Politik

Um die systematische Zerstörung der Ozeane zu verhindern, müssen wir uns gemeinsam dafür entscheiden.
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Allererste Fischereimaßnahmen in deutschen Nordsee-Schutzgebieten treten in Kraft

Fischereimaßnahmen: Mehrere bunte Fischereinetze liegen am Steg übereinander

© Nadine Doerlé / Pixabay

Pressemitteilung, 16.02.2023, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt die heute veröffentlichten EU-Fischereimaßnahmen, die Lebensräume und Arten in den deutschen Schutzgebieten der Nordsee vor Fischerei mit Grundschleppnetzen und Stellnetzen schützen werden.

Damit folgen 20 Jahre nach den ersten Bemühungen endlich die ersten wirksamen Fischereimaßnahmen. Der Weg zum Schutz von artenreichen Riffen, Sandbänken und gefährdeten Meerestieren war steinig und langwierig. Schon 2004 nominierte Deutschland drei Natura-2000-Gebiete in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee hinter dem Küstenmeer.

Die neuen Regelungen schränken die Fischerei am Meeresboden in großen Gebieten ein. Die grundberührenden Fangmethoden zerstören durch den direkten Kontakt mit dem Meeresgrund ganze Lebensräume und stehen damit seit langem in der Kritik. Während das Gebiet Borkum Riffgrund vollständig für Grundschleppnetze gesperrt wird, sind im Sylter Außenriff nur knapp zwei Drittel (62 Prozent) des Schutzgebietes ausgenommen. Auf der Doggerbank, der größten Sandbank der Nordsee, fehlen die Maßnahmen zur Grundschleppfischerei allerdings noch komplett.

Die Stellnetzfischerei wird im Sylter Außenriff während der Zeit, in der sich Schweinswale fortpflanzen und ihre Jungen zur Welt bringen, zukünftig verboten. Für die kleinen Meeressäuger ist der Beifang in Stellnetzen eine der größten Bedrohungen. In den Gebieten Doggerbank und Borkum Riffgrund, in denen die Schweinswale auch vorkommen, wird lediglich der Fischereiaufwand mit Stellnetzen begrenzt. Eine zeitliche Schließung gibt es nicht.

Im Sylter Außenriff hat Deutschland auch endlich seine erste fischereifreie Zone. Allerdings sind es nur 0,64 Prozent der deutschen Meeresschutzgebiete der Nordsee, die nun für jegliche Form der Fischerei geschlossen sind.

Der BUND fordert seit jeher, dass mindestens 50 Prozent aller deutschen Meeresschutzgebiete frei von allen Nutzungen inklusive Fischerei sein müssen. Es bleibt also Nachbesserungsbedarf: Die Grundschleppnetzfischerei muss vollständig aus allen Meeresschutzgebieten ausgeschlossen werden. So fordert es auch der Fischerei-Aktionsplan, den die Europäischen Kommission nächste Woche veröffentlicht. Auch die Einschränkung der Stellnetzfischerei muss auf alle Gebiete ausgeweitet werden. In der Ostsee fehlen ebenfalls noch Maßnahmen.

„Heute wurde der erste Schritt für eine Meereswende gegangen. Aber Deutschland muss direkt in die Vorbereitung für weitere EU-Maßnahmen einsteigen, um zügig die übrigen zerstörerischen Fischereiaktivitäten in den Schutzgebieten vollständig zu beenden“, sagte Nadja Ziebarth, BUND-Meeresschutzexpertin. „Der Prozess hat zu lange gedauert und wichtige geschützte Lebensräume wurden in der Zwischenzeit zerstört. Damit die Lebensräume zukünftig wieder hergestellt werden können, muss sich Deutschland zusätzlich für ein starkes Gesetz zur Wiederherstellung der Natur auf EU-Ebene einsetzen.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Grundschleppnetzfischerei zerstört nicht nur komplett den Meeresboden, sie setzt außerdem genauso viel CO2 frei wie Flugreisen. Trotzdem haben sich die drei Küstenbundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen gegen die Fischereimaßnahmen im Fischerei-Aktionsplan ausgesprochen.

NABU: Notverordnung verschärft Konflikte beim Ausbau der Windenergie auf See

Windenergie: Nahaufnahme einer Windturbine in Schleswig-Holstein

© Waldemar / Unsplash

Pressemitteilung, 27.01.2023, NABU

Krüger: Abbau ökologischer Standards wird den Ausbau nicht beschleunigen

Berlin – Das Bundeskabinett will zeitnah eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag des Raumordnungsgesetzes für den Ausbau erneuerbarer Energien an Land und auf See auf den Weg bringen. Aus Sicht des NABU verschärft das die Konflikte zwischen dem Ausbau der Offshore-Windenergie und dem Meeresnaturschutz.

