Klima

Meeresschutz ist Klimaschutz.

CO2-Entnahme aus At­mo­sphä­re für Kli­ma­schutz un­ver­zicht­bar

Ein Kraftwerk bläst viel dunklen Rauch und CO2 in die Luft

© Michal Pech / Unsplash

Pressemitteilung, 31.01.2023, MARUM

CDRma­re-Jah­res­ta­gung legt Fo­kus auf mee­res­ba­sier­te Me­tho­den

Die Zeit drängt: Welt­weit mahnt die For­schung, dass es bald kaum noch mög­lich sein wird, den men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del so­weit auf­zu­hal­ten, dass die in­ter­na­tio­nal ver­ein­bar­ten Kli­ma­zie­le ein­ge­hal­ten wer­den. Selbst eine um­ge­hend rea­li­sier­te dras­ti­sche Re­duk­ti­on der Koh­len­di­oxid (CO2)-Emis­sio­nen reicht nach ak­tu­el­lem Stand da­für nicht mehr aus, son­dern wird durch zu­sätz­li­che CO2-Entnahme aus der At­mo­sphä­re er­gänzt wer­den müs­sen. Vor die­sem Hin­ter­grund star­tet heu­te in Stral­sund die 2. Jah­res­ta­gung der For­schungs­mis­si­on CDRma­re der Deut­schen Al­li­anz Mee­res­for­schung, auf der sich rund 200 Ex­pert:in­nen drei Tage lang zu mee­res­ba­sier­ten Me­tho­den der CO2-Entnahme aus der At­mo­sphä­re aus­tau­schen.

Die For­schungs­mis­si­on CDRma­re – kurz für „Ma­ri­ne Koh­len­stoffspei­cher als Weg zur Dekar­bo­ni­sie­rung“ (CDR = Car­bon Di­oxi­de Re­mo­val = Koh­len­di­oxi­d­ent­nah­me) – wird vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) für ak­tu­ell drei Jah­re mit rund 26 Mil­lio­nen Euro ge­för­dert und bün­delt die Ex­per­ti­se von ins­ge­samt 22 For­schungs­ein­rich­tun­gen, Be­hör­den und Un­ter­neh­men. Ko­or­di­niert am GEO­MAR Helm­holtz-Zen­trum für Oze­an­for­schung Kiel und dem Leib­niz-In­sti­tut für Ost­see­for­schung War­ne­mün­de (IOW), be­fas­sen sich seit Au­gust 2021 Wis­sen­schaft­ler:in­nen in sechs For­schungs­ver­bün­den mit ver­schie­de­nen Me­tho­den, die dar­auf zie­len, das Po­ten­zi­al des Oze­ans aus­zu­bau­en, CO2 aus der At­mo­sphä­re auf­zu­neh­men und zu spei­chern. Da­bei wer­den auch Ri­si­ken und mög­li­che Aus­wir­kun­gen sol­cher Me­tho­den auf die Mee­res­um­welt und das Erd­sys­tem, so­wie die ge­sell­schaft­li­chen, ethi­schen und recht­li­chen As­pek­te sol­cher Maß­nah­men er­forscht.

Wäh­rend der zwei­ten CDRma­re-Jah­res­ta­gung im Stral­sun­der Ozea­ne­um wer­den jetzt die seit Mis­si­ons­be­ginn er­ziel­ten Ar­beits­er­geb­nis­se dis­ku­tiert. Kon­kret geht es da­bei um die fol­gen­den An­sät­ze der mee­res­ba­sier­ten CO2-Entnahme aus At­mo­sphä­re: 1. Die Er­hö­hung des Säu­re­bin­dungs­ver­mö­gens von Meer­was­ser – z.B. durch Ein­brin­gen von Ge­steins­mehl – soll die CO2-Auf­nah­me des Oze­ans aus der At­mo­sphä­re ver­stär­ken. 2. Künst­lich er­zeug­ter Auf­trieb von nähr­stoff­rei­chem Tie­fen­was­ser in be­stimm­ten Mee­res­ge­bie­ten soll die Bin­dung von at­mo­sphä­ri­schem CO2 in Al­gen­bio­mas­se stei­gern. 3. In ve­ge­ta­ti­ons­rei­chen Küs­te­nöko­sys­te­men, ins­be­son­de­re See­gras­wie­sen, Salz­mar­schen und Man­gro­ven, soll das Koh­len­stoffspei­cher­po­ten­zi­al ge­zielt ge­stärkt wer­den. 4. Für be­stimm­te, bis­her noch nicht ent­spre­chend ge­nutz­te Ge­bie­te sol­len Mach­bar­keit und Rah­men­be­din­gun­gen der CO2-Spei­che­rung un­ter dem Mee­res­bo­den er­forscht wer­den. Das Spek­trum der For­schungs­an­sät­ze von CDRma­re reicht von La­bor­un­ter­su­chun­gen über Me­so­kos­men­stu­di­en in na­tür­li­chen Öko­sys­te­men und Stu­di­en in tro­pi­schen Man­gro­ven­wäl­dern bis hin zu re­gio­na­ler und glo­ba­ler Mo­del­lie­rung.

Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rin Bet­ti­na Stark-Watz­in­ger er­klärt an­läss­lich des CDRma­re-Jah­res­tref­fens: „Um den Kli­ma­wan­del ent­schie­den zu be­kämp­fen, müs­sen wir auch auf Tech­no­lo­gi­en zur Ent­nah­me von CO2 aus der At­mo­sphä­re und zur Spei­che­rung set­zen. Das be­tont auch der Welt­kli­ma­rat IPCC in sei­nen letz­ten Be­rich­ten. Wir müs­sen die Spei­che­rung von CO2 im in­dus­tri­el­len Maß­stab kurz­fris­tig zu­las­sen, um schnell in die Um­set­zung zu kom­men. Die da­für not­wen­di­ge Ge­set­zes­än­de­rung muss in je­dem Fall die wei­te­re For­schung er­mög­li­chen, ohne die der Wis­sen­schafts­stand­ort Deutsch­land sei­nen An­schluss in die­sem Be­reich ver­lie­ren wür­de. Das Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­ri­um hat die For­schung an die­sem Zu­kunfts­the­ma be­reits früh­zei­tig ge­för­dert. Mit ins­ge­samt rund 50 Mil­lio­nen Euro un­ter­stüt­zen wir schon jetzt die Er­for­schung land­ba­sier­ter und ma­ri­ner CO2-Entnahme-­me­tho­den, wie bei CDRma­re, da­mit Deutsch­land künf­tig eine Vor­rei­ter­rol­le ein­neh­men kann. Jetzt kommt es dar­auf an, die tech­no­lo­gi­schen und re­gu­la­to­ri­schen Grund­la­gen zeit­nah zu le­gen.“

