Kultur

Von Moby Dick, der Titanic bis hin zum Schimmelreiter,
das Meer in Theater, Literatur, Film, Musik und Kunst öffnet uns die Augen über uns und unsere Rolle auf diesem Planeten.

 

Lasten im Kampf gegen den Klimawandel gerecht verteilen

Silhouette von neun Personen, die auf einem Hügel stehen. Hinter ihnen geht die Sonne auf. Zusammen könnten sie alles schaffen.

© Hudson Hintze / Unsplash

Pressemitteilung, Deutscher Ethikrat, 13.03.2024

Ethikrat: Lasten im Kampf gegen den Klimawandel gerecht verteilen

Heute stellt der Deutsche Ethikrat seine Stellungnahme zur Klimagerechtigkeit vor. Darin behandelt der Rat zentrale Fragen der Gerechtigkeit und Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel und formuliert 13 Empfehlungen, wie die Klimawende gerecht gestaltet werden kann.

„Die Bewältigung des Klimawandels und seiner Folgen ist eine gesellschaftliche Mammutaufgabe: Wie können wir dabei die Lasten gerecht verteilen? Wer trägt die Verantwortung? Und was können wir tun, damit uns allen dabei nicht die Puste ausgeht?“, erklärt Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates. „Da sind alle gefragt – Parteien, Zivilgesellschaft, Medien, Wissenschaft –, um neue Perspektiven für ein gutes Leben in einer nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaft ohne weiteres Wachstum von Konsum und Ressourcenverbrauch zu entwerfen.“

In seiner Stellungnahme entwickelt der Ethikrat ein Konzept zur Klimagerechtigkeit: Lasten und Pflichten im Kampf gegen den Klimawandel sollten so verteilt werden, dass möglichst alle Menschen jetzt und in Zukunft die Mindestvoraussetzungen für ein gutes und gelingendes Leben erreichen können. Die Bedürfnisse von Menschen, die davon noch am weitesten entfernt und am stärksten vom Klimawandel belastet sind, sollten dabei vorrangig berücksichtigt werden.

„Menschen tragen sehr unterschiedlich zum Klimawandel bei – schon allein das wirft große Gerechtigkeitsfragen auf“, erklärt Kerstin Schlögl-Flierl, Sprecherin der Arbeitsgruppe zur Klimaethik. „Das fängt schon innerhalb unserer Gesellschaft an. Wohlhabende Menschen fliegen öfter, während Menschen mit weniger Geld durch viele Klimaschutzmaßnahmen besonders belastet werden. International sehen wir große Unterschiede zwischen den hauptsächlichen Verursachern im globalen Norden und den Menschen im globalen Süden, die oft besonders unter den Folgen leiden. Und junge Menschen und Menschen, die noch nicht einmal geboren sind, werden in Zukunft drastische Klimafolgen zu ertragen haben, die vor allem jetzt und in der Vergangenheit verursacht wurden“, betont sie. „Belastungen und Verantwortlichkeiten müssen in allen drei Dimensionen – innergesellschaftlich, international und intergenerationell – gerecht verteilt werden.“

Klimawandel: Wer trägt die Verantwortung?

„Die Verantwortung von Einzelnen steht häufig im Mittelpunkt der Klimadebatte“, erklärt Armin Grunwald, stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe. „Aus unserer Sicht ist es allerdings unangemessen, die Bewältigung des Klimawandels allein von einzelnen Personen zu erwarten, etwa durch ihr Konsum- oder Mobilitätsverhalten.“ Der Deutsche Ethikrat verfolgt daher ein Konzept der Multiakteursverantwortung. Das beinhaltet klare Verantwortungszuschreibungen gegenüber dem Staat, privaten Organisationen wie Unternehmen und Individuen. Zentral ist dabei: Die Politik muss die gesellschaftlichen Verhältnisse und rechtlichen Rahmenbedingungen so gestalten, dass emissionsärmeres Verhalten ohne unzumutbare persönliche bzw. unternehmerische Belastungen möglich ist und dass Lasten gerecht verteilt werden.

„Wer leistungsfähiger ist – und möglicherweise auch mehr zum Klimawandel beiträgt –, muss mehr Verantwortung übernehmen und stärker in Vorleistung gehen“, betont Armin Grunwald. „Das betrifft sowohl Länder und Unternehmen als auch einzelne Menschen. In Anbetracht der außerordentlich schwerwiegenden Folgen einer ungebremsten globalen Erderwärmung wäre es geradezu unverantwortlich, erst aktiv zu werden, wenn andere nachziehen.“

Demokratischer Diskurs: Medien und Staat in besonderer Verantwortung

„Der Umgang mit dem Klimawandel belastet uns heute schon spürbar, auch in der öffentlichen Debatte“, sagt Alena Buyx. „Es ist sehr wichtig, Maßnahmen sozial gerecht zu gestalten und genau zu überlegen, wer dabei wofür verantwortlich ist. Gleichzeitig ist es unabdingbar, bei dieser riesigen Herausforderung konstruktiv und lösungsorientiert zu sein. Politik und Medien kommt da eine zentrale Rolle zu. Aber die neuen, positiven Lebensentwürfe, wie wir uns eine gute Zukunft vorstellen – die müssen wir alle gemeinsam entwickeln.“

