Überfischung

Die größte von allen aktuellen Bedrohungen für das Ökosystem Meer ist die Plünderung der Ozeane durch die industrielle Fischerei.

Ohne Fische kein lebendiges Meer und keine Zukunft.

EU-Parlament schwenkt beim Meeresschutz um

Senkrechte EU Flagge vor bewölktem Himmel. Die EU führt eine Gemeinsamen Fischereipolitik

© Sara Kurfeß / Unsplash

Pressemitteilung, WWF, 18.01.2024

WWF: “Politik muss Gräben zwischen Fischerei, Klima- und Meeresschutz überbrücken“

Straßburg/Hamburg, 18.01.2024: Ginge es nach dem EU-Parlament, würde der Meeresschutz auf EU-Ebene ins Abseits geraten, warnt der WWF Deutschland. „Anstatt sich für eine nachhaltige Fischerei und die Erholung der Meere einzusetzen, versucht das Europäische Parlament, die Transformation zu einer schonenden und fairen Fischerei sowie die Umsetzung des europäischen Green Deal zu verwässern und zu verlangsamen“, kritisiert Stella Nemecky, Expertin für Fischereipolitik beim WWF Deutschland. „Doch intakte Ökosysteme in den Meeren sind unsere wichtigsten Verbündeten zur Bewältigung der Klimakrise – dem müssen die politischen Regelwerke Rechnung tragen“. Anlass für die Kritik ist die heute angenommene Position des EU-Parlaments, mit der die Abgeordneten Stellung zu progressiven Vorschlägen der EU-Kommission für besseren Schutz der Meere und umweltverträglichere Fischerei beziehen.

Bezogen auf den Aktionsplan Meeresschutz der Kommission („Marine Action Plan“) greift das Parlament zwar viele Bedenken der Kommission hinsichtlich des schlechten Zustands der Meere auf, weist aber die meisten Lösungsvorschläge zurück. Im Widerspruch zu seinem früheren Standpunkt, appelliert das Parlament an die EU-Mitgliedsstaaten schädliche Grundschleppnetze, die den Meeresboden zerstören, auch in diesen Schutzzonen nicht zu verbieten. Auch der Schutz empfindlicher Arten kommt viel zu kurz.

Das Parlament hat auch eine umfassende Vision über die Zukunft der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU angenommen. Das selbst gestecktes Ziel, die Überfischung bis 2020 zu beenden, hat die EU weit verfehlt. Angesichts dieses Versagens schlägt der Parlamentsbericht vor, die nötigen Instrumente dafür schlicht ganz abzuschaffen, etwa die Anlandepflicht, die verschwenderische Rückwürfe von Fisch und Meerestieren verhindern soll und ebenso das Fischereiprinzip des „maximalen Dauerertrags“, das notwendige Bestandgröße sichern soll. Dies sei eine beschämende Kehrtwende des Parlaments so der WWF.

In einem Punkt trifft das Europäische Parlament jedoch den Nagel auf den Kopf: Es ist an der Zeit, dass die EU einen übergreifenden Rechtsrahmen für alle „blauen“ Meerespolitiken schafft, um die Inkohärenz zwischen Naturschutz-, Fischerei- und Klimagesetzen endlich zu beseitigen. „Die europäischen Meeresökosysteme sind stark geschädigt. Um Jahrzehnte umweltschädlicher Fischereipraxis parallel zur Klima- und Naturkrise zu bewältigen, ist eine Politik erforderlich, die diese Lücke schließt. Mit Blick auf Nord- und Ostsee hat auch die Bundesregierung hier noch viel Arbeit vor sich,“, sagt Stella Nemecky. „Die Transformation zu einer nachhaltigen Fischerei steht nicht im Widerspruch zu sozialen oder Umweltzielen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Unseren lokalen Fischbeständen geht es alles andere als gut. Trotzdem sind auch die für dieses Jahr beschlossene Fangquoten für die Nord– und Ostsee weitestgehend unzureichend und tragen weiterhin zur Überfischung wichtiger Bestände bei. Es bedarf einer Überarbeitung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU.

