Tiefsee
Das unerforschteste und unereichbarste Ökosystem der Erde birgt Wunder und Überraschungen.
Doch sind wir dabei, es irreversibel zu zerstören.
Tor zur Arktis: Expedition mit dem Forschungsschiff SONNE
Pressemitteilung, 12.08.2022, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Die „AleutBio“-Expedition im Nordpazifik untersucht noch bis Anfang September das Leben in der Tiefsee
Unter der Fahrtleitung von Senckenbergerin Prof. Dr. Angelika Brandt befinden sich aktuell 38 internationale Forschende an Bord des Forschungsschiffs SONNE im Nordpazifik. Ziel der „AleutBio Expedition SO293“ ist es das Ökosystem der Tiefsee zu verstehen und Veränderungen der Fauna – vor dem Hintergrund des raschen Klimawandels – zu dokumentieren. Die Wissenschaftler*innen untersuchen hierfür im östlichen Beringmeer und im Aleutengraben das Leben am Meeresboden in allen Größenklassen. Ein täglicher Blog nimmt die Öffentlichkeit mit in den Alltag der Meeresforscher*innen.
Seit 23. Juli befindet sich Senckenberg-Meeresforscherin Prof. Dr. Angelika Brandt an Bord des Forschungsschiffs SONNE – aktuell über dem Aleutengraben, eine bis zu 7.822 Meter tiefe und 3.200 Kilometer lange Tiefseerinne im nördlichen Teil des Pazifischen Ozeans. Gemeinsam mit 38 Wissenschaftler*innen aus 12 Nationen – Japan, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Norwegen, Mexiko, Polen, Schweiz, Spanien, USA, Vereinigtes Königreich – nimmt Fahrtleiterin Brandt an der „AleutBio“-Expedition teil. „Wir möchten gemeinsam und fachübergreifend Licht ins Dunkel bezüglich der Verbreitung von Meeresorganismen im Nordpazifik, dem ‚Tor zur Arktis‘, bringen. Zudem möchten wir die Veränderungen der Artenvielfalt dokumentieren – insbesondere vor dem Hintergrund des globalen Klimawandels“, so Brandt.
Etwa zwei Wochen befinden sich die Forscher*innen nun an Bord des gut 116 Meter langen Forschungsschiffs – sie haben an zwei Stationen im Beringmeer Proben genommen und den Meeresboden vermessen, drei Stürme überstanden und sind nun am nördlichen Hang ihres westlichsten Transektes über dem Aleutengraben. „Hier haben wir eine enorme Fülle von winzigen Foraminiferen, kalkschaligen Einzellern, im Sediment der tiefsten Hadalstation gefunden. Innerhalb weniger Minuten konnten wir Hunderte von Exemplaren einsammeln. Ihre kugelförmige Gestalt und ihre organische Wand lassen darauf schließen, dass sie zur Gattung Bathyallogromia gehören. Die Erstbeschreibung dieser Gattung stammt aus dem Weddellmeer. Die Gattung wurde später auch aus anderen Gebieten gemeldet – aber nie in so großer Zahl“, berichtet Brandt und fährt fort: „Bei den Isopoden, den Meeresasseln, konnten wir die bisher größte Art der Gattung Paropsurus nachweisen. Es handelt sich um zwei Weibchen – das größte Tier ist 65 Millimeter lang. Untersuchungen im Labor werden vermutlich zeigen, dass es sich bei ihnen um eine neue Art handelt.“
Im östlichen Aleutengraben fanden die Wissenschaftler*innen die – nach Senckenbergerin Dr. Saskia Brix benannte – Art Rhachotropis saskia. Diese kürzlich beschriebene nordwestpazifische Art lebt in Wassertiefen von 3.000 bis 8.000 Metern und wurde bereits auf beiden Seiten und im Kurilen-Kamtschatka-Graben selbst nachgewiesen. „Arten der Gattung Rhachotropis sind als Räuber bekannt und verfügen über gute Schwimmfähigkeiten. Unser Fund wirft ein neues Licht auf die Verbreitung von Tiefseearten und bestätigt unsere Hypothese, dass zumindest einige dieser Arten auch eine weite geografische Verbreitung aufweisen können. Ausgewählte Individuen der Arten wurden von uns so fixiert, dass sie für weitere Analysen und molekulare Untersuchungen nach unserer Rückkehr zur Verfügung stehen. Wir freuen uns sehr über diese ersten Ergebnisse“, ergänzt Brandt.