Empfehlungen

Die 13 Empfehlungen der Stellungnahme greifen diese Themen auf und fordern einen auf Klimagerechtigkeit und Verantwortung fokussierten öffentlichen Diskurs zum Klimawandel sowie eine transparente und gerechte Verteilung von Lasten. Sie betonen die Verantwortung der deutschen Politik, sowohl innergesellschaftlich als auch international auf eine raschere, effektivere und gerechtere Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen hinzuwirken. Die Politik muss bessere Rahmenbedingungen schaffen, die Individuen und privaten Organisationen wie Unternehmen klimafreundliches Handeln erleichtern und die Belange junger und zukünftiger Menschen stärker berücksichtigen. Gleichzeitig verweisen die Empfehlungen auf die individuelle moralische Mitwirkungspflicht aller Menschen, zur Bewältigung des Klimawandels im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten. In einem Sondervotum erläutern drei Ratsmitglieder Aspekte, in denen sie von der Stellungnahme abweichen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim Deutschen Ethikrat.

Ein Workshop-Bericht des IPBES-IPCC nennt die Leitplanken für eine zukunftsweisende Politik: Klimaschutz, Erhalt der Biodiversität und soziale Gerechtigkeit – Aufgaben, die sich nur im Dreiklang lösen lassen.

Unterschätzte Gefahr und Ressource am Meeresgrund

Ein Dinoflagellaten der Gattung Gambierdiscus unter dem Rasterelektronenmikroskop

© Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Pressemitteilung, 05.09.2023, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Neues Dinoflagellaten-Bestimmungsbuch beleuchtet die Bedeutung der marinen Einzeller für Wissenschaft und Gesellschaft

Heute legt die Meeresbiologin Dr. Mona Hoppenrath von Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen die zweite, erweiterte Auflage des weltweit umfassendsten Bestimmungsbuchs für marine, benthisch lebende Dinoflagellaten vor: „Marine benthic dinoflagellates – their relevance for science and society“. Neben der Beschreibung zahlreicher neuer Arten, erstmals auch anhand molekulargenetischer Daten, ordnet das Buch die weltweiten Gefahren durch die oftmals toxischen Einzeller ein – aber auch ihren Nutzen für die Wissenschaft und als potenzielle Nährstoff- und Energielieferanten.

Die mikroskopisch kleinen Dinoflagellaten sind in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, dabei ist ihr Einfluss auf Natur und Mensch beträchtlich. Weltweit in Salz- und Süßgewässern verbreitet spielen die winzigen Einzeller eine wichtige Rolle in aquatischen Nahrungsnetzen – die meisten Arten als Teil des Planktons, die benthischen in den Sedimenten am Meeresgrund oder epiphytisch auf Algen, Seegras oder Korallen. „Einige Arten produzieren Toxine, die beim Menschen ernsthafte Vergiftungen hervorrufen können und auch für andere Meeresorganismen schädlich sind“, erläutert Dr. Mona Hoppenrath, Wissenschaftlerin bei Senckenberg am Meer in Wilhelmshaven und Erstautorin des Buchs. „Durch den Verzehr von Fisch und anderen Meeresfrüchten können etwa über die Nahrungskette angereicherte Giftstoffe von Gambierdiscus-Arten die Ciguatera-Krankheit auslösen, eine der häufigsten Fischvergiftungen.“ Eine Algenblüte der Gattung Ostreopsis wiederum brachte in den 1990er-Jahren Hunderte von Urlauber*innen an der ligurischen Küste ins Krankenhaus. „Als Folge des Klimawandels werden solche Fälle wahrscheinlich immer häufiger vorkommen“, ergänzt Hoppenrath.

Der vorliegende Band zeigt eindrucksvoll den Artenreichtum der marinen Einzeller, sein größter Teil ist der Taxonomie benthischer Dinoflagellaten in ihrer erstaunlichen Formenvielfalt gewidmet. 242 Arten in 63 Gattungen werden im Detail vorgestellt, illustriert mit mehr als 240 Farbabbildungen, etwa 250 elektronenmikroskopischen Aufnahmen und mehr als 330 Zeichnungen. Seit dem Vorgänger „Marine benthic dinoflagellates – unveiling their worldwide biodiversity“ sind 64 neue Arten, 20 neue Gattungen und 19 neue Kombinationen – also Umbenennungen – hinzugekommen. „Gleichzeitig zeigen wir sicherlich nur die ‚Spitze des Eisbergs‘“, so Hoppenrath, „Es ist davon auszugehen, dass neben den etwa 2.500 bekannten lebenden Dinoflagellaten-Arten viele weitere existieren, die noch nicht beschrieben sind!“ Parallel zur Neuauflage werden über die Website des „Centre of Excellence for Dinophyte Taxonomy“ (CEDiT) Bestimmungshilfen und Matrixschlüssel zur Gattungs- und Art-Bestimmung abrufbar sein: www.dinophyta.org/identification-keys.