Zukunft der Ostseefischerei: Leitbildkommission beendet Arbeit

Fischerboot in der Ostsee bei Heiligenhafen

© Michael Held / Unsplash

Pressemitteilung, 18.12.2023, gemeinsame Pressemitteilung von BUND, DUH, NABU und WWF

Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei schließt Arbeit ab

Beteiligte Umweltverbände: „Vereinbarte Maßnahmen schnell umsetzen“ / Fischerei kommt künftig aktivere Rolle im Meeresschutz zu

Berlin – Heute endet in Berlin die Arbeit der „Leitbildkommission zur Zukunft der Ostseefischerei“. Sie war beauftragt, im Spannungsfeld zwischen einem bedrohten Ökosystem und den Existenzsorgen der Fischerei Maßnahmenempfehlungen für die Transformation der Ostseefischerei zu erarbeiten. Die Verbände BUND, DUH, NABU und WWF vertraten in der Kommission den Umwelt- und Naturschutzsektor. Aus Verbändesicht bleibt als positives Ergebnis, dass die Fischerei künftig eine aktivere Rolle im Meeresnaturschutz übernehmen und das Fischereimanagement stärker an ökologischen Kriterien ausgerichtet werden soll. Auch nach Einigung auf einen Abschlussbericht betonen die Verbände, dass die Erholung der Fischpopulationen und damit der Fischerei grundsätzlich auf der Erholung der Meeresumwelt basiert. Aufgrund des dramatisch schlechten ökologischen Zustands der Ostsee und den zusammengebrochenen Populationen von Dorsch und Hering besteht dringender Handlungsbedarf.

Jetzt komme es darauf an, wie effektiv und wie schnell die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt werden. Für den Meeresnaturschutz ist es gelungen, das Bekenntnis zum Ökosystemansatz im Fischereimanagement im Bericht zu verankern. Auch die nationale Verteilung von Fangquoten soll überprüft/reformiert werden, um in Zukunft ökologische und soziale Kriterien einzubeziehen, anstatt bisher ausschließlich die historische Teilhabe. Der Fischerei wird bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Arten und Lebensräumen der Ostsee eine aktivere Rolle als bisher zugeschrieben.

„Seit Jahren ist es offensichtlich, dass sich die Ostseefischerei wandeln muss. Um dem Fischereisektor dabei zu helfen, muss er sich aktiver beteiligen und auch die eigene Verantwortung für den schlechten Zustand der Fischpopulationen und des Ökosystems anerkennen“, so BUND, DUH, NABU und WWF.

Darüber hinaus verweist der Bericht klar auf die EU-Biodiversitätsstrategie, nach der zehn Prozent der deutschen Meeresfläche in Ost- und Nordsee anhand ökologischer Kriterien identifiziert und bis zum Jahr 2030 unter strengen Schutz gestellt werden müssen. “Das sind Errungenschaften, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen. Im nächsten Jahr wird aus der Leitbildkommission Ostseefischerei die Zukunftskommission Fischerei für Nord- und Ostsee. Wir erwarten, dass unsere Ergebnisse dort als Ausgangspunkt genommen und nicht in Frage gestellt werden”, betonen die Verbände.

Für die Zukunftskommission sehen die vier Umweltverbände vor allem das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium in der Pflicht. Das BMEL müsse die Ansätze der Fischerei zur kritischen Selbstreflexion unterstützen, die Diskussionen zur Fischereipolitik im Lichte europäischer Verpflichtungen zum Meeresnaturschutz fortsetzen und die Erkenntnisse aus dem Prozess der Leitbildkommission konstruktiv nutzen.

„Die Bedürfnisse für Umwelt, Mensch und Fischerei sind klar, die Gesprächsbereitschaft ist gegeben und die Instrumente sind bekannt, jetzt muss die Politik die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Transformation stattfinden kann.“ Mit diesem Appell der Umweltverbände wird heute der Endbericht an die zuständige Staatssekretärin des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung, Silvia Bender, übergeben.

