Tiefsee

Das unerforschteste und unereichbarste Ökosystem der Erde birgt Wunder und Überraschungen.
Doch sind wir dabei, es irreversibel zu zerstören.

Sinkende Sterne: Tiefseebergbau bedroht Seesternverwandte

Ein Schlangenstern am Grund

© Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Pressemitteilung, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, 22.10.2019

Potentielles Abbaugebiet von Manganknollen ist der Lebensraum einer bislang unbekannten Vielfalt von Schlangensternen

Senckenberg-Wissenschaftler:innen haben mit australischen Kollegen eine hohe Artenvielfalt von Schlangensternen in der „Clarion Clipperton Zone“ im östlichen Pazifik entdeckt – ein Tiefsee-Gebiet, das bereits von Bergbauunternehmen für kommerzielle Explorationszwecke aufgeteilt wurde. In der kürzlich im Fachjournal „Current Biology“ erschienenen Studie berichten die Forschenden von mehreren neuen Arten der Seestern-Verwandten und warnen vor einem Verlust der bislang unbekannten Biodiversität am Meeresboden.

Zwischen Hawaii und Mexiko liegt ein etwa 7.000 Kilometer langes Gebiet, dessen Meeresboden reich an Manganknollen und damit wertvollem Rohstoffe wie Nickel, Cobalt und Mangan ist. Mehrere Staaten – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland – haben bereits Explorationslizenzen für das als „Clarion Clipperton Zone“ bekannte Areal erworben.

„Obwohl es hier bereits konkrete Abbaupläne für Manganknollen gibt, ist die Zone hinsichtlich ihrer Artenvielfalt noch längst nicht vollständig erforscht“, erklärt Dr. Magdalini Christodoulou vom Deutschen Zentrum für Marine Biodiversitätsforschung bei Senckenberg am Meer und fährt fort: „Sinnvolle Schutzkonzepte können aber erst mit diesem grundlegenden Wissen entwickelt werden!“

Die Wilhelmshavener Wissenschaftlerin hat gemeinsam mit Senckenberger Prof. Dr. Pedro Martinez Arbizu und ihren australischen Kollegen Dr. Timothy O’ Hara und Dr. Andrew Hugall vom Museums Victoria in Melbourne die Vielfalt von Schlangensternen (Ophiuroidea) in der Clarion Clipperton Zone untersucht. „Anhand von Probenmaterial aus sieben Expeditionen konnten wir mehrere bislang in der Tiefsee unbekannte Arten dieser engen Verwandten der Seesterne beschreiben“, so Christodolou. Dabei setzte das Team genetische Methoden ein, um auch schon juvenile Schlangensterne und Larven der fünfstrahligen Tiere zu identifizieren.

Insgesamt fand das Team 42 Schlangenstern-Arten, von denen die meisten wissenschaftlich unbeschrieben sind. Einige der Tiere gehören zu neuen Abstammungslinien, welche sich laut der Studie seit mehr als 70 Millionen Jahren in der Tiefsee entwickelt haben.

„Es ist bemerkenswert, dass selbst die Diversität großer Meerestiere, wie der Schlangensterne, bisher in der Tiefsee nahezu unbekannt ist“, resümiert Martinez Arbizu und warnt: „Der Mangel an solch grundsätzlichen Informationen zu Beginn des kommerziellen Abbaus von Mangangknollen, kann zum Verlust von Arten führen, bevor sie beschrieben oder gar entdeckt wurden. Bis sich das Ökosystem vom Bergbau erholt hat können zudem hunderte Jahre vergehen!“

Publikation
Magdalini Christodoulou, Timothy D. O’Hara, Andrew F. Hugall, Pedro Martinez Arbizu (2019): Dark Ophiuroid Biodiversity in a Prospective Abyssal Mine Field, Current Biology, 2019, https://doi.org/10.1016/j.cub.2019.09.012.