„Der Oze­an ist be­reits jetzt Haupt­ak­teur für den Kli­ma­schutz und nimmt je­des Jahr etwa ein Vier­tel der vom Men­schen ver­ur­sach­ten CO2-Emis­sio­nen auf und bremst so­mit die Erd­er­wär­mung. An­ge­sichts der Tat­sa­che, dass die Mensch­heit Mit­te des Jahr­hun­derts selbst bei mas­si­ver Emis­si­ons­re­duk­ti­on wohl im­mer noch 5 bis 15 % der heu­ti­gen CO2-Emis­sio­nen aus­sto­ßen wird, ist es im­mens wich­tig, alle Op­tio­nen zu er­for­schen, mit de­nen die­se Res­te­mis­sio­nen durch Ent­nah­me von CO2 aus der At­mo­sphä­re kom­pen­siert und eine net­to Emis­si­ons­null er­reicht wer­den kann. Der Oze­an kann hier eine wich­ti­ge Rol­le spie­len. Wir er­for­schen, wie die­se Rol­le im Ein­klang von Mee­res­schutz und Kli­ma­schutz aus­se­hen könn­te“, kom­men­tiert CDRma­re-Co-Spre­cher An­dre­as Oschlies, Ozea­no­graph und Kli­ma­mo­del­lie­rer am GEO­MAR, den Ta­gungs­auf­takt. „Wich­tig ist uns da­bei, dass die Er­geb­nis­se von CDRma­re kon­kret um­setz­ba­re Hand­lungs­op­tio­nen be­reit­stel­len, auf de­ren Ba­sis die nö­ti­gen Ent­schei­dun­gen in Po­li­tik, Wirt­schaft und Ge­sell­schaft ge­trof­fen wer­den kön­nen. Da­bei gilt es auch, mög­li­che Um­welt­ri­si­ken, Nut­zungs­kon­flik­te und Ver­tei­lungs­un­ge­rech­tig­kei­ten zu un­ter­su­chen. Des­we­gen füh­ren wir un­se­re For­schung im en­gen Dia­log mit den je­wei­li­gen ge­sell­schaft­li­chen In­ter­es­sen­grup­pen durch und sind da­her froh, dass ei­ni­ge der ent­spre­chen­den Ak­teu­re hier auf der Ta­gung an­we­send sind“, er­gänzt Gre­gor Reh­der, IOW-Mee­resche­mi­ker und eben­falls Co-Spre­cher von CDRma­re.

Bei­de CDRma­re-Spre­cher sind sich ei­nig, dass die For­schungs­mis­si­on eine po­si­ti­ve Halb­zeit-Bi­lanz für die ers­te För­der­pha­se ver­zeich­nen kann: Alle For­schungs­ver­bün­de sei­en er­folg­reich und in­ten­siv in die prak­ti­schen Ar­bei­ten ein­ge­stie­gen – etwa mit ver­schie­dens­ten La­bor­un­ter­su­chun­gen, Me­so­kos­men-Ex­pe­ri­men­ten, so­wie See­rei­sen und küs­ten­na­hen Pro­ben­nah­me-Kam­pa­gnen im In- und Aus­land, aber auch mit Tech­no­lo­gie-ent­wick­lung für ein even­tu­el­les Mo­ni­to­ring und mit ers­ten Mo­del­lie­rungs­stu­di­en zur Ex­tra­po­la­ti­on der Er­geb­nis­se auf grö­ße­re Mee­res­ge­bie­te. „Auch die über­grei­fen­de Ver­net­zung der CDRma­re-For­schen­den und das in­sti­tu­tio­nen­über­grei­fen­de Da­ten­ma­nage­ment, bei­des im­mens wich­tig bei ei­ner so groß an­ge­leg­ten For­schungs­mis­si­on mit vie­len in­sti­tu­tio­nel­len Part­nern, sind gut eta­bliert. Dar­über hin­aus hat der Wis­sens-trans­fer mit Po­li­tik und Ge­sell­schaft be­reits be­gon­nen, bei­spiels­wei­se mit der Er­stel­lung von Fak­ten­blät­tern zu den ver­schie­de­nen mee­res­ba­sier­ten CDR-An­sät­zen und Dia­log­ver­an­stal­tun­gen spe­zi­ell für po­li­ti­sche Ent-schei­dungs­tra­gen­de und die in­ter­es­sier­te Öffent­lich­keit“, so das po­si­ti­ve Re­sü­mee von Oschlies und Reh­der.

Ne­ben der in­ten­si­ven Aus­ein­an­der­set­zung mit dem bis­her Er­reich­ten dient die Ta­gung au­ßer­dem dazu, die wei­te­re For­schungs­pla­nung im Rah­men von CDRma­re vor­an­zu­trei­ben, ins­be­son­de­re auch per­spek­ti­visch für die an­ge­streb­te zwei­te För­der­pe­ri­ode ab Som­mer 2024.

– Gemeinsame Pressemitteilung des Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde und des GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel –

Diese Pressemitteilung findet ihr beim MARUM.

Mehr über Methoden zur CO2-Entnahme erfahrt ihr bei dem Projekt OceanNETS, dass in einem norwegischen Fjord Experimente mit Gesteinsmehl durchgeführt hat.

NABU: Notverordnung verschärft Konflikte beim Ausbau der Windenergie auf See

Windenergie: Nahaufnahme einer Windturbine in Schleswig-Holstein

© Waldemar / Unsplash

Pressemitteilung, 27.01.2023, NABU

Krüger: Abbau ökologischer Standards wird den Ausbau nicht beschleunigen

Berlin – Das Bundeskabinett will zeitnah eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag des Raumordnungsgesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien an Land und auf See auf den Weg bringen. Aus Sicht des NABU verschärft das die Konflikte zwischen dem Ausbau der Offshore-Windenergie und dem Meeresnaturschutz.

„Die Bundesregierung verschläft notwendige Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsprozessen, während sie weiter Umweltstandards abbaut. Im Schnelldurchgang sollen drei Jahrzehnte etabliertes Planungsrecht einkassiert werden, ohne tatsächliche Chance auf schnellere Energieunabhängigkeit durch Offshorewind“, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Die Formulierungshilfe für das Raumordnungsgesetz sieht weitere Einschränkungen des Naturschutzrechts beim Ausbau der Windenergie in Nord- und Ostsee vor. So sollen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung für den Zubau von insgesamt 8,8 Gigawatt Offshore-Windstrom ausgesetzt werden, selbst auf bisher nicht voruntersuchten Flächen. Damit geht die so wichtige kumulative Folgenabschätzung tausender Windräder auf See und der europarechtlich verankerte Ökosystemansatz verloren, ohne gleichzeitig die strategische Umweltprüfung qualitativ zu stärken.

„Eine Verdopplung der Kapazitäten auf See ohne ernsthafte naturschutzfachliche Vorbereitung grenzt an Russisch-Roulette. Trotz Datenlücken sollen Windparks genehmigt werden. Offensichtlich haben sich grüne Umweltpolitiker*innen erfolgreich um Schadensbegrenzung bemüht, doch erneut negiert das federführende Wirtschaftsministerium die gleichberechtigte Herausforderung des Natur- und Artenschutzes und auch die SPD versucht ökologische Standards zugunsten jeglicher wirtschaftlicher Infrastruktur abzubauen“, so NABU-Leiter Meeresschutz Kim Detloff.