Hintergrund:

Die Leitbildkommission war vom Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung eingesetzt und hatte den Auftrag, in einem partizipativen Prozess ein Leitbild zu erarbeiten, wie die Zukunft der deutschen Ostseefischerei aussehen sollte. Entsprechend des partizipativen Ansatzes waren Vertreter*innen der Umwelt- und Fischereiverbände, der Wissenschaft, Verwaltung und der Gesellschaft Teil der Kommission. Das insgesamt 30-köpfige Gremium arbeitete seit November 2022 und traf zu insgesamt zehn Präsenzsitzungen zusammen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Die Ostsee wird durch Übernutzung, Eutrophierung und Überfischung stark belastet, selbst in Meeresschutzgebieten. So kritisiert auch die Deutsche Umwelthilfe die deutschen Ostsee-Fangquoten als unzureichend. Laut NABU müssten die mindestens die Hälfte der Schutzgebiete in Nord- und Ostsee nutzungsfrei werden, um das Artensterben und den Lebensraumverlust in unseren Meeren aufzuhalten.

 

DUH kritisiert beschlossene Nordsee-Fangquoten der EU

Schwarm Heringe in der Nordsee

© Fengyou Wan / Unsplash

Pressemitteilung, 12.12.2023, Pressemitteilung DUH

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  • Fangquoten-Beschlüsse der EU reichen nicht aus, um wichtige Populationen wie Nordseehering und Nordseekabeljau zu schützen
  • EU-Kommission will gesetzliche Anordnung von Fangstopps abschaffen: DUH fordert EU-Parlament auf, Änderung der Bewirtschaftungspläne zu verhindern
  • DUH fordert ökosystembasiertes Fischereimanagement mit deutlich niedrigeren Fangmengen, wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und selektivere Fanggeräte

Berlin, 12.12.2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute veröffentlichten Nordsee-Fangquoten der EU für 2024 als völlig unzureichend für den Schutz wichtiger Fischpopulationen. Die EU-Ministerinnen und -minister verpassen damit erneut die Chance, die kurzsichtige Fischereipolitik auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen. Besonders alarmierend ist außerdem der überraschende Vorschlag der EU-Kommission zur Streichung einer wichtigen Schutzklausel in den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen. Demnach soll die gesetzliche Anordnung von Fangstopps für bedrohte Populationen in der gemeinsamen Fischereipolitik ersatzlos gestrichen werden.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer: „Weil die EU seit Jahren miserable Fischereipolitik betreibt, will sich die Kommission nun mit der Streichung des gesetzlich vorgesehenen Fangstopps für bedrohte Populationen aus der Verantwortung ziehen. Die Regel wurde bereits bei den Ostseefangquoten im Oktober gebrochen, jetzt soll sie kurzerhand ganz abgeschafft werden. Die Folgen wären katastrophal für Fischpopulationen, die ohnehin bereits kurz vor dem Kollaps stehen. Hätte die EU-Kommission Erfolg mit ihrem Vorschlag, wäre dies ein Offenbarungseid für die EU, die eigentlich bis zum Jahr 2020 die Überfischung beenden wollte. Die EU muss aufhören, kurzfristige Profite über die langfristige Stabilität des Ökosystems zu stellen. Wir rufen das EU-Parlament dazu auf, die Streichung der Schutzklausel nicht zuzulassen.

Bei den diesjährigen Verhandlungen haben die EU-Fischereiministerinnen und -minister einmal mehr unzureichende Fangquoten beschlossen. Nordseehering- und Kabeljau sind für die deutsche Fischerei besonders wichtig. Die Quote für Nordseekabeljau liegt deutlich über der wissenschaftlichen Empfehlung. Dies ist kritisch, da diese Quote verschiedene Sub-Populationen zusammenfasst, von denen die südliche Population vor der deutschen Küste besonders gefährdet ist. Die Quote für den Nordseehering liegt zwar unter der wissenschaftlichen Empfehlung, aber auch hier wurde die Vermischung mit einer stark dezimierten Heringspopulation aus der Ostsee nicht ausreichend berücksichtigt.