Diese Pressemitteilung findet ihr auf der Website des Senckenberg Museum Frankfurt.

Wer mehr über das faszinierende Leben in den Tiefen der Meere erfahren und wissen möchte, wie wir diese unberührte Welt schützen können, findet dazu einiges auf unserer Tiefseeseite. DEEPWAVE ist Mitglied der Deep Sea Conservation Coalition.
Und verbreitet gerne das Seas at Risk Video Deep sea mining!? Leave my down below alone!

Deep sea mining!? Leave my down below alone!

Die Organisation Seas at Risk zeigt mit ihrem Cartoon-Video: „Deep sea mining!? Leave my down below alone!“ auf humorvoll provokante Weise die Bedrohung durch den international geplanten Tiefseebergbau.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://www.youtube.com/watch?time_continue=213&v=JsA0emd2FNw

Quelle: Seas at risk auf YouTube

Ein weiteres Video von Seas at Risk mit dem Themenpunkt Plastikverschmutzung ist in einem weiteren unserer Posts zu finden. Mehr zum Thema Tiefsee gibt es bei unserer DEEP SEA Kampagne.

IUCN Bericht: Die Zukunft des Tiefseebergbaus

Man schaut vom dunklen Meeresgrund auf nach oben an die helle Wasseroberfläche, ein paar Fische schwimmen herum

© PublicDomainPictures / Pixabay

Wenn wir an die Tiefsee denken, verbinden wir diesen einzigartigen Lebensraum häufig mit Kälte und Dunkelheit. Was zunächst trist und leer zu sein scheint, beherbergt aber eine erstaunliche Vielfalt von Arten. Auch der 2018 erschienene Bericht der IUCN bezeichnet die dort auffindbaren Ökosysteme als einzigartig und wertvoll. Die Autoren des Reports betonen, dass wir viele Arten und Lebensräume der Meere durch unseren rücksichtslosen Umgang mit unserer Umwelt an den Rand der Zerstörung geführt haben. Da das kommerzielle Interesse an den Rohstoffen der Tiefseeböden zunimmt, ist es dringend notwendig, die Ausbeutung und Zerstörung der Tiefsee zu verhindern.

Im Mittelpunkt des Berichts stehen daher die möglichen Folgen des Tiefseebergbaus, sowie Ansätze zur Überwachung eines nachhaltigen Tiefseebergbaus. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die geografischen sowie geologischen Besonderheiten der potenziellen Abbaugebiete und die zugehörigen rechtlichen Richtlinien. Zudem werden unterschiedliche Abbautechnologien beschrieben, wobei auch Umweltparameter wie extremer Druck und enorme Tiefen eine Rolle spielen, da sie das Unterfangen erschweren könnten.

Die Autoren des Berichts betonen, dass die Folgen für die Ökosysteme zum Teil sehr schwer einzuschätzen sind und dringlichst Daten erhoben werden müssen. Studien zeigten bereits, wie verheerend eine Umschichtung der Sedimente im Meeresboden die Habitate und die Biodiversität beeinträchtigen. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die Veränderungen der Artenstruktur im Abbaugebiet irreversibel sein könnten. Dabei handelt es sich allerdings nur um einen von vielen möglichen Störungen der sensiblen Habitate.

Verschiedene Interessensgruppen und Institutionen müssen Hand in Hand arbeiten, um die Herausforderungen zu lösen, die ein möglicher Tiefseebergbau birgt. Solange dies nicht gewährleistet ist im Sinne des Lebensraums Tiefsee, kann nicht von einem nachhaltigen und verantwortungsvollen Abbau gesprochen werden.

Den gesamten Bericht „Deep seabed mining“ könnt ihr bei IUCN herunterladen.

Warum Forscher mehr Schutzgebiete in der Tiefsee fordern, könnt ihr in unserem Tiefseeblog nachlesen. Auch bei unserer Kampagne DEEP SEA findet ihr weitere Informationen zum Tiefseebergbau.