Neu ergänzt ist ein Kapitel zur Relevanz der Dinoflagellaten für Wissenschaft und Gesellschaft, das die Gefahren durch die Einzeller, aber auch ihren möglichen Nutzen beleuchtet. „Dass beispielsweise einige Arten der Gattung Gambierdiscus über den Verzehr bestimmter tropischer und subtropischer Fische und Meeresfrüchte die lebensbedrohliche Ciguatera-Vergiftung auslösen können, wissen wir seit den 1970er-Jahren. Viele Küstenländer haben in der Folge Überwachungsprogramme eingeführt. Weltweit werden jährlich circa 20.000 bis 60.000 Fälle registriert“, berichtet Hoppenrath. „Dabei ist die Dunkelziffer groß: Schätzungsweise gibt es allein in den USA knapp 16.000 Vergiftungen im Jahr – möglicherweise werden weltweit nur 10 Prozent der Fälle den Gesundheitsbehörden gemeldet.“ Der fortschreitende Klimawandel scheint das Problem noch zu verstärken: Korallenbleichen infolge steigender Meerestemperaturen und andere Beeinträchtigungen von Korallen-Ökosystemen führen offenbar zu einem verstärkten Vorkommen von Gambierdiscus, weshalb der Weltklimarat davon ausgeht, dass Ciguatera-Vergiftungen weiter zunehmen werden. Gleichzeitig gibt es Hinweise, dass sich Gambierdiscus inzwischen auch in gemäßigte Regionen ausgebreitet hat.

Neben den gesundheitlichen Gefahren verursachen die toxischen Einzeller auch beträchtliche wirtschaftliche Schäden. In den USA entstehen durch Ciguatera schätzungsweise 17 Millionen US-Dollar Gesundheitskosten im Jahr. Von Einfuhrverboten für Riff-Fische infolge gemeldeter Vergiftungen werden insbesondere kleine tropische und subtropische Inselstaaten empfindlich getroffen, die stark von der Fischerei abhängig sind.

Auf der anderen Seite können Dinoflagellaten aber auch eine für den Menschen nützliche Ressource sein, beispielsweise als Lieferanten von wichtigen ungesättigten Fettsäuren für eine ausgewogene Ernährung. „Die planktische Art Crypthecodinium cohnii wurde bereits in der industriellen Produktion von Omega-3- Fettsäure als Nahrungsergänzungsmittel verwendet“, erzählt Hoppenrath. „Größtenteils sind die Möglichkeiten der industriellen Verwendung benthischer Dinoflagellaten, die Omega-3-Fettsäuren in großen Mengen produzieren, aber noch weitgehend unerforscht – hier gibt es großes Potenzial.“ Auch Biokraftstoffe könnten möglicherweise aus bestimmten Arten gewonnen werden. In der medizinischen Forschung haben sich einige der toxischen Verbindungen wiederum als vielversprechend für die Entwicklung von Therapeutika, beispielsweise in der Krebstherapie, gezeigt.

„Nicht zuletzt und überraschenderweise haben sich benthische Dinoflagellaten in der Naturwissenschaft für die evolutionäre Grundlagenforschung als sehr nützlich und wichtig erwiesen – zum Beispiel bei der Erforschung der Photosynthese und verschiedener Prozesse in Zellkernen. Es sind faszinierende Lebewesen, die wir aus vielen Gründen weiter erforschen müssen!“, schließt Hoppenrath.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.

Das Bild zeigt die Aufnahme eines Dinoflagellaten unter dem Rasterelektronenmikroskop der Gattung Gambierdiscus, die Toxine produziert, die auch für den Menschen gefährlich werden können und sich aufgrund der Klimakrise zunehmend in die gemäßigten Zonen ausbreiten.

Hier findet ihr das Buch „Marine benthic dinoflagellates – their relevance for science and society“ von Dr. Mona Hoppenrath.

Obwohl Dinoflagellaten Einzeller sind, habt ihr die Art Lingulodinium polyedrum vielleicht schonmal nachts am Meer gesehen…

„Move Like Water: Story of the Sea and Its Creatures“ von Hannah Stowe

Buchcover Move Like Water, ein gezeichneter Wal der aus dem Meer springt

„There was never a time where I did not know the sea.“
Mit diesem Satz startet die 29-jährige Britin Hannah Stowe in ihr Buchdebüt „Move like Water“, eine wissenschaftlich fundierte Liebeserklärung an die Meere sowie ihre persönliche, mit dem Wasser verwobene Lebensgeschichte.

Die Meere bedecken über zwei Drittel unserer Welt und tragen substantiell zu unserer Existenz bei – sei es durch die Bereitstellung der Luft, die wir atmen, der Nahrung, die wir essen, oder als Inspirations- und Ruhequelle. Zudem enthalten sie eine unglaubliche Diversität an Lebensformen, die es auch unabhängig von uns zu schützen gilt.
Anhand von sechs emblematischen Meereslebewesen – „Feuerkrähe“, Pottwal, Albatros, Buckelwal, Sturmtaucher und Seepocke – beschreibt die Autorin ihre eigene Geschichte und teilt ihre Faszination für die Meere mit uns.
Sie nimmt uns als Meereswissenschaftlerin, Seglerin und Kind der walisischen Küste mit auf ihre Reise durchs, ins und auf das Meer. Ihr mitreißender Schreibstil katapultiert uns direkt aus dem Sofasessel zu den Ozeanen, wir schmecken das Salzwasser und hören die Wellen.
Dazu trägt bei, dass jedem Kapitel von der Autorin gezeichnete Aquarelle vorangestellt sind, die auf eine dem Text ebenbürtige Weise das Eintauchen in die Meereswelt ermöglichen.

