Politik

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Solarpaket hebelt Diskussion zum naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergie aus

WindSeeG: Im Vordergrund ragt ein Offshore-Windrad aus dem dunklen Meer. Im Hintergrund, vor dem hellblauen Himmel, zeichnen sich weitere Windräder ab.

© Jesse De Meulenaere / Unsplash

Pressemitteilung, NABU, 23.04.2024

Solarpaket hebelt Diskussion zum naturverträglichen Ausbau der Offshore-Windenergie aus
Krüger: Stoppschild für Offshore-Paragraf 8a und Ausbau europarechtskonform gestalten

Berlin – Derzeit laufen in Bundestag und Bundesrat zwei Gesetzgebungsverfahren für den Ausbau der Offshore-Windenergie, um die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) umzusetzen. Die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) soll Offshore-Vorhaben beschleunigen, das überfällige Solarpaket die Nutzung der Sonnenenergie fördern. Beides wird nun durch das Wirtschaftsministerium vermischt, indem das Solarpaket in Paragraf 8a WindSeeG die Offshore-Vorhaben des Flächenentwicklungsplans pauschal zu Beschleunigungsflächen erklärt und damit der parlamentarischen Befassung zum WindSeeG vorgreift. In diesen Flächen drohen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung zu entfallen, selbst in ökologisch unverzichtbaren Flächen, auf Kosten von Seevögeln und Schweinswalen. Im Übrigen sieht das Solarpaket trotz eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens auch für Windenergie an Land Regelungen zu Beschleunigungsgebieten vor.

Dazu NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger:

„Unter dem Radar und unter unnötigem zeitlichem Druck sollen Tatsachen geschaffen werden. Gemäß RED III können nur Flächen, die bereits nach nationalem Recht für einen beschleunigten Ausbau vorgesehen sind, als Beschleunigungsgebiete ausgewiesen werden. Doch die gibt es auf See nicht. Erneut schießt das Wirtschaftsministerium über europäische Vorgaben hinaus und macht Energiepolitik gegen Europarecht und gegen die Natur. Ohne beschleunigende Wirkung beschneidet das Solarpaket Umweltstandards nach dem Rasenmäherprinzip und schränkt die parlamentarischen Beteiligungsmöglichkeiten massiv ein. Genug ist genug. Der Bundestag muss ein Stoppschild aufstellen und § 8a WindSeeG aus dem Solarpaket streichen.“

Selbst in nachweislich kritischen Ausbauflächen der Offshore-Windenergie soll künftig auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden, ohne die dafür notwendigen Kriterien festzulegen und die durch RED III geforderten Sensitivitätsanalysen durchzuführen. Wie riskant das ist, zeigt eine Studie des NABU zur Anwendung des Ökosystemansatzes in der Raumplanung. Auch zahlreiche Unternehmen der Windenergiebranche plädieren seit längerem aus Gründen der Rechts- und Investitionssicherheit für die Beibehaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung. Kritik kommt auch aus den Bundesländern.

„Die Hemdsärmeligkeit des Wirtschaftsministeriums leistet einen Bärendienst für die Energiewende und konterkariert demokratische Prozesse. Es ist jetzt an den Abgeordneten des Bundestags, einen transparenten Prozess mit ausreichend Zeit und Beteiligung einzufordern. Die Energiewende ist zu wichtig, um sie Aktionismus und Symbolpolitik zu opfern”, so Krüger.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Die Übernutzung unserer Meere ist keine lobenswerte Maßnahme gegen die Klimakrise, denn Klima- und Meeresschutz müssen Hand in Hand gehen. Eine ökosystembasierte Raumordnung ist unverzichtbar, um die Nord- und Ostsee langfristig gesund zu erhalten.

Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres vor Borkum

Zu sehen ist ein rot-weiß gestrichener Leuchtturm auf einer kleinen Landzunge am Rande des Wattenmeer unter einem klaren blauen Himmel.

© Detmold / Pixabay

Pressemitteilung, 18.04.2024, Deutsche Umwelthilfe (DUH)

Historisches Urteil zum Schutz des Wattenmeeres: Deutsche Umwelthilfe gewinnt Klage gegen Ölkonzern One-Dyas zum Stopp der Gasbohrungen vor Borkum

• Rechtbank Den Haag folgt Antrag der DUH, der Stadt Borkum und ihrer Partner und verkündet finales Urteil zum Stopp der Gasbohrungen vor Borkum

• Historisches Urteil für Klima- und Umweltschutz und gegen fossile Projekte: Entscheidung verhindert unwiederbringliche Zerstörung des Riffs am Bauplatz der Bohrplattform

• DUH kündigt an, nun auch gegen weitere Öl-Förderung auf der Förderplattform Mittelplate in der deutschen Nordsee rechtlich vorzugehen

Berlin/Den Haag, 18.4.2024: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Entscheidung der Rechtbank Den Haag, die geplanten Baumaßnahmen des Öl- und Gaskonzerns One-Dyas in der Nordsee sofort zu stoppen. Damit hat die DUH heute gemeinsam mit der Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland, der niederländischen NGO Mobilisation for the Environment (MOB) und der Stadt Borkum einen historischen Erfolg mit ihrer Klage gegen neue Gasbohrungen in der Nordsee erzielt. Die DUH kündigt nun auch rechtliche Schritte gegen die Ölförderung Mittelplate im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer an.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Entscheidung der Rechtbank Den Haag markiert einen Wendepunkt im Kampf für Klimaschutz und den Erhalt unserer Natur. Sie ist ein klares Signal dafür, dass der Schutz des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer und anderer sensibler Ökosysteme Vorrang hat vor kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen. Staaten und Konzerne müssen sich jetzt klar machen: Klima- und Umweltschutz sind rechtliche Verpflichtungen und kein freiwilliger Luxus. Dieses Urteil ist ein historischer Schritt für eine Nordsee frei von schmutzigen fossilen Bohrplattformen und für den endgültigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern. Damit das Realität wird, machen wir weiter Druck und leiten nun auch rechtliche Schritte gegen die Öl-Förderung auf der Förderplattform Mittelplate im Nationalpark Wattenmeer ein.“