„Die Bundesregierung verschläft notwendige Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsprozessen, während sie weiter Umweltstandards abbaut. Im Schnelldurchgang sollen drei Jahrzehnte etabliertes Planungsrecht einkassiert werden, ohne tatsächliche Chance auf schnellere Energieunabhängigkeit durch Offshorewind“, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Die Formulierungshilfe für das Raumordnungsgesetz sieht weitere Einschränkungen des Naturschutzrechts beim Ausbau der Windenergie in Nord- und Ostsee vor. So sollen die Umweltverträglichkeitsprüfung und die artenschutzrechtliche Prüfung für den Zubau von insgesamt 8,8 Gigawatt Offshore-Windstrom ausgesetzt werden, selbst auf bisher nicht voruntersuchten Flächen. Damit geht die so wichtige kumulative Folgenabschätzung tausender Windräder auf See und der europarechtlich verankerte Ökosystemansatz verloren, ohne gleichzeitig die strategische Umweltprüfung qualitativ zu stärken.

„Eine Verdopplung der Kapazitäten auf See ohne ernsthafte naturschutzfachliche Vorbereitung grenzt an Russisch-Roulette. Trotz Datenlücken sollen Windparks genehmigt werden. Offensichtlich haben sich grüne Umweltpolitiker*innen erfolgreich um Schadensbegrenzung bemüht, doch erneut negiert das federführende Wirtschaftsministerium die gleichberechtigte Herausforderung des Natur- und Artenschutzes und auch die SPD versucht ökologische Standards zugunsten jeglicher wirtschaftlicher Infrastruktur abzubauen“, so NABU-Leiter Meeresschutz Kim Detloff.

Positiv ist, dass die neuen Maßnahmen nicht auf die kritischen Standorte der Ostsee angewendet und zeitlich auf die Jahre 2022 und 2023 befristet sind. Damit müssen sich Projekte wie der vom NABU kritisierte Windpark Gennaker in der Vogelzuglinie Rügen-Schonen weiter der Umweltprüfung stellen.

Gleichzeitig kritisiert der NABU die viel zu niedrige finanzielle Beteiligung der Windparkbetreiber an notwendigen Vermeidungsmaßnahmen für geschützte Arten. „Milliardenschwere Infrastrukturprojekte sollen sich billig aus der Verantwortung für die Meeresnatur kaufen dürfen. Der jährlich zu leistende Betrag muss deutlich auf mindestens 12.000 Euro pro Megawatt Leistung erhöht werden, wie es auch an Land üblich ist“, so Detloff. Besorgt sind die Umweltschützer auch, dass die Vorgabe von Schutz- und Vermeidungsdaten ohne entsprechende Daten nur schwer möglich ist. Hier müssen das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) eigenständiger und dem Vorsorgeansatz folgend Maßnahmen anordnen können. Dazu gehören obligatorische Radarsysteme und Abschaltautomatiken für Fledermäuse, bei Massenzugereignissen und während sensibler Rastzeiten.

Ob der Abbau von Umweltstandards den Ausbau der Windkraft tatsächlich beschleunigen, steht für den NABU dabei in Frage. Bisherige zeitliche Planungen des BSH orientieren sich auch an der technischen Umsetzbarkeit. Und auch ohne seriöse Umweltprüfungen gibt es weder mehr Errichterschiffe, technisches Personal, Blasenschleier und lösen sich auch keine Lieferengpässe am Beton- und Stahlmarkt auf.

Der NABU appelliert an die Mitglieder des Deutschen Bundestags, der Gesetzesänderung in ihrer heutigen Form nicht zuzustimmen. Insbesondere alle Flächen, die an Schutzgebiete grenzen und wo marine Schutzgüter der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie Verbreitungsschwerpunkte haben – Schweinswale oder streng geschützte Seevögel – müssen auch zukünftig einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden.

Hintergrund EU-Notverordnung

Mit der Umsetzung der EU-Notverordnung um eine Änderung des Raumordnungsgesetzes, plant die Bundesregierung zur Verfahrensbeschleunigung nach dem sogenannten Osterpaket weitere beschleunigende Maßnahmen für den Ausbau erneuerbarer Energien auf See, an Land und für die Stromnetze. Für den Bereich der Nord- und Ostsee hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit dem Flächeentwicklungsplan Offshore (FEP) am 20. Januar 2023 einen verbindlichen Fahrplan vorgelegt, um das gesetzliche Ausbauziel von 30 GW bis 2030 zu erreichen bzw. sogar zu übertreffen. Und das mit den heute gültigen Umweltprüfungen. Das zeigt eindeutig, dass eine weitere Privilegierung der Offshore-Windenergie über die Festlegungen des Windenergie-auf-See-Gesetzes in seiner 2022 geänderten Form unnötig ist. Die Notverordnung in ihrer jetzigen Form setzt damit allein die planerische Qualität herab und senkt die Kosten der Betreiber, wird aber weder zu mehr noch schnellerer erneuerbaren Energie vom Meer führen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Gegen den Offshore Windpark Butendiek hat der NABU bereits erfolgreich Revision eingelegt. Die Pressemitteilung dazu findet ihr hier.

Warum Öl- und Gaskonzerne trotz Energieumbruch weiterbohren

Öl- und Gaskonzerne bauen wie hier Kohle ab

© Dominik Vanyi / Unsplash

Der durch die Klimakrise getriebene Energieumbruch bewegt unsere Gesellschaft und Wirtschaft weg von Kohle, Erdöl und Erdgas – hin zu erneuerbare Energien.