Das tiefgründig informative Buch zeigt auch die zerstörerischen Seiten der Menschheit auf und schärft den Blick für den Schutz der Meere.
Die persönliche Leidensgeschichte und mentale Stärke der Autorin inspirieren dazu, auch in schweren Zeiten durchzuhalten und die Verbindung zum Meer als Quelle der Kraft zu nutzen. Als gute Freundin von Hannah, sowie selbst aktive Meeresbiologin und Seglerin, kann ich ihr Buch absolut empfehlen – allen, die mutig genug sind, sich mit ihr in die tosenden, liebevollen und überwältigenden Arme des Meeres zu stürzen und sich von ihnen mitreißen zu lassen.

Antonia Ahme für DEEPWAVE

Weitere Buchrezensionen findet ihr bei unserem Projekt Ozeanbücher.

Das Buch Move Like Water: A Story of the Sea and Its Creatures von Hannah Stowe gibt es auf bisher nur auf englisch, eine Übersetzung ins Deutsche ist in Vorbereitung. Granta Books, 2023.

Der HEISSbär

Das Buchcover von dem Buch Der HEISSbär

© heissbaer.com

Der HEISSbär ist ein Buch voller Optimismus und praktischer Tipps, die besonders die Kleinsten von uns dazu ermutigen, etwas gegen die Klimakrise zu tun.

Da Kindern eh immer warm ist, kann vielleicht die Heizung öfter runter gedreht werden. Oder ihr wohnt sogar schon in einem Passivhaus, wie das des DEEPWAVE Büros – da wird durch Rumrennen einfach das ganze Haus geheizt. Stromfressende Stand-by-Geräte können durch Stromleisten mit An- und Aus-Knöpfen einfach ausgeschaltet werden. Auch den Müll in die richtige Mülltonne zu werfen und Müll auf der Straße aufzuheben, hilft unserem Planeten. Diese Tipps sind natürlich kindgerecht. Große Geschwister, Eltern und Großeltern können noch mehr machen – aber der HEISSbär betont durchweg, dass es zum Handeln noch nicht zu spät ist und dass jede Generation mithelfen kann.

Das Buch ist eine gute Handreichung für alle Eltern, die selbst mutlos sind und nicht wissen, wie sie das Thema Klimakrise an ihre Kinder bringen können. Die optimistische Art, mit welcher der Autor die Geschichte des HEISSbärs erzählt, kann sich nicht nur auf die Kinder, sondern auch auf ihre Eltern übertragen und bietet eine schöne Basis für erste Gespräche. Gemeinsam ins Handeln kommen – ob mit Familie oder Freund:innen –, das können wir vom HEISSbär lernen.

PS: Wir von DEEPWAVE freuen uns besonders, dass der Hai – nicht wie in so vielen anderen Büchern und Filmen – nicht böse dargestellt wird, sondern als das, was er ist: lebenswichtig für uns und unsere Ozeane.

Svenja Heckler für DEEPWAVE.

Die Klänge der arktischen und antarktischen Meere neu erleben

Zwei Pottwale, eine Mutter und ihr Kalb, schwimmen kurz unter der Wasseroberfläche

© Gabriel Barathieu / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)

Pressemitteilung, 03.02.2023, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

105 internationale Klangkunstschaffende beteiligen sich an Kunst-Wissenschafts-Kooperation „Polar Sounds“

[03. Februar 2023] 50 Soundclips aus den arktischen und antarktischen Meeren standen Klangkunstschaffenden sowie Musikerinnen und Musikern aus aller Welt seit letztem Spätsommer für Kompositionen zur Verfügung. Am Montag werden die daraus entstandenen, kreativ interpretierten Stücke unter citiesandmemory.com/polar-sounds/ veröffentlicht. Im Rahmen des Projekts Polar Sounds kooperieren das Helmholtz-Institut für Funktionelle Marine Biodiversität an der Universität Oldenburg (HIFMB) und das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) mit einem der weltweit größten Klangprojekte, Cities and Memory.

Von allen Sinneseindrücken ist der Schall derjenige, der sich in den Ozeanen am weitesten ausbreitet. Aus diesem Grund sind akustische Methoden ein wichtiges Instrument, das Forschende einsetzen, um die Polarmeere und die darin existierende Artenvielfalt besser zu verstehen. Denn allein durch die Tiefe der Ozeane oder durch Eisbedeckung kommen optische Beobachtungen an ihre Grenzen. Dort können akustische Daten unschätzbare Informationen geben über Fortpflanzungsgewohnheiten, Migrationsmuster und den negativen Einfluss durch vom Menschen verursachten Lärm auf die Meeresumwelt. Die Untersuchung der Geräuschkulisse der Meere verrät also viel über den Zustand der Ozeane.

„Wir haben uns gefragt, was wir mit diesen Daten tun können, außer sie wissenschaftlich auszuwerten. Wie können wir diese weltfremden Klänge mit dem Rest der Welt teilen? Diese Fragen gaben uns den Anstoß zum Polar Sounds Projekt“, so Dr. Geraint Rhys Whittaker, künstlerischer Forscher am HIFMB und Projektkoordinator für Polar Sounds. Fast 300 Künstler und Künstlerinnen aus 45 Ländern bewarben sich, um die Möglichkeit zu erhalten, diese Klänge neu zu interpretieren. Diese riesige Zahl an Teilnehmenden bewog das Polar Sounds Team, mit 105 Kunstschaffenden sogar noch mehr Menschen auszuwählen als ursprünglich geplant. Wichtig war dem Team ein ausgewogenes Verhältnis im Hinblick unter anderem auf Herkunft, Hintergrund und Geschlecht. Die Teilnehmenden durften aus verschiedenen Soundclips etwas komponieren, diese Clips setzen sich zusammen aus biologischen (Laute mariner Säuger und anderer Meerestiere), geologischen (das Schmelzen und die Bewegung von Gletschern) und anthropogenen Geräuschen (menschliche Einflüsse auf die Polarmeere).

„Die Vereinten Nationen haben die Jahre 2021 bis 2030 zur Dekade der Ozeane erklärt und es ist unerlässlich, dass wir wichtige Forschung über unsere Meere einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen“, erklärt Geraint Rhys Whittaker. „Was mir bei der Arbeit an diesem Projekt besonders gut gefallen hat, ist die Einzigartigkeit dieser Klänge und wie sie eine intuitive Verbindung zwischen uns als Menschen und dem Meer herstellen können. Der nächste Schritt des Projekts wird sein, diese Klänge in einer Wanderausstellung vorzustellen.“ Eine Auswahl der Stücke wird während des HIFMB-Symposiums im Sommer 2023 in Oldenburg präsentiert, weitere Orte werden auf der HIFMB-Webseite bekannt gegeben, sobald sie feststehen.

Auch aus wissenschaftlicher Sicht war es ein spannendes Projekt. Dr. Ilse van Opzeeland ist eine der führenden Wissenschaftlerinnen der Ocean Acoustics Group am AWI, die zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe die Aufnahmen zusammengetragen hat. Sie erklärt: „Die Klanglandschaften, die wir in den Polarmeeren aufzeichnen, sind atemberaubend in Bezug auf die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die sie liefern, seit wir unser passives akustisches Monitoring begonnen haben. Eine ‚Übersetzung‘ durch die Kunst haucht unseren wissenschaftlichen Daten neues Leben ein, das über eine traditionelle Publikation oder ein Strategiepapier hinausgeht, indem es sie für Nichtwissenschaftler zugänglich macht. Wir müssen die größten Anstrengungen unternehmen, um die gefährdeten Lebensräume unseres Planeten zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen. Das Zusammenwirken von Kunst und Wissenschaft kann dabei helfen, indem es dafür ein Bewusstsein und Aufmerksamkeit schafft.“

Doch kann eine künstlerische Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Themen und Objekten noch mehr? Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Geraint Rhys Whittaker, Prof. Kimberley Peters und Dr. Ilse van Opzeeland, führen qualitative Interviews mit teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern. So möchten sie ergründen, inwiefern die Kunst innovative und marginalisierte Perspektiven offenlegt, die sonst unerforscht bleiben würden, und wie Künstlerinnen und Künstler an die kreative Interpretation wissenschaftlicher Daten herangehen – um so neue Wege des Dialogs zwischen Kunst und Wissenschaft zu eröffnen.

Beispiele von Ozeangeräuschen finden Sie in unserer öffentlichen Mediathek  (unter Themenwelten / Polarklänge).

Diese Pressemitteilung findet ihr beim Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.

Die einzigartigen Klänge der Meerestiere sind nicht mehr die einzigen Geräusche Unterwasser. Der Lärm, der durch die Schifffahrt,  Konstruktionen, seismische und militärische Aktivitäten entsteht, wird zunehmend zum Problem für die Meeresbewohner. Pinguine, Wale aber auch die Tiere am Meeresboden werden durch diese Lärmverschmutzung immer stärker in ihrem Verhalten beeinträchtigt.

„Wenn Haie leuchten“ von Julia Schnetzer

Smartphone Bildschirm mit dem Hörbuch Titel "Wenn Haie leuchten" von Julia Schnetzer drauf. Im Hintergrund sardischer Strand und Berg.

© Lea Teichmann, DEEPWAVE

Wenn ich einen Wunsch für mein 18-jähriges Ich äußern dürfte, dann dass „Wenn Haie leuchten“ von Julia Schnetzer schon damals veröffentlich worden und in meine Hände gefallen wäre. Ich wusste schon früh, dass ich eine Wasserratte – oder wie meine Oma bevorzugt sagte, eine Nixe – bin. War Wasser da, war ich drin. Egal wie brackig. Egal wie kalt. Ist heute noch so.

Da ich aber im Ruhrgebiet aufgewachsen bin, hatte ich nur einen Baggersee, 30km entfernt, zur Verfügung, zu dem meine Freundinnen und ich im Sommer abwechselnd von unseren Eltern gefahren wurden. Eine aktive Verbindung zu den Ökosystemen See, Fluss oder Meer hatte ich nicht. Vielleicht würde ich heute ansonsten neben Madeline St. Claire „Ocean Popcorn“ beobachten und den Plastikeintrag im von fliegenden Teufelsrochen besiedelten Gebiet messen. Naja, genug mit der Schwelgerei. Meeresbiologin bin ich nicht geworden. Meeresschützerin aber. Und ich liebe mein Privileg, vom Van aus Worte in die Welt zu tragen, täglich unter der Sonne, am Strand und im Meer zu sein.