Katja Hockun, DUH-Meeresschutzexpertin: „Die heutigen Beschlüsse sind enttäuschend, denn sie zeigen, dass die Prinzipien des ökosystembasierten Fischereimanagements immer noch nicht konsequent angewandt werden. Die Fangmengen für viele Populationen liegen über wissenschaftlichen Empfehlungen, außerdem wurden Nahrungsnetzbeziehungen und der Druck der Klimakrise nur unzureichend berücksichtigt. Wirksame Maßnahmen gegen illegale Rückwürfe und zur Vermeidung von Beifang bleiben aus. Das sind schlechte Nachrichten sowohl für die Nordsee als auch für die Fischerei, denn beide brauchen gesunde Fischpopulationen.

Hintergrund:

Die EU Kommission hat am 7. Dezember 2023 vorgeschlagen, Artikel 4.6 aus den mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen für Nord- und Ostsee zu streichen: Dieser Klausel nach sollen Fangquoten in jedem Fall so festgesetzt werden, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Populationsgröße unter einen kritischen Grenzwert („Blim“) fällt, weniger als 5 Prozent beträgt.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Nicht nur die Nordsee-, sondern auch die Ostsee-Fangquoten sind laut Deutscher Umwelthilfe unzureichend. Die europäische und deutsche Fischereipolitik braucht einen Neuanfang, welcher auf einem ökosystembasierten Ansatz aufgebaut ist und veraltete, rein wirtschaftlich orientierte Denkweisen ersetzt.

HELCOM-Bericht zeigt, wie schlecht es der Ostsee geht

Fünf Möwen stehen im seichten Wasser an einem Strand der Ostsee.

© MandrillArt / Pixabay

Pressemitteilung, NABU, 31.10.2023

HELCOM-Bericht zeigt, wie schlecht es der Ostsee geht
Krüger: Nationalpark ist essenziell für Ostseeschutz

Berlin – Der heute veröffentlichte dritte Bericht der Helsinki-Konvention (HELCOM) zeigt erneut den schlechten Zustand der Ostsee. Vor allem Infrastrukturprojekte, Rohstoffgewinnung, Fischerei, Schadstoffeinträge und Schifffahrt tragen zur Zerstörung von Lebensräumen bei.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Während international Versprechungen gemacht werden, die heimische Natur stärker zu schützen, sehen wir gerade am Beispiel des Nationalparks Ostsee, den Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Günther und seine CDU verhindern wollen, dass die deutsche Politik unwillig, ja unfähig ist, den vor unserer Haustür dringend notwendigen Meeresschutz konsequent umzusetzen. Deutschland hat sich erst in der letzten Zustandsbewertung der Meeresgewässer im Zuge der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie selbst bescheinigt, dass es der Natur an unseren Küsten schlecht geht. Zum selben Ergebnis kommt auch das Regionalabkommen HELCOM. Wie viele solcher Bewertungen braucht es noch, bis Bundesregierung und Küstenländer endlich auf den zunehmenden Artenverlust reagieren?“

Zwar hat Deutschland die Hälfte seiner Ostseefläche unter Schutz gestellt, allerdings fehlt noch immer die Umsetzung von Maßnahmen, um bedrohte Arten und ihre Lebensräume wirksam zu schützen. Der Ostseeschweinswal ist vom Aussterben bedroht, Fischbestände kollabieren und Seegraswiesen gehen zurück. Dabei sind wirksame Schutzgebiete ein wichtiger Grundstein für Meeresnaturschutz und Klimaschutz. Sie werden international, auch bei der HELCOM, immer stärker fokussiert und eingefordert.

„Deutschland hat sich über die Umsetzung des HELCOM-Ostseeaktionsplans und die EU-Biodiversitätsstrategie verpflichtet, mindestens zehn Prozent der Meeresumwelt unter strengen Schutz zu stellen und somit Bereiche auszuweisen, die frei von jeglicher schädlichen Nutzung sind. Ein Nationalpark Ostsee würde, wenn er konsequent umgesetzt wird, auf dieses Ziel einzahlen und dabei helfen, das Überleben bedrohter Arten und Lebensräume zu sichern. Stattdessen erleben wir derzeit eine weitere Industrialisierung der Meere und den Abbau etablierter ökologischer Standards“, so NABU-Meeresschutzexpertin Daniela Herrmann.
Der NABU appelliert an Bund und Länder der Meeresoffensive zum Schutz der Meeresnatur aus dem Koalitionsvertrag endlich Taten folgen zu lassen und erarbeitet aktuell eigene Vorschläge zur Umsetzung des Zehn-Prozent-Ziels in der deutschen Nord- und Ostsee.