Denn es gab auch Schwierigkeiten mit denen Fahrtleiterin Brandt zu kämpfen hatte: Ursprüngliches Ziel der Expedition war es, ein Gebiet des Nordwest-Pazifiks sowie des westlichen Beringmeeres am Tor der Arktis zu untersuchen, aus dem nur wenige Daten von früheren russischen Expeditionen veröffentlicht wurden. Nach Einreichen des Forschungsantrages und der logistischen Planung der Expedition, für die bereits eine russische Arbeitsgenehmigung vorlag, begann der Krieg gegen die Ukraine. Basierend auf der Empfehlung der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen musste daher auch die jahrelang geplante „AleutBio“-Expedition ihre Route anpassen. „Das war ein Kraftakt“, so die Frankfurter Meeresforscherin.
Enden wird die Expedition am 6. September im kanadischen Vancouver; zurück an Land beginnt dann die eigentliche Arbeit der Forscher*innen. Brandt gibt einen Ausblick: „Wir wollen unsere neuen biologischen Proben mit den Proben aus vorhergehenden Expeditionen – KuramBio I und II – sowie aus früheren russischen Expeditionen vergleichen. Wir planen integrative taxonomische Arbeiten an Schlüsselarten, die für das Verständnis und die Klärung der verwandtschaftlichen Beziehungen von entscheidender Bedeutung sind. Darüber hinaus werden wir molekulare Standardtechniken als Grundlage für Verbreitungsmodelle und Konnektivitätsstudien einsetzen, um zu verstehen welche Arten nach Norden wandern und den Arktischen Ozean vermutlich in den nächsten Dekaden erreichen werden und welche arktischen Arten bereits heute im Beringmeer oder Aleutengraben zu finden sind.“
Wie die Reise des internationalen Wissenschaftler*innen-Teams weitergeht lässt sich in einem täglichen Blog verfolgen.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Im Jahr 2020 war das Forschungsschiff SONNE bereits in Island unterwegs, um dort verschiedene marine Lebensräume zu untersuchen.
Das aktuelle Projekt MiningImpact untersucht die Auswirkungen von Tiefseebergbau auf den Meeresboden und die dort lebenden Organismen. Auch hier wird die Expedition mit der SONNE durchgeführt. Mehr über diese spannenden Expeditionen und ihre Ergebnisse könnt ihr auf unserem Forschungs– und Tiefseeblog nachlesen.
Spektakuläre Bilder: Riesenkalmar erstmals bei der Jagd gefilmt
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=BCC34584E4s
© YouTube / ScienceAlert
Der Riesenkalmar (lateinischer Name: Architeuthis dux), der bis zu zwölf Meter lang werden kann und damit zur Megafauna der Meere zählt, wurde bis jetzt nur äußerst selten gesichtet. Foto- und Videomaterial existierte bisher fast nur von tot oder sterbend an den Strand gespülten Tieren. Im Jahr 2019 zeigten Videoaufnahmen aus der Tiefsee erstmals eindeutig einen Riesenkalmar. Zwei Jahre später ist es Forschenden aus Spanien gelungen, die Beutejagt von einem Riesenkalmar auf einem Video festzuhalten. Mithilfe einer mit Kameras ausgestatteten Tiefseeplattform, leuchtenden, künstlichen Quallen als Köder und einer Menge Geduld haben die Forscher:innen im Golf von Mexiko und nahe den Bahamas zwischen 550 und 950 Metern Tiefe diese einzigartigen Videos aufgezeichnet. Die Aufnahmen lassen vermuten, dass Riesenkalmare vor allem visuelle Räuber sind und nicht, wie bisher angenommen, ihre Beute aus dem Hinterhalt angreifen. Die Forscher:innen hoffen, dass ihre Tiefseeplattform künftig dabei hilft, weitere Verhaltensweisen der riesigen Tiere zu enthüllen, denn bisher ist nur sehr wenig über ihr Leben in der Tiefsee bekannt.
Den zugehörigen Artikel “Spektakuläre Bilder: Riesenkalmar erstmals bei der Jagd gefilmt” von tberg vom 03.08.2022 findet ihr bei derstandard.
Da bisher nur ein Bruchteil der Tiefsee erforscht ist, werden immer wieder neue Entdeckungen gemacht. Mit dem Tauchroboter MARUM-QUEST wurde kürzlich zwischen Grönland und Spitzbergen ein neues Hydrothermalfeld entdeckt und Anfang 2022 sind Forschende des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung auf 60 Millionen Nester antarktischer Eisfische im Weddellmeer gestoßen.
