Politik

Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
Jeder für sich und alle zusammen als Teil von Politik und Wirtschaft.

NABU: Großes Schutzgebiet im Nordostatlantik ausgewiesen

Ein Hai schwimmt dicht unter der Wasseroberfläche entlang, vier kleine gestreifte Fische schwimmen neben seiner Rückflüsse mit

© Gerald Schömbs / Unsplash

Pressemitteilung, 01.10.2021, NABU

Krüger: Wichtiger Beitrag des NABU zum Schutz der Meere und deutliches politisches Signal

Berlin – Beim Ministertreffen der Oslo-Paris-Konvention (OSPAR) ist am 1. Oktober ein Meeresschutzgebiet von der Größe Frankreichs auf der Hohen See des Nordostatlantiks verabschiedet worden. Das Schutzgebiet North Atlantic Current and Evlanov Sea-basin (NACES) basiert auf Vogelzugdaten. An der über zehnjährigen Entwicklung war unter Federführung von BirdLife International auch der NABU maßgeblich beteiligt. Damit wird das von der Konvention zum Schutz der Biologischen Vielfalt (CBD) für 2020 ausgegebene Ziel des Schutzes von mindestens zehn Prozent des OSPAR-Meeresgebietes erfüllt.

„Ein Schutzgebiet dieser Größe, in einem rechtlich komplizierten Bereich wie der Hohen See, ist ein großer Erfolg für den Arten- und Lebensraumschutz und sendet zugleich ein deutliches Signal, den Schutz der Meere und seiner Bewohner endlich ernst zu nehmen“, so NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger, „Der NABU ist stolz, hier einen entscheidenden Beitrag geleistet zu haben. Denn nur gesunde Meere mit einer großen Arten- und Lebensraumvielfalt helfen uns beim Kampf gegen den Klimawandel und erbringen auch weiterhin wichtige Ökosystemleistungen für uns Menschen.“

Bis zu fünf Millionen Seevögel besuchen regelmäßig das NACES-Schutzgebiet. Blauwale, seltene Haiarten sowie Meeresschildkröten gehen hier auf Nahrungssuche. Bisher wurden 47 Seeberge in dem Gebiet entdeckt. Diese „Oasen der Tiefsee“ sind oft sehr artenreich. „Das NACES-Schutzgebiet zeigt, was möglich ist, wenn Wissenschaftler, Naturschutzverbände und Behörden zusammenarbeiten. Doch leider wurde auch eine große Chance vertan: Nicht nur die Wassersäule, sondern auch der Meeresboden müssen Teil des Schutzgebiets werden, um das Ökosystem insgesamt zu schützen und dem Vorsorgeprinzip genüge zu tun“, hebt NABU-Meeresschutzexperte Dr. Thorsten Werner hervor. Da die Hohe See als gemeinsames Erbe der Menschheit gilt und keinerlei nationalstaatlicher Kontrolle unterliegt, spielen internationale Abkommen eine wichtige Rolle. „Nur gemeinsam kann es gelingen, die Hohe See mit all ihren Arten und Lebensräumen ausreichend zu schützen und somit den Anforderungen des Seerechtsübereinkommens gerecht zu werden“, so Werner.

Hintergrund: Die Hohe See umfasst nach Artikel 86 des Seerechtsübereinkommens alle Teile der Meere, die nicht zu einer Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) oder zum Küstenmeer eines Staates gehören. Obwohl die Hohe See fast die Hälfte der Erdoberfläche einnimmt, wurden bisher nur etwa ein Prozent unter Schutz gestellt. Das Regionalabkommen OSPAR, die Oslo-Paris-Konvention, hat sich den Erhalt und den Schutz der Meeresökosysteme des Nordost-Atlantiks zum Ziel gesetzt. Sie nimmt eine Vorreiterrolle beim Schutz der Meeresgebiete auf der Hohen See ein. Doch trotz zunehmender Anzahl an Schutzgebieten weltweit, nimmt die Biodiversität in den Meeren weiterhin rasant ab. Ein Grund sind mangelnde Maßnahmen, um die menschliche Aktivitäten ausreichend zu begrenzen und dadurch Arten und Lebensräume wirksam zu schützen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

 

NABU begrüßt 10-Punkte-Plan Meeresschutz der Grünen

Mehrere Seemöwen fliegen vor der steinigen Nordseeküste, im Hintergrund liegen Schiffe im Wasser

© S. Hermann & F. Richter / Pixabay

Pressemitteilung, 04.09.2021, NABU

Detloff: Wir brauchen einen Blue Deal für den Schutz der Meere

Berlin – Die heute veröffentlichten „10 Punkte für einen Grünen Meeresschutz“ der Bundestagsabgeordneten Steffi Lemke und des Parteivorsitzenden Robert Habeck von Bündnis 90/Die Grünen kommentiert NABU-Leiter Meeresschutz Dr. Kim Detloff:

„Die Grünen haben die Bedeutung der Meere in unserem Kampf gegen Artensterben und Klimakrise verstanden. Es braucht einen Aufbruch, es braucht einen Blue Deal zum Schutz der Meere. Wir sehen viele Überschneidungen mit unseren Forderungen, ob zu effektiven Schutzgebieten, der Bergung von Munitionsaltlasten oder der Wiederherstellung klimarelevanter Seegras- oder Salzwiesen. Wir freuen uns besonders über das Bekenntnis zum naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windkraft im Rahmen der ökologischen Belastungsgrenzen. Klima- und Artenschutz sind untrennbar. Das Gegeneinander, welches sich jüngst bei der marinen Raumordnung zeigte, gilt es zu verhindern.