Forschende warnen vor Tiefsee-Goldrausch

Unterwasseransicht von Manganknollenfeld

© CC BY-SA 3.0 / Wikimedia Commons

Angesichts der immer weiter voranschreitenden Pläne für einen baldigen Start des Tiefseebergbaus haben Wissenschaftler:innen und Politikexpert:innen der Universität Exeter und Greenpeace eine neue Studie veröffentlicht. In ihr sprechen sie Empfehlungen aus, wie die Menschheit Umweltschäden durch Tiefseebergbau verhindern kann. Im Vordergrund steht dabei der Schutz der Biodiversität der Tiefsee. EurekAlert! hat dazu folgende Pressemitteilung veröffentlicht:

Warning over deep-sea „gold rush“

Pressemitteilung, 17.08.2018, EurekAlert!

A „gold rush“ of seabed mining could lead to unprecedented damage to fragile deep-sea ecosystems, researchers have warned. With major decisions on the future of seabed mining expected in 2019-20, scientists and policy experts from the University of Exeter and Greenpeace have recommended a range of measures to prevent environmental damage. They say deep-sea ecosystems currently need more protection, rather than new threats. They also argue that mining in the deep sea (depths below 200m) could be avoided altogether if humanity moved towards a „circular economy“ that focuses on reuse and recycling of metals, reduces overconsumption and limits built-in obsolescence of technology.

„This ‚gold rush‘ is being driven by our ever-growing demand for minerals,“ said Dr David Santillo, a marine biologist and senior Greenpeace scientist based at the University of Exeter. „Should we allow seabed mining – with the risk it poses to deep-sea ecosystems – or should we focus instead on reducing this demand for virgin minerals?“ The scientists also call for an improved network of Marine Protected Areas, strict regulations and monitoring of all human activities on the seabed, and far greater transparency on the costs and benefits of any proposed mining. „The deep sea is beyond the jurisdiction of any single state and we need more joined-up global governance to prevent biodiversity loss from human activities“, said Dr Kirsten Thompson, a marine biologist at the University of Exeter and co-author on the study. „Some areas targeted for seabed mining are known to be hotspots for biodiversity, including habitat for endemic corals and nursery grounds for sharks.“

The paper, published in the journal Frontiers in Marine Science, gives an overview of the current state of regulations and their likely effectiveness, with the aim to stimulate wider discussion before the International Seabed Authority reaches any decisions to allow commercial mining of the seafloor. „Many marine scientists are concerned that, once the first commercial contract for mining is issued, there will be no going back,“ said Kathryn Miller, a co-author on the study. „Before that happens, we should be absolutely certain that we have looked carefully at all the other options for a more sustainable future.“

The study recommends:

  • Sustainability: Create a „circular economy“ based on reuse and recycling, extending product lifespans and discouraging overconsumption.
  • Monitoring: Robust monitoring and research of deep-sea ecosystems through an international ocean agency.
  • Protection: Establish a coherent network of Marine Protected Areas.
  • Transparency: Inform the global community, including all indigenous groups and small-island states, of the costs and benefits of proposed activity according to the United Nations convention stipulation that activities in the deep sea must be carried out for „the benefit of mankind“.
  • Legislation: Strict regulations to prevent harm to ecosystems must be enforced by the regulatory body and be independently verified.

The study follows a previous paper that suggested seabed mining could do irreversible damage to deep-sea ecosystems.

Diese Pressemitteilung vom 17.08.2018 findet ihr bei EurekAlert!.

Das Paper Seabed mining and approaches to governance of the deep seabed findet ihr bei Frontiers in Marine Science.

Auch in Anbetracht der Tatsache, dass die bisher erschlossenen Erdölvorkommen immer kleiner werden, rückt der Abbau der riesigen Ölfelder in der Tiefsee in den Fokus der Unternehmen.

Nein zum Raubbau an der Tiefsee

Mehrere Tiefseekorallen wachsen vom Grund der Tiefsee

© NOAA Office of Ocean Exploration and Research / Wikimedia Commons

Das erste Tiefseebergbauprojekt „Solwara 1“ soll  in diesem Jahr am Boden der Bismarcksee vor Papua-Neuguinea starten. Auf der Suche nach Manganknollen, kobaltreichen Eisen- und Mangankrusten, Massivsulfiden und Erzschlämmen – ein unsicheres Investment. Das geplante Ausbeutungsgebiet beträgt etwa 140000 Quadratmeter und ist Teil eines ökologisch sehr sensiblen Lebensraums, der auch ein wichtiges Fanggebiet für viele Kleinfischer*innen ist. Der Rohstoffverbauch muss in Deutschland und in Europa auf ein nachhaltiges Maß reduziert werden, stattdessen unterstützt die Bundesregierung Industrie- und Forschungsvorhaben, die den Tiefseebergbau massiv vorantreiben, um auch die unerforschtesten Lebensräume unseres Planeten wirtschaftlich zu nutzen. Jedoch ist nicht nur der wirtschaftliche Ertrag beim Tiefseebergbau mehr als fraglich, sondern auch die Folgen für das gesamte Ökosystem und seine Bewohner.

„Tiefseebergbau ist in diesem Sinne eine Risikotechnologie und steht für den Wunsch nach unbegrenztem Wachstum, nicht für eine vorsorgende Politik“ – Kai Kaschinski (fair-oceans).

Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN), 13.06.2018, Autor: Hans-Christoph Neidlein

Den zugehörigen Artikel von Hans-Christoph Neidlein vom 13.06.2018 findet ihr bei der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN).

Für weitere Informationen, schaut bei unserer Kampagne zum Tiefseebergbau DEEP SEA vorbei.

 

 

 

Selbst Flohkrebse in der Tiefsee nehmen Plastikmüll auf

Flohkrebse: rosafarbener Flohkrebs vor schwarzem Hintergrund

© Hans Hillewaert / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

Ein Forschungsteam der „Newcastle University“ hat eine Studie über den Einfluss von Plastikmüllverschmutzung auf Amphipoden (Flohkrebse) veröffentlicht. Dafür entnahmen sie Flohkrebse in sechs verschiedenen Tiefsee-Gräben. Die Ergebnisse sind schockierend: selbst im Marianengraben, dem tiefsten Punkt des Ozeans, hatten alle Exemplare Mikroplastik in ihrem Körper. Die Studie zeigt, dass kein marines Ökosystem auf der Welt mehr unberührt ist. Immer mehr Hinweise deuten darauf, dass die Tiefsee, als größter Lebensraum, auch das größte Reservoir für Plastikmüll sein könnte. Die Amphipoden stehen ganz unten in der Nahrungskette und werden von vielen anderen Meerestieren gefressen. Wenn sie Mikroplastik essen, wirkt sich das auf das ganze Ökosystem aus und auch wir Menschen nehmen die Gifte zu sich, wenn wir Meerestiere essen, da die Plastikfasern sich mit Chemikalien – zum Beispiel PCB – anreichern können. Diese Studie sollte ein alarmierendes Signal sein, unseren Plastikkonsum drastisch zu reduzieren.

Den Artikel Study: Every Animal Pulled Up From The Deepest Trenches Of The Ocean Had Plastic In Its Gut von Ed Yong vom 27.02.2019 findet ihr bei The Atlantic.

Weitere Informationen über die Studie der „Newcastle University“ findet ihr auf der Internetseite der Royal Society.