Endstation Tiefsee: Mikroplastik belastet Meeresgrund noch stärker als angenommen
Pressemitteilung, 12. Juli 2022, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Forschungsteam weist hohe Mikroplastik-Verschmutzung im westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Graben nach
Die Senckenberg-Forscherinnen Serena Abel und Angelika Brandt haben mit Kolleg*innen des Alfred-Wegener-Instituts – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und der Goethe-Universität Frankfurt die Mikroplastik-Verschmutzung des westpazifischen Kurilen-Kamtschatka-Grabens untersucht. Dabei fanden sie in jeder einzelnen von insgesamt 13 Sedimentproben aus bis zu 9450 Metern Tiefe zwischen 215 und 1596 Kleinstpartikel pro Kilogramm – mehr als zuvor nachgewiesen. Ihre nun im Journal „Science of The Total Environment“ erschienene Studie zeigt: Die Tiefsee ist der „Mülleimer der Meere“ – und bei der Ablagerung überraschend dynamisch. Die hohe Biodiversität am tiefsten Meeresgrund ist durch die Verschmutzung mit Mikroplastik stark gefährdet.
Mikroplastik ist überall. Winzige Plastikpartikel belasten nahezu jedes Ökosystem der Erde. Die Meere sind besonders betroffen und wie die neu veröffentlichte Studie nahelegt, sind maritime Gräben Tausende Meter unter dem Meeresspiegel die „letzte Ruhestätte“ für eine beunruhigend große Menge der kleinsten Plastikteilchen.
Serena Abel, Gastforscherin am AWI und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt, und die dortige Abteilungsleiterin für Marine Zoologie Prof. Dr. Angelika Brandt werteten gemeinsam mit Forschenden der Goethe-Universität und des AWI Sedimentproben vom Grund des Kurilen-Kamtschatka-Grabens im Westpazifik aus, die 2016 bei einer Tiefsee-Expedition mit dem Forschungsschiff Sonne entnommen wurden. „Wir haben insgesamt 13 Proben an sieben verschiedenen Stationen des Grabens genommen, in Tiefen zwischen 5740 und 9450 Metern. Keine einzige davon war frei von Mikroplastik“, berichtet Meeresbiologin Abel und fährt fort: „Pro Kilogramm Sediment haben wir zwischen 215 und 1596 Mikroplastik-Teilchen nachgewiesen – eine so große Menge hätte zuvor niemand erwartet.“
Mit Hilfe der Micro-FTIR-Methode, einer speziellen Variante eines Spektrometers, konnten die Forschenden noch kleinste Mikroplastik-Partikel nachweisen. „Jedes Jahr gelangen schätzungsweise 2,4 bis 4 Millionen Tonnen Plastik über die Flüsse ins Meer, als Folge des extremen weltweiten Plastikkonsums und der schlecht organisierten Müllentsorgung. Ein beträchtlicher Teil davon sinkt zum Meeresboden und sammelt sich im Sediment an, oder wird durch Strömungen bis in die tiefsten Regionen weitertransportiert, wo es sich letztendlich ablagert. So wird die Tiefsee zum ‚Endlager des Mülls‘“, mahnt Brandt. Insgesamt 14 verschiedene Plastikarten haben die Forschenden in den Proben aus dem Kurilen-Kamtschatka-Graben gefunden. Unter den häufigsten Stoffen befindet sich Polypropylen, einer der weltweit für Verpackungen verwendeten Standardkunststoffe, sowie die für Lacke genutzten Acrylate und Polyurethan.
Überrascht war das Forschungsteam von den großen Unterschieden zwischen den einzelnen Proben. „Bislang galt der tiefste Meeresgrund als eine vergleichsweise unbeeinflusste und stabile Umgebung, in der sich das Mikroplastik ablagert und an einem Ort verbleibt. Umso erstaunter waren wir, dass auch Proben, die nur wenige Meter voneinander entfernt entnommen wurden, ganz unterschiedlich aufgebaut waren“, berichtet Abel und ergänzt: „Das zeigt, was für eine dynamische Umgebung die tiefsten Bereiche der Tiefsee tatsächlich sind. Nicht nur spezielle Strömungen und Wirbel, sondern auch die Organismen, die hier heimisch sind, halten das Sediment in Bewegung.“ Tatsächlich ist die Biodiversität am Grund des Kurilen-Kamtschatka-Grabens sogar höher als in weniger tiefen Bereichen dieses Grabens. Die Sorge, die die Forscher*innen angesichts der kontinuierlich zunehmenden Plastikverschmutzung der Meere umtreibt, bringt Brandt auf den Punkt: „Genau diese hohe Biodiversität in der Tiefsee wird durch die starke Verschmutzung mit Mikroplastik nun besonders gefährdet!“
Diese Pressemitteilung findet ihr bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Leider kommt es vermehrt immer häufiger zu Meldungen von Mikroplastik in der Tiefsee. Helft uns diesen Wahnsinn zu stoppen! Schaut doch mal bei unserer Blue Straw-Kampagne oder unserem neuen NoStraw-Shop vorbei, um euch über die Reduzierung von Single Use-Plastik zu informieren.