Jedem jungen Menschen jedoch, der mir heute begegnen würde und der noch nicht wüsste, was er mit seinem Leben anfangen soll, würde ich „Wenn Haie leuchten“ in die Hände (oder auf die Ohren) drücken. Die Autorin hat es, so wie ich es zuvor noch nie gelesen oder gehört hatte, geschafft, den wunderschönen, aber auch kräftezehrenden und fordernden Beruf der Meeresbiologin authentisch zu beschreiben. Sie beginnt ganz am Anfang – mit ihrem persönlichen Weg zu den Meeren und geht dahin über, die Bedeutung des Ozeans für uns Menschen herauszustellen. Schnetzer erklärt komplexe Ozeanphänomene und die außergewöhnlichen Fähigkeiten skurriler Meereslebewesen auf Grundlage aktueller Forschungen – für alle verständlich, immer mit einer Prise Humor und angereichert mit Geschichten aus dem echten Leben. Das macht das Buch zu einem perfekten Einstieg für alle, die an den Meeren, ihren Abläufen und Geheimnissen interessiert sind, aber nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Ich verspreche euch: eure Faszination für die Meere wird potenziert. Und ihr werdet gar nicht anders können, als euch danach aktiv für den Meeresschutz einsetzen zu wollen und/oder einen Job als Meeresbiolog:in in Erwägung zu ziehen.

Mein persönlicher Bonus: Im Buch wird gegendert. Und das wird sogar im Hörbuch mitgesprochen. Mein feministisches Herz ist glücklich.

Lea Teichmann für DEEPWAVE.

Weitere Buchrezensionen findet ihr bei unserem Projekt Ozeanbücher.
Das Buch „Wenn Haie leuchten“ von Julia Schnetzer könnt ihr bei unserer lokalen Buchhandlung Tolle Geschichten in Klein Borstel oder eurer eigenen lokalen erwerben.

Diskussionsvortrag zur Dokumentation „Seaspiracy“

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=FWe_yW_kUjI

Quelle: AStA Landau auf YouTube

Die Netflix Dokumentation Seaspiracy geht seit ihrer Veröffentlichung viral. Ihre Bilder und Inhalte lassen viele Zuschauer:innen nicht mehr los und Themen wie Überfischung, Plastikverschmutzung und Klimawandel und Tierethik werden seitdem neu diskutiert. Auch wenn der Film die Überfischung als eine der aktuell größten Bedrohungen der Weltmeere thematisiert, zeigt er auf großartige Weise, wie alle Gefährdungen zusammenhängen, sich gegenseitig bedingen und nicht unabhängig von einander gelöst werden können. In der öffentlichen Diskussion sind Fragen aufgeworfen worden und einige Schieflagen entstanden, die von der Kernaussage des Filmes ablenken. Daher wurden wir gefragt, welche Seaspiracy-Aussagen auf Richtigkeit geprüft werden müssen, welche korrigert und welche belegt werden können.

Und vor allem: Was können wir selber gegen die verdeckten, grausamen Ungerechtigkeiten tun? Wie kann jede:r Einzelne dazu beitragen, die katastrophalen Zustände auf und in den Weltmeeren zum Positiven zu wenden?

Diese Fragen haben sich auch Studierende der Uni Landau gestellt. Daher hat uns der AStA Landau eingeladen, in einem Online Diskussionsvortrag unsere Überlegungen und Recherchen öffentlich vorzustellen, aufzuklären und die Fragen der Studierenden zu beantworten. Um in diesem komplexen, hochbrisanten Thema gut vorbereitet zu sein, haben wir uns mit der Fachfrau Valeska Diemel, der Referentin für Fischereipolitik beim BUND,  Verstärkung geholt.  Ihr Faktencheck wurde ergänzt durch detaillierte Anregungen, wie jede:r Einzelne mit seinen besonderen Skills und Studienfächern sich für den Schutz der Weltmeere einsetzen kann.

Unser Fazit: Seaspiracy polarisiert zwar, stellt jedoch Themen in den Vordergrund, die längst Teil öffentlicher und privater Auseinandersetzungen sein sollten und klärt über Zusammenhänge auf, deren Verständnis essentiell ist, um wirksam handeln zu können.

„Selfish“ macht auf unseren Plastikkonsum aufmerksam

Ihr sitzt in einem Sushi Restaurant und freut euch, mal wieder in ein frisches Stück Lachs beißen zu können. Der Koch fängt hinter der Theke an, das Essen zuzubereiten. Doch statt Lachs und Gemüse holt er Plastikteile, Styroporbruchstücke und Plastiktrinkhalme auf sein Schneidebrett und verarbeitet sie zu „Essen“. Das wird euch, einem Seevogel, einer Schildkröte und einem Seelöwen dann serviert.