Positiv ist, dass die neuen Maßnahmen nicht auf die kritischen Standorte der Ostsee angewendet und zeitlich auf die Jahre 2022 und 2023 befristet sind. Damit müssen sich Projekte wie der vom NABU kritisierte Windpark Gennaker in der Vogelzuglinie Rügen-Schonen weiter der Umweltprüfung stellen.

Gleichzeitig kritisiert der NABU die viel zu niedrige finanzielle Beteiligung der Windparkbetreiber an notwendigen Vermeidungsmaßnahmen für geschützte Arten. „Milliardenschwere Infrastrukturprojekte sollen sich billig aus der Verantwortung für die Meeresnatur kaufen dürfen. Der jährlich zu leistende Betrag muss deutlich auf mindestens 12.000 Euro pro Megawatt Leistung erhöht werden, wie es auch an Land üblich ist“, so Detloff. Besorgt sind die Umweltschützer auch, dass die Vorgabe von Schutz- und Vermeidungsdaten ohne entsprechende Daten nur schwer möglich ist. Hier müssen das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eigenständiger und dem Vorsorgeansatz folgend Maßnahmen anordnen können. Dazu gehören obligatorische Radarsysteme und Abschaltautomatiken für Fledermäuse, bei Massenzugereignissen und während sensibler Rastzeiten.

Ob der Abbau von Umweltstandards den Ausbau der Windkraft tatsächlich beschleunigen, steht für den NABU dabei in Frage. Bisherige zeitliche Planungen des BSH orientieren sich auch an der technischen Umsetzbarkeit. Und auch ohne seriöse Umweltprüfungen gibt es weder mehr Errichterschiffe, technisches Personal, Blasenschleier und lösen sich auch keine Lieferengpässe am Beton- und Stahlmarkt auf.

Der NABU appelliert an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, der Gesetzesänderung in ihrer heutigen Form nicht zuzustimmen. Insbesondere alle Flächen, die an Schutzgebiete grenzen und wo marine Schutzgüter der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie Verbreitungsschwerpunkte haben – Schweinswale oder streng geschützte Seevögel – müssen auch zukünftig einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.

Hintergrund EU-Notverordnung

Mit der Umsetzung der EU-Notverordnung um eine Änderung des Raumordnungsgesetzes, plant die Bundesregierung zur Verfahrensbeschleunigung nach dem sogenannten Osterpaket weitere beschleunigende Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien auf See, an Land und für die Stromnetze. Für den Bereich der Nord- und Ostsee hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit dem Flächeentwicklungsplan Offshore (FEP) am 20. Januar 2023 einen verbindlichen Fahrplan vorgelegt, um das gesetzliche Ausbauziel von 30 GW bis 2030 zu erreichen bzw. sogar zu übertreffen. Und das mit den heute gültigen Umweltprüfungen. Das zeigt eindeutig, dass eine weitere Privilegierung der Offshore-Windenergie über die Festlegungen des Windenergie-auf-See-Gesetzes in seiner 2022 geänderten Form unnötig ist. Die Notverordnung in ihrer jetzigen Form setzt damit allein die planerische Qualität herab und senkt die Kosten der Betreiber, wird aber weder zu mehr noch schnellerer erneuerbaren Energie vom Meer führen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Gegen den Offshore Windpark Butendiek hat der NABU bereits erfolgreich Revision eingelegt. Die Pressemitteilung dazu findet ihr hier.

Warum Öl- und Gaskonzerne trotz Energieumbruch weiterbohren

Öl- und Gaskonzerne bauen wie hier Kohle ab

© Dominik Vanyi / Unsplash

Der durch die Klimakrise getriebene Energieumbruch bewegt unsere Gesellschaft und Wirtschaft weg von Kohle, Erdöl und Erdgas – hin zu erneuerbare Energien.

Die Internationale Energieargentur (IEA) hat prognostiziert, dass Öl- und Gaskonzerne noch zehn Jahre profitieren, danach soll die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen weltweit abflachen, auch ohne zusätzliche staatliche Maßnahmen. Auch wenn das natürlich nicht ansatzweise schnell genug ist, um die drastischen Folgen der Klimakrise noch einzudämmen – dafür wäre ein sofortiger weltweiter Fossilausstieg nötig – setzt die Prognose der IEA die Öl- und Gaskonzerne unter Druck. Scheinbar bewirkt dieser Druck allerdings keinen Sinneswandel der internationalen Industrien. Stattdessen planen sie, möglichst viele fossile Rohstoffe abzubauen, solange es noch möglich ist. Bis Ende 2030 wollen die aktuell 20 größten Öl- und Gaskonzerne voraussichtlich 932 Milliarden US-Dollar in Projekte investieren, die neue Öl- und Gasfelder erschließen sollen. Genutzt werden sollen die Rohstoffe künftig nicht mehr für Transport und Energiegewinnung, sondern für die Herstellung von Kunststoffen und anderen chemischen Produkten – worüber kaum jemand redet.

Die 20 größten Öl- und Gaskonzerne, darunter Shell, Exxon und Gazprom, sind für 35% aller energiebedingten CO2- und Methanemissionen von 1965 – 2018 verantwortlich und die 5 größten von ihnen geben jedes Jahr fast 200 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit aus. Dass die Politik dieser Industrie derzeit kaum Beachtung schenkt, ist nicht nur leichtsinnig sondern auch gefährlich für die Zukunft unseres Planeten – denn wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf extreme Klimaveränderungen zu und erreichen mehr und mehr Kipppunkte.

Den Artikel „Öl und Gas haben als Energieträger keine Zukunft. Warum Shell und Co. trotzdem weiterbohren“ von Désiree Schneider vom 24.01.2023 findet ihr bei Perspective Daily.

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CCS (Carbon Capture and Storage) wird inzwischen immer öfter als die Lösung gegen die steigenden Treibhausgasemissionen genannt. Was dahinter steckt, könnt ihr bei unserem Gastbeitrag von Nico Czaja nachlesen.

Soziale Kipppunkte, von denen die meisten von euch wahrscheinlich noch nicht so viel gehört haben, sind –  genau wie ökologischen Kipppunkte – von entscheidender Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise.

LNG-Terminals gehören auf den Prüfstand

LNG: Fünf Kräne des Hamburger Hafens in der Dämmerung

© Marius Niveri / Unsplash

Pressemitteilung, 20.01.2023, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordern anlässlich der heutigen Einweihung des LNG-Terminals in Brunsbüttel und des Baubeginns weiterer LNG-Terminals, die Anzahl neuer Anlagen stark zu beschränken und die gesetzlichen Grundlagen zu überarbeiten.