Die Internationale Energieargentur (IEA) hat prognostiziert, dass Öl- und Gaskonzerne noch zehn Jahre profitieren, danach soll die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen weltweit abflachen, auch ohne zusätzliche staatliche Maßnahmen. Auch wenn das natürlich nicht ansatzweise schnell genug ist, um die drastischen Folgen der Klimakrise noch einzudämmen – dafür wäre ein sofortiger weltweiter Fossilausstieg nötig – setzt die Prognose der IEA die Öl- und Gaskonzerne unter Druck. Scheinbar bewirkt dieser Druck allerdings keinen Sinneswandel der internationalen Industrien. Stattdessen planen sie, möglichst viele fossile Rohstoffe abzubauen, solange es noch möglich ist. Bis Ende 2030 wollen die aktuell 20 größten Öl- und Gaskonzerne voraussichtlich 932 Milliarden US-Dollar in Projekte investieren, die neue Öl- und Gasfelder erschließen sollen. Genutzt werden sollen die Rohstoffe künftig nicht mehr für Transport und Energiegewinnung, sondern für die Herstellung von Kunststoffen und anderen chemischen Produkten – worüber kaum jemand redet.

Die 20 größten Öl- und Gaskonzerne, darunter Shell, Exxon und Gazprom, sind für 35% aller energiebedingten CO2- und Methanemissionen von 1965 – 2018 verantwortlich und die 5 größten von ihnen geben jedes Jahr fast 200 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit aus. Dass die Politik dieser Industrie derzeit kaum Beachtung schenkt, ist nicht nur leichtsinnig sondern auch gefährlich für die Zukunft unseres Planeten – denn wenn wir so weitermachen wie bisher, steuern wir auf extreme Klimaveränderungen zu und erreichen mehr und mehr Kipppunkte.

Den Artikel „Öl und Gas haben als Energieträger keine Zukunft. Warum Shell und Co. trotzdem weiterbohren“ von Désiree Schneider vom 24.01.2023 findet ihr bei Perspective Daily.

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CCS (Carbon Capture and Storage) wird inzwischen immer öfter als die Lösung gegen die steigenden Treibhausgasemissionen genannt. Was dahinter steckt, könnt ihr bei unserem Gastbeitrag von Nico Czaja nachlesen.

Soziale Kipppunkte, von denen die meisten von euch wahrscheinlich noch nicht so viel gehört haben, sind –  genau wie ökologischen Kipppunkte – von entscheidender Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise.

LNG-Terminals gehören auf den Prüfstand

LNG: Fünf Kräne des Hamburger Hafens in der Dämmerung

© Marius Niveri / Unsplash

Pressemitteilung, 20.01.2023, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordern anlässlich der heutigen Einweihung des LNG-Terminals in Brunsbüttel und des Baubeginns weiterer LNG-Terminals, die Anzahl neuer Anlagen stark zu beschränken und die gesetzlichen Grundlagen zu überarbeiten.

Die Umweltverbände haben beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg Widerspruch gegen die immissionschutzrechtliche Genehmigung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven eingelegt. Diese wurde mit der Inbetriebnahme des schwimmenden LNG-Terminals in Wilhelmshaven veröffentlicht.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Ein Ende der Gasmangellage ist in Sicht, umso weniger sinnvoll wirkt die überdimensionierte neue Infrastruktur für flüssiges Gas an unseren Küsten. Spätestens jetzt muss das LNG-Gesetz, das eigens geschaffen wurde, um die Planung und Genehmigungen zu beschleunigen, auf den Prüfstand. Denn die ausgesetzten Umweltprüfungen und Beteiligungsverfahren werden wir bitter mit Schäden in sensiblen Ökosystemen bezahlen. Umso wichtiger ist es, dass wenigstens der Klimaschaden und die Laufzeit der Genehmigung für den Import von fossilem Gas strikt begrenzt wird. NABU und BUND werden deshalb gemeinsam auf dem Klageweg den Druck auf die Bundesregierung erhöhen.”

Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND: „Der Betrieb des LNG-Terminals ist mit den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes nicht vereinbar. Die Laufzeit bis zum Jahr 2043 widerspricht der schon ab dem Jahr 2030 nötigen Umstellung auf grünen Wasserstoff. Anders als häufig unterstellt, sind schwimmende LNG-Terminals nicht Wasserstoff-Ready. Die Genehmigung sollte deshalb in ihrer jetzigen Form nicht bestehen bleiben. Stattdessen muss die Laufzeit von LNG-Terminals in Wilhelmshaven und anderswo stärker zeitlich begrenzt werden. Klimaminister Robert Habeck hat den Behörden einen Bärendienst mit seinen gesetzlichen Vorgaben erwiesen. Diese berücksichtigten den Klimaschutz nicht ausreichend und führen jetzt zu falschen Abwägungen in den Behörden. Wir werden vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen, sollte der Widerspruch zurückgewiesen werden.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

Warum Flüssiggas für unser Klima so schädlich ist, könnt ihr in unserem Post „LNG: Gut für die Luft, schlecht fürs Klima?“ nachlesen.