Tauch­ro­bo­ter MARUM-QUEST erst­mals in ant­ark­ti­schen Ge­wäs­sern

Das deutsche Forschungsschiff Polarstern in der zentralen Arktis, Aufnahme von der Sommer-Expedition 2015

© Alfred-Wegener-Institut / Mario Hoppmann (CC-BY 4.0)

Pressemitteilung, 11.04.2019, MARUM

Wo Erd­plat­ten auf­ein­an­der­tref­fen, ist die Erde in Be­we­gung. Eine Ex­pe­di­ti­on mit dem For­schungs­schiff PO­LAR­STERN will die­se Ak­ti­vi­tä­ten im Süd­po­lar­meer nä­her un­ter­su­chen. Im Fo­kus der MARUM-Fahrt ste­hen da­bei vor al­lem kal­te und hei­ße Quel­len. Zum ers­ten Mal wird der Tauch­ro­bo­ter MARUM-QUEST im Süd­po­lar­meer ein­ge­setzt. Der Ex­pe­di­ti­ons­be­ginn ist für den 13. April 2019 ge­plant.

Es ist nicht die ers­te Ex­pe­di­ti­on von Fahrt­lei­ter Ger­hard Bohr­mann und sei­nem Team ins Süd­po­lar­meer. Be­reits seit 2012 be­schäf­ti­gen sich die For­schen­den mit der Fra­ge, wie Flui­de und Gase an hei­ßen und kal­ten Quel­len ent­lang der Sand­wich Plat­te zir­ku­lie­ren. Die Sand­wich Plat­te ist mit 350 Ki­lo­me­tern West-Ost- und cir­ca 550 Ki­lo­me­tern Nord-Süd-Er­stre­ckung zwar eine re­la­ti­ve klei­ne Plat­te, aber sie ist zwi­schen der Süd­ame­ri­ka­ni­schen und der Ant­ark­ti­schen Groß­plat­te der ak­tivs­te Erd­krus­ten­be­reich. Die Sand­wich Plat­te ent­steht durch Sprei­zung und Vul­ka­nis­mus am Ost-Sco­tia Rü­cken. Sie wan­dert nach Os­ten, wo sie mit der Süd­ame­ri­ka­ni­schen Plat­te kol­li­diert. Ein Tief­see­gra­ben von acht Ki­lo­me­tern Was­ser­tie­fe und eine Ket­te von ak­ti­ven, teil­wei­se In­sel-bil­den­den Vul­ka­nen sind die Fol­ge.

In die­sem Ge­biet lie­gen ein­zig­ar­ti­ge che­mo­syn­the­tisch-le­ben­de Öko­sys­te­me an den hei­ßen Quel­len so­wohl am Rü­cken als auch an Un­ter­was­ser­vul­ka­nen des Süd-Sand­wich In­sel­bo­gens. Zu­dem ver­mu­ten die For­schen­den hier kal­te Quel­len. So­wohl an hei­ßen wie an kal­ten Quel­len tre­ten Flui­de und Gase aus – Ziel der Fahrt ist es, bei­de Sys­te­me ge­nau­er zu un­ter­su­chen und mit­ein­an­der zu ver­glei­chen. Da­für wird jetzt zum ers­ten Mal in der Süd­po­lar­re­gi­on der fern­ge­steu­er­te Tauch­ro­bo­ter MARUM-QUEST ein­ge­setzt.

Or­ga­nis­men der hei­ßen und kal­ten Quel­len be­kom­men ihre En­er­gie aus che­mi­schen Ver­bin­dun­gen der Flui­de an den Aus­tritts­stel­len. Ge­ra­de die geo­gra­fi­sche Nähe ei­nes Sprei­zungs­rü­ckens zu ei­ner Sub­duk­ti­ons­zo­ne macht das Ziel­ge­biet be­son­ders in­ter­es­sant für das Ex­pe­di­ti­ons­team. Da­bei wird ein mul­ti­dis­zi­pli­nä­rer An­satz ver­folgt, be­tei­ligt sind Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten aus Geo­lo­gie, Geo­che­mie, Bio­lo­gie, Mi­kro­bio­lo­gie und ma­ri­ner Bio­geo­gra­phie. Wäh­rend der Rei­se wer­den au­ßer­dem zum ers­ten Mal Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler mit ein­ge­bun­den, die statt an Bord am MARUM – Zen­trum für Ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men die Tauch­gän­ge ver­fol­gen und so ihre Ex­per­ti­se mit ein­brin­gen.