Jürgen Akkermann
, Bürgermeister der Stadt Borkum: „Vor einigen Wochen bebte im Landkreis Diepholz zum wiederholten Male die Erde. Dadurch wurden Häuser beschädigt und die Bevölkerung verunsichert. Der Grund dafür war die nahegelegene Erdgasförderung. Für touristische Destinationen, die ausschließlich vom Tourismus und der Gesundheitsvorsorge leben, wie z.B. die ostfriesischen Inseln, wäre dies und die Belastung der Umwelt durch die Förderung verheerend. Wir freuen uns, dass mit diesem starken Signal aus Den Haag, eine wichtige Entscheidung für den Klima- und Umweltschutz, aber auch für den Küstenschutz der deutschen und niederländischen Inseln getroffen wurde.“

Bondine Kloostra, Rechtsanwältin: „Ich begrüße das Urteil ausdrücklich: Ein Teil der Genehmigung wurde für ungültig erklärt, weil die Gasbohrungen Stickstoffablagerungen in geschützter Natur verursachen. Das Gerichtsurteil unterstreicht, wie schlecht es um den Schutz der Natur in den Niederlanden bestellt ist. Es gibt noch viel zu tun, um unsere Natur und unsere Zukunft wirksam zu schützen und diesen Schutz konsequent rechtlich durchzusetzen.“

Bernd Meyerer, Sprecher der Bürgerinitiative ‚Saubere Luft Ostfriesland‘: „Zusammenarbeit zahlt sich aus! Dieser große Erfolg wurde möglich durch die grenzüberschreitende Bündelung von Engagement und Sacharbeit von vollkommen unterschiedlichen Organisationen. Sich für den Erhalt der Natur einzusetzen lohnt sich! Als nächste Schritte müssen nun die endgültige Absage der Genehmigung durch das deutsche LBEG und die Anerkennung und Unterschutzstellung der neu gefundenen Riffflächen durch die deutschen Naturschutzbehörden erfolgen.“

Stijn van Uffelen, Sprecher der niederländische NGO ‚Mobilisation for the Environment‘: „Dies ist sowohl ein Sieg für die Natur als auch für die Gerechtigkeit. Die Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft können nicht einfach so weitermachen und müssen sich wie alle anderen an die Umweltvorschriften halten. Dennoch hat diese Klage einen üblen Beigeschmack. Es ist seltsam, über ein neues Bohrloch zu diskutieren, wenn sich die Regierung zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichtet hat. Es ist uns ein Rätsel, warum neue Bohrungen noch nicht einem generellen Verbot unterliegen.“
Die DUH und die anderen Umweltorganisationen hoffen nun, dass das Urteil auch in Zukunft zu einem verstärkten Schutz der Nordsee, anderer Meeresgebiete und dem Einhalten von Klimazielen beiträgt.

Hintergrund

Mit einer neuen Förderplattform wollte One-Dyas ein Gasfeld in der Nordsee erschließen, das zur Hälfte in der niederländischen und zur Hälfte in der deutschen Nordsee liegt. Die Plattform liegt knapp 500 Meter vor der deutschen Seegrenze und in unmittelbarer Nähe des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer sowie mehrerer Natura-2000-Gebiete. Umweltverbände warnen, dass die Erdgasförderung im sensiblen Ökosystem Wattenmeer den Erhalt der Artenvielfalt gefährdet und den Klimazielen zuwiderläuft. Auch die Insel Borkum ist konkret bedroht. Die geringen jährlichen Fördermengen tragen selbst bei besten Förderbedingungen nicht mehr als 0,7 Prozent zum deutschen Erdgasverbrauch bei. Diesem Betrag stehen drohende CO2-Emissionen von bis zu 65 Millionen Tonnen gegenüber, wenn der Konzern seine Förderpläne in der Region umsetzt.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Dieses historische Urteil ist nicht die erste erfolgreiche Klage der DUH gegen die Gasbohrungen vor Borkum. Warum die Förderung von Erdöl und -gas so gefährlich ist, und wie sich DEEPWAVE dazu positioniert, könnt ihr hier nachlesen.

EU-Parlament schwenkt beim Meeresschutz um

Senkrechte EU Flagge vor bewölktem Himmel. Die EU führt eine Gemeinsamen Fischereipolitik

© Sara Kurfeß / Unsplash

Pressemitteilung, WWF, 18.01.2024

WWF: “Politik muss Gräben zwischen Fischerei, Klima- und Meeresschutz überbrücken“

Straßburg/Hamburg, 18.01.2024: Ginge es nach dem EU-Parlament, würde der Meeresschutz auf EU-Ebene ins Abseits geraten, warnt der WWF Deutschland. „Anstatt sich für eine nachhaltige Fischerei und die Erholung der Meere einzusetzen, versucht das Europäische Parlament, die Transformation zu einer schonenden und fairen Fischerei sowie die Umsetzung des europäischen Green Deal zu verwässern und zu verlangsamen“, kritisiert Stella Nemecky, Expertin für Fischereipolitik beim WWF Deutschland. „Doch intakte Ökosysteme in den Meeren sind unsere wichtigsten Verbündeten zur Bewältigung der Klimakrise – dem müssen die politischen Regelwerke Rechnung tragen“. Anlass für die Kritik ist die heute angenommene Position des EU-Parlaments, mit der die Abgeordneten Stellung zu progressiven Vorschlägen der EU-Kommission für besseren Schutz der Meere und umweltverträglichere Fischerei beziehen.

Bezogen auf den Aktionsplan Meeresschutz der Kommission („Marine Action Plan“) greift das Parlament zwar viele Bedenken der Kommission hinsichtlich des schlechten Zustands der Meere auf, weist aber die meisten Lösungsvorschläge zurück. Im Widerspruch zu seinem früheren Standpunkt, appelliert das Parlament an die EU-Mitgliedsstaaten schädliche Grundschleppnetze, die den Meeresboden zerstören, auch in diesen Schutzzonen nicht zu verbieten. Auch der Schutz empfindlicher Arten kommt viel zu kurz.

Das Parlament hat auch eine umfassende Vision über die Zukunft der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU angenommen. Das selbst gestecktes Ziel, die Überfischung bis 2020 zu beenden, hat die EU weit verfehlt. Angesichts dieses Versagens schlägt der Parlamentsbericht vor, die nötigen Instrumente dafür schlicht ganz abzuschaffen, etwa die Anlandepflicht, die verschwenderische Rückwürfe von Fisch und Meerestieren verhindern soll und ebenso das Fischereiprinzip des „maximalen Dauerertrags“, das notwendige Bestandgröße sichern soll. Dies sei eine beschämende Kehrtwende des Parlaments so der WWF.