European Commission strengthens its position against deep sea mining
Pressemitteilung, 24. Juni 2022, Seas at Risk
Today the European Commission published the EU agenda on International Ocean Governance, announcing its intention to “prohibit deep-sea mining until scientific gaps are properly filled, no harmful effects arise from mining and the marine environment is effectively protected”.
Monica Verbeek, Executive Director at Seas At Risk, said: “It is very timely of the Commission to publish its objectives for international works for ocean governance just before the UN Ocean Conference, clarifying its key positions in advance of the upcoming important negotiations in this ocean super year: the high seas treaty negotiations in August, the International Seabed meeting in August and the Convention on Biological Diversity COP in November.
It is encouraging to see the European Commission strengthen its position against deep-sea mining, in line with the calls for moratorium of the European Parliament, Pacific Parliamentarians and of hundreds of organisations around the world. We are now counting on many countries to voice their support for the moratorium at the UN Ocean Conference.
Deep-sea mining is simply not reconcilable with the UN Sustainable Development Goal 14 – Life below water – or any other SDG for that matter. It would irreversibly damage earth’s largest and most precious ecosystem. The large-scale loss of biodiversity is not worth the profits”.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Seas at Risk.
Tiefseebergbau muss unbedingt gestoppt werden, um die Schätze der Tiefsee zu schützen.
Üppige Schwammgärten auf Untersee-Bergen in der arktischen Tiefsee entdeckt
In den Tiefen der Meere ist das Leben für Organismen geprägt von vielen limitierenden Faktoren. Sowohl die Suche nach passenden Partnern, als auch die Gefahr möglicher Fressfeinde spielt eine große Rolle, aber vor allem passende Nahrungsquellen beeinflussen das Leben maßgeblich. Das Nordpolarmeer ist während des größten Teils des Jahres von Eis bedeckt, was dazu führt, dass Nahrungsquellen oft sehr spärlich zur Verfügung stehen. Eine wichtige Rolle als Nährstofflieferant spielen in diesen Regionen meist vulkanisch aktive Bereiche wie beispielsweise Unterwassergebirge.
Eine Forschungsgruppe um Antje Boetius vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie berichtet in einer aktuellen Studie von einem bisher unbekannten, einzigartigen Ökosystem in der Arktis. Die Forscher:innen fanden überraschenderweise ein massenhaftes Auftreten von mit Bakterien assoziierten Schwämmen auf einem lange erloschenen, vulkanischen Untersee-Berg des Langseth-Rückens (87°N, 61°O). Dieser Fund ist besonders, da die vulkanische Aktivität seit tausenden von Jahren erloschen und damit als Nährstofflieferant für die meisten Organismen nicht mehr nutzbar zu sein scheint. Durch unterschiedliche Untersuchungsmethoden fanden Antje Boetius und ihre Kolleg:innen heraus, dass die große Biomasse an Schwämmen sich wahrscheinlich vor allem dank der Hilfe autotropher (sich eigenständig ernährender) Symbionten von den organischen Überresten der einstigen Bewohner ernähren. Dieser Hotspot an Biomasse in diesem vermeintlich lebensfeindlichen Bereich zeigt erneut, wie wichtig die Erforschung verschiedenster mariner Ökosysteme ist, um die einzigartige Diversität der arktischen Region zu verstehen und schützen zu können.
Die zugehörige Pressemitteilung „Üppige Schwammgärten auf Untersee-Bergen in der arktischen Tiefsee entdeckt“ vom 08.02.2022 findet ihr beim Alfred-Wegner-Institut.
Die Original-Publikation “Giant sponge grounds of Central Arctic seamounts are associated with extinct seep life” findet ihr bei Nature Communications.