BUND gegen Kohlendioxid-Deponien im Meer oder an Land

CCS: Kohlendioxid-Deponie; Wolken ziehen sich im Hintergrund zusammen

© Peabody Energy, Inc. / Wikimedia Commons (CC BY 3.0)

Pressemitteilung, 21.12.2022, BUND

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) verurteilt die heutige Ankündigung der Bundesregierung, jährlich viele Millionen Tonnen Industrie-CO2 abscheiden und deponieren zu wollen (Carbon Capture and Storage, CCS), anstatt die Emissionen im Industriesektor zu reduzieren.

Der BUND kritisiert ebenfalls geplante Subventionen für CCS über so genannte Klimaschutzverträge in Milliardenhöhe und den Vorstoß von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), die Speicherung von CO2 im Boden im industriellen Maßstab kurzfristig zuzulassen. Heute hat das Bundeskabinett den Entwurf des Evaluierungsberichts zum Kohlendioxidspeicherungsgesetz (KSpG) beschlossen. In dem Gesetz wird seit 10 Jahren die Einlagerung von Kohlendioxid in Gesteinsschichten geregelt. Bisher war CCS nur in begrenzten Mengen zu Forschungs- oder Demonstrationszwecken erlaubt.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Es ist brandgefährlich für den Klimaschutz, dass die Evaluierung des CCS-Gesetzes so stark von Industrieinteressen überlagert wurde. Sie wollen ihre klimaschädigenden Abgase einfach unter der Nordsee deponieren, anstatt ihre Emissionen endlich zu reduzieren. Aber die Meere sind nicht die Müllhalde der Menschheit oder eine Deponie für Klimamüll. CO2 dort zu verpressen ist profitabel für die Gasindustrie, aber bedroht nachweislich den Lebensraum am Meeresboden – denn langfristig sind Leckagen einkalkuliert. Die Nordsee ist auch ohne neue CO2-Industrie schon übernutzt. Die Meere sind für das Überleben der Menschen zentral und brauchen unseren uneingeschränkten Schutz. Die Ampel muss sich zum Vorsorgeprinzip und zum Schutz der Meere bekennen und darf den klimaschädlichen Phantasien der Industrie nicht nachgeben.“

Statt die industriellen Emissionen so zu reduzieren, wie es vom Klimaschutzgesetz verlangt wird, versuchen Industrievertreter*innen das Verpressen von Treibhausgasen als Klimaschutz zu vermarkten. Diese Debatte ist nicht neu. Bereits vor zehn Jahren versuchte die Energiewirtschaft, CCS an Kohlekraftwerken als vermeintliches Zukunftsmodell zu verkaufen. Vor allem in Norddeutschland fanden daraufhin große Proteste gegen den Einsatz der Technologie statt.

„In dem heutigen Bericht wird ein optimistisches Bild von der CCS-Technologie gezeichnet. Aber es ist erwiesen, dass CCS-Projekte der Industrie gefährliche Luftschlösser sind. Nach Jahrzehnten der Versuche bleiben sie technisch unausgereift. Sie würden einen hohen zusätzlichen Energieeinsatz verlangen, sind teuer und nicht effektiv. Hinzu kommt, dass die Langzeitgefahren nicht ausreichend erforscht sind. Bis heute sind CCS-Projekte in Europa und weltweit vor allem darin erfolgreich, staatliche Gelder einzuwerben; aber sie verlängern fossile Geschäftsmodelle immer weiter“, sagt Olaf Bandt.

 

Hintergrund

Der heute vorgestellte Entwurf des Evaluierungsberichts zum KSpG legt nahe, dass die Einschränkungen der Anwendung von CCS im KSpG aufgehoben werden sollen. Der Ausbau eines deutschlandweiten Netzes von Abscheidungsanlagen, Rohrleitungen, Zwischenspeichern, Umladestationen und Häfen für das Klimaabgas soll schnell gesetzlich ermöglicht und alle rechtlichen Hindernisse des Immissions- oder Umweltschutzes dabei aus dem Weg geräumt werden. Die Empfehlungen der Bundesregierung gehen noch weiter: CO2 soll perspektivisch auch in Deutschland verpresst werden können; eine neue Raumordnung für den Untergrund wird angekündigt, absehbar mit einer privilegierten Genehmigung für CO2-Deponien der Großindustrie. Enteignungsvorschriften sollen erweitert, die Rechte der Länder beschnitten werden. Parallel dazu werden bereits Förderprogramme gestrickt, um die großen industriellen Verschmutzer mit Milliarden an Steuergeldern für CCS auszustatten.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim BUND.

NABU zum Weltnaturabkommen: Mehr Schutz, wenig Pflichten

Eine Betonstraße führt durch einen Wald, der komplett abgebrannt ist. Nur noch die schwarzen Stämme stehen im Nebel

© Chad Peltola / Unsplash

Pressemitteilung, 18.12.22, NABU

Krüger: Trotz einiger Fortschritte zu wenig für eine Trendumkehr beim Verlust von Natur und Arten / EU und Deutschland müssen nachschärfen

Berlin/Montreal – Heute haben sich die Vertragsstaaten nach zähen und intensiven Verhandlungen bei der Weltnaturkonferenz auf ein globales Abkommen geeinigt. Mit der Vereinbarung bekennen sich die Nationen dazu, die Biodiversität zu erhalten und schützen. Der NABU blickt mit Ernüchterung auf das Ergebnis: Trotz inhaltlicher Fortschritte werde das Weltnaturabkommen nicht ausreichen, um den Verlust der Artenvielfalt und Ökosysteme zu stoppen oder umzukehren.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Welt rast in der Natur- und Klimakrise auf einen Abgrund zu. Doch statt entschieden zu bremsen, geht sie lediglich etwas vom Gas. Die Nationen behandeln die Naturkrise so, als könne man sie recht einfach mit mehr Schutzgebieten und Renaturierung aufhalten. Doch der Verlust unserer Arten und Lebensräume durch unseren Konsum ist akut, er ist fundamental und er bedroht die Lebens- und Wirtschaftsgrundlage aller Menschen.

Neben deutlichen Fortschritten – etwa 30 Prozent unseres Planeten unter Schutz zu stellen oder die Risiken aus Pestiziden und Düngemitteln zu halbieren – bleibt zu viel unberücksichtigt. Es gibt keine messbaren Ziele, die den Biodiversitätsverlust durch die Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, den Handel sowie den Finanzsektor aufhalten könnten. So bleibt bei aller Freude auch Ernüchterung – und ein klarer Auftrag an die EU und Deutschland. Wir stehen nun in der Verantwortung, Regelungen zu entwickeln, mit denen Arten und Ökosysteme wirklich erhalten werden – etwa mit der nationalen Biodiversitätsstrategie.“

Nicht zuletzt fehlt es dem Abkommen an konkreten Vorgaben bei der Umsetzung. Magdalene Trapp, Referentin für Biodiversitätspolitik: „Die Vertragsstaaten scheinen nicht aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Mit diesem Weltnaturabkommen steuern wir auf dieselben Probleme zu, wie schon vor zehn Jahren, als die sogenannten Aichi-Ziele festgelegt wurden. Keines davon ist erreicht worden. Denn es fehlte an Möglichkeiten, die Ziele zu kontrollieren und nachzuschärfen – so auch in diesem Abkommen. Die kommende Weltnaturkonferenz muss hier schnell für Klarheit und Verbindlichkeit sorgen.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Auch die Ergebnisse der diesjährigen Weltklimakonferenz COP27 sind nur teilweise zufriedenstellend. Mehr darüber erfahrt ihr auf unserem Politikblog.

NABU zu EU-Notverordnung: Politischer Fehltritt

EU-Notverordnung zum Ausbau erneuerbarer Energien: Solaranlage in Offingen, Deutschlanf

© Andreas Gücklhorn / Unsplash

Pressemitteilung, 19.12.2022, NABU

Krüger: Eilgesetzgebung ist falscher Weg – EU muss zukunftsfähigen Rechtsrahmen für Erneuerbare-Energien-Richtlinie entwickeln

Brüssel/Berlin – Heute haben die Energieminister der EU-Mitgliedstaaten eine Notverordnung zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Erneuerbare Energien verabschiedet. Diese geht vor allem zurück auf das Betreiben der deutschen Bundesregierung. Der NABU hält seine Kritik daran aufrecht. In jedem Fall ist die durch diese Regelung gewonnene Zeit nun für eine grundlegende Überarbeitung der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie zu nutzen.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert: „Mit der Notverordnung ist ein schadhafter Wildwuchs von Erneuerbaren zu Lasten der Natur zu befürchten. Die Bundesregierung riskiert, jahrzehntelang bewährte und für den Natur- und Klimaschutz wichtige Planungs- und Umweltstandards aufzugeben. Um das Umsetzungschaos zu mindern, muss Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jetzt von einer Hauruck-Novelle der parallel verhandelten Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED IV) absehen. Stattdessen sind EU-weit Vorgaben für eine Raumplanung zu entwickeln, die Naturschutz und Klimaschutz gleichermaßen in den Blick nehmen.“

Raphael Weyland, EU-Umweltrechtexperte des NABU, ergänzt: „Erneuerbare Energien pauschal als im überwiegenden öffentlichen Interesse zu betrachten, ohne die ökologische Wertigkeit des Standorts zu berücksichtigen, wie es die Notverordnung tut, verschärft die Naturkrise. Die damit einhergehenden Eingriffe in bestehendes Umweltrecht führen auch zu Rechtsunsicherheiten und damit letztlich nicht zur Projektbeschleunigung. Mit der Notverordnung sind zudem Teile der vierten Novelle der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie überholt. Um die Natur- und Klimakrise gemeinsam anzugehen, müssen nun beschleunigt natürliche Lebensräume wie Moore, Wälder und Seegraswiesen wiederhergestellt werden.“

Die EU-Notverordnung sieht der NABU auch deswegen kritisch, weil sie verschiedene gefährliche Präzedenzfälle schafft. So werden unter dem Deckmantel der Energiewende Bereichsausnahmen von der UVP-Richtlinie, der FFH- und Vogelschutz-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie geschaffen, ohne diese Rechtsakte selbst ändern zu wollen. Nicht zuletzt wird unter Berufung auf eine Notfallkompetenz das Europäische Parlament ausgehebelt.

Besonders denkwürdig ist das Gesetzesvorhaben auch deswegen, weil es der Energierat offenbar nicht besonders ernst meint mit Klimaschutz und Erneuerbaren. Denn parallel zur Debatte um die Notverordnung hat er heute seine Zustimmung zur Anhebung eines wichtigen Erneuerbaren-Zieles verweigert. Konkret ging es darum, dass die EU-Kommission mit REPowerEU auch vorgeschlagen hatte, das bestehende Ziel von 40 Prozent Erneuerbaren im Bruttoendenergieverbrauch auf 45 Prozent anzuheben. Diese Änderung lehnten die Mitgliedstaaten aber ab.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Insbesondere die Windenergie auf See bedroht geschützte Arten und somit das Ökosystem Meer. Lest dazu die Pressemitteilung „NABU: Notverordnung verschärft Konflikte beim Ausbau der Windenergie auf See„.

NABU enttäuscht über Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Riffen im Fehmarnbelt

Fehmarnbeltquerung: Fotografie eines Leuchtturmes auf Fehmarn

© denfran / pixabay

Pressemitteilung, 14.12.2022, NABU

Krüger: Minimallösung gleicht massive Zerstörung wertvoller Riffe nicht aus / gefährliche Präzedenz für künftige Eingriffe

Berlin – Das Bundesverwaltungsgericht hat heute die NABU-Klage gegen den Planänderungsbeschluss der Festen Fehmarnbeltquerung abgewiesen. Es ging um die nach Überzeugung des NABU unzureichende Wiederherstellung von Riffen sowie um Fehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung.

„Das Urteil ist eine große Enttäuschung. Der Ostsee geht es ökologisch schlecht, Deutschland hat sämtliche europäische Zielvorgaben gerissen. Umso wichtiger, dass so schwerwiegende Eingriffe wie der Tunnelbau wirksam kompensiert werden. Mit dem heutigen Urteil läuft dieser Anspruch ins Leere“, kritisiert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Grundsätzlich ist der Aufbau von Riffen die richtige Kompensationsmaßnahme, die Schönrechnerei aber, an deren Ende nur ein Viertel der zu kompensierenden Fläche wiederhergestellt werden muss, ist fatal und darf keinesfalls Schule machen.“

Die Planänderung hatte einen Kompensationsbedarf von 63 Hektar Rifffläche ermittelt. Der NABU kritisiert, dass 27 Hektar über die ihrerseits ohnehin zu geringe Kompensation im Ausgangsverfahren abgedeckt sein sollen. Noch schwerwiegender aber: Für die verbleibenden 36 Hektar sollen auf einer Fläche von 17,5 Hektar Riffe im Seegebiet Sagasbank verbessert werden. „Während im Fall des Fehmarnbelttunnels nur gut ein Viertel des festgestellten Bedarfs kompensiert werden muss, fordert der Orientierungsrahmen des Lands Schleswig-Holstein in Übereinstimmung mit der Bundeskompensationsverordnung und dem Bundesnaturschutzgesetzt das umgekehrte Verhältnis von 3:1“, erläutert Detloff. „Warum die Meere angesichts ihres dramatisch schlechten Zustands schlechter gestellt werden sollen als zum Beispiel ein Wald an Land, das konnte die Planfeststellungsbehörde in Leipzig nach unserem Eindruck nicht überzeugend darstellen.“ Der NABU erwartet jetzt die schriftliche Begründung des Urteils und wird fallübergreifende Aspekte analysieren.

Hintergrund

Die Klage des NABU gegen den Planfeststellungsbeschluss der Festen Fehmarnbeltquerung hatte das Bundesverwaltungsgericht im November 2020 abgewiesen, aber zugleich festgestellt, dass eine Zerstörung zunächst übersehener, gesetzlich geschützter Riffe gegen Naturschutzrecht verstieße. Identifiziert wurden die betroffenen Riffe erst 2019 nach Hinweisen des NABU, vorher fanden sie keine Berücksichtigung im Genehmigungsverfahren. Um die Riffzerstörung nachträglich zu legitimieren, wurde im September 2021 ein Planänderungsbeschluss erlassen. Weil dieser nur ungenügende neue Riffflächen vorsah und außergerichtliche Einigungsversuche durch das Amt für Planfeststellung Verkehr abgebrochen wurden, hatte der NABU im Oktober 2021 erneut Klage eingereicht.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

2021 hat der NABU die Klagebegründung gegen die Planänderung der Festen Fehmarnbeltquerung eingereicht. Lest außerdem hier nach, inwiefern die Fehmarnbeltquerung die Tier- und Pflanzenwelt der Ostsee gefährdet.