In einem Punkt trifft das Europäische Parlament jedoch den Nagel auf den Kopf: Es ist an der Zeit, dass die EU einen übergreifenden Rechtsrahmen für alle „blauen“ Meerespolitiken schafft, um die Inkohärenz zwischen Naturschutz-, Fischerei- und Klimagesetzen endlich zu beseitigen. „Die europäischen Meeresökosysteme sind stark geschädigt. Um Jahrzehnte umweltschädlicher Fischereipraxis parallel zur Klima- und Naturkrise zu bewältigen, ist eine Politik erforderlich, die diese Lücke schließt. Mit Blick auf Nord- und Ostsee hat auch die Bundesregierung hier noch viel Arbeit vor sich,“, sagt Stella Nemecky. „Die Transformation zu einer nachhaltigen Fischerei steht nicht im Widerspruch zu sozialen oder Umweltzielen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Unseren lokalen Fischbeständen geht es alles andere als gut. Trotzdem sind auch die für dieses Jahr beschlossene Fangquoten für die Nord– und Ostsee weitestgehend unzureichend und tragen weiterhin zur Überfischung wichtiger Bestände bei. Es bedarf einer Überarbeitung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU.

LNG-Pläne für Rügen: Umweltverbände schlagen Alarm

In der Entfernung ein einzelnes Schiff auf dem Wasser mit "LNG" auf dem Rumpf geschrieben. Im Horizont lässt sich Rügen ausmachen.

© Daniel Schuh / Unsplash

Pressemitteilung, 16.01.2024, WWF

„Wachsende ökologische Schäden und Verfahrensfehler“

Die Umweltverbände BUND M-V, Deutsche Umwelthilfe (DUH), NABU M-V und das WWF-Büro Ostsee schlagen Alarm, weil durch die Aufnahme des Standortes Mukran in das LNG-Beschleunigungsgesetz und die Zerstückelung des Projekts in zehn einzelne Genehmigungsverfahren wesentliche Umweltvorgaben ausgehebelt werden. Ein heute veröffentlichtes Verbändepapier belegt, dass die ökologischen Folgen des geplanten LNG-Terminals vor Rügen immer gravierender werden, während der Nutzen schwindet. So ist inzwischen klar, dass das Terminal für die Energieversorgung in diesem Winter irrelevant ist. Zudem sind die Genehmigungsverfahren intransparent und fehlerhaft. Die Verbände fordern Bundesminister Habeck und Landesminister Backhaus deswegen auf, das LNG-Vorhaben auf Rügen endgültig zu stoppen und das LNG-Beschleunigungsgesetz mit Blick auf die beruhigte Erdgasversorgungslage außer Kraft zu setzen.

Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND M-V: „Das LNG-Beschleunigungsgesetz hebelt de facto Naturschutz aus, selbst wenn es um Schutzgebiete europäischen Ranges und vom Aussterben bedrohte Arten geht. Die aktuelle Verlängerung der Bauzeitenregelung ist fachlich und politisch ein Skandal. Gerade läuft ein weiteres Schnellverfahren für den Betrieb der zwei Regasifizierungsschiffe im Hafenbecken von Mukran. Deren Betrieb muss mit tausenden Kubikmetern Meerwasser gekühlt werden. Die Dimensionen sind gigantisch: Pro Stunde wird ein Wasserwürfel in der Größe von bis zu zwanzig Einfamilienhäusern angesaugt. Dabei werden große Mengen an Kleinstlebewesen im Ostseewasser angesaugt und gegebenenfalls erhitzt, die u.a. Fischen als Nahrung dienen. Dies soll über viele Jahre erfolgen. Ein angemessener Ausgleich für die Natur ist bisher nicht vorgesehen. Die Landesregierung muss diese Art der beschleunigten Genehmigungspraxis sofort einstellen.“

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH: „Die Missachtung des Meeresschutzes beim LNG-Terminal Rügen ist skandalös. Mit der Genehmigung für Baggerarbeiten an der Anbindungspipeline in der Laichzeit mitten im wichtigsten Laichgebiet der Heringe hat das Bergamt Stralsund den Bogen nun überspannt! Mit unserem Eilantrag beim Bundesverwaltungsgericht haben wir erreicht, dass Gascade die Arbeiten vorläufig gestoppt hat. Das Bergamt, aber auch die Minister Backhaus und Habeck müssen diesen Baustopp nun zum Anlass nehmen, das Projekt neu zu bewerten. Dabei muss endlich auch berücksichtigt werden, dass die Erdgasversorgung auch ohne dieses zerstörerische Projekt gesichert ist.“

Dr. Rica Münchberger, Landesgeschäftsführerin NABU M-V: „Das so gefeierte Deutschlandtempo hat bisher nur dazu geführt, Natur zu zerstören. Ohne Not, ohne Bedarf wird die Nutzung fossiler Energieträger auf Jahrzehnte weiter zementiert auf Kosten sensibler Ökosysteme sowie auf Kosten des Klimas und unter Abbau zivilgesellschaftlicher Beteiligungsmöglichkeiten.“

Dr. Finn Viehberg, Leiter WWF-Büro Ostsee: „Die Verlegung der Nord-Stream-Pipelines und der Stromkabel haben die Riffe im Greifswalder Bodden bereits geschädigt. Die aktuellen Baumaßnahmen für die LNG-Pipeline verstärken den Schaden erheblich. Unter Schutz gestellte Tier- und Pflanzenarten leiden konstant unter den Eingriffen. Für jede einzelne Baumaßnahme wurden Ausnahmen von Naturschutzvorgaben genehmigt, ohne eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die bei diesen Eingriffen Standard wäre. Als Ergebnis ist nun das Laichgebiet des Herings im Greifswalder Bodden gefährdet, Aale und Störe werden durch nach wie vor andauernde Arbeiten bei ihrer Wanderung durch die Schutzgebiete gestört. Wintervögel kommen in ihren Rastgebieten nicht zur Ruhe und die Seegraswiesen sind durch die Aufwirbelung von Sediment und Nährstoffen bedroht. Landes- und Bundespolitik haben sich Umweltschutz und Klimaschutz auf die Fahne geschrieben und tun stattdessen hier vor unserer Haustür alles, um ihn zu untergraben.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Dass LNG auch beim Klimaschutz keine Lösung ist, ist schon lange bekannt. Bereits im letzten Jahr kam es zu einem Rechtsstreit zum LNG-Vorhaben vor Rügen.