Hintergrund:

Das Regionalabkommen HELCOM (Helsinki-Konvention) veröffentlicht zum dritten Mal einen Bericht über den ökologischen Zustand der Ostsee (HOLAS III). Dabei haben die Mitgliedsstaaten der Konvention im Vorfeld Analysen zur Biodiversität, Eutrophierung, Schadstoffeinträgen, Nutzungsdruck sowie wirtschaftlichen und sozialen Aspekten vorgenommen. Die Zustandsbewertung liefert wichtige Erkenntnisse über Arten- und Lebensraumzustand sowie regionale Unterschiede in der Ostsee und dient international seit Jahren als Indikator für die Gesundheit des Meeres.

Bericht auf der HELCOM-Website: http://stateofthebalticsea.helcom.fi/

Der Nationalpark Ostsee wurde von der CDU Schleswig-Holstein in ihrem aktuellen Koalitionsvertrag als ein zu prüfendes Instrument genannt, um einen besseren Schutz der Ostsee umzusetzen. Im Rahmen eines Konsultationsprozesses sollte mit verschiedenen Interessengruppen die Umsetzung eines Nationalparks diskutiert werden. Die CDU hat diesen Prozess vorzeitig beendet und sich gegen einen Nationalpark in den schleswig-holsteinischen Küstengewässern der Ostsee ausgesprochen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Der Ostseeschweinswal steht als trauriges Symbol für einen verfehlten Meeresschutz in der Ostsee. Die vom Aussterben bedrohten Population in der zentralen Ostsee umfasst nur noch etwa 450 Individuen. Auch die neuen Fangquoten befeuern die Überfischung weiter und basieren nicht konsequent auf einem ökosystembasierten Fischereimanagement. Außerdem verstärkt eine weitere Übernutzung der Meere die Klima- und Biodiversitätskrise.

EU-Entscheidung zu Ostsee-Fangquoten: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Beschlüsse als unzureichend

Ein blaues Geisternetz liegt verlassen am Strand

© Wolf Wichmann

Pressemitteilung, 24.10.2023, DUH

  • Neue Fangquoten der EU-Fischereiministerinnen und -minister sind eine vertane Chance, die Ostseefischerei auf einen nachhaltigen Pfad zu bringen
  • DUH fordert ökosystembasiertes Fischereimanagement und ein sofortiges Verbot von Grundschleppnetzen in Meeresschutzgebieten
  • Nach jahrelanger Überfischung braucht es weitreichende Maßnahmen, damit sich die zusammengebrochenen Dorsch- und Heringspopulationen erholen können

Berlin, 24.10.2023: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die neuen Fangquoten für die Ostsee als unzureichend. Mit den heutigen Beschlüssen haben es die EU-Fischereiministerinnen und -minister verpasst, der Ostseefischerei einen Weg in die Zukunft zu ebnen. Zwar ist sinnvoll, dass die direkten Fangverbote für die dezimierten Dorsch- und westlichen Heringspopulationen beibehalten wurden. Auch darf die Freizeitfischerei in der westlichen Ostsee, das heißt auch an der deutschen Ostseeküste, keinen Dorsch mehr fangen. Allerdings basieren die Entscheidungen des EU-Rats nicht konsequent auf einem ökosystembasierten Fischereimanagement. Insbesondere die Fangquote für Sprotten ist viel zu hoch und birgt die Gefahr, dass große Heringe als Beifang in den Netzen dieser Fischerei landen. Auch die Schollenquote müsste noch niedriger sein, um Beifang von Dorsch zu reduzieren.

Zudem hätte der EU-Rat die direkte Heringsfischerei im Bottnischen Meerbusen in Finnland und in der zentralen Ostsee schließen müssen. Die DUH ist entsetzt, dass die EU-Fischereiminister ihren eigenen Mehrjahresplan für die Ostseