung feinkörniger Sedimente in der Nordsee als Kohlenstoffspeicher und wie diese Ökosystemleistung durch den globalen Klimawandel und anthropogenen Nutzungsdruck beeinträchtigt wird.

 

Diese Pressemitteilung und die Originalpublikation findet ihr beim Hereon.

Die schädlichen Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei auf den Meeresboden und auf seine Funktion als Kohlenstoffsenke sind seit Jahren bekannt. Dennoch zeigen die aktuellen Forschungsergebnisse, wie dringend gehandelt werden muss, um diese Eingriffe zu stoppen. Statt auf riskante Technologien wie CCS zu setzen, sollte der Fokus auf der Prävention durch einen effektiven Schutz der Meeresböden und der natürlichen Kohlenstoffsenke liegen. Nachhaltige Maßnahmen sind der Schlüssel, um den Kohlenstoffspeicher im Meer langfristig zu bewahren.

Zeit für saubere Meeresluft

Luftqualität: Zwei Abgas-Schornsteine eines Schiffes ragen in den blauen Himmel

© Unsplash / Joe Green

Pressemitteilung, 18.10.2024, NABU

NGO-Netzwerk ruft zur Verbesserung der Luftqualität im Mittelmeerraum auf

Berlin/Livorno – Ein Bündnis von Umwelt-Organisationen fordert strengere Regulierungen, um die Luftqualität zu verbessern und damit die Gesundheit von mehr als 260 Millionen Bürgern sowie die marinen Ökosysteme vor den schädlichen Auswirkungen des Schiffsverkehrs im Mittelmeer zu schützen. Das Bündnis wurde 2016 gegründet und versammelt vor allem NGOs aus dem Mittelmeerraum wie Spanien, Frankreich, Italien, Malta und Griechenland, aber auch darüber hinaus wie den NABU aus Deutschland und ZERO aus Portugal.

Die Schifffahrt spielt eine wichtige Rolle für das Leben der Menschen rund um das Mittelmeer. Schmutzige Kraftstoffe und die fehlende Verwendung von Technologien zur Abgasnachbehandlung sind eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme. Nachdem das Mittelmeer mit Wirkung vom Mai 2025 zum Emissionskontrollgebiet für Schwefel erklärt wurde, drängen die Organisationen nun darauf, auch ein Emissionskontrollgebiet für Stickoxide (NECA) einzurichten. Dazu findet eine internationale Konferenz am 18. Oktober in Livorno statt.

Sönke Diesener, Schifffahrtsexperte beim NABU: „Das Mittelmeer wird im Jahr 2025 ein Emissionskontrollgebiet für Schwefel werden. Das wird die Qualität der Luft, die Millionen von Menschen täglich einatmen, erheblich verbessern. Die Staaten sollten auf dem eingeschlagenen Weg bleiben und den konsequenten Schritt gehen, ebenfalls eine NECA (Nitrogen Emission Control Area) einzurichten. Die gesundheitlichen Vorteile für die Anwohner und Anwohnerinnen rund um das Mittelmeer liegen auf der Hand, da Atemwegserkrankungen und vorzeitige Todesfälle allein durch die Begrenzung der zulässigen Schadstoffemissionen von Schiffen vermieden werden können. Die Vorteile überwiegen bei weitem die Kosten, die den Schifffahrtsunternehmen für die Reinigung ihrer Abgase entstehen.“

Anna Gerometta, Schifffahrtsexpertin bei Cittadini per l’Aria: „Jeden Tag laufen Schiffe in unseren Häfen ein, während ihre Abgasfahnen den Himmel verdunkeln und die Luft verschmutzen, die wir atmen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum wir zulassen sollten, dass Schiffe von einer gemeinsamen Regulierung ausgenommen werden, die beispielsweise auch für Autos gelten. Es ist an der Zeit, dass die Staaten Maßnahmen ergreifen und dass Reedereien die Verantwortung für ihr schädliches Verhalten übernehmen.“

 

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Der Appell der Umweltorganisationen zur Einführung eines Emissionskontrollgebiets für Stickoxide im Mittelmeer verdeutlicht, dass der Schutz von Mensch und Natur endlich Vorrang haben muss. Besonders problematisch ist der Einsatz von LNG als Schiffskraftstoff, der sich laut aktuellen Studien als klimaschädlicher herausstellt als bisher angenommen. Angesichts der jüngsten Entwicklungen in der Schifffahrtsbranche, wie der CO2-Bepreisung und den Vorschriften zur Emissionsreduzierung, besteht die Chance, den Sektor konsequent in eine klimafreundliche Zukunft zu steuern.

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