Zukunft der Ostseefischerei: Leitbildkommission beendet Arbeit

Fischerboot in der Ostsee bei Heiligenhafen

© Michael Held / Unsplash

Pressemitteilung, 18.12.2023, gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DUH, NABU und WWF

Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei schließt Arbeit ab

Beteiligte Umweltverbände: „Vereinbarte Maßnahmen schnell umsetzen“ / Fischerei kommt künftig aktivere Rolle im Meeresschutz zu

Berlin – Heute endet in Berlin die Arbeit der „Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei“. Sie war beauftragt, im Spannungsfeld zwischen einem bedrohten Ökosystem und den Existenzsorgen der Fischerei Maßnahmenempfehlungen für die Transformation der Ostseefischerei zu erarbeiten. Die Verbände BUND, DUH, NABU und WWF vertraten in der Kommission den Umwelt- und Naturschutzsektor. Aus Verbändesicht bleibt als positives Ergebnis, dass die Fischerei künftig eine aktivere Rolle im Meeresnaturschutz übernehmen und das Fischereimanagement stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtet werden soll. Auch nach Einigung auf einen Abschlussbericht betonen die Verbände, dass die Erholung der Fischpopulationen und damit der Fischerei grundsätzlich auf der Erholung der Meeresumwelt basiert. Aufgrund des dramatisch schlechten ökologischen Zustands der Ostsee und den zusammengebrochenen Populationen von Dorsch und Hering besteht dringender Handlungsbedarf.

Jetzt komme es darauf an, wie effektiv und wie schnell die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden. Für den Meeresnaturschutz ist es gelungen, das Bekenntnis zum Ökosystemansatz im Fischereimanagement im Bericht zu verankern. Auch die nationale Verteilung von Fangquoten soll überprüft/reformiert werden, um in Zukunft ökologische und soziale Kriterien einzubeziehen, anstatt bisher ausschließlich die historische Teilhabe. Der Fischerei wird bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Arten und Lebensräumen der Ostsee eine aktivere Rolle als bisher zugeschrieben.

„Seit Jahren ist es offensichtlich, dass sich die Ostseefischerei wandeln muss. Um dem Fischereisektor dabei zu helfen, muss er sich aktiver beteiligen und auch die eigene Verantwortung für den schlechten Zustand der Fischpopulationen und des Ökosystems anerkennen“, so BUND, DUH, NABU und WWF.

Darüber hinaus verweist der Bericht klar auf die EU-Biodiversitätsstrategie, nach der zehn Prozent der deutschen Meeresfläche in Ost- und Nordsee anhand ökologischer Kriterien identifiziert und bis zum Jahr 2030 unter strengen Schutz gestellt werden müssen. “Das sind Errungenschaften, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen. Im nächsten Jahr wird aus der Leitbildkommission Ostseefischerei die Zukunftskommission Fischerei für Nord- und Ostsee. Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse dort als Ausgangspunkt genommen und nicht in Frage gestellt werden”, betonen die Verbände.

Für die Zukunftskommission sehen die vier Umweltverbände vor allem das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium in der Pflicht. Das BMEL müsse die Ansätze der Fischerei zur kritischen Selbstreflexion unterstützen, die Diskussionen zur Fischereipolitik im Lichte europäischer Verpflichtungen zum Meeresnaturschutz fortsetzen und die Erkenntnisse aus dem Prozess der Leitbildkommission konstruktiv nutzen.

„Die Bedürfnisse für Umwelt, Mensch und Fischerei sind klar, die Gesprächsbereitschaft ist gegeben und die Instrumente sind bekannt, jetzt muss die Politik die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Transformation stattfinden kann.“ Mit diesem Appell der Umweltverbände wird heute der Endbericht an die zuständige Staatssekretärin des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, Silvia Bender, übergeben.

Hintergrund:

Die Leitbildkommission war vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung eingesetzt und hatte den Auftrag, in einem partizipativen Prozess ein Leitbild zu erarbeiten, wie die Zukunft der deutschen Ostseefischerei aussehen sollte. Entsprechend des partizipativen Ansatzes waren Vertreter*innen der Umwelt- und Fischereiverbände, der Wissenschaft, Verwaltung und der Gesellschaft Teil der Kommission. Das insgesamt 30-köpfige Gremium arbeitete seit November 2022 und traf zu insgesamt zehn Präsenzsitzungen zusammen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Die Ostsee wird durch Übernutzung, Eutrophierung und Überfischung stark belastet, selbst in Meeresschutzgebieten. So kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe die deutschen Ostsee-Fangquoten als unzureichend. Laut NABU müssten die mindestens die Hälfte der Schutzgebiete in Nord- und Ostsee nutzungsfrei werden, um das Artensterben und den Lebensraumverlust in unseren Meeren aufzuhalten.

 

DUH kritisiert beschlossene Nordsee-Fangquoten der EU

Schwarm Heringe in der Nordsee

© Fengyou Wan / Unsplash

Pressemitteilung, 12.12.2023, Pressemitteilung DUH

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  • Fangquoten-Beschlüsse der EU reichen nicht aus, um wichtige Populationen wie Nordseehering und Nordseekabeljau zu schützen
  • EU-Kommission will gesetzliche Anordnung von Fangstopps abschaffen: DUH fordert EU-Parlament auf, Änderung der Bewirtschaftungspläne zu verhindern
  • DUH fordert ökosystembasiertes Fischereimanagement mit deutlich niedrigeren Fangmengen, wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und selektivere Fanggeräte

Berlin, 12.12.2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute veröffentlichten Nordsee-Fangquoten der EU für 2024 als völlig unzureichend für den Schutz wichtiger Fischpopulationen. Die EU-Ministerinnen und -minister verpassen damit erneut die Chance, die kurzsichtige Fischereipolitik auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen. Besonders alarmierend ist außerdem der überraschende Vorschlag der EU-Kommission zur Streichung einer wichtigen Schutzklausel in den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen. Demnach soll die gesetzliche Anordnung von Fangstopps für bedrohte Populationen in der gemeinsamen Fischereipolitik ersatzlos gestrichen werden.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Weil die EU seit Jahren miserable Fischereipolitik betreibt, will sich die Kommission nun mit der Streichung des gesetzlich vorgesehenen Fangstopps für bedrohte Populationen aus der Verantwortung ziehen. Die Regel wurde bereits bei den Ostseefangquoten im Oktober gebrochen, jetzt soll sie kurzerhand ganz abgeschafft werden. Die Folgen wären katastrophal für Fischpopulationen, die ohnehin bereits kurz vor dem Kollaps stehen. Hätte die EU-Kommission Erfolg mit ihrem Vorschlag, wäre dies ein Offenbarungseid für die EU, die eigentlich bis zum Jahr 2020 die Überfischung beenden wollte. Die EU muss aufhören, kurzfristige Profite über die langfristige Stabilität des Ökosystems zu stellen. Wir rufen das EU-Parlament dazu auf, die Streichung der Schutzklausel nicht zuzulassen.