Entscheidend ist, dass die neue Bundesregierung den Meeresschutz institutionell neu aufstellt. Wir unterstützen die Forderung nach einer starken Meereskoordination im Bundesumweltministerium oder auch im Bundeskanzleramt mit dem Auftrag zur Erarbeitung einen nachhaltigen deutschen Ozean-Strategie. Deutschland braucht eine kohärente und nachhaltige Meerespolitik. Das Silodenken mit wechselseitigen Blockaden der Ressorts muss ein Ende haben.“

Hintergrund:
Der deutschen Nord- und Ostsee geht es schlecht. Ein Drittel der Arten und Lebensräume in Nord- und Ostsee sehen auf der Roten Liste. Das Ziel des guten Umweltzustands nach EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie wurde 2020 verfehlt. Der Grund liegt für den NABU in der Kleinstaaterei der ministeriellen und behördlichen Verantwortlichkeiten. So verhindern immer wieder die Ministerien für Landwirtschaft, Verkehr oder Wirtschaft dringend notwendige Meeresschutzmaßnahmen und Regulierungen der Fischerei, Schifffahrt oder des Rohstoffabbaus. Auch die EU-Kommission hat dies erkannt und gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen unzureichender Umsetzung der FFH-Richtlinie eröffnet.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Warum die Nord- und Ostsee dringend geschützt werden müssen und welche Maßnahmen nötig sind, könnt ihr in der gemeinsamen Pressemitteilung von BUND, DEEPWAVE, DNR, Fair Oceans, Greenpeace, NABU, Schutzstation Wattenmeer, Whale & Dolphin Conservation und WWF nachlesen.

NABU: Raumordnungsplan ohne Plan – Meeresnatur ist großer Verlierer

An einem Nordseestrand steht ein Kitesurfer, im Hintergrund sieht man eine Bohrinsel im Watt.

© Dietmar Rabich / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Pressemitteilung, 05.08.2021, NABU

NABU übt scharfe Kritik an der vom Bundeskabinett verabschiedeten Meeresraumordnung

Berlin – Ohne Aussprache und ohne parlamentarische Beteiligung wurde gestern vom Bundeskabinett die „Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der Ostsee“ verabschiedet. Nach zwei Jahren Verhandlung steht die Meeresnatur als großer Verlierer dar. Die Raumordnung legt fest, wo Schiffe fahren, wo Offshore Windparks und Leitungen gebaut, Rohstoffe abgebaut werden und die Natur geschützt wird. Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:

„Der Plan wird weder dem deutschen Raumordnungsgesetz noch den Vorgaben der Europäischen Umwelt-Richtlinien gerecht. Nord- und Ostsee geht es schon heute schlecht. Der in der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie geforderte gute Umweltzustand wurde 2020 vollständig verfehlt. Noch gestern forderte Bundesumweltministerin Schulze eine Trendwende beim Verlust der biologischen Vielfalt. Und trotzdem hält Deutschland weiter an der Übernutzung der Meere fest. Entgegen den Empfehlungen der Europäischen Kommission stehen nicht gesunde Meere und eine nachhaltige Nutzung im Mittelpunkt, sondern allein wirtschaftliche Interessen. Dies gipfelt in einer falschen Privilegierung der Offshore-Windenergie auf Kosten von Schweinswalen und Seevögeln. Selbst im Naturschutzgebiet Doggerbank soll der Ausbau von Windenergie möglich gemacht werden ¬ gegen die Forderungen der deutschen Umweltverbände und den Rat des Bundesamts für Naturschutz.
Der jetzige Raumordnungsplan versäumt es, Konflikte zwischen verschiedenen Nutzern und dem Naturschutz aufzulösen. So entsteht weder Planungs- noch Rechtssicherheit. Ein schweres Erbe für die zukünftige Bundesregierung. Deutschland braucht einen neuen meerespolitischen Kompass – eine eigene Strategie für die Nord- und Ostsee, in der Klimaschutz und Naturschutz zusammenfinden.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Zum Internationalen Tag der Meere appellierte der NABU an die Politik, die Nord- und Ostsee besser zu schützen. Außerdem haben mehrere Umweltverbände in einer gemeinsamen Pressemitteilung vor der Industrialisierung der beiden Meere gewarnt. Weitere Informationen dazu findet ihr in unserem Politikblog.

Parteien im Klimawahlcheck – Verbände stellen Online-Tool zur Bundestagswahl 2021 vor

Bei einer Demonstration hält jemand ein Schild hoch auf dem steht "you decide". Mit einer hellen, glücklichen, und einer traurigen dunklen Erdkugel aufgemalt.

© Dominic Wunderlich / Pixabay

Pressemitteilung, 04.08.2021, NABU

Berlin, 4. August 2021. Wer steht wofür beim Klimaschutz? Ab heute können Wählerinnen und Wähler sich in einem neuen Online-Tool auf https://klimawahlcheck.org/ über Klima-Positionen der Parteien zur Bundestagswahl informieren, eine Selbsteinschätzung eingeben und herausfinden, wo sie selbst im Parteienspektrum stehen.

Die Klima-Allianz Deutschland, GermanZero und der NABU haben dafür die Wahlprogramme der großen demokratischen Parteien ausgewertet.
Im September entscheiden die Wählerinnen und Wähler in Deutschland über eine Bundesregierung, die in den kommenden vier Jahren ambitionierten Klimaschutz und einen sozial gerechten Umbau unserer Wirtschafts- und Lebensweise organisieren muss. Den klimapolitischen Plänen der Parteien kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Für das Tool haben die Verbände die Wahlprogramme der fünf größten, demokratischen Parteien analysiert und mit Blick auf deren klimapolitische Maßnahmen und Ziele bewertet. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung werden die Nutzerinnen und Nutzer selbst um ihre Einschätzung zu dringenden klimapolitischen Entscheidungen befragt. Anschließend erhalten sie den Vergleich mit den Parteiprogrammen. Jeder Frage ist eine Erläuterung beigefügt, die die Relevanz für den Klimaschutz verdeutlicht.