How to shape a future without mining
Pressemitteilung, 10.06.2021, Seas At Risk
A new paper published today by Seas At Risk warns about the disastrous environmental consequences of a new mining boom while showing how it can be prevented. Opening more mines on land and pushing mining into fragile ecosystems like the deep sea to fuel economic growth is not a realistic way forward. Concrete alternatives to this model already exist and can make mining unnecessary.
‘Breaking Free From Mining – A 2050 blueprint for a world without mining on land and in the deep sea’ shows the steps needed to move away from patterns that aggravate the environment and climate crises, and shift towards a more sustainable society equipped to tackle them and break free from its dependence on finite resources.
Mining is one of the world’s most polluting industries and a main contributor to climate change. The production of seven metals (iron, aluminium, copper, zinc, lead, nickel and manganese) is responsible for 7% of all greenhouse gas emissions and a major cause of biodiversity loss, human rights violations, political instability and forced displacements in the Global South.
As the environment and climate crises intensify, the much-needed transition to a carbon-neutral economy has focused mostly on technology and innovation fixes such as the large-scale deployment of renewable energy infrastructure, electric vehicles and digitalisation, all of which are metal-intensive. However, relying only on the ‘green economy’ transition without moving away from overconsumption and the paradigm of infinite economic growth requires vast amounts of metals and minerals for batteries, electronic devices or energy infrastructure. “Technology and innovation are an important part of the solution to the ongoing climate and biodiversity breakdown. But we also need much deeper social and economic change”, says Ann Dom, Senior Policy Advisor at Seas At Risk, “and this involves shaping a different narrative for a sustainable future”.
Without it, the expected growth in demand for metals would lead to more mines being opened on land and resource extraction being pushed into new frontiers such as the deep sea, the ecosystem that sustains all life on earth. Hundreds of new mines are being planned across Europe, while several European countries currently hold deep-sea mining exploration licences in international waters and could start mining operations as early as 2023 [1]. “Unless we bring about change”, explains Monica Verbeek, Executive Director at Seas At Risk, “metals are on course to becoming the fossil fuels of the 21st century”.
The paper sets out alternative pathways to a different society and economy, projecting the reader to 2050 and a world in which we have moved away from over-exploitation of natural resources, where primary metal extraction has become a thing of the past, and the deep sea has been safeguarded from ecosystem destruction.
Using a science- and fact-based approach, the paper identifies 2020 as a tipping point for mining and the beginning of the transition to a post-growth society. It discusses existing and emerging alternatives – including the end of planned obsolescence and the rise of repair, reuse and remanufacturing of goods; the shift to distributed energy generation; and mobility systems less reliant on private cars, among many others – and how they are to become instrumental in a fundamental transformation towards a society based on needs rather than growth, on wellbeing, and on the use of resources within the limits of our planet.
Sacrificing entire ecosystems on land and in the deep sea to fuel a new mining boom would not only exacerbate the planetary crisis, but is also unnecessary, as the fact-based alternative narrative presented in the paper showcases. As we work towards a world without fossil fuels, we can also imagine one without mining.
NOTES
[1] For more information on European countries’ involvement in deep-sea mining see Seas At Risk’s report ‘At a crossroads: Europe’s role in deep-sea mining’.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei Seas At Risk.
Deutschland hat im Winter 2022 bei den Verhandlungen im Rahmen des Rates der Internationalen Meeresbodenbehörde eine „precautionary pause“ beim Tiefseebergbau gefordert. Mehr darüber erfahrt ihr auf unserem Politik– und Tiefseeblog.
AWI: Polarstern startet Richtung Arktis
Pressemitteilung, 21. Mai 2021, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
Am Pfingstmontag, den 24. Mai 2021 startet die Polarstern Richtung Arktis. In der Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen werden gut 50 wissenschaftliche Fahrtteilnehmende die seit über 20 Jahren laufenden Langzeitbeobachtungen im sogenannten AWI HAUSGARTEN fortsetzen. Sie erforschen hier den Einfluss von Umweltveränderungen auf das arktische Tiefseeökosystem.
Die Arktis verändert sich: Steigende Wassertemperaturen und der Rückgang des Meereises bewirken dadurch Ökosystemverschiebungen im offenen Wasser und im tiefen Ozean. „Wir wollen die Änderungen im Ökosystem ermitteln und quantifizieren sowie Rückkopplungen auf ozeanographische Prozesse untersuchen“, sagt Dr. Thomas Soltwedel, Tiefseebiologe am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Leiter der Expedition. „Unsere Untersuchungen beinhalten die Identifizierung räumlicher und zeitlicher Entwicklungen in der Funktion ausgewählter Plankton- und Benthos-Gemeinschaften“, sagt Thomas Soltwedel, der am AWI die Sektion Tiefsee-Ökologie und -Technologie leitet. Die Beobachtungsdaten sollen zukünftig in ein umfassendes Repositorium einfließen, das sich derzeit im Aufbau befindet.