So beginnt der Kurzfilm eines Videos von Chen Po. Er möchte auf den Kreislauf aufmerksam machen, den unser Müll durchläuft, wenn er achtlos weggeworfen wird. Jedes Teil Müll landet früher oder später durch Flüsse und Oberflächenwasser im Meer. Ein großer Teil davon wird von diversen Meeresbewohnern mit ihrem Futter verwechselt. So verhungern die Tiere mit „vollem“ Magen oder verheddern sich in Abfällen und ersticken.

Auch für den Menschen hat der zunehmende Plastikkonsum und die unachtsame Entsorgung von Müll Auswirkungen. Letztlich landet Mikroplastik auch auf unseren Tellern, wenn wir uns dafür entscheiden, Meerestiere zu essen.

Wir alle können durch unser Konsumverhalten und eine bewussten Lebensweise dazu beitragen, dass sich die Begebenheiten in den Meeren verbessern. Letztlich profitieren auch wir davon. Wenn wir an Stränden entlang spazieren können und unter unseren Füßen Sand und nichts als Sand spüren. Mit seinem Video ruft Chen Po zu mehr Achtsamkeit auf und möchte Menschen in Sachen Plastikkonsum sensibiliseren.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=bvtVbzPE1UY

Quelle: Chen Po 3D auf YouTube

Wer mehr zum Thema Meeresverschmutzung und der Vermeidung von (Mikro-)Plastik wissen möchte, schaut auf unserem Plastic Pollution Blog und der Einkaufsliste vom BUND vorbei.

Schaut euch auch unsere BLUE STRAW Kampagne und unser aktuelles Projekt Tassen statt Tampons an.

haenyeo – die Meeresfrauen Südkoreas

Apnoetaucherin, die nach unten schwimmt und einen Druckausgleich macht.

© Lea Teichmann, DEEPWAVE

Schwerelos schwebe ich ein paar Zentimeter über dem Meeresgrund. Nur meine Knie und Zehen berühren hin und wieder den Sand unter mir, der sich – genau wie ich – sanft mit der Strömung hin- und herwiegt. Es ist still hier unten. Das einzige was ich höre, wenn ich ganz genau in mich hineinfühle, ist mein Herzschlag. Ich spüre meine ausgedehnte Lunge, auf die ich mich an diesem Ort vollends verlassen muss, und entspanne meinen Oberkörper. Ich mag es, wie ich mich hier treiben lassen, innehalten, und einfach sein kann. Wenn Wasser mich umgibt, fühle ich mich zugleich ganz alleine auf dieser Welt – da bin nur ich, und alles, was ich kenne und was gerade passiert, scheint ganz fern, und ich fühle mich so verbunden zur Natur und zum Universum wie nie – als wäre ich ein kleines Partikel, das auf einmal Teil des Ganzen wird. Hätte jemand das Bedürfnis, dem alltäglichen Trubel zu entkommen, würde ich ihn hierherbringen. Aber leider kann ich nicht ewig bleiben. Als lungenatmendes Lebewesen bin ich darauf angewiesen, meinen Körper regelmäßig mit Sauerstoff aus der Luft zu versorgen. Also richte ich meinen Blick weg vom tänzelnden Sand und dem sich ewig erstreckenden Blau hoch zur glitzernden Wasseroberfläche. Niemand da. Ich verlagere mich ins Senkrechte, tippe ein letztes Mal leicht mit den Zehen gegen den Grund und schwimme gen Himmel. Erst muss ich viel Kraft aufbringen, um gegen den Druck, der mich in der Tiefe hält, anzuschwimmen. Die letzten Meter treibe ich jedoch wie von allein nach oben. Ich durchbreche die Wasseroberfläche und puste die Hälfte meiner angehaltenen Luft aus, um dann wieder tief einzuatmen, bevor ich vollständig ausatme und meinen Atem wieder reguliere. Zum siebten Mal war ich heute dort unten. Jetzt merke ich, wie erschöpft mein Körper bereits ist. Auf nüchternen Magen und mit wenig Schlaf ist meine Energie schnell aufgebraucht. Vielleicht ist es an der Zeit, ans Ufer zurückzukehren. Zurück zur wirklichen Welt.

Schon oft habe ich über Apnoetaucher:innen nachgedacht, die darauf angewiesen sind, täglich viele Stunden im Wasser zu verbringen, um ihre Familien zu ernähren. Wie erleben sie die Zeit unter Wasser? Ist ihre Erfahrung – obwohl sie Essbares finden und jagen müssen – ebenso meditativ wie meine? Wie schaffen sie es, wieder und wieder, Tag für Tag, über mehrere Stunden hinweg abzutauchen und minutenlang das Meer abzusuchen? Körperlich und mental müssen sie unglaublich stark, quasi unverwundbar, sein.

Der Meinung ist auch Hyung S. Kim, ein Fotograf aus Seoul, der zwischen 2012 und 2014 regelmäßig auf die Jeju Insel in Südkorea gereist ist, um dort haenyeo (zu deutsch: Meeresfrauen) zu fotografieren. Seit vielen Jahrhunderten tauchen diese Frauen täglich nach Meeresfrüchten – nur mit altmodischen Masken, Anzügen und Bleigewichten ausgestattet. Dabei verlassen sie sich auf ihre Fähigkeit, die Luft für mehrere Minuten anhalten zu können, um mit Hilfe von scharfem Werkzeug Muscheln, Schnecken und andere Lebewesen aus den Spalten auf dem Meeresboden auszugraben. Dieser Arbeit gehen die haenyeo täglich bis zu sieben Stunden nach. Und das ist nicht alles: die Frauen, die Hyung S. Kim in seinen Fotos abbildet, sind zum Teil über 90 Jahre alt! Er hat sie nach ihrer stundenlangen Arbeit im Wasser vor einer weißen Leinwand fotografiert, um die Stärke der Frauen verbunden mit menschlicher Zerbrechlichkeit festzuhalten.

2016 wurden die haenyeo zur UNESCO Liste „Intangible Cultural Heritage of Humanity” hinzugefügt. In den 1960ern gab es noch ca. 20.000 Taucher:innen auf Jeju, während heutzutage lediglich 2.500 haenyeo nach Schalentieren tauchen. Durch ihren Einsatz fördern sie nicht nur die Stellung der Frauen in der Gemeinschaft, sie helfen durch umweltfreundliche Fischereimethoden auch, ein nachhaltigeres Leben zu schaffen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich diese starken Frauen fühlen müssen, wenn sie täglich durchs Wasser gleiten, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Und doch kann ich ihre Erschöpfung nach den Tauchgängen nachempfinden, wenn ich mir die Fotos von Hyung S. Kim anschaue.

In einem Beitrag des New Yorker findet ihr die Werke des Fotografen und Auszüge aus einem Interview mit ihm zu den Meeresfrauen von Jeju. Und dieser Videobeitrag der UNESCO lässt euch noch mehr in die Welt der haenyeo eintauchen.

Lea Teichmann für DEEPWAVE

„Plankton“ von Christian Sardet

Cover des Buchs "Plankton" von Christian Sardet mit Planktonabbildung auf schwarzem Hintergrund.

© Christian Sardet „Plankton“ Verlag Ulmer 2016.

Als ich während meines meeresbiologischen Masters in Plymouth eine Studienfreundin besuchte, stach mir auf ihrem Kaminsims ein wunderschönes, buntes Buch ins Auge: Christian Sardets „Plankton“. Gefesselt von seinen atemberaubenden Fotos konnte ich das Buch gar nicht mehr weglegen. Schnell wurde mir klar, warum meine Studienfreundin es sich zugelegt hatte. Anders als klassische und häufig abstrakte Bücher aus dem Wissenschaftsalltag eröffnen die kunstvollen Bilder Sardets einen außergewöhnlichen Zugang zur Welt der faszinierenden Kleinstlebewesen: hier kommt die ästhetische Seite des Meeres besonders zur Geltung. So konnte mich „Plankton“ – neben meinen passionierten Dozent:innen – dazu inspirieren, eine Promotion über die Rolle dieser im Meer driftenden Mikroorganismen in Bezug auf den Klimawandel zu beginnen. Ich finde es beeindruckend, welch großen Einfluss die teils für das bloße Auge unsichtbaren Lebewesen auf unsere Welt haben: beispielsweise wird der Sauerstoff für jeden zweiten Atemzug von ihnen produziert und sie tragen erheblich zur Aufnahme von CO2 aus der Atmosphäre in das Meer bei. Als DEEPWAVE mir zum Start meiner Promotion dann ein Exemplar des Buches zuschickte, war ich sehr gerührt – ich realisierte, dass mich die kleinen Meereslebewesen mit Onno Groß verbinden, der ebenfalls an Mikroorganismen forschte und den ich leider nie persönlich kennenlernen durfte.

Onno selbst verfasste noch im September 2016 eine Rezension hierzu. Darin beleuchtet er unter anderem die Hintergründe zur Entstehung des Buches und gibt Informationen zum Autor. Christian Sardets „Plankton“ gliedert sich in drei Bereiche. Im ersten Teil beschreibt er auf eine fundierte und ansprechende Weise die Charakteristika und Entstehung von Plankton, die Geschichte der Planktonforschung und ihre Relevanz für den Menschen. Um beispielhafte Planktongemeinschaften geht es im zweiten Teil. Der größte und letzte Teil befasst sich mit unterschiedlichen Planktongruppen und ergänzt die kurzen, informativen Texte durch das Herzstück des Buches: spektakuläre Aufnahmen der jeweiligen Organismen. Ein weiteres Highlight sind die QR-Codes, die in fast jedem Kapitel zur passenden Seite der „Plankton Chronicles“, einer Dokumentarreihe über verschiedene Planktongruppen, verlinken. Laut Sardet „verschmelzen [dort] die Wissenschaft und Kunst“, sodass man „noch ein Stückchen tiefer in die faszinierende Welt des Planktons ein[taucht]“.

Und das ist es, was das Buch so besonders macht und mich gefesselt hat: die gelungene Kombination aus Kunst und Wissenschaft, für die auch DEEPWAVE steht. „Plankton“ ist ein großartiges Werk über die Kleinsten der Meere, das sowohl auf kreative Art Verständnis vermittelt als auch dieselbe Faszination in den Leser:innen weckt, die Wissenschaftler:innen für Plankton empfinden. Dabei wird offensichtlich, wie schützenswert nicht nur die Lebewesen sind, die im Meer schwimmen, sondern auch diejenigen, die einfach nur treiben.

Antonia Uthoff für DEEPWAVE

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