„Die Bundestagswahlen 2021 sind für den Klimaschutz von entscheidender Bedeutung. Deutschland braucht eine Bundesregierung, die den Wandel vorantreiben will und kann. Durch den Klimawahlcheck machen wir die klimapolitischen Ambitionen der Parteien transparent und vergleichbar, damit die Bürger*innen eine informierte Wahlentscheidung treffen können“, erklärt Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland.

„Wir haben nicht mehr viel Zeit, um die notwendigen Weichen zu stellen und der Klimakrise entgegenzuwirken. Diese Bundestagswahl und die in der folgenden Legislaturperiode umzusetzende Gesetzgebung wird entscheidend für die Lösung der Klimakrise. Die nächste Bundesregierung muss den Grundstein für die Klimapolitik der nächsten Jahrzehnte legen,“ so Dr. Julian Zuber, CEO von GermanZero e.V..
„Die aktuellen Ereignisse der letzten Wochen zeigen eindeutig: Wir haben die fatalen gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise unterschätzt. Hitzewellen, Waldbrände, Flutkatastrophen und neue Infektionskrankheiten töten heute schon Menschen, nicht nur im globalen Süden, sondern auch mitten in Deutschland. Deshalb unterstütze ich als Arzt und Wissenschaftsjournalist den Klimawahlcheck und die Klima-Allianz Deutschland, damit jede Bürgerin und jeder Bürger eine gute Wahl treffen kann, denn Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“, sagt Dr. Eckart v. Hirschhausen, Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer der Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen.

„Bei dieser Bundestagswahl steht nicht weniger als die Klima- und Artenvielfalt unseres Planeten zur Wahl. Wir entscheiden gemeinsam darüber, wie wirksam künftige Klimapolitik gestaltet wird. Der Anteil der älteren Wählenden ist bei dieser Wahl deutlich größer als der der Jüngeren. Gleichzeitig geht es beim Klima- und Artenschutz aber vor allem darum, künftigen Generationen eine lebenswerte Zukunft zu bieten. Der Klimawahlcheck bietet dafür eine Entscheidungshilfe”, ergänzt Michael Schäfer, Mitglied der Geschäftsleitung und Fachbereichsleiter Klima-/Umweltpolitik des Naturschutzbund Deutschland e.V..

Wie funktioniert der Klimawahlcheck?

Für das Tool haben die Verbände die Wahlprogramme der fünf größten, demokratischen Parteien analysiert und mit Blick auf deren klimapolitische Maßnahmen und Ziele bewertet. Dafür haben sie einen Fragenkatalog zu fünf Themenbereichen wie „Energie”, „Landwirtschaft und Artenvielfalt” oder „Klimaziele und Klimagerechtigkeit” entwickelt, der einen Großteil der klima- und umweltpolitischen Debatte abdeckt. Die Fragen wurden anhand eines Kriterienkatalogs basierend auf den Forderungen der Klima-Allianz Deutschland und des Deutschen Naturschutzrings bewertet. Die Forderungen spiegeln einen breiten Konsens der deutschen Klima- und Naturschutzorganisationen wieder.

Wer steckt dahinter?

Die zivilgesellschaftlichen Organisationen GermanZero, Klima-Allianz Deutschland und Naturschutzbund Deutschland (NABU) haben den Klimawahlcheck gemeinsam auf den Weg gebracht. Die Organisationen haben sich zur Bundestagswahl zusammengeschlossen, weil sie gemeinsam das Thema Klimaschutz in den Fokus der Wahlentscheidung rücken wollen und in diesem Jahr einen besonderen Aufklärungsbedarf ausgemacht haben.

GermanZero ist eine überparteiliche Nichtregierungsorganisation, die das erste vollständige Gesetz, mit dem Deutschland bereits 2035 klimaneutral werden kann, geschrieben hat. Damit dieses Gesetz vom nächsten Bundestag verabschiedet wird führt GermanZero Gespräche mit politischen Entscheider:innen auf Bundesebene und mobilisiert GermanZero Bürger:innen in den Kommunen.

Die Klima-Allianz Deutschland ist das breite gesellschaftliche Bündnis für den Klimaschutz. Mit rund 140 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Entwicklung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Jugend und Gewerkschaften setzt sie sich für eine ambitionierte Klimapolitik und eine erfolgreiche Energiewende auf lokaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene ein. Ihre Mitgliedsorganisationen repräsentieren zusammen rund 25 Millionen Menschen.

Mit mehr als 820.000 Mitgliedern und Fördernden ist der 1899 gegründete Naturschutzbund Deutschland (NABU) der mitgliederstärkste Umweltverband Deutschlands. Der NABU engagiert sich für den Erhalt der Lebensraum- und Artenvielfalt, den Klimaschutz sowie die Nachhaltigkeit der Land-, Wald- und Wasserwirtschaft. Zu den zentralen NABU-Anliegen gehören auch die Vermittlung von Naturerlebnissen und die Förderung naturkundlicher Kenntnisse.

Der Klimawahlcheck ist hier abrufbar: https://klimawahlcheck.org/

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

NABU: Nord Stream 2 ignoriert Naturschutzrecht und Klimaschutz

Rohre für den Bau von Nord Stream 2 liegen auf dem Watt

© Gerd Fahrenhorst / Wikimedia Commons (CC-BY-4.0)

Pressemitteilung, 09.07.2021, NABU

Miller: BSH muss Baugenehmigung für die AWZ aufheben

Berlin/Hamburg – Der NABU hat heute seine Klage gegen die vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ausgestellte Genehmigung der Gaspipeline Nord Stream 2 begründet. Nach Überzeugung des NABU verletzt die Baugenehmigung Habitatschutzrecht und die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, basiert auf einer fehlerhaften Umweltverträglichkeitsprüfung und missachtet Vorgaben des Klimaschutzgesetzes. Die im Mai erhobene Klage am Verwaltungsgericht Hamburg adressiert den nicht fertiggestellten Abschnitt in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). Vorausgegangen waren Änderungsgenehmigungen und ein jahrelanges Widerspruchsverfahren. Im deutschen Teilabschnitt wird momentan nicht gebaut.

„Ungeachtet der lauter werdenden Kritik an dem fossilen Dinosaurier hält das BSH an seiner Genehmigung aus dem Jahr 2018 fest. Es ignoriert offensichtliche Planungsfehler, bagatellisiert Umweltschäden und setzt sich nicht im Ansatz mit unseren naturschutzrechtlichen Argumenten und Klimaschutzvorgaben auseinander. Hier wird eine Bundesbehörde zum Vasallen eines Energiekonzerns,“ kritisiert NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Der NABU hatte früh Fehler in der Eingriffsregelung kritisiert. Mit der Zahlung von zwei Millionen Euro will Nord Stream 2 die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen umgehen. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hatte gefordert, die Zerstörungen am Meeresboden im Naturschutzgebiet auf der Fläche von mehr als 16 Fußballfeldern durch die gezielte Wiederherstellung von Steinriffen zu kompensieren. Doch das BSH lehnt die Realkompensation als unverhältnismäßig ab.

„Es ist kaum zu glauben wie hier Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes gebeugt werden sollen. Hinzu kommen wiederholte Planänderungen durch die sich der Umweltschaden gegenüber der Ursprungsgenehmigung immer weiter verstärkt hat. Es hat nie eine umfassende Umweltprüfung gegeben. Diese offensichtliche Salamitaktik darf keinen Erfolg haben,“ stellt NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff fest

Mit der Ablehnung des NABU-Widerspruchs verharrt das BSH auch in der energiewirtschaftlichen Rechtfertigung von Nord Stream 2 aus dem Jahr 2017. Dabei haben sich die Prognosen der Ursprungsgenehmigung zum steigenden Gasverbrauch längst als falsch erwiesen.. Alle unabhängigen Experten erachten eine zusätzliche Gaspipeline als überflüssig.

„Das BSH ignoriert die neue Sach- und Rechtslage. Es tut so als würde es das richtungsweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das Berücksichtigungsgebot des Klimaschutzgesetzes nicht geben. Nord Stream 2 ist in keinster Weise mit dem 1,5-Grad-Klimaschutzziel vereinbar, sondern gefährdet eine erfolgreiche Energiewende. Die Baugenehmigung muss aufgehoben, die Schäden für Klima und Umwelt neu bewertet, kompensiert und ein politischer Prozess um die Zukunft der Gaspipeline gestartet werden,“ fordert Miller.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Mehrere Umweltverbände, darunter DEEPWAVE, haben in einer gemeinsamen Pressemitteilung vor einer Industrialisierung der Nord- und Ostsee gewarnt. Mehr dazu erfahrt ihr in unserem Politikblog.

 

 

Diskussionsvortrag zur Dokumentation „Seaspiracy“

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=FWe_yW_kUjI

Quelle: AStA Landau auf YouTube

Die Netflix Dokumentation Seaspiracy geht seit ihrer Veröffentlichung viral. Ihre Bilder und Inhalte lassen viele Zuschauer:innen nicht mehr los und Themen wie Überfischung, Plastikverschmutzung und Klimawandel und Tierethik werden seitdem neu diskutiert. Auch wenn der Film die Überfischung als eine der aktuell größten Bedrohungen der Weltmeere thematisiert, zeigt er auf großartige Weise, wie alle Gefährdungen zusammenhängen, sich gegenseitig bedingen und nicht unabhängig von einander gelöst werden können. In der öffentlichen Diskussion sind Fragen aufgeworfen worden und einige Schieflagen entstanden, die von der Kernaussage des Filmes ablenken. Daher wurden wir gefragt, welche Seaspiracy-Aussagen auf Richtigkeit geprüft werden müssen, welche korrigert und welche belegt werden können.

Und vor allem: Was können wir selber gegen die verdeckten, grausamen Ungerechtigkeiten tun? Wie kann jede:r Einzelne dazu beitragen, die katastrophalen Zustände auf und in den Weltmeeren zum Positiven zu wenden?

Diese Fragen haben sich auch Studierende der Uni Landau gestellt. Daher hat uns der AStA Landau eingeladen, in einem Online Diskussionsvortrag unsere Überlegungen und Recherchen öffentlich vorzustellen, aufzuklären und die Fragen der Studierenden zu beantworten. Um in diesem komplexen, hochbrisanten Thema gut vorbereitet zu sein, haben wir uns mit der Fachfrau Valeska Diemel, der Referentin für Fischereipolitik beim BUND,  Verstärkung geholt.  Ihr Faktencheck wurde ergänzt durch detaillierte Anregungen, wie jede:r Einzelne mit seinen besonderen Skills und Studienfächern sich für den Schutz der Weltmeere einsetzen kann.

Unser Fazit: Seaspiracy polarisiert zwar, stellt jedoch Themen in den Vordergrund, die längst Teil öffentlicher und privater Auseinandersetzungen sein sollten und klärt über Zusammenhänge auf, deren Verständnis essentiell ist, um wirksam handeln zu können.

NABU: EU-Einwegplastikverbot greift zu kurz

Viele verschiedene Coffee-to-go Becher und andere To-go-Verpackungen liegen auf einem Haufen

© Filmbetrachter / Pixabay

Pressemitteilung, 01.07.2021, NABU

Miller: Deutschland braucht eine Mehrweg-Strategie für „To-Go“

Berlin – Wattestäbchen und Luftballonstäbe, Einwegbesteck und -teller aus Plastik, Styropor-Getränkebecher und To-Go-Verpackungen aus Styropor sind häufig Strandmüll – ab dem 3. Juli dürfen diese Einwegplastikprodukte deshalb europaweit zwar hergestellt aber nicht mehr verkauft werden. Auch ein Import in die EU ist verboten. Noch vorhandene Ware darf noch verkauft werden. Bei der Erarbeitung der EU-Richtlinie, mit der die Europäische Kommission das Ende dieser Produkte besiegelt hat, stand insbesondere der Schutz der Meere vor den gefährlichen Auswirkungen der zunehmenden Plastikvermüllung im Fokus.

„An der Ostsee gehören Einwegverpackungen zu den häufigsten Müllfunden. Angesichts des großen Ausmaßes der Strand- und Meeresverschmutzung müsste an den touristisch genutzten Müll-Hot-Spots To-Go-Verpackungen und Einweggeschirr ganz verboten werden“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. „So ist bisher kaum etwas wirklich verboten und man kann auch einfach auf andere Einwegprodukte ausweichen, womit gegen die Vermüllung der Natur nichts getan wäre.“

Die Novelle des Verpackungsgesetzes sieht vor, dass in Deutschland Gastronomie und Lieferdienste ab 2023 ihre vor Ort abgefüllten Speisen und Getränke auch in Mehrwegverpackungen anbieten müssen. Die Mehrwegalternative darf dabei nicht teurer sein als die Einwegvariante. Ausgenommen von dieser Pflicht sind Verkaufsstellen mit weniger als fünf Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und weniger als 80 qm Ladenfläche. Der NABU begrüßt zwar das neue Mehrweggebot ab 2023, kann jedoch nicht nachzuvollziehen, dass so viele Verkaufsstellen von der Pflicht ausgenommen sind und fordert, dass die Mehrwegvariante günstiger sein muss als Einweg.

„Gerade in der strandnahen Gastronomie sind es in der Regel kleinere Imbisse, Bäckereien oder Cafés, bei denen Getränke und Speisen für unterwegs gekauft werden. Daher sollten keine Ausnahmen gelten und Mehrweg muss der Standard werden. Höhere Kosten müssen dabei jedoch gerade für kleine Verkaufsstellen abgefedert werden, wie durch eine öffentliche Förderung. Denkbar wäre eine staatliche Abgabe auf umweltschädliches Einweg, die zweckgebunden z.B. bei der in Unterstützung von Mehrweg eingesetzt wird“, so Miller weiter. „Sowohl die EU als auch die Bundesregierung haben es bisher versäumt, Mehrweg als einzig umweltfreundliche Alternative zu Einweggeschirr und To-Go-Verpackungen zu stärken und eine umfassende Mehrweg-Strategie zu entwickeln.“

Für den NABU sind aktuell als öko oder natürlich beworbene Einwegmaterialen wie Pappe oder bioabbaubare Kunststoffe keine Lösung des Problems. Die Umweltlasten werden damit nur verlagert. Abbaubare Kunststoffe sind in der Regel für eine industrielle Kompostanlage zertifiziert und haben in der Umwelt genauso wenig zu suchen wie konventionelle Kunststoffe. Darüber hinaus ist Pappe in der Herstellung sehr rohstoff- und energieintensiv, ihre Herstellung trägt stark zur Nährstoffbelastung von Gewässern bei. Für die Nass- und Reißfestigkeit werden persistente gesundheits- und umweltgefährdende Chemikalien eingesetzt, die sich in der Natur anreichern.

„Nachdem es die aktuelle Bundesregierung verpasst hat, dem Problem Müll im Meer entschieden entgegen zu treten, muss die neue Bundesregierung nach der Bundestagswahl Mehrweg als neuen Standard für die Gastronomie definieren. Damit können auch Ausweichmanöver auf andere Einwegmaterialien abgewendet werden“, fordert David Pfender, Referent für Meere ohne Plastik. „Eine bloße Umstellung auf Pappgeschirr ist genauso wenig zu wünschen wie auf Einwegteller aus Aluminium. Der NABU setzt sich seit zehn Jahren gegen die Plastikverschmutzung der Meere ein und zeigt mit Projekten wie Mehrweg fürs Meers, dass Mehrweg auch in der Strandgastronomie funktioniert.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Mehr zum Thema Plastikverschmutzung und Alternativen zu Einwegplastik findet ihr bei unserer Kampagne BLUE STRAW.

 

Trauerspiel Fischereikontrolle

Zwei Fischerei-Boote mit je zwei großen Netzen im Wasser fahren nebeneinander

© moritz320 / Pixabay

Pressemitteilung, 28.06.21, WWF

WWF: EU-Rat will effektive Kontrolle der europäischen Fangflotte verhindern

Europa kontrolliert seine Fischereiflotte nicht wirksam. Obwohl bereits jeder zweite kommerziell genutzte Fischbestand in EU-Gewässern als überfischt gilt und die Überfischung im Nordostatlantik wieder angestiegen ist, wird die Wirksamkeit des Systems nach Wunsch der Fischereiminister:innen in der laufenden Reform der sogenannten Fischereikontrollverordnung nicht im dringend erforderlichen Maß verbessert werden, kritisiert der WWF.

Die Fischereiminister:innen haben heute beschlossen, dass über 96 Prozent der EU-Flotte von Kamerakontrollen an Bord ausgeschlossen bleiben sollen. Die Pflicht, Fänge und Beifänge mit Kameras oder Sensoren zu erfassen, soll nur für weniger als vier Prozent der Fangschiffe gelten, solche, die über 24 Meter lang sind. Das bedeutet auf fast 80.000 kleineren Fangschiffen werden eventuelle Verstöße gegen die Anlandeverpflichtung weder erfasst noch sind sie rechtssicher nachweisbar. Einen transparenteren Umgang mit Fischereidaten soll es ebenso wenig geben. Die vollständige und digitale Rückverfolgbarkeit von Fisch und Meeresfrüchten bis zum Fangschiff wird nach Vorstellung des EU-Rates ebenso ausbleiben. An manchen Stellen fällt der Ratsvorschlag sogar hinter die geltende Verordnung zurück und droht neue Schlupflöcher zu schaffen.

„Das Ambitionsniveau des EU-Rates ist erschütternd niedrig. Das ist ein Trauerspiel, denn mit dieser Einschränkung bleibt ein großes Hindernis für nachhaltige Fischerei bestehen: Beifang und damit das erhöhte Risiko für illegale Rückwürfe von Fisch besteht gerade bei den Fischereien, die von zehntausenden kleineren Fangschiffen betrieben werden. Kameramonitoring ist das einzige wirksame und verfügbare Instrument das Fischereimanagement zu verbessern, dafür müssen aber auch die Risikofischereien erfasst werden. Das sieht der Ratsvorschlag nicht vor. Die EU muss dafür sorgen, dass die Meere nicht länger als rechtsfreier Raum wahrgenommen werden“, fordert Christoph Heinrich, Naturschutzvorstand des WWF Deutschland.  Das Argument die vorgeschlagene Regelung würde das Gros der Fänge abdecken, hält der WWF für irreführend. Der entscheidende Faktor sei nicht das Fangvolumen, sondern das Risiko von Fischbeifängen.

Zudem müsse die EU mehr tun, um den Beifang empfindlicher oder bedrohter Arten zu erfassen und zu stoppen. Tausende Delfine, Meeresschildkröten, verschiedene Hai- und Rochenarten sowie diverse Seevogelarten verenden Jahr für Jahr in Europas Fischernetzen. „Um gezielte Schutzmaßnahmen für bedrohte Arten vorzunehmen, braucht es wissenschaftliche Daten aus der elektronischen Fernüberwachung der Schiffe als Basis“, so Heinrich weiter. Der heute abgestimmte Ratsvorschlag sieht das nicht vor. „Hier muss im Rahmen der Triloge unbedingt nachgebessert werden. Wir erwarten von der Bundesregierung, sich in den kommenden Verhandlungen nachdrücklich dafür einzusetzen, dass auch der Beifang von Schweinswalen in der Stellnetzfischerei endlich belastbar erfasst wird. Die allgemeinen Pflichten zur Dokumentation in Fischereilogbüchern reichen dafür nicht aus.“

Der WWF vermisst außerdem einen starken Impuls für den Schutz der Verbraucher:innen vor Fischprodukten aus illegaler Fischerei. Die neue Kontrollverordnung wird auch die Transparenz von Lieferketten und Rückverfolgbarkeit sämtlicher Produkte aus Fisch und Meeresfrüchten, auf dem EU-Markt regeln – dies beeinhaltet Importe, Konserven, Wildfang, und Zuchtfisch. „Die Verbraucher:innen müssen sich auf das Kontrollsystem verlassen können. Als weltgrößter Markt für Fisch und Meeresfrüchte muss die EU auf ein zeitgemäßes digitales Rückverfolgbarkeitssystem setzen statt wie bisher weitgehend papierbasiert zu arbeiten“, fordert WWF Naturschutzvorstand Christoph Heinrich. Unverantwortlich ist aus Sicht des WWFs der Vorschlag der Fischereiminister:innen verarbeitete und konservierte Produkte wie. z.B. Thunfischdosen von der Kontrolle auszunehmen. „Damit würde ein riesiges Schlupfloch geschaffen und der Kampf gegen illegale Fischerei zurückgeworfen. Jeder sechste in die EU importierte Fisch würde gar nicht mehr erfasst. In den nun folgenden Verhandlungen müssen sich EU-Kommission und Europaparlament, aber auch Deutschland dafür stark machen, dass Meere und Ökosysteme endlich wirksam und transparent vor den Folgen unkontrollierter Fischerei geschützt werden“, kritisiert Heinrich.

Hintergrund:

  • Die sogenannte Fischerei-Kontrollverordnung entscheidet maßgeblich über das Gelingen der EU-Fischereipolitik. Sie legt die Instrumente fest, mit denen Fischereiaktivitäten der EU-Flotte und Fisch vom Netz bis zum Teller überwacht werden können, um Legalität zu gewährleisten. Das Gesetzespaket gilt für 10 Jahre und soll dazu dienen, illegale Fischerei zu unterbinden und so erschöpfte Fischbestände wiederaufzubauen.
  • Elektronische Fernüberwachung wurde weltweit erfolgreich getestet und wird von der Europäischen Fischereikontrollbehörde (EFCA) als bestes Mittel zur Kontrolle auf See empfohlen. Die flächendeckend mangelhafte Umsetzung der sogenannten Anlandeverpflichtung führt zu einer steigenden Überfischung und gefährdet so die Fischbestände, bedrohte Arten und Meeresökosysteme der EU.
  • Der WWF fordert elektronische Fernüberwachung auf allen Fangschiffen über 12 m Länge mit einem hohen oder sehr hohen Risiko für illegale Rückwürfe, sowie auf kleineren Schiffen, bei denen die Gefahr für ungewollten Beifang empfindlicher Arten besteht. Die erfassten Daten sollten von der Fischereiwissenschaft zur Ermittlung von Bestandsgrößen und Höchstfangmengen, sowie zum Monitoring empfindlicher Arten ausgewertet werden dürfen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Nicht nur die Tiere und Ökosysteme, sondern auch das Klima leidet zunehmend unter der voranschreitenden Überfischung. Wie viel CO2 Grundschleppnetze freisetzen, könnt ihr in unserem Klimablog nachlesen.