Die Umweltverbände haben beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg Widerspruch gegen die immissionschutzrechtliche Genehmigung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven eingelegt. Diese wurde mit der Inbetriebnahme des schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven veröffentlicht.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Ein Ende der Gasmangellage ist in Sicht, umso weniger sinnvoll wirkt die überdimensionierte neue Infrastruktur für flüssiges Gas an unseren Küsten. Spätestens jetzt muss das LNG-Gesetz, das eigens geschaffen wurde, um die Planung und Genehmigungen zu beschleunigen, auf den Prüfstand. Denn die ausgesetzten Umweltprüfungen und Beteiligungsverfahren werden wir bitter mit Schäden in sensiblen Ökosystemen bezahlen. Umso wichtiger ist es, dass wenigstens der Klimaschaden und die Laufzeit der Genehmigung für den Import von fossilem Gas strikt begrenzt wird. NABU und BUND werden deshalb gemeinsam auf dem Klageweg den Druck auf die Bundesregierung erhöhen.”

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Der Betrieb des LNG-Terminals ist mit den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Laufzeit bis zum Jahr 2043 widerspricht der schon ab dem Jahr 2030 nötigen Umstellung auf grünen Wasserstoff. Anders als häufig unterstellt, sind schwimmende LNG-Terminals nicht Wasserstoff-Ready. Die Genehmigung sollte deshalb in ihrer jetzigen Form nicht bestehen bleiben. Stattdessen muss die Laufzeit von LNG-Terminals in Wilhelmshaven und anderswo stärker zeitlich begrenzt werden. Klimaminister Robert Habeck hat den Behörden einen Bärendienst mit seinen gesetzlichen Vorgaben erwiesen. Diese berücksichtigten den Klimaschutz nicht ausreichend und führen jetzt zu falschen Abwägungen in den Behörden. Wir werden vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen, sollte der Widerspruch zurückgewiesen werden.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Warum Flüssiggas für unser Klima so schädlich ist, könnt ihr in unserem Post „LNG: Gut für die Luft, schlecht fürs Klima?“ nachlesen.

BUND gegen Kohlendioxid-Deponien im Meer oder an Land

CCS: Kohlendioxid-Deponie; Wolken ziehen sich im Hintergrund zusammen

© Peabody Energy, Inc. / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Pressemitteilung, 21.12.2022, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verurteilt die heutige Ankündigung der Bundesregierung, jährlich viele Millionen Tonnen Industrie-CO2 abscheiden und deponieren zu wollen (Carbon Capture and Storage, CCS), anstatt die Emissionen im Industriesektor zu reduzieren.

Der BUND kritisiert ebenfalls geplante Subventionen für CCS über so genannte Klimaschutzverträge in Milliardenhöhe und den Vorstoß von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die Speicherung von CO2 im Boden im industriellen Maßstab kurzfristig zuzulassen. Heute hat das Bundeskabinett den Entwurf des Evaluierungsberichts zum Kohlendioxidspeicherungsgesetz (KSpG) beschlossen. In dem Gesetz wird seit 10 Jahren die Einlagerung von Kohlendioxid in Gesteinsschichten geregelt. Bisher war CCS nur in begrenzten Mengen zu Forschungs- oder Demonstrationszwecken erlaubt.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Es ist brandgefährlich für den Klimaschutz, dass die Evaluierung des CCS-Gesetzes so stark von Industrieinteressen überlagert wurde. Sie wollen ihre klimaschädigenden Abgase einfach unter der Nordsee deponieren, anstatt ihre Emissionen endlich zu reduzieren. Aber die Meere sind nicht die Müllhalde der Menschheit oder eine Deponie für Klimamüll. CO2 dort zu verpressen ist profitabel für die Gasindustrie, aber bedroht nachweislich den Lebensraum am Meeresboden – denn langfristig sind Leckagen einkalkuliert. Die Nordsee ist auch ohne neue CO2-Industrie schon übernutzt. Die Meere sind für das Überleben der Menschen zentral und brauchen unseren uneingeschränkten Schutz. Die Ampel muss sich zum Vorsorgeprinzip und zum Schutz der Meere bekennen und darf den klimaschädlichen Phantasien der Industrie nicht nachgeben.“

Statt die industriellen Emissionen so zu reduzieren, wie es vom Klimaschutzgesetz verlangt wird, versuchen Industrievertreter*innen das Verpressen von Treibhausgasen als Klimaschutz zu vermarkten. Diese Debatte ist nicht neu. Bereits vor zehn Jahren versuchte die Energiewirtschaft, CCS an Kohlekraftwerken als vermeintliches Zukunftsmodell zu verkaufen. Vor allem in Norddeutschland fanden daraufhin große Proteste gegen den Einsatz der Technologie statt.

„In dem heutigen Bericht wird ein optimistisches Bild von der CCS-Technologie gezeichnet. Aber es ist erwiesen, dass CCS-Projekte der Industrie gefährliche Luftschlösser sind. Nach Jahrzehnten der Versuche bleiben sie technisch unausgereift. Sie würden einen hohen zusätzlichen Energieeinsatz verlangen, sind teuer und nicht effektiv. Hinzu kommt, dass die Langzeitgefahren nicht ausreichend erforscht sind. Bis heute sind CCS-Projekte in Europa und weltweit vor allem darin erfolgreich, staatliche Gelder einzuwerben; aber sie verlängern fossile Geschäftsmodelle immer weiter“, sagt Olaf Bandt.

 

Hintergrund

Der heute vorgestellte Entwurf des Evaluierungsberichts zum KSpG legt nahe, dass die Einschränkungen der Anwendung von CCS im KSpG aufgehoben werden sollen. Der Ausbau eines deutschlandweiten Netzes von Abscheidungsanlagen, Rohrleitungen, Zwischenspeichern, Umladestationen und Häfen für das Klimaabgas soll schnell gesetzlich ermöglicht und alle rechtlichen Hindernisse des Immissions- oder Umweltschutzes dabei aus dem Weg geräumt werden. Die Empfehlungen der Bundesregierung gehen noch weiter: CO2 soll perspektivisch auch in Deutschland verpresst werden können; eine neue Raumordnung für den Untergrund wird angekündigt, absehbar mit einer privilegierten Genehmigung für CO2-Deponien der Großindustrie. Enteignungsvorschriften sollen erweitert, die Rechte der Länder beschnitten werden. Parallel dazu werden bereits Förderprogramme gestrickt, um die großen industriellen Verschmutzer mit Milliarden an Steuergeldern für CCS auszustatten.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

NABU zu EU-Notverordnung: Politischer Fehltritt

EU-Notverordnung zum Ausbau erneuerbarer Energien: Solaranlage in Offingen, Deutschlanf

© Andreas Gücklhorn / Unsplash

Pressemitteilung, 19.12.2022, NABU

Krüger: Eilgesetzgebung ist falscher Weg – EU muss zukunftsfähigen Rechtsrahmen für Erneuerbare-Energien-Richtlinie entwickeln