Ein Schritt in die falsche Richtung: Effektiver Rechtsschutz soll für vermeintliche Planungsbeschleunigung geopfert werden

Ein Windrad steht kurz vor der Küste im Wasser

© moerschy / Pixabay

Pressemitteilung, 30.11.22, NABU

Kabinett beschließt Gesetzesnovelle, die Eilrechtsschutz trotz fehlerhafter Planung aussichtslos werden lässt

Am heutigen Mittwoch hat die Bundesregierung den „Gesetzesentwurf zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich“ beschlossen. Die Novelle aus dem Bundesjustizministerium soll den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz massiv einschränken und stellt nach Überzeugung der Umweltorganisationen NABU, DUH, Green Legal Impact und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) einen klaren Schritt in die falsche Richtung dar. Die Verwaltungsgerichte könnten zukünftig einen Fehler der Genehmigungs- oder Planungsentscheidung außer Acht lassen, „wenn offensichtlich ist, dass dieser in absehbarer Zeit behoben sein wird.“ Diese Formulierung ist denkbar unbestimmt und ermöglicht Richterinnen und Richtern sehenden Auges, rechtswidriges behördliches Handeln zu dulden. Aus Sicht der Umweltverbände verstößt diese Regelung gegen verfassungs-, europa- und völkerrechtlich gebotene Prinzipien. Hinzukommt, dass nahezu alle Fehler heilbar sind, sodass kaum mehr ein Fehler dazu führen würde, dass Vorhaben vorläufig gestoppt werden. Eine erhebliche Beschleunigung ist dadurch jedoch nicht zu erwarten, denn die Gerichtsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht werden schon jetzt äußerst zügig durchgeführt.

„Aus unserer Sicht ist es ganz besonders alarmierend, dass die Erleichterungen auf eine Vielzahl von unterschiedlichen, großen Infrastrukturvorhaben anwendbar sein sollen, ohne dass es auf ihren Umwelt- und Klimanutzen ankommt. Denn die Änderungen sollen auch vielen klimaschädlichen Vorhaben wie Kraftwerke, Gasversorgungsleitungen, Abfallanlagen, Flughäfen, Bundesfernstraßen, Gewässerausbauten und LNG-Anlagen zugutekommen. Genau diese sollten jedoch nicht schneller umgesetzt werden sollten, sondern gehören dringend auf den Prüfstand“, so DNR-Geschäftsführer Florian Schöne.

“Planungsbeschleunigung darf nicht dadurch erreicht werden, dass festgestellte Planungsfehler irrelevant und Eingriffe in die Natur auf die vage Hoffnung einer Fehlerheilung hin zugelassen werden. Hilfreich wären vielmehr eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, klare und naturschutzfachlich begründete Leitlinien für die Prüfung umweltrechtlicher Sachverhalte und ausreichend Personal in Behörden und Gerichten. Eine Beschneidung des Rechtsschutzes der betroffenen Öffentlichkeit und der Umweltverbände ist nicht der richtige Weg und führt zu Akzeptanzverlusten“, sagte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

„Die geplante Regelung, dass die Gerichte im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nahezu alle Fehler behördlicher Entscheidungen außer Acht lassen können, riskiert zudem, rechtsstaatliche Prinzipien ohne Not über Bord zu werfen. In der gerichtlichen Praxis wird auf diese Weise nämlich die genaue Prüfung im Einzelfall verhindert, so dass die Behörden ihre Entscheidungen vorläufig durchziehen können“, ergänzte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Hintergrund:
Schon der Entwurf aus dem August sorgte für Kritik aus unterschiedlichsten Lagern. So haben neben den Umweltverbänden auch die Bundesrechtsanwaltskammer, der Deutsche Anwaltsverein und die Neue Richtervereinigung verschiedene Aspekte des Entwurfs bemängelt. Auch Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichtes, die tagtäglich an entsprechenden Verfahren arbeiten, haben sich kritisch geäußert. Kurioserweise findet sich genau diese Expertenmeinung jedoch nicht unter den übrigen, auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums veröffentlichten Stellungnahmen. Ein beim Ministerium gestellter Antrag auf Herausgabe der Stellungnahme wurde abgelehnt. Man beruft sich darauf, dass ein Anspruch auf Informationszugang nicht bestehe, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Das dies nur für die Einschätzung der Bundesveraltungsgerichtsrichterinnen und -richter und nicht für die übrigen Stellungnahmen gelten soll, verwundert.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Mehr über den Hintergrund der Planungsbeschleunigung und der Aushebelung von Umweltstandards, erfahrt ihr auf unserem Politikblog.

Zur Wattenmeerkonferenz: „Nature first in the Wadden Sea“

Fußspuren sind im Wattenmeer zu sehen

© Friedhelm Brandenburg / Pixabay

Pressemitteilung, 29.11.2022, WWF

Umweltverbände fordern ehrgeizige Maßnahmen zum Schutz des Wattenmeeres

Anlässlich der 14. trilateralen Wattenmeer-Konferenz in Wilhelmshaven fordern dänische, deutsche und niederländische Umweltverbände bei einer gemeinsamen Aktion einen wirksameren Schutz des Wattenmeeres. Trotz eines hohen Schutzstatus und herausragender Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt und den Klimaschutz wird das Weltnaturerbe Wattenmeer weiterhin stark von vielfältigen Nutzungen bedroht. Die Verbände appellieren an die Politik, sich auf ein wirksames Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Belastungen des Wattenmeeres zu einigen.