Umweltverbände warnen vor Industrialisierung der Nord- und Ostsee

Auf dem Wasser liegt ein Industrieschiff neben mehreren Kränen

© Thanasis Papazacharias / Pixabay

Gemeinsame Pressemitteilung, 25.06.2021

Mehr Nachhaltigkeit bei der Marinen Raumordnung gefordert

Hamburg/Berlin – Umweltverbände fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Entwurf der Marinen Raumordnung eine nachhaltige Nutzung der deutschen Meere ohne Gefährdung von Schutzgebieten. Schon heute gehören die deutsche Nord- und Ostsee zu den am stärksten industrialisierten Meeresgebieten weltweit und ihr ökologischer Zustand ist schlecht. Der neue Marine Raumordnungsplan für die deutsche Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) soll hier für Ausgleich sorgen – doch der finale Entwurf sieht das Gegenteil vor. „Die jetzt geplante deutliche Zunahme der Nutzung von Nord- und Ostsee darf nicht auf Kosten von Arten und Lebensräumen gehen. Der Ausbau der Offshore-Windenergie und Meeresnaturschutz müssen Hand-in-Hand gehen, um sowohl der Klima- als auch der Biodiversitätskrise zu begegnen. Um einen naturverträglichen Ausbau der Offshore Windenenergie zu ermöglichen, muss auch die Belastung anderer Nutzungen drastisch reduziert werden. Bereits heute finden in Schutzgebieten Rohstoffabbau, Leitungsbau, militärische Übungen, unbegrenzte Schifffahrt und Fischerei statt. Auch der Ausbau der Offshore Windenergie in Schutzgebieten wird im aktuellen Plan nicht mehr ausgeschlossen. Dies ist ein massiver Rückschritt zum aktuell gültigen Plan von 2009. Die Gesamtbelastung unserer Meere und Küsten ist viel zu hoch und der rechtlich verbindliche gute Umweltzustand kann so nicht erreicht werden“, kritisieren die Umweltverbände BUND, DEEPWAVE, DNR, Fair Oceans, Greenpeace, NABU, Schutzstation Wattenmeer, Whale & Dolphin Conservation und WWF.

Die Bundesregierung fordert, dass Biodiversitäts- und Klimaschutz international eng miteinander verknüpft werden. Doch vor der eigenen Haustür droht dies zu misslingen. Allein im Naturschutzgebiet Doggerbank, der größten Sandbank der Nordsee und wichtiger Lebensraum für Seevögel, Haie und Wale, soll laut Planungsentwurf der Ausbau von bis zu sechs Gigawatt Windenergie geprüft werden. Dadurch wird mindestens ein Drittel der Schutzgebietsfläche  verbaut.  „Hier wird eine rote Linie überschritten“, kritisieren die Umweltverbände. „Die Europäische Kommission hat aufgrund der mangelhaften Umsetzung des Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Wie schrill müssen die Alarmglocken noch läuten bis die zuständigen Behörden endlich umsteuern?“, warnen die Verbände. Wenn der Klimaschutz im Meer priorisiert wird, geht das nur mit gesunden Meeren, denn diese sind die größten Kohlenstoffsenken der Welt. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien belegt, dass Meeresschutzgebiete frei von Nutzung hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

Noch vor der Bundestagswahl möchte das Bundesinnenministerium den Raumordnungsplan unter fachlicher Ausarbeitung des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie per Rechtsverordnung verabschieden – im Einvernehmen mit den anderen beteiligten Ministerien. Ob dies gelingen wird, bleibt aufgrund der vielen ungelösten Konflikte im finalen Entwurf unklar. Für die Umweltverbände steht fest, dass das Ziel der Raumordnung – die nachhaltige Nutzung und der gute Umweltzustand – mit dem vorgelegten Entwurf klar verfehlt wird.

Weitere Informationen findet ihr in der Stellungname der Umweltverbände.

Hintergrund

Der finale Entwurf des Raumordnungsplans vom 2. Juni 2021 legt die Nutzung der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in Nord- und Ostsee für die nächsten Jahrzehnte fest. Damit hat der Prozess auch eine Schlüsselfunktion für den Schutz von Nord- und Ostsee. Seit Ende 2019 wird über die neue marine Raumordnung verhandelt, die dritte öffentliche Beteiligungsphase läuft bis zum 25.6.2021. Nach einer finalen Ressortabstimmung soll der neue Raumordnungsplan als Verordnung durch das Bundesinnenministerium noch vor der Bundestagswahl verabschiedet werden. Eine parlamentarische Beteiligung ist nicht vorgesehen.

Die EU-Richtlinie zur maritimen Raumordnung (2014/89) sieht vor, dass in den nationalen Raumordnungspläne für die AWZs der Mitgliedsstaaten zum Erreichen des guten Umweltzustands beitragen, wie es die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (2008/56) vorsieht. Dies bestätigt die Europäische Kommission in ihrem Bericht zur Umsetzung der MSRL von 2020 und die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen:

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0259&from=EN  

https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/226/1922698.pdf

Informationen zum laufenden Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Deutschland zur mangelnden Umsetzung des Natura-2000-Schutzgebietsnetzwerks: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_21_412

 

Update vom 05.08.2021: Die Marine Raumordnung wurde am 04.08.2021 ohne Aussprache und ohne parlamentarische Beteiligung vom Bundeskabinett verabschiedet. Der NABU kritisiert das Festhalten an der Übernutzung der Meere und den Fokus auf rein wirtschaftlichen Interessen.