Bei den diesjährigen Verhandlungen haben die EU-Fischereiministerinnen und -minister einmal mehr unzureichende Fangquoten beschlossen. Nordseehering- und Kabeljau sind für die deutsche Fischerei besonders wichtig. Die Quote für Nordseekabeljau liegt deutlich über der wissenschaftlichen Empfehlung. Dies ist kritisch, da diese Quote verschiedene Sub-Populationen zusammenfasst, von denen die südliche Population vor der deutschen Küste besonders gefährdet ist. Die Quote für den Nordseehering liegt zwar unter der wissenschaftlichen Empfehlung, aber auch hier wurde die Vermischung mit einer stark dezimierten Heringspopulation aus der Ostsee nicht ausreichend berücksichtigt.

Katja Hockun, DUH-Meeresschutzexpertin: „Die heutigen Beschlüsse sind enttäuschend, denn sie zeigen, dass die Prinzipien des ökosystembasierten Fischereimanagements immer noch nicht konsequent angewandt werden. Die Fangmengen für viele Populationen liegen über wissenschaftlichen Empfehlungen, außerdem wurden Nahrungsnetzbeziehungen und der Druck der Klimakrise nur unzureichend berücksichtigt. Wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und zur Vermeidung von Beifang bleiben aus. Das sind schlechte Nachrichten sowohl für die Nordsee als auch für die Fischerei, denn beide brauchen gesunde Fischpopulationen.

Hintergrund:

Die EU Kommission hat am 7. Dezember 2023 vorgeschlagen, Artikel 4.6 aus den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen für Nord- und Ostsee zu streichen: Dieser Klausel nach sollen Fangquoten in jedem Fall so festgesetzt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Populationsgröße unter einen kritischen Grenzwert („Blim“) fällt, weniger als 5 Prozent beträgt.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Nicht nur die Nordsee-, sondern auch die Ostsee-Fangquoten sind laut Deutscher Umwelthilfe unzureichend. Die europäische und deutsche Fischereipolitik braucht einen Neuanfang, welcher auf einem ökosystembasierten Ansatz aufgebaut ist und veraltete, rein wirtschaftlich orientierte Denkweisen ersetzt.

Endlich Klimaschutz auf See in Sicht

Fähre und Containerschiff auf dem Meer mit Wald im Hintergrund

© Vidar Nordli-Mathisen / Unsplash

Pressemitteilung, 11.12.2023, Pressemitteilung NABU

Endlich Klimaschutz auf See in Sicht

2023 könnte Wendepunkt für Schifffahrtsbranche sein

Berlin – Neue Beschlüsse der EU und der UN-Schifffahrtsorganisation (IMO) könnten die Schifffahrt endlich auf einen Kurs Richtung Klimaschutz bringen. Schon ab Jahreswechsel muss für den CO2-Ausstoß gezahlt werden. Die Branche könnte so vom Nachzügler zum Vorreiter der Transformation werden. Das ist auch dringend nötig, denn etwa drei Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen werden von der Schifffahrt verursacht. Wäre sie ein Staat, stünde sie ganz oben unter den Klimasündern, noch vor Deutschland. Das könnte sich jetzt ändern.

Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer: „Endlich kommt Bewegung in die Schifffahrt: Mit dem CO2-Preis, neuen Standards für Treibstoffe und Effizienz, sowie der Verpflichtung für Kreuzfahrtschiffe, die dreckigen Motoren im Hafen zu stoppen und stattdessen grünen Strom von Land zu beziehen, sind die Weichen endlich gestellt. Die Maßnahmen greifen leider noch nicht für alle Schiffe und müssen deutlich nachgeschärft werden, um das 1,5-Grad-Ziel in erreichbare Nähe zu rücken, aber der Anfang ist gemacht. Die Branche nimmt wie gewöhnlich den Weg des geringsten Widerstands. Erst wenn die Politik Grenzen zieht, werden nicht weiter hohe Profite zulasten von Natur und zukünftigen Generationen eingefahren.

Die Weltmeere sind bisher in vieler Hinsicht ein rechtsfreier Raum, die Schifffahrt setzt auf den dreckigsten aller Treibstoffe, das giftige, aber billige Schweröl. 2023 hat die IMO (International Maritime Organization), eine Untergruppe der UN, eine Strategie zur klimafreundlicheren Schifffahrt verabschiedet, und die EU hat das Klimaschutzprogramm „Fit for 55“ mit ambitionierten Vorgaben für die Schifffahrt beschlossen. Auch in Deutschland beginnt endlich die Arbeit an einem Nationalen Aktionsplan Klimafreundliche Schifffahrt, wie es der NABU gefordert hat.

Sönke Diesener, NABU-Schifffahrtsexperte: „Wir müssen endlich rein in die sauberen Treibstoffe. Nur durch den vollständigen Ausstieg aus der Nutzung klimaschädlicher, fossiler Treibstoffe wie Schweröl und LNG kann die Schifffahrt Kurs auf Einhaltung der Pariser Klimaziele nehmen. Die EU geht voran, aber auch global ist die Einführung eines CO2-Preises dringend notwendig. Zum Glück steht dies schon beim nächsten Treffen der IMO auf der Agenda. Wenn die Regulierung 2024 so große Schritte macht, wie in diesem Jahr, blicken wir endlich vorsichtig optimistisch auf eine Branche, in der Klimaschutz noch vor wenigen Jahren ein Fremdwort zu sein schien. Der Rahmen steht, er muss nun mit Technologie, Ehrgeiz und Investitionen gefüllt werden.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

2018 hat die europäische Schifffahrt 139 Millionen Tonnen CO2 emittiert – fast so viel wie Braunkohlewerke. Die Beschlüsse der EU sind ein Schritt in die richtige Richtung, trotzdem bedarf es noch weiterer Verbesserungen. So warnen auch Umweltverbände vor dem Ausbau der LNG-Technologie, welche häufig fälschlicherweise als umweltfreundlich beworben wird. Emissionen von Treibhausgasen und Methanlecks entlang der gesamten Lieferkette sind bedeutende Quellen für Umweltbelastungen und tragen zur Klimaerwärmung bei.

Verhandlungen gegen die Plastikflut starten

Zero Draft: Ein Müll gefüllter Sack auf einem mit Plastik vermüllten Strand.