Brüssel/Berlin – Heute haben die Energieminister der EU-Mitgliedstaaten eine Notverordnung zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien verabschiedet. Diese geht vor allem zurück auf das Betreiben der deutschen Bundesregierung. Der NABU hält seine Kritik daran aufrecht. In jedem Fall ist die durch diese Regelung gewonnene Zeit nun für eine grundlegende Überarbeitung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie zu nutzen.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert: „Mit der Notverordnung ist ein schadhafter Wildwuchs von Erneuerbaren zu Lasten der Natur zu befürchten. Die Bundesregierung riskiert, jahrzehntelang bewährte und für den Natur- und Klimaschutz wichtige Planungs- und Umweltstandards aufzugeben. Um das Umsetzungschaos zu mindern, muss Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jetzt von einer Hauruck-Novelle der parallel verhandelten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED IV) absehen. Stattdessen sind EU-weit Vorgaben für eine Raumplanung zu entwickeln, die Naturschutz und Klimaschutz gleichermaßen in den Blick nehmen.“

Raphael Weyland, EU-Umweltrechtexperte des NABU, ergänzt: „Erneuerbare Energien pauschal als im überwiegenden öffentlichen Interesse zu betrachten, ohne die ökologische Wertigkeit des Standorts zu berücksichtigen, wie es die Notverordnung tut, verschärft die Naturkrise. Die damit einhergehenden Eingriffe in bestehendes Umweltrecht führen auch zu Rechtsunsicherheiten und damit letztlich nicht zur Projektbeschleunigung. Mit der Notverordnung sind zudem Teile der vierten Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie überholt. Um die Natur- und Klimakrise gemeinsam anzugehen, müssen nun beschleunigt natürliche Lebensräume wie Moore, Wälder und Seegraswiesen wiederhergestellt werden.“

Die EU-Notverordnung sieht der NABU auch deswegen kritisch, weil sie verschiedene gefährliche Präzedenzfälle schafft. So werden unter dem Deckmantel der Energiewende Bereichsausnahmen von der UVP-Richtlinie, der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie geschaffen, ohne diese Rechtsakte selbst ändern zu wollen. Nicht zuletzt wird unter Berufung auf eine Notfallkompetenz das Europäische Parlament ausgehebelt.

Besonders denkwürdig ist das Gesetzesvorhaben auch deswegen, weil es der Energierat offenbar nicht besonders ernst meint mit Klimaschutz und Erneuerbaren. Denn parallel zur Debatte um die Notverordnung hat er heute seine Zustimmung zur Anhebung eines wichtigen Erneuerbaren-Zieles verweigert. Konkret ging es darum, dass die EU-Kommission mit REPowerEU auch vorgeschlagen hatte, das bestehende Ziel von 40 Prozent Erneuerbaren im Bruttoendenergieverbrauch auf 45 Prozent anzuheben. Diese Änderung lehnten die Mitgliedstaaten aber ab.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Insbesondere die Windenergie auf See bedroht geschützte Arten und somit das Ökosystem Meer. Lest dazu die Pressemitteilung „NABU: Notverordnung verschärft Konflikte beim Ausbau der Windenergie auf See„.

Kli­maar­chi­ve un­ter dem Ver­grö­ße­rungs­glas

Ein La­ser, ge­kop­pelt an ein Mas­sen­spek­tro­me­ter, hilft Dr. Lars Wör­mer (rechts) und Prof. Kai-Uwe Hin­richs da­bei, die Li­pid-Bio­mar­ker in je­der Mil­li­me­ter brei­ten Schicht zu ent­schlüs­seln.

© MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten, Uni­ver­si­tät Bre­men; V. Die­kamp

Pressemitteilung, 30.11.2022, MARUM

MARUM-Stu­die in Na­tu­re: Neue Ana­ly­se­me­tho­de zeigt ab­rup­te Zu­nah­me der Sai­so­na­li­tät wäh­rend des letz­ten glo­ba­len Kli­ma­wan­dels

Wie ver­än­dert sich das Wet­ter als Fol­ge der glo­ba­len Er­wär­mung? Kli­maar­chi­ve lie­fern wert­vol­le Ein­bli­cke in ver­gan­ge­ne Kli­ma­ver­än­de­run­gen, also in die Pro­zes­se, die un­se­ren Pla­ne­ten von ei­nem Kli­ma­zu­stand in den nächs­ten be­för­der­ten. Für Men­schen und Öko­sys­te­me ist die Va­ria­bi­li­tät in Zeit­räu­men von Wo­chen bis Jah­ren – das Wet­ter – aber oft­mals ent­schei­dend. Mit­tels ei­ner am MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men neu ent­wi­ckel­ten und er­prob­ten Ana­ly­se­me­tho­de wur­den nun die­se bei­den As­pek­te zu­sam­men­ge­führt und die Aus­wir­kun­gen der letz­ten glo­ba­len Er­wär­mung auf sai­so­na­le Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen be­schrie­ben. Das Fach­jour­nal Nature hat die Er­geb­nis­se jetzt ver­öf­fent­licht.

In ma­ri­nen Se­di­men­ten sam­meln sich fos­si­le Über­res­te von Al­gen an, mit­tels de­rer ver­gan­ge­ne Zu­stän­de des Oze­ans re­kon­stru­iert wer­den kön­nen. Von gro­ßer Be­deu­tung sind da­bei mo­le­ku­la­re Fos­si­li­en, so ge­nann­te Li­pid-Bio­mar­ker: Zell­bau­stei­ne von Al­gen, die einst den Oze­an be­völ­ker­ten. Ster­ben die­se Al­gen, sin­ken sie zum Oze­an­bo­den und be­wah­ren in ih­ren Li­pi­den In­for­ma­tio­nen über die durch­leb­ten Be­din­gun­gen. Die Ana­ly­se sol­cher Kli­maar­chi­ve hat seit Jahr­zehn­ten fun­da­men­ta­le In­for­ma­tio­nen zum Ver­ständ­nis ver­gan­ge­ner Kli­ma­ver­än­de­run­gen ge­lie­fert.

 

Werkzeug für verborgene Details

In aus­ge­wähl­ten Lo­ka­tio­nen, zum Bei­spiel dem Ca­ri­a­co­be­cken vor der Küs­te Ve­ne­zue­las, ent­ste­hen ganz be­son­de­re, la­mi­nier­te Ar­chi­ve. „Das Be­son­de­re am Ca­ri­a­co­be­cken ist, dass die Ab­la­ge­run­gen seit tau­sen­den Jah­ren schön or­dent­lich nach Jah­res­zei­ten sor­tiert sind, je­weils eine dün­ne Lage für den Som­mer und eine für den Win­ter. Es liegt dort also ein Ar­chiv vor, mit ganz grund­le­gen­den In­for­ma­tio­nen über ver­gan­ge­ne, kurz­fris­ti­ge Kli­ma­schwan­kun­gen in den Tro­pen, das aber bis­her nicht ge­le­sen wer­den konn­te“, sagt Er­st­au­tor Dr. Lars Wör­mer vom MARUM. Er und sei­ne Kol­leg:in­nen ver­glei­chen das mit dem Klein­ge­druck­ten, für des­sen Lek­tü­re spe­zi­el­le Le­se­hil­fen not­wen­dig sind. Sol­che eine Le­se­hil­fe ist ein La­ser, der ge­kop­pelt mit ei­nem Mas­sen­spek­tro­me­ter die Ver­tei­lung von Li­pid-Bio­mar­kern in je­der die­ser Mil­li­me­ter brei­ten La­gen er­mög­licht.