Die Expedition soll darüber hinaus genutzt werden, um weitere Installationen für das FRAM (FRontiers in Arctic marine Monitoring) Ozeanbeobachtungssystem aufzubauen. FRAM wird kontinuierliche Untersuchungen von der Meeresoberfläche bis in die Tiefsee ermöglichen und zeitnah Daten zur Erdsystem-Dynamik sowie zu Klima- und Ökosystem-Veränderungen liefern. „Daten des Beobachtungssystems werden zu einem besseren Verständnis der Veränderungen in der Ozeanzirkulation, den Wassermasseneigenschaften und des Meereisrückgangs sowie deren Auswirkungen auf das arktische, marine Ökosystem beitragen“, berichtet Thomas Soltwedel. Neben einem autonomen unbemannten Fluggerät (Unmanned Aerial Vehicle, UAV) setzt das Forschungsteam hierfür auch verschiedene autonome, in der Wassersäule agierende (Autonomous Underwater Vehicle, AUV) sowie auf dem Tiefseeboden operierende Unterwasserfahrzeuge (Benthic Crawler) ein. Darüber hinaus untersuchen die Forschenden den Eintrag von Plastikmüll in den Ozean. Dabei betrachten sie vertikale Plastikflüsse von der Meeresoberfläche zum Meeresboden und die Wechselwirkungen zwischen Plastik und marinen Organismen.
Die gut 50 wissenschaftlichen Fahrtteilnehmenden waren ebenso wie die gut 40 Polarstern Crewmitglieder rund zwei Wochen in strenger Quarantäne in einem Bremerhavener Hotel. Nach drei negativen Corona-PCR-Tests gibt es grünes Licht für den Expeditionsstart. Die Polarstern wird am 28. Juni in ihrem Heimathafen Bremerhaven zurückerwartet.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim AWI.
Mehr über den Eisbrecher Polarstern erfahrt ihr in unseren Beiträgen zur Jahrhundertexpedition MOSAiC.
Wohnort Plastikmüll: Neue Biodiversität in der Tiefsee
Pressemitteilung, 18.02.2021, Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Ein internationales Forscherteam findet einen neuen Hotspot der Biodiversität – und zwar ausgerechnet im Plastikmüll, der sich seit Jahrzehnten in den Tiefseegräben der Erde ansammelt. An der Bestimmung der Müllbewohner war auch der SNSB-Zoologe Bernhard Ruthensteiner beteiligt. Ihre Erkenntnisse veröffentlichten die Wissenschaftler*innen kürzlich in der zoologischen Fachzeitschrift Environmental Science & Technology Letters.
Plastikmüll in den Ozeanen der Erde sammelt sich auch in der Tiefsee und gefährdet die dort lebenden Organismen. Forscher berichten, dass sich Anhäufungen von größeren Plastikteilen über Jahrzehnte hinweg sogar in Tiefseegräben finden. Laut einer neuen Studie entwickelt sich in den untermeerischen Müllansammlungen allerdings ein artenreiches Ökosystem. Die Wissenschaftler*innen sprechen von einem „neuen Hotspot der Biodiversität“.
Ein internationales Forscherteam um Xikun Song von der Universität Xiamen in China, ehemaliger Gastwissenschaftler an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) hat nun unter anderem Plastikmüll in einem Tiefseegraben im Südchinesischen Meer mit Hilfe eines bemannten Tauchboots untersucht. In einer Tiefe von 1.700-3.200 m lagern dort rund 52.000 Plastikteile pro Quadratkilometer.
Den Forscher*innen gelang es insgesamt 33 Plastikstücke aus Tiefen bis zu 3.200 m vom Meeresboden an die Oberfläche zu befördern. Interessant für die Zoolog*innen war aber nicht der Müll an sich, sondern die insgesamt fast 1.200 Organismen, die offensichtlich auf und in den Lebensmittelverpackungen, Tüten oder Flaschen lebten.