© TheDigitalArtist / Pixabay

Pressemitteilung, 12.11.2023, WWF

WWF: „Abkommen muss rechtsverbindlich sein, Verbote besonders schädlicher Kunststoffprodukte umfassen und die Verursacher in die Pflicht nehmen“

Am Montag beginnt in Nairobi die dritte von fünf Verhandlungsrunden zur Ausarbeitung eines UN-Abkommens gegen Plastikverschmutzung (INC-3). Erstmals verhandeln die Staaten über einen konkreten Text, den sogenannten „Zero Draft“.  Für ein wirksames Plastikabkommen fordert der WWF Kunststoffprodukte mit hohem Verschmutzungsrisiko sowie besonders problematische oder toxische Polymere und Chemikalien zu verbieten, oder ihre Produktion auslaufen zu lassen.

Florian Titze, Senior Policy Advisor beim WWF Deutschland, verfolgt die Verhandlungen vor Ort und sagt: „In Nairobi müssen die Staaten zeigen, wie ernst sie es mit dem Ende der Plastikverschmutzung meinen. Der Schlüssel für ein wirksames Abkommen sind verbindliche Regeln, die weltweit gelten und auch klare Verbote für problematische Kunststoffe wie Wegwerfprodukte und Mikroplastik umfassen. Auch verbindliche Regeln für die Produktgestaltung, die die Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern und zu einer Kreislaufwirtschaft führen, sind unbedingt nötig. Sich auf nationale oder freiwillige Einzelmaßnahmen zu verlassen wäre unwirksam und hat uns in die Sackgasse eines ungerechten Plastik-Systems geführt: Plastikmüll verschmutzt den gesamten Planeten und gerade die ärmeren Staaten zahlen den höchsten Preis für den globalen Überkonsum von Plastik.“

Zudem fordert der WWF die Produktion und Marktnachfrage nach Neu-Plastik zu senken, beispielsweise indem man obligatorische Steuern für primäre Kunststoffpolymere erhebt und die Kunststoffproduktion nicht länger subventioniert. Um Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Plastikflut und dem Aufbau von Abfall-Infrastruktur zu unterstützen, müssen im Abkommen faire Finanzierungsmechanismen vereinbart werden. „Die Plastikkrise verursacht immense Kosten für die Umwelt, die Gesundheit und die Wirtschaft. Finanzielle Investitionen in eine globale Gesellschaft ohne Plastikmüll sollten deshalb nicht als Kosten betrachtet werden, sondern als zukünftige Einsparung der immensen Ausgaben, die durch die wachsende Plastikverschmutzung in der Welt anfallen. Das Plastiksystem ist kaputt und lässt sich nur mit einer globalen Lösung transformieren. Die Länder müssen jetzt vor allem Fortschritte im Text machen. Verzögerungstaktiken oder einen Stillstand der Verhandlungen können wir uns nicht leisten“, so Titze weiter. Einige erdölproduzierende Länder hatten in der Vergangenheit für Verzug gesorgt und versuchen ein verbindliches Abkommen zu verhindern. Dem gegenüber stehen Befürworter eines starken Abkommens, zu denen Deutschland und die EU sowie afrikanische Staaten wie Ruanda und Senegal zählen.

Der WWF hat im Vorfeld der Verhandlungsrunde einen Report veröffentlicht, der die strukturelle Ungerechtigkeit in der Plastik-Wertschöpfungskette aufzeigt. Demnach sind die Kosten von Plastikverschmutzung in ärmeren Ländern bis zu zehn Mal höher als in reichen Ländern. Verbindliche Regeln, die weltweit die Verursacher stärker in die Pflicht nehmen, können das System gerechter machen und die Umweltverschmutzung eindämmen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

 

Update: Pressemitteilung, 19.11.2023, WWF

Auf der Stelle getreten

WWF: „Abkommen muss rechtsverbindlich sein, Verbote besonders schädlicher Kunststoffprodukte umfassen und die Verursacher in die Pflicht nehmen“

Heute Abend endete in Nairobi die dritte von fünf Verhandlungsrunden zur Ausarbeitung eines UN-Abkommens gegen Plastikverschmutzung. Der WWF Deutschland zeigt sich enttäuscht und bemängelt viel verlorene Zeit. Florian Titze, Senior Policy Advisor des WWF Deutschland, sagt:

„In Nairobi zeigten sich die langsamen Mühlen der internationalen Umweltdiplomatie: Fortschritte am Abkommenstext dürfen nicht zu Lasten des Ambitionsniveaus gehen. Will man sich auf beiden Ebenen bewegen, ist das eine Gratwanderung in Trippelschritten – diese Woche wurde jedoch so wenig erreicht, dass sich das Treffen vor Ort kaum gelohnt hat. Die Bremsmanöver und der Widerstand von ölproduzierenden Staaten wie Saudi-Arabien, Russland und Iran haben viel Zeit gekostet und die Verhandlungen beinahe vollständig zum Stillstand gebracht. Kritisch ist, dass in den kommenden Runden viel verlorene Zeit aufgeholt werden muss und eine große Schippe mehr politischer Wille nötig ist: Es konnte weder ein Mandat erteilt werden, zwischen den Verhandlungsrunden politisch am Text weiterzuarbeiten, noch für technische Arbeitsgruppen zur wissenschaftlichen Basis des Abkommens. Beides wäre dringend nötig, um den Zeitplan sicher zu halten. Zumindest ist es gelungen, inhaltliche Rückschritte zu verhindern, das hat Nairobi vor einem völligen Scheitern bewahrt.  Die Mehrheit der Staaten hat verteidigt, dass das Abkommen den gesamten Lebenszyklus von Plastik inklusive der Produktion umfassen muss, statt nur Fragen von Abfallentsorgung und -aufbereitung. In wichtigen Fragen hat sich die Entschlossenheit vieler Staaten bestätigt. Ein wirksames Abkommen braucht klare Verbote für problematische Kunststoffe wie Wegwerfprodukte und Mikroplastik. Zusätzlich müssen Regeln für die Produktgestaltung, die die Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern und zu einer Kreislaufwirtschaft führen, festgeschrieben werden. Es liegen noch alle wichtigen Aspekte für ein ambitioniertes Abkommen auf dem Verhandlungstisch und erhalten teils großen Zuspruch, trotz der Opposition einer kleinen Gruppe lautstarker Staaten, die aktiv an der Verhinderung ambitionierter Lösungen arbeiten. Jetzt müssen die Verhandler:innen aller progressiven Länder die Zwischenzeit nutzen, um auf informellem Wege mehr Einigkeit und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. In der nächsten Verhandlungsrunde in Ottawa sind mehr Wille, mehr Tempo und eine gemeinsame Stimme nötig, um die Verhandlungen voranzutreiben. Rückschritte beim Inhalt und weitere Verzögerungen darf es nicht geben sonst ist der Zeitplan bis 2025 nicht mehr zu halten.  Die Bundesregierung ist aufgerufen, ihre progressive Rolle in den Verhandlungen zu untermauern, jede Möglichkeit für weiteren Fortschritt zu ergreifen und zusätzliche Verhandlungstreffen auch finanziell zu unterstützen.  Denn die Plastikkrise pausiert nicht: Schätzungsweise 35 Millionen Tonnen Plastik werden zusätzlich in den Ozean gelangen, während der zwei Jahre vom Beginn der Verhandlungen bis zu ihrem geplanten Ende. Weitere Verzögerungen können wir uns angesichts der zunehmenden Plastikflut nicht leisten.“