 

NABU-Studie zu Schiffstreibstoff: Klimaschutz mit Ammoniak

Ein großes, vollgeladenes Containerschiff liegt in einem Hafen an

© Marc Ryckaert / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Pressemitteilung, 23.06.2021, NABU

Miller: Ammoniak, ein Schiffstreibstoff mit Potenzial – und Risiken

Berlin – Seit einiger Zeit wird grüner Ammoniak neben grünem Wasserstoff und Methanol als emissionsfreier Treibstoff für die Schifffahrt diskutiert. Der NABU hat dazu beim Ökoinstitut eine Studie in Auftrag gegeben, mit der untersucht wurde, unter welchem Maßgaben Ammoniak als Treibstoff der Zukunft eine Rolle spielen kann.

Die Ergebnisse zeigen: Der Energieträger hat hohes Potential zum Klimaschutz. Aus Sicht der Luftreinhaltung ist Ammoniak empfehlenswert – unter der Voraussetzung, dass sowohl das klimaschädliche Lachgas als auch gesundheitsschädliche Stickoxidemissionen durch SCR-Katalysator eliminiert werden. Außerdem bedarf es hoher Sicherheitsvorschriften, um eine Leckage zu verhindern, denn Ammoniak ist hochgiftig.

Leif Miller, NABU Bundesgeschäftsführer: „Ammoniak als Schiffstreibstoff kann sein Klimaschutzpotenzial dann voll entfalten, wenn klimaschädliche Lachgasemissionen, die in Produktion, Transport und Verbrennung entstehen, nahezu vollständig eliminiert werden. Um dies sicherzustellen, müssen alle Treibhausgase in nationale und internationale Regulierungen und Bepreisungen aufgenommen werden. Zusätzliche muss es strenge Sicherheitsvorschriften für die Nutzung von Ammoniak als Schiffstreibstoff geben. Zwar sind Kurzzeit- und Langzeitfolgen einer Havarie durch Ammoniak weniger weitreichend, als die einer Schweröl- oder Dieselhavarie. Die Folgen für die marine Umwelt wären dennoch immens.“

Die Studie stellt weiterhin fest: Auch wenn Ammoniak nicht großflächig Anwendung als Treibstoff in der Schifffahrt finden sollte, sind Investitionen in Ammoniak-Infrastruktur keine verlorenen Investitionen. Ammoniak wird im Rahmen der Wasserstoffwirtschaft für die Dekarbonisierung anderer Sektoren eine wichtige Rolle spielen. Die zeitnahe finanzielle und gesetzliche Förderung der grünen Ammoniak-Produktion unter den notwendigen Umwelt- und Sicherheitsauflagen würde demnach in der Zukunft nicht als Fehlentscheidung für den Klimaschutz gewertet werden anders als Investitionen in LNG-Infrastruktur.

Beate Klünder, NABU-Schifffahrtsexpertin: „Auf der Suche nach dem klimaneutralen Kraftstoff der Zukunft dürfen andere Emissionen nicht aus dem Blick geraten. Wir brauchen eine strenge globale Abgasregulierung, um gesundheitsschädliche Stickoxidemissionen, die bei der Verbrennung von Ammoniak aber auch von den heute genutzten fossilen Kraftstoffen entstehen, zu reduzieren.“
Die Bundesregierung müsse sich bei der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) neben der Regulierung der Klimagase dafür einsetzen, dass auf allen Weltmeeren unverzüglich ein Stickoxidkontrollgebiet eingerichtet werde; fordert Klünder, um den Weg hin zur komplett emissionsfreien Schifffahrt zu ebenen. Eine solche Regulierung könne bei der IMO unverzüglich angestoßen werden, da dies eine bewährte Maßnahme sei, die bereits in Nord- und Ostsee und den amerikanische Küstengewässern greife.

Die vorliegende Studie ist ein erster Beitrag zur Diskussion über die Wirkung von Ammoniak als Schiffstreibstoff. Weitere wissenschaftliche Untersuchungen sind dringend erforderlich. Insbesondere belastbare Ergebnisse zu der Höhe der Lachgasemissionen sind notwendig, um Aussagen zu Emissionen über den gesamten Lebenszyklus treffen zu können, woraus sich dann konkrete Regulierungen zum Beispiel über einen Grenzwert ableiten ließen.

Hintergrund:
Die Schifffahrt ist für ungefähr drei Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation hat 2018 ihre Treibhausgasminderungsstrategie für den Schifffahrtssektor verabschiedet. Diese sieht eine Halbierung der CO2-Emissionen der Seeschifffahrt bis 2050 im Vergleich zum Jahr 2008 vor. Um mit dem 1,5-Grad-Ziel konform zu sein, müsste die internationale Seeschifffahrt eigentlich das Ziel einer vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 anstreben. Die Branche ist aktuell auf der Suche nach dem Treibstoff der Zukunft, Ammoniak wird als aussichtsreicher Kandidat geführt, da er komplett CO2-frei verbrennt, voraussichtlich am günstigsten zu produzieren ist im Vergleich zu anderen strombasierten Kraftstoffen und er bereits weltweit per Schiff in großen Mengen transportiert wird.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Inwieweit die Schifffahrt mit der Klimakrise zusammenhängt und welche Klimaschutzvorgaben der NABU von der Schifffahrt fordert, könnt ihr in unserem Klima– und Politikblog nachlesen.

 

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