In den meisten Bereichen des Wattenmeeres wird nach wie vor intensive Fischerei betrieben. Die Verbände fordern nachdrücklich eine großflächige Ausweisung von fischereifreien Ruhezonen in den Wattenmeer-Nationalparken, um der Natur die Möglichkeit zur Erholung zu geben. Nur wenn ein Großteil des Wattenmeeres unter strengen Schutz gestellt wird, besteht Aussicht, das 10-Prozent-Schutzziel der EU-Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen. Damit sich Wanderfische zwischen dem Wattenmeer und ihren flussaufwärts gelegenen Lebensräumen frei bewegen können, müssen Barrieren wie z. B. Schöpfwerke und Wehre entschärft und somit Flüsse durchgängig gemacht werden.

Eine der größten Bedrohungen der sensiblen tidegeprägten Flussmündungen sowie Unterwasserwelt des Wattenmeers ist das Ausbaggern und Verklappen von Sedimenten infolge der massiven Flussvertiefungen von Ems, Weser und Elbe. Um die Schäden einzudämmen, ist eine Kooperation der Küstenanrainer und Häfen dringend erforderlich. Weitere Flussvertiefungen lehnen die Umweltschützer*innen ab und fordern dort, wo es unverzichtbar ist, wirksame Bemühungen der Länder für ein gemeinsames, ökologisches Sedimentmanagement. Den Hamburger Plänen, künftig Elbschlick nahe der Vogelinsel Scharhörn zu deponieren, erteilen die Verbände eine strikte Absage.

Die Gewinnung von Öl und Gas findet immer noch an einigen Stellen im Wattenmeer statt und bedroht Natur und Klima. Es gibt sogar Pläne in den Niederlanden und in Deutschland, dies auszuweiten. Die Umweltverbände fordern, „die Förderung fossiler Rohstoffe im Wattenmeer bis spätestens 2030 endgültig zu beenden, um Klimaneutralität und den Schutz des Weltnaturerbes zu erreichen. Die Erzeugung erneuerbarer Energien an der Küste und auf See kann und muss naturverträglich erfolgen.“ Schutz und Wiederherstellung von Salzwiesen, Seegras und andere Küstenökosysteme müssen intensiviert werden, um Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig die Küste zu schützen. Der Ausbau von Windenergieanlagen sei notwendig, dürfe aber die ökologische Tragfähigkeit der Nordsee und des Wattenmeeres nicht übersteigen. Dafür müsse auch die Zahl der Kabeltrassen durch das sensible Wattenmeer limitiert werden. Windparks innerhalb des geschützten Wattenmeeres, auf den Inseln oder in angrenzenden geschützten Meereszonen sind zu Recht nicht erlaubt und zum Erreichen einer Klimaneutralität auch nicht erforderlich.

Auch mit problematischen Altlasten ist das Wattenmeer weiterhin konfrontiert: Altmunition, inklusive chemischer Waffen, aus den vergangenen beiden Weltkriegen stellt eine große Gefahrenquelle dar. Das neue deutsche 100-Millionen-Euro-Sofortprogramm „Munition im Meer“ ist ein guter Schritt, um die Beseitigung voranzubringen. Die Umsetzung im Wattenmeer muss nun zeitnah und über deutsche Grenzen hinaus erfolgen.

Die Naturschutzverbände dreier Länder sind überzeugt, dass die staatenübergreifende Zusammenarbeit entscheidend für einen erfolgreichen Schutz des Wattenmeers ist und auch international eine Vorbildfunktion hat. Die bereits bestehenden Netzwerke wie die Nationalparkpartnerschaften müssen weiter gestärkt und neue Netzwerke geschaffen werden. Die Verbände unterstützen weitere Partnerschaften und Kooperationen mit Wirtschaftssektoren wie Tourismus, Schifffahrt und Häfen, wenn durch sie der Schutz des Wattenmeeres gestärkt wird. Auch die internationale Zusammenarbeit über die Anrainerstaaten hinaus muss fortgesetzt und ausgebaut werden, wobei ein Schwerpunkt auf dem Schutz von Zugvögeln und Lebensräumen liegt.

Hintergrund:

Im Rahmen der trilateralen Wattenmeer-Kooperation haben 25 dänische, deutsche und niederländische Umwelt- und Naturschutzorganisationen einen gemeinsamen „Call for Action 2022“ an die Minister*innen der Trilateralen Wattenmeer-Kooperation adressiert, um auf die politischen Leitlinien zum Meeresschutz in den kommenden vier Jahren Einfluss zu nehmen. Die Umweltminister*innen der Niederlande, Deutschlands und Dänemarks treffen sich vom 28. November bis zum 1. Dezember 2022 in Wilhelmshaven, um sich auf die Leitlinien ihrer Zusammenarbeit für die nächsten vier Jahre zu einigen. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der trilateralen Kooperation inne und wird nun von Dänemark abgelöst.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Was es mit dem massenhaften Fischsterben in der Nordsee auf sich hat, und warum die Nordsee, sowie die Ostsee, zu industrialisieren droht, könnt ihr auf unserem Politikblog nachlesen.

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