Die Ex­pe­di­ti­on PS119 wird in den kom­men­den Jah­ren auch in Aus­stel­lun­gen the­ma­ti­siert, dazu lau­fen Ko­ope­ra­tio­nen mit dem In­ter­na­tio­na­len Ma­ri­ti­men Mu­se­um Ham­burg, dem Hum­boldt La­bor im Hum­boldt Fo­rum und dem Lok­schup­pen Ro­sen­heim.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim MARUM.

Tag des Artenschutzes: Tiefseefisch – Orange Roughy

Drei Orange Roughy liegen auf einem Tisch und werden vermessen

© CSIRO / Wikimedia Commons (CC-BY 3.0)

Alljährlich findet am 3. März der Tag des Artenschutzes statt, der aus dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) von 1973 hervorgeht.

Zum diesjährigen Tag des Artenschutzes stellen wir euch den Granatbarsch – oder auch Orange Roughy – vor. Ein Sinnbild für das Leben in der Tiefsee. Die Tiefsee – tiefer, dunkler und  langsamer. Der größte Lebensraum unseres Planeten, der früher durch seine besonderen Lebensbedingungen als lebensfeindlich galt. Orange Roughy hat sich jedoch, so wie viele andere Lebewesen, perfekt an die Kälte, den hohen Druck und die ewige Dunkelheit der Tiefsee angepasst.

In bis zu 1800 Metern Tiefe gleitet er langsam durch den lichtlosen Ozean, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Er hat einen extrem langsamen Stoffwechsel, der dazu führt, dass er erst sehr spät geschlechtsreif wird und sich somit auch nur langsam reproduzieren kann.  Bis zu 150 Jahre kann der orange-rote Fisch die Tiefen unseres Planeten durchqueren. Die ZEIT hat Orange Roughy nicht ohne Grund den „Entdecker der Langsamkeit“ getauft.

Der Knochenfisch, der älter wird als unsere Großeltern, landet in Ländern wie USA, Australien, China, aber auch in Deutschland auf den Speisekarten. Er fällt der steigenden Nachfrage nach Fisch zum Opfer. Er stirbt und endet im Magen von Menschen, die diesen besonderen Fisch gerne verspeisen oder er wird als Beifang der industriellen Fischerei unabsichtlich gefangen, wenn er nicht dem erhofften Fang entspricht aufgrund seiner Spezies, Größe oder Qualität, sterbend wieder ins Meer geworfen.

Seit 2016 tragen drei neuseeländische Fischereien das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) für nachhaltige Fischerei, die insgesamt für mehr als die Hälfte des örtlichen Fangs von Granatbarschen verantwortlich sind. Wie ist das möglich?  Tiefseelebewesen wie Orange Roughy werden mit Grundschleppnetzen gefangen, die gleichzeitig die Jahrhunderte alten empfindlichen Kaltwasser-Korallenriffe der Tiefsee zerstören.  Kann er überhaupt „nachhaltig“ gefangen werden, wenn durch die angewandten Tiefseefangmethoden gleichzeitig sein Lebensraum zerstört wird? Was ist, wenn sich die Granatbarsche und ihr Lebensraum trotz der Auflagen des MSCs nie wieder erholen?

Können wir als Gäste des Planeten Erde unser Bedürfnis diesen Fisch zu essen über das Leben eines Lebewesens stellen, das mehr als doppelt so alt wird wie wir? Wir sind in den Ländern, in denen Orange Roughy gegessen wird, nicht auf Fische als Proteinquelle angewiesen. Auf wie viel verzichten wir wirklich, wenn wir nicht mehr uralte Lebewesen aus den unbekannten Tiefen des Ozeans rauben, um unsere Vorliebe für besonderes Fischfilet zu befriedigen?