Diese Pressemitteilung findet ihr ebenfalls beim WWF.

Bereits im September hat der WWF rechtlich bindende Maßnahmen, globale Solidarität und ausreichende Finanzierung zum „Zero Draft“ gefordert. Und nicht nur die UN, sondern auch die EU bleibt zu zaghaft beim Kampf gegen die Plastikflut.

Verzögerungen bei LNG-Projekt vor Rügen

LNG-Tanker auf hoher See

© CarletonLiisa / Wikimedia Commons

Pressemitteilung, 3.11.2023, DUH

Neue Recherchen belegen Verzögerungen bei LNG-Projekt vor Rügen: Behörden halten Inbetriebnahme des Terminals im Winter für unwahrscheinlich

  • DUH-Auswertung interner Dokumente belegt, dass weder Genehmigungsbehörden noch Betreiber mit einer Inbetriebnahme des LNG-Terminals Rügen im Winter rechnen
  • Entgegen der Behauptung der Bundesregierung wird das Terminal demnach keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit im Winter leisten können
  • Damit entfällt auch die Notwendigkeit einer beschleunigten Genehmigung und die Anwendbarkeit des LNG-Beschleunigungsgesetzes
  • DUH fordert, laufende Bauarbeiten an der Anschlusspipeline sofort zu stoppen und reguläres Genehmigungsverfahren durchzuführen

Berlin, 3.11.2023: Weder die zuständigen Genehmigungsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern noch die Betreiberfirmen Regas und Gascade rechnen offenbar mit einer Inbetriebnahme des geplanten LNG-Terminals Mukran auf Rügen im anstehenden Winter. Dies geht aus Unterlagen hervor, die die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ausgewertet hat. Dass das Terminal entgegen der Behauptungen von Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur im Winter offenkundig noch keinen Beitrag zur Energieversorgung leisten kann, hat weitreichende Konsequenzen für das fossile Großprojekt: Die Durchführung des verkürzten Verfahrens nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz wäre damit gesetzeswidrig. Die DUH fordert daher erneut, die Bauarbeiten an der Pipeline sofort zu stoppen und ein reguläres Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Akten sprechen eine klare Sprache: Im Grunde rechnet niemand mit der Inbetriebnahme des LNG-Terminals bis zum Winter. Trotzdem verkündet die Bundesregieung stoisch völlig unrealistische Zeitpläne. Der Grund ist offensichtlich: Würde die Verzögerung eingestanden, dürften Terminal und Pipeline nicht nach den Regeln des LNG-Beschleunigungsgesetzes ohne Umweltverträglichkeitsprüfung zugelassen werden. Mit Umweltprüfung aber würden die dramatischen Umweltzerstörungen erst recht sichtbar und das Terminal und die Pipeline wären nicht genehmigungsfähig. Wir fordern, dass sich Bundesregierung und Betreiber endlich ehrlich machen, aufhören zu tricksen und sich einer regulären Prüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung stellen. Der laufende Bau an der Anbindungspipeline muss bis zum Abschluss einer Prüfung eingestellt werden.“

Aus einer Reihe jetzt bekannt gewordener und von der DUH ausgewerteter Dokumente geht deutlich hervor, das sich die aktuellen Bauarbeiten bereits in Verzug befinden. Eine Inbetriebnahme könnte sich auch über den Winter hinaus noch über Monate hinauszögern. Aufgrund der Laichzeit des gefährdeten Ostseeherings sowie der Vogelrast sind Arbeiten an der Anschlusspipeline von Januar bis Mai zudem ausgeschlossen.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Der Blick hinter die Kulissen zeigt eine offenbar dramatische Lage: Längst sind die Pläne aufgegeben worden, noch im anstehenden Winter das LNG-Terminal in Mukran in Betrieb zu nehmen. Die beteiligten Firmen hinken ihren eigenen Zeitplänen hinterher, die schon ursprünglich vom Bergamt für ‚unwahrscheinlich‘ gehalten wurden. Konsequenterweise soll das Terminalschiff Neptune schon gar nicht mehr im Winter nach Mukran verlegt werden. Es wird ganz deutlich: Mit Versorgungssicherheit im nächsten Winter hat dieses Projekt rein gar nichts zu tun. Anstatt hier weiter den Erfüllungsgehilfen für die profitorienterte Regas zu spielen, sollten Bundesregierung und Behörden endlich den Tatsachen ins Auge sehen und dieses unnötige Terminal absagen.“

Hintergrund:

Das Bergamt Stralsund konstatiert in einem Schreiben vom 19. Juni 2023 an das Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern eine „unwahrscheinliche Fertigstellung des Leitungsbaus bis Jahresende 2023!“ Aus dem Schreiben geht weiter hervor, dass die Baggerarbeiten für den zweiten Seeabschnitt bereits jetzt um mindestens einen Monat verzögert sind. Wird die Anschlussleitung jedoch nicht bis zum Jahresende fertiggestellt, können die Arbeiten im Zeitraum vom 1. Januar bis 15. Mai wegen der Laichzeit des gefährdeten Ostseeherings sowie der Vogelrastzeit nicht fortgesetzt werden. Weiterbau und Inbetriebnahme wären damit überhaupt erst nach dem 15. Mai 2024 möglich.

Im Erläuterungsbericht von Gascade, dem Vorhabenträger beim Bau der Anbindungspipeline, heißt es: „Das Ende sämtlicher Baggerarbeiten ist für Mitte September 2023 zu erwarten.“ Dies ist Teil einer „Basisplanung“, die eine Fertigstellung der Pipeline bis Jahresende gewährleisten soll. Tatsächlich sind bis Anfang November die Baggerarbeiten noch nicht annähernd abgeschlossen. Die Verzögerung liegt bereits bei mehr als acht Wochen.