Prof. Kai-Uwe Hin­richs, in des­sen Ar­beits­grup­pe die Me­tho­de ent­wi­ckelt wur­de, be­zeich­net sie als „Werk­zeug, um bis­her ver­bor­ge­ne De­tails in Kli­maar­chi­ven zu ent­schlüs­seln“. In ei­nem vom Eu­ro­päi­schen For­schungs­rat ERC ge­för­der­ten Pro­jekt ha­ben Hin­richs und sei­ne Kol­leg:in­nen ein mo­le­ku­la­res, bild­ge­ben­des Ver­fah­ren ent­wi­ckelt, um Kli­ma- und Um­welt­pro­zes­se der jün­ge­ren Erd­ge­schich­te zeit­lich hoch auf­ge­löst – das heißt na­he­zu in Mo­nats­schrit­ten – ab­zu­bil­den. Mit an­de­ren Ana­ly­se­me­tho­den wer­den ver­läss­lich In­ter­val­le von hun­der­ten oder tau­sen­den Jah­ren ab­ge­bil­det – bei ei­ner Erd­ge­schich­te von über vier Mil­li­ar­den Jah­ren gilt das be­reits als sehr de­tail­reich.

 

Globale Veränderungen wirken sich auf lokale Temperaturen aus

Im nun un­ter­such­ten Zeit­in­ter­vall liegt die letz­te erd­ge­schicht­li­che Pe­ri­ode mit dras­ti­scher – und nicht men­schen­ge­mach­ter – Er­wär­mung. „Das ist die Par­al­le­le zu heu­te“, be­tont Lars Wör­mer. „Die Er­wär­mung vor 11.700 Jah­ren hat die Mensch­heit ins Ho­lo­zän ge­bracht, un­se­rem ak­tu­el­len Zeit­al­ter. Jede wei­te­re Er­wär­mung bringt uns vom Ho­lo­zän ins so ge­nann­te An­thro­po­zän, das von ei­ner durch den Men­schen ver­ur­sach­ten Kli­ma­er­wär­mung und Um­welt­ver­än­de­rung ge­prägt ist.“ Das Team um Kai-Uwe Hin­richs und Lars Wör­mer konn­te nun zei­gen, dass sich wäh­rend die­ses In­ter­valls der Un­ter­schied zwi­schen Som­mer- und Win­ter­tem­pe­ra­tu­ren im tro­pi­schen Oze­an ver­dop­pelt hat. So­mit ist be­legt, wie sich glo­ba­le Kli­ma­ver­än­de­run­gen auf lo­ka­le, sai­so­na­le Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen aus­wir­ken.

Be­reits im Sep­tem­ber ist eine MARUM-Stu­die in Nature Geosciences er­schie­nen, die eben­falls auf der neu eta­blier­ten Me­tho­de ba­siert. Hier wur­den Da­ten er­stellt, die die Mee­res­ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur mit ei­ner Auf­lö­sung von ei­nem bis vier Jah­ren zei­gen. Da­für hat Er­st­au­tor Dr. Igor Ob­reht mit sei­nen Kol­leg:in­nen ei­nen Se­di­ment­kern aus dem öst­li­chen Mit­tel­meer un­ter­sucht, in dem die Tem­pe­ra­tur aus dem letz­ten In­ter­gla­zi­al (vor etwa 129.000 bis 116.000 Jah­ren) auf­ge­zeich­net ist. Die Stu­die von Ob­reht und sei­nen Kol­leg:in­nen nimmt also eine Zeit in den Fo­kus, die als letz­te wär­mer war als die heu­ti­ge war.

Sze­na­ri­en für eine solch wär­me­re Welt wer­den am MARUM in­ner­halb des hier an­ge­sie­del­ten Ex­zel­lenz­clus­ters „Oze­an­bo­den – un­er­forsch­te Schnitt­stel­le der Erde“ ent­wi­ckelt. Das im Rah­men des oben ge­nann­ten ERC-Pro­jekts eta­blier­te GeoBiomolecular Imaging Lab ge­hört in­zwi­schen zur In­fra­struk­tur für die Er­for­schung der Kern­the­men im Ex­zel­lenz­clus­ter.

 

 

Das MARUM ge­winnt grund­le­gen­de wis­sen­schaft­li­che Er­kennt­nis­se über die Rol­le des Oze­ans und des Mee­res­bo­dens im ge­sam­ten Erd­sys­tem. Die Dy­na­mik des Oze­ans und des Mee­res­bo­dens prä­gen durch Wech­sel­wir­kun­gen von geo­lo­gi­schen, phy­si­ka­li­schen, bio­lo­gi­schen und che­mi­schen Pro­zes­sen maß­geb­lich das ge­sam­te Erd­sys­tem. Da­durch wer­den das Kli­ma so­wie der glo­ba­le Koh­len­stoff­kreis­lauf be­ein­flusst und es ent­ste­hen ein­zig­ar­ti­ge bio­lo­gi­sche Sys­te­me. Das MARUM steht für grund­la­gen­ori­en­tier­te und er­geb­nis­of­fe­ne For­schung in Ver­ant­wor­tung vor der Ge­sell­schaft, zum Wohl der Mee­res­um­welt und im Sin­ne der Nach­hal­tig­keits­zie­le der Ver­ein­ten Na­tio­nen. Es ver­öf­fent­licht sei­ne qua­li­täts­ge­prüf­ten, wis­sen­schaft­li­chen Da­ten und macht die­se frei zu­gäng­lich. Das MARUM in­for­miert die Öffent­lich­keit über neue Er­kennt­nis­se der Mee­res­um­welt, und stellt im Dia­log mit der Ge­sell­schaft Hand­lungs­wis­sen be­reit. Ko­ope­ra­tio­nen des MARUM mit Un­ter­neh­men und In­dus­trie­part­nern er­fol­gen un­ter Wah­rung sei­nes Ziels zum Schutz der Mee­res­um­welt.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim MARUM.

Kaltwasserkorallenriffe bilden ebenfalls ein aussagekräftiges Abbild über die Auswirkung des Klimawandels. Weitere Erkenntnisse und Neuigkeiten findet ihr in unserem Klima-Blog.