Orange Roughy steht für die Tiefsee. Eine geheimnisvolle und artenreiche Welt, die wir in ihrer Komplexität noch nicht erfasst haben. Müssen wir das, bevor wir anfangen sie zu schützen? Nein, wir müssen nicht alle Vorgänge und Mechanismen in der Tiefsee verstehen, um sie sinnvoll schützen zu können. Klar ist, wenn wir so weitermachen, werden wir nicht mehr alle Wunder der Tiefsee entdecken…

3.März – Ein Tag, an dem wir unsere täglichen Entscheidungen überdenken müssen, die das Leben vieler Lebewesen gefährden, sowohl in den Tiefen des Ozeans, als auch auf dem ganzen Planeten Erde.

Johan Busse von Colbe für DEEPWAVE

 

 

The future of deep seabed mining

drei riesengroße Maschinen im Watt, die für den Tiefseebergbau eingesetzt werden© Nautilus Minerals

“Our current knowledge of the deep sea is not sufficient to protect the unique species that live there from mining operations. It is alarming to see contracts being granted for these still largely unexplored and vulnerable areas. We need a 10-year moratorium on seabed mining exploitation.” -Carl Gustaf Lundin, Direktor der International Union for Conservation of Nature’s (IUCN) of Global Marine and Polar Programme.

Diese Woche tagt die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA), um gemeinsam mit der Industrie Richtlinien für die Zukunft des Tiefseebergbaus zu entwickeln. Eine Publikation von Jessica Aldred vom Chinadialogue ocean aus dem Jahr 2019 befasste sich mit der komplexen Natur des Tiefseebodens, der als mineralienreiche Ressource das Potenzial für zukünftigen Reichtum birgt, aber zu welchem Preis? Die Frage der Rechtsprechung, dass der Meeresboden außerhalb der Grenzen eines Landes liegt, hat zu Missständen geführt, da Länder wie Japan Tiefseeböden innerhalb ihrer kontinentalen Gewässer besitzen und diese ausbeuten dürfen, während andere Länder diese „Möglichkeit“ nicht haben. Diese und andere Fragen sollten auf der jüngsten Sitzung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) diskutiert werden, um einen Verhaltenskodex für die verantwortungsvolle Nutzung der Ressourcen des Tiefseebodens auf umweltverträgliche Weise zu erarbeiten.

Den gesamten Artikel von Jessica Aldred vom 25.02.2019 findet ihr bei Chinadialogue ocean.

IUCN, International Union for Conservation of Nature: https://www.iucn.org/

Weitere Informationen über die Tiefsee findet ihr bei unserer Kampagne zum Tiefseebergbau DEEP SEA.

Fangquoten 2019/2020 für Tiefseefische festgelegt: EU umschifft eigenen Nachhaltigkeitsstandard

Die EU hat die aktuellen Fangquoten für einige Tiefseefischarten im Nordostatlantik beschlossen. Dabei geht es unter anderem um folgende Fischarten: Tiefseehai, Schwarzer Degenfisch, Kaiserbarsch, Rundnasen-Grenadier und Rote Fleckbrasse.

20.11.2018 Pressemeldung von Slow Food Deutschland:

Tiefsee-Fanggrenzen 2019/2020: EU umschifft eigenen Nachhaltigkeitsstandard

20.11.2018 – Die Fischereiminister der EU, darunter Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, haben über die Fanggrenzen für wirtschaftlich bedeutende Bestände von Tiefseefischarten für 2019 und 2020 entschieden – darunter die für Deutschland relevanten Arten Schwarzer Degenfisch, Rundnasengrenadier und Gabeldorsch. „Herzstück der Gemeinsamen Fischereipolitik ist das rechtlich verbriefte Ziel nachhaltiger Nutzungsgrade für alle fischereilich genutzten Populationen bis 2020. Dieser sogar global geltende Nachhaltigkeitsstandard wurde nun umschifft, indem zahlreiche Fanggrenzen einfach aufgehoben wurden“, so Nina Wolff, Fischerei-Expertin von Slow Food Deutschland.