Während Vorhabensträger Gascade laut Schreiben des Bergamts Stralsund vom 19. Juni 2023 die Zulassung eines vorzeitigen Baubeginns für den zweiten Seeabschnitt der Anbindungspipeline für den 1. September 2023 erbeten hatte, wurde dieser erst rund einen Monat später am 29. September gewährt. Auch dies bedeutet eine weitere Verzögerung, die die Fertigstellung bis Ende des Jahres in Frage stellt.

Aus einem Besprechungsprotokoll des Ministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Juni 2023 geht hervor, dass das LNG-Terminalschilff Neptune der Betreiberfirma Regas bis April 2024 „zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit“ an seinem bisherigen Standort im Industriehafen Lubmin verbleiben soll. In einem weiteren Protokoll des Ministeriums vom 27. Juni 2023 wird dies bestätigt. Demnach soll die Neptune sogar erst im Juli 2024 nach Mukran verlegt werden. Dass Regas die Neptune im Winter ohnehin nicht nach Mukran verlegen möchte, legt nahe, dass die Betreiberfirma selbst nicht an die Fertigstellung des Terminals im Winter glaubt.

Aus einer Pressemitteilung der Betreiberfirma Regas vom 12. Oktober 2023 geht hervor, dass Kapazitäten des LNG-Terminals Mukran „ab April 2024“ genutzt werden können. Dies bezieht sich vermutlich auf das zweite LNG-Terminalschiff „Transgas Power“, das von der Bundesregierung gechartert wurde, jedoch von Regas in Mukran betrieben werden soll.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

HELCOM-Bericht zeigt, wie schlecht es der Ostsee geht

Fünf Möwen stehen im seichten Wasser an einem Strand der Ostsee.

© MandrillArt / Pixabay

Pressemitteilung, NABU, 31.10.2023

HELCOM-Bericht zeigt, wie schlecht es der Ostsee geht
Krüger: Nationalpark ist essenziell für Ostseeschutz

Berlin – Der heute veröffentlichte dritte Bericht der Helsinki-Konvention (HELCOM) zeigt erneut den schlechten Zustand der Ostsee. Vor allem Infrastrukturprojekte, Rohstoffgewinnung, Fischerei, Schadstoffeinträge und Schifffahrt tragen zur Zerstörung von Lebensräumen bei.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Während international Versprechungen gemacht werden, die heimische Natur stärker zu schützen, sehen wir gerade am Beispiel des Nationalparks Ostsee, den Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther und seine CDU verhindern wollen, dass die deutsche Politik unwillig, ja unfähig ist, den vor unserer Haustür dringend notwendigen Meeresschutz konsequent umzusetzen. Deutschland hat sich erst in der letzten Zustandsbewertung der Meeresgewässer im Zuge der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie selbst bescheinigt, dass es der Natur an unseren Küsten schlecht geht. Zum selben Ergebnis kommt auch das Regionalabkommen HELCOM. Wie viele solcher Bewertungen braucht es noch, bis Bundesregierung und Küstenländer endlich auf den zunehmenden Artenverlust reagieren?“

Zwar hat Deutschland die Hälfte seiner Ostseefläche unter Schutz gestellt, allerdings fehlt noch immer die Umsetzung von Maßnahmen, um bedrohte Arten und ihre Lebensräume wirksam zu schützen. Der Ostseeschweinswal ist vom Aussterben bedroht, Fischbestände kollabieren und Seegraswiesen gehen zurück. Dabei sind wirksame Schutzgebiete ein wichtiger Grundstein für Meeresnaturschutz und Klimaschutz. Sie werden international, auch bei der HELCOM, immer stärker fokussiert und eingefordert.

„Deutschland hat sich über die Umsetzung des HELCOM-Ostseeaktionsplans und die EU-Biodiversitätsstrategie verpflichtet, mindestens zehn Prozent der Meeresumwelt unter strengen Schutz zu stellen und somit Bereiche auszuweisen, die frei von jeglicher schädlichen Nutzung sind. Ein Nationalpark Ostsee würde, wenn er konsequent umgesetzt wird, auf dieses Ziel einzahlen und dabei helfen, das Überleben bedrohter Arten und Lebensräume zu sichern. Stattdessen erleben wir derzeit eine weitere Industrialisierung der Meere und den Abbau etablierter ökologischer Standards“, so NABU-Meeresschutzexpertin Daniela Herrmann.
Der NABU appelliert an Bund und Länder der Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur aus dem Koalitionsvertrag endlich Taten folgen zu lassen und erarbeitet aktuell eigene Vorschläge zur Umsetzung des Zehn-Prozent-Ziels in der deutschen Nord- und Ostsee.

Hintergrund:

Das Regionalabkommen HELCOM (Helsinki-Konvention) veröffentlicht zum dritten Mal einen Bericht über den ökologischen Zustand der Ostsee (HOLAS III). Dabei haben die Mitgliedsstaaten der Konvention im Vorfeld Analysen zur Biodiversität, Eutrophierung, Schadstoffeinträgen, Nutzungsdruck sowie wirtschaftlichen und sozialen Aspekten vorgenommen. Die Zustandsbewertung liefert wichtige Erkenntnisse über Arten- und Lebensraumzustand sowie regionale Unterschiede in der Ostsee und dient international seit Jahren als Indikator für die Gesundheit des Meeres.

Bericht auf der HELCOM-Website: http://stateofthebalticsea.helcom.fi/

Der Nationalpark Ostsee wurde von der CDU Schleswig-Holstein in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag als ein zu prüfendes Instrument genannt, um einen besseren Schutz der Ostsee umzusetzen. Im Rahmen eines Konsultationsprozesses sollte mit verschiedenen Interessengruppen die Umsetzung eines Nationalparks diskutiert werden. Die CDU hat diesen Prozess vorzeitig beendet und sich gegen einen Nationalpark in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern der Ostsee ausgesprochen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Der Ostseeschweinswal steht als trauriges Symbol für einen verfehlten Meeresschutz in der Ostsee. Die vom Aussterben bedrohten Population in der zentralen Ostsee umfasst nur noch etwa 450 Individuen. Auch die neuen Fangquoten befeuern die Überfischung weiter und basieren nicht konsequent auf einem ökosystembasierten Fischereimanagement. Außerdem verstärkt eine weitere Übernutzung der Meere die Klima- und Biodiversitätskrise.

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