COP27: Fonds für Klimaschäden gibt Hoffnung – 1,5-Grad-Limit gefährdet

Ein orangenes Verkehrsschild mit einem Ampelzeichen steht zu einem Viertel komplett Unterwasser

© Kelly Sikkema / Unsplash

Pressemitteilung, 20.11.22, BUND

Dresden/Sharm el Sheik. Als äußerst ernüchternd bewertet Antje von Broock, Geschäftsführerin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), das Ergebnis der 27. Weltklimakonferenz. „Wie eine Schneelawine nimmt die Klimakrise dramatisch an Fahrt auf. Die Weltgemeinschaft hat in Ägypten viel geredet, aber nur halbherzig agiert. So wird das 1,5-Grad-Limit schnell überschritten. Viele Teile der Erde werden unbewohnbar.“

Gleichzeitig liegt mit dieser COP nun zum ersten Mal nach 30 Jahren ein Ergebnis zu einem Fonds für die Finanzierung des Ausgleichs bleibender Schäden und Verluste durch die Klimakrise vor. Das ist ein Durchbruch. Hitzige Debatten dauerten bis in die Morgenstunden an. Dieser Fonds muss jetzt aber gefüllt werden. Und auch die Klimafinanzierung ist noch nicht zufriedenstellend und langfristig gesichert. „Nur, weil die Länder des globalen Südens mit der Unterstützung der Zivilgesellschaft bis zum Schluss am Thema Klimaschäden festgehalten haben, konnte ein Teilerfolg errungen werden“, so von Broock.

Die großen Industriestaaten haben auf der COP weiter versucht, ihre historische Verantwortung für die Klimakrise abzuwälzen und Gerechtigkeitsaspekte der UN-Konvention zu verleugnen. „Es ist äußerst beunruhigend, dass es kein eindeutiges Bekenntnis zu einem gerechten 1,5-Grad-Pfad und zu dem Ende aller Fossilen gibt. Die EU stellt sich als Klimaretter dar, während auch Deutschland munter weiter in fossile Infrastrukturen weltweit investiert und sich nicht auf einem 1,5-Grad-Pfad befindet“, sagt von Broock.

Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz beinhalten nach hitziger Debatte kein Ende der fossilen Brennstoffe. Für das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels braucht es jedoch ein sofortiges Bekenntnis zum Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen – Kohle, Öl und Gas. Der deutsche Import von Kohle aus Kolumbien muss aufhören. Unser Hunger nach Fossilen zerstört dort einen Biodiversitäts-Hotspot. „Die verstärkte Nachfrage Deutschlands nach kolumbianischer Kohle führt zu massiven Naturzerstörungen. In der Zwischenzeit leiden die Gemeinden in Kolumbien auch unter den schädlichen Auswirkungen des Kohleabbaus. Wir rufen die deutsche Gesellschaft auf, von ihrer Regierung echte Verpflichtungen zur Bewältigung der Krise und zur Verwirklichung der Klimagerechtigkeit einzufordern“, sagt Tatiana Roa von CENSAT, Friends of the Earth Kolumbien.

Mit großer Besorgnis sehen der BUND und die BUNDjugend die Menschenrechtslage in Ägypten. „Auf dieser Klimakonferenz ist vieles nicht so gelaufen, wie wir es uns gewünscht hätten“, erklärt Karola Knuth, vom Bundesvorstand der BUNDjugend. Mit Blick auf die Menschenrechtslage vor Ort ergänzt die Jugendvertreterin: „Für die veranstaltende Regierung des autokratischen Staates Ägypten ist aber auch nicht alles gelaufen wie geplant. Und das liegt an den vielen Aktivisti, die das Thema der Menschenrechtsverletzungen in Ägypten jeden einzelnen Tag auf der Konferenz angesprochen haben. Es kann keine Klimagerechtigkeit geben ohne Menschenrechte! Es kann keine ökologische Gerechtigkeit ohne soziale Gerechtigkeit geben. Der Kampf um nichts weniger als die Zukunft der Menschheit ist ein Menschenrecht.“

Weitere Informationen:

  • Die UN-Klimakonferenz COP27 in Ägypten
  • Der BUND ist Teil von Friends of the Earth International. Auf BUND.net finden Sie ein Interview mit mit Ubrei-Joe Maimoni Mariere, Mitglied der BUND-Partnerorganisation Friends of the Earth Africa und Koordinator des „Climate Justice and Energy Programme“ . Er hat die „African People’s Counter COP“ mitorganisiert, um die Perspektive der afrikanischen Zivilgesellschaft sichtbar zu machen und ist Teil der „Don’t Gas Africa“ Kampagne, die sich gegen einen Ausbau der Gasförderung auf dem afrikanischen Kontinent ausspricht. Das Interview in Deutsch und Englisch ist online zu finden.
  • Der BUND unterstützt eine Petition von International Service for Human Rights (ISHR) zur sofortigen Freilassung von Alaa Adb El Fattah – #FreeAlaa #FreeThemAll

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Nicht nur international, auch auf EU-Ebene werden viele fragwürdige Entscheidungen getroffen. Auf unserem Politikblog könnt ihr mehr darüber erfahren, wie die EU-Kommission plant, bestehendes EU-Naturschutzrecht für den Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Infrastruktur durch eine Notverordnung weitgehend auszuhebeln.

Auf die Kleinen achten: Auswirkung der Eisbedeckung auf winzige Meerestiere

Gebrochenes Packeis schwimmt auf dem Wasser. Teile der Eisbedeckung sind durch Algen grünlich und leicht rot gefärbt.

© GeSHaFish / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Gemeinsame Pressemitteilung, 17.11.22, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und Universität Rostock

Erstmals vergleichende Studie zu kleinsten und mittleren Bodentieren in der Antarktis veröffentlicht

Wissenschaftlerinnen von der Universität Rostock und Senckenberg am Meer haben erstmals untersucht, wie sich Gemeinschaften von Meiofauna und Makrofauna unter verschiedenen Umweltbedingungen im Südpolarmeer zusammensetzen. Sie zeigen in ihrer im Fachjournal „Marine Ecology Progress Series“ veröffentlichten Studie, dass sich eine unterschiedliche Meereisbedeckung zwar auf alle Organismengruppen am Meeresboden auswirkt – die kleineren Tiere der Meiofauna aber deutlich stärker beeinflusst sind. Für zukünftige Bewertungen des Einflusses von Umwelt- und Klimaveränderungen auf die Ökosysteme des Antarktischen Ozeans sollten diese Organismen daher stärker berücksichtigt werden, so das Forscherinnen-Team.

Die kollabierten und schrumpfenden riesigen Larsen-Eisschelfe und ein antarktisches Meereis, das die geringste Ausdehnung seit Beginn der Messungen im Jahr 1979 hat – die Folgen des Klimawandels sind am Südpol bereits deutlich sichtbar. „Uns hat interessiert, wie sich eine unterschiedliche Meereisbedeckung in der Antarktis auf die Lebewesen am Meeresboden auswirkt – auch vor dem Hintergrund der globalen Erwärmung und als Beitrag zur Planung von zukünftigen Schutzgebieten. Hierfür haben wir erstmalig die Gemeinschaften von Organismen der Meiofauna und der Makrofauna in verschiedenen Regionen des Südozeans miteinander verglichen“, erklärt Friederike Säring, Erstautorin der Studie und Doktorandin an der Universität Rostock.