Die Tiefsee zählt zu den empfindlichsten Bereichen der Meere. Sie birgt eine Fülle von Lebewesen und Lebensräumen. Vieles davon ist uns Menschen noch unbekannt. Trotzdem fischen industrielle Fischereiflotten, auch aus EU-Ländern, in diesen Gefilden, weil sie in einigen Küstengewässern Europas nicht mehr ausreichend Fang und Gewinne erzielen. Viele Tiefseefische jedoch reproduzieren sich langsamer als andere Fischarten. Sie sind entsprechend anfällig für Überfischung. Einige dieser Arten sind bereits stark dezimiert, darunter der Granatbarsch sowie mehrere Haiarten. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat im Vorfeld der gestrigen Entscheidung empfohlen, bei vielen der Tiefseebestände die Fänge erheblich zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden.

Diesen wissenschaftlichen Empfehlungen ist die EU mit ihrer getroffenen Entscheidung nicht ausreichend nachgekommen. „Die EU hätte gestern für 19 Tiefsee-Bestände Fanggrenzen festlegen sollen. Stattdessen wurden sechs Bestände der Quote entzogen. Der Ministerrat ist kritiklos diesem unverantwortlichen Vorschlag der EU-Kommission gefolgt. Die wissenschaftlichen Kenntnisse über die besonders schutzbedürftigen Tiefseepopulationen sind nach wie vor gering. Eine Bewirtschaftung dieser Bestände im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip hätte deshalb besonders strenge Fanggrenzen bis hin zu Fangverboten erfordert“, so Wolff und erklärt entschieden weiter: „Die EU und auch das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sind sich der großen Bedeutung der Tiefseefische für die marinen Ökosysteme durchaus bewusst. Dennoch wurden erneut wichtige Erhaltungsmaßnahmen einer schlanken Quotenverwaltung geopfert. Das ist, als höbe man Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weniger befahrenen Straßen auf, um die Verkehrspolitik zu entschlacken“.

In ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) hat die EU rechtsverbindlich beschlossen, bis 2020 alle EU-Fischbestände auf einem ökologisch vertretbaren Niveau zu bewirtschaften. Mit der jüngst getroffenen Entscheidung hat sie sich davon erneut einen Schritt entfernt und das wirtschaftliche Interesse einiger weniger Mitgliedstaaten über wissenschaftliche Expertise und geltendes Recht gestellt. „Ich bin sprachlos darüber, dass der Ministerrat nicht stärker agiert hat, um die für uns überlebenswichtigen marinen Ökosysteme zu erhalten. Da die EU weiterhin nicht die Grundlagen für einen verantwortungsvollen Fischverzehr schafft, kann ich nur an die Verbraucherinnen und Verbraucher appellieren, sensible und kluge Entscheidungen zu treffen. Wenn eine der biologischen Empfindlichkeit entsprechende vorsichtige Bewirtschaftung nicht gewährleistet ist, gibt es nur eine Konsequenz. Die Tiefsee gehört nicht auf den Teller, und wir sollten auch auf Reisen einen kulinarischen Bogen um Tiefseefischarten schlagen und stattdessen zu regionalem Fisch greifen, dessen ökologisch unbedenklicher Herkunft wir uns vergewissert haben“, sagt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.

Die Pressemitteilung findet ihr bei Slow Food Deutschland.

Weitere Informationen und Standpunkte findet ihr unter anderem bei Seas at Risk.

Und hier die Pressemitteilung der EU Deep-sea fish stocks: agreement on catch limitations over 2019 and 2020.

 

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