Im Gegensatz zu bisherigen Studien zu Tiefseeplastik wurde hier eine genaue Erfassung der assoziierten Fauna vorgenommen. Zur Bestimmung wurden unter anderem modernste molekularbiologische und bildgebende Methoden herangezogen. Hierbei war auch der Münchner Zoologe Bernhard Ruthensteiner, Kurator an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM), beteiligt – bestimmte Organismengruppen konnten insbesondere mit Hilfe von Mikro-Computertomographischen 3D Rekonstruktionen identifiziert werden. Insgesamt fanden die Forscher*innen 49 Arten von auf dem Meeresboden lebenden Organismen. Darunter waren etliche festsitzend lebende Tiere wie Pilze, Korallen oder Seepocken, aber auch freilebende parasitische Flachwürmer und Schnecken. Häufigste Bewohner waren die festsitzenden Polypen von Schirmquallen (Scyphozoa) sowie zumeist noch nicht ausgewachsene Armfüßer (Brachiopoden), das sind Schalentiere, die äußerlich den Muscheln ähneln. „Die Formenfülle aber auch die Individuendichte auf einzelnen Stücken hat uns überrascht. Auffallend häufig waren Reproduktionsstadien wie Schneckeneier oder die Bildungsstadien von Quallen“, erklärt Bernhard Ruthensteiner.
Die Forscher*innen vermuten, dass die Ansammlungen von Plastikmüll in der Tiefsee die Ausbreitung bestimmter Meeresorganismen fördern und damit auch zu Veränderungen in Meeresökosystemen führen können.
Diese Pressemitteilung findet ihr bei idw – Informationsdienst Wissenschaft
Erfahrt mehr über die Tiefsee bei unserer Kampagne DEEP SEA und in unserem Tiefseeblog.
Schätze am Meeresboden schützen
Pressemitteilung, 10.02.2021, WWF
WWF: Tiefseebergbau ist eine vermeidbare Umweltkatastrophe / Weltweites Moratorium gefordert
Der heute veröffentlichte WWF-Bericht „In Too Deep: What We Know, And Don’t Know, About Deep Seabed Mining“ skizziert die wichtigsten ökologischen und sozialen Risiken des Tiefseebergbaus, die mit der Zulassung dieser Industrie verbunden wären. Laut WWF hätte der kommerzielle Abbau von marinen mineralischen Rohstoffen wie Kobalt, Lithium und Nickel in Tausenden Metern Wassertiefe aller Voraussicht nach zerstörerische Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Artenvielfalt der Tiefsee.
Auch die globale Fischerei, Lebensgrundlage von weltweit etwa 200 Millionen Menschen, insbesondere in Entwicklungsländern, könnte beeinträchtigt werden. Außerdem könnten großflächige Eingriffe am Meeresgrund die Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe im Meer gefährden.
„Einige industrielle Akteure behaupten, dieser Rohstoffabbau in der Tiefsee sei notwendig, um die Nachfrage nach Mineralien zu befriedigen, die in Batterien für Elektroautos und in den elektronischen Geräten in unseren Taschen stecken. Aber hier sind die Prioritäten wohl falsch gesetzt“, sagt Tim Packeiser, WWF-Experte für Tiefseebergbau. „Wir können unsere bereits belasteten Meere nicht noch weiter zerstören. Stattdessen sollten vorhandene Materialien besser recycelt werden. Statt einen Run auf die Tiefsee zu eröffnen, müssen wir in die Entwicklung rohstoffsparender Produktionsweisen und alternativer Produkte investieren und insgesamt unseren Verbrauch senken.“ Die Unterstützung des industriellen Tiefseebergbaus läuft der Idee einer Kreislaufwirtschaft und den Zielen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zuwider.
Auch die Behauptungen von Tiefseebergbau-Akteuren hinsichtlich der Möglichkeiten, Umweltschäden zu mindern, betrachtet der WWF skeptisch. „Angesichts der Langsamkeit der Tiefseeprozesse ist es unwahrscheinlich, dass sich zerstörte Lebensräume innerhalb menschlicher Zeiträume erholen. Vorsorge muss deshalb das leitende Prinzip für alles Handeln in der Tiefsee sein“, betont Tim Packeiser. Durch Bergbauaktivitäten am Meeresgrund aufgewirbelte Sedimente und der Wiedereintrag von Abraum ins Meer können riesige Trübungswolken bilden, die mit den Meeresströmungen weit über die eigentlichen Abbaugebiete hinausgetragen werden. Letztlich tragen die Allgemeinheit und der gesamte Planet die Risiken, während sich die wirtschaftlichen Vorteile des Tiefseebergbaus auf wenige Unternehmen beschränken werden. Dabei gilt der Meeresboden außerhalb nationalstaatlicher Grenzen laut Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen als „Gemeinsames Erbe der Menschheit“.