In ihrer großangelegten Studie werteten die Wissenschaftlerinnen 585.825 Individuen aus der Meiofauna – zwischen 32 und 500 Mikrometer große Tiere, wie Fadenwürmer, Ruderfußkrebse oder Bärtierchen – sowie 3.974 Tiere aus der Gruppe der Makrofauna – über 500 Mikrometer große Meeresbewohner, wie Ringelwürmer, Muscheln oder Asseln, aus. „Die Einflüsse der Umwelt auf verschiedene Gruppen von Bodentieren zu untersuchen war nur möglich, weil wir die Expertisen von Universität Rostock und Senckenberg am Meer bündeln konnten“, so Dr. Heike Link, die Initiatorin der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG im Schwerpunktprogramm „Antarktisforschung“ geförderten Studie. Die Sediment- und Wasserproben stammen von fünf geographisch und ökologisch unterschiedlichen Regionen, die im Rahmen zweier Expeditionen mit dem Forschungsschiff Polarstern in Tiefen von 222 bis 757 Metern gesammelt wurden.

„Die ausgewählten Beprobungsareale unterscheiden sich in der Bedeckung des Meereises: in der Drake-Passage gibt es beispielsweise kein Meereis, im nordwestlichen Weddellmeer ist die Bedeckung saisonal und im nördlichen Teil des Filchnergrabens ganzjährig und konstant“, erläutert Dr. Gritta Veit-Köhler von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und fährt fort: „In Gebieten mit einer konstanten Eisbedeckung und wenig Schmelze gelangen die im Eis lebenden Mikroalgen nicht zum Meeresboden und es bildet sich keine Algenblüte im Wasser – dadurch fehlt es an Nahrung für die Organismen am Boden. Wenn es dagegen kein oder nur sehr wenig Meereis gibt, kann sich zwar im freien Wasser ein ‚Phytoplanktonbloom‘ ausbilden, aber das ‚Zusatzangebot‘ der Eisalgen fehlt. Auch hier müssen die Tiere mit weniger Nahrung auskommen.“

Die meisten Tiere beider Größenklassen fand das Forscherinnen-Team in Regionen, in denen sich die Eisdecke regelmäßig öffnet und schließt: Dort fallen Eisalgen zum Meeresboden und Süßwasser, das aus dem schmelzenden Meereis frei wird, führt zu einer stabilen Schichtung der Wassersäule und einer Begünstigung von Algenblüten im freien Wasser. „In solchen Gebieten finden wir aufgrund des guten Nahrungsangebots insgesamt die meisten Tiere – es gibt jedoch deutliche Unterschiede bei der Meio- und Makrofauna. Die kleineren Organismen der Meiofauna sind abhängig von der Meereisbedeckung im Vorjahressommer, aber auch von der Anwesenheit des Eises gemittelt über die letzten neun Jahre vor unserer Probennahme. Die Makrofauna ist dagegen – so die Ergebnisse unserer Analyse – nur signifikant abhängig vom Meereis des Vorjahressommers“, so Säring.

Die Forscherinnen empfehlen daher, die Meiofauna in zukünftige Bewertungen des Einflusses von Umweltveränderungen auf die Ökosysteme des Südlichen Ozeans stärker einzubeziehen. „Um den Einfluss von Klima- und Umweltfaktoren auf die antarktischen Lebensgemeinschaften verlässlich vorhersagen zu können, müssen wir auch auf die Kleinsten achten“, resümiert Veit-Köhler.

Publikation: Säring F, Veit-Köhler G, Seifert D, Liskow I, Link H (2022) Sea-ice–related environmental drivers affect meiofauna and macrofauna communities differently at large scales (Southern Ocean, Antarctic). Mar Ecol Prog Ser 700:13-37.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Was es mit dem antarktischen Meereis-Paradoxon auf sich hat, und wie sich die Eisbedeckung in der Arktis aufgrund der Klimakrise verändert, erfahrt ihr in unserem Klima– und Forschungsblog.

NABU: Die Wasserstoff-Farblehre

Vor einer Wasserstoff - Tankstelle steht ein blaues Banner mit der Aufschrift "Hydrogen Refueling Station"

© Syced / Wikimedia Commons (CC0 1.0)

Pressemitteilung, 07.11.22, NABU

Nur grüner Wasserstoff bietet echtes Zukunftspotenzial

Berlin – Wasserstoff wird häufig als der Energieträger der Zukunft bezeichnet. Die Herstellung von Wasserstoff verbraucht viel Energie, deshalb wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Grundvoraussetzung einer klimafreundlichen Produktion des Energieträgers. Wasserstoff ist also nicht gleich Wasserstoff. Abhängig vom Herstellungsprozess werden verschiedene Wasserstoffarten unterschieden. Welche Ressourcen welche Prozesse angewendet werden, zeigt folgender Überblick:

  • Grauer Wasserstoff wird aus fossilen, also kohlenstoffhaltigen, Brennstoffen und Wasser in mehreren Prozessschritten (Endgasreformierung) gewonnen. Dabei entsteht als Abfallprodukt CO₂, das direkt in die Atmosphäre abgegeben wird.
  • Blauer Wasserstoff wird aus fossilen, also kohlenstoffhaltigen, Brennstoffen und Wasser in mehreren Prozessschritten (Endgasreformierung) gewonnen, wobei das produzierte CO₂ abgeschieden wird (mittels Carbon-Capture-Technologien).
  • Türkiser Wasserstoff wird aus Erdgas mittels thermischer Verfahren gewonnen. Dabei wird das Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten.
  • Gelber Wasserstoff wird aus Wasser mittels Elektrolyse gewonnen. Der dafür benötigte Strom besteht aus einer Mischung aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen.
  • Grüner Wasserstoff wird aus Wasser mittels Elektrolyse gewonnen. Der dafür benötigte Strom stammt aus erneuerbaren Energiequellen.

Eine Studie der Forschungsstelle FFE im Auftrag des NABU hat die Bedingungen für eine ökologische und sozial verträgliche Entwicklung von Wasserstofftechnologien untersucht.

Wirklich nachhaltig ist nur der sogenannte grüne Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien gewonnen wird. Doch steht dieser derzeit weder im In- noch im Ausland unbegrenzt zur Verfügung. Einen temporären Einsatz von blauem Wasserstoff zur Überbrückung hält der NABU nur unter bestimmten Bedingungen für einen gangbaren Weg. Der Übergang muss in einem transdisziplinären Prozess unter Beteiligung von Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und organisierter Zivilgesellschaft gestaltet und begleitet werden.

Weitere Informationen finden Sie hier.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Neben grünem Wasserstoff wird auch grüner Ammoniak und Methanol als emissionsfreier Treibstoff für die Schifffahrt diskutiert. Mehr dazu findet ihr in unserem Klimablog.

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