Der WWF fordert ein weltweites Moratorium für den Tiefseebergbau, bis die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen umfassend verstanden sind und bis bewiesen ist, dass Tiefseebergbau in einer Weise betrieben werden kann, die den effektiven Schutz der Meeresumwelt gewährleistet und den Verlust der Artenvielfalt verhindert. Zudem sollten zuvor alle alternativen Möglichkeiten, unseren Rohstoffverbrauch durch Kreislaufwirtschaft zu minimieren, ausgeschöpft werden. „Mit dem Wissensstand von heute ist Tiefseebergbau ein unverantwortliches Risiko. Bevor nicht bewiesen ist, dass großflächiger Rohstoffabbau ohne erhebliche Auswirkungen auf die hochsensiblen Lebensgemeinschaften der Tiefsee betrieben werden kann, darf gar nicht erst damit begonnen werden. Die Tiefsee selbst ist der Schatz“, so Tim Packeiser.
Diese Pressemitteilung und den zugehörigen WWF Report „In Too Deep: What We Know, And Don’t Know, About Deep Seabed Mining“ findet ihr beim WWF.
Weitere Informationen zum Tiefseebergbau könnt ihr bei unserer Kampagne DEEP SEA und in unserem Tiefseeblog nachlesen.
Tiefsee hautnah – Abtauchen in unbekannte Welten
Der Mount Everest ist mit einer Höhe von fast 9.000 Metern der höchste Berg der Welt. Im Vergleich dazu liegt der tiefste Punkt im Ozean, der Mariannengraben, 11.000 Meter unter der Wasseroberfläche. Solch enorme Tiefen sind kaum vorstellbar – vor allem, wenn man bedenkt, dass wir schon für einen 18 Meter tiefen Tauchgang einen Tauchschein benötigen. Selbst der Weltrekord im Gerätetauchen von 332 Metern kann im Vergleich zur Tiefe der Meere nur belächelt werden.
Die Tiefsee ist für uns kaum greifbar, da sie auf den ersten Blick so wenig mit unserem Leben an Land zu tun hat. Doch sie spielt eine wichtige Rolle für das globale Klimagleichgewicht und ist ein großer CO2-Speicher. Um uns diese unbekannte Welt näher zu bringen, hat sich Künstler Neal Agarwal etwas Besonderes ausgedacht.
Seine Webseite zum Thema Meere besteht aus einem Tiefenprofil des Ozeans. Durch einfaches Scrollen kann in die unendlichen Weiten des Meeres abgetaucht werden. Auf dem Weg bis ganz nach unten begegnen uns viele Lebewesen, die in entsprechenden Tiefen anzutreffen sind. So gelingt es Neal Agarwal die tatsächliche Tiefe der Ozeane anschaulich zu vermitteln. Es dauert nämlich eine Weile, bis man am tiefsten Punkt ankommt.
Je weiter man scrollt, desto dunkler wird es. Schon ab 200 Metern beginnt die aphotische Zone, zu der kein Tageslicht mehr vordringt und somit keine Photosynthese stattfinden kann. Dennoch trifft man hier mehr Lebewesen an, als viele erwarten würden. Der aus „Findet Nemo“ bekannte Tiefsee-Anglerfisch hält sich im Vergleich zu seinen Tiefseekollegen in seichtem Gewässer von 300 bis 4.000 Metern auf. Der Blobfisch mit einem Körper aus gallertartiger, weicher Masse „blobt“ and Land schlichtweg auf, weil er lediglich auf die extremen Druckverhältnisse der Tiefsee angepasst ist. Auch der Gespensterfisch macht seinem Namen alle Ehre. Seine Kopfoberseite ist transparent. Seine Augen – die wider Erwarten nicht die beiden schwarzen Punkte oberhalb seines Mauls sind – liegen im Kopf und zeigen nach oben.
Obwohl Neal Agarwal einige Tiefseewesen darstellt, handelt es sich bei den dargestellten Organismen nur um einen Bruchteil. Eben weil die Tiefsee so unergründlich und weit ist, bleibt sie weitestgehend unerforscht. Wir wissen heute z. B. mehr über den Mond als über die Tiefsee.
Wer auch mal kurz in die Tiefen der Meere abtauchen möchte, findet „The Deep Sea“ auf der Webseite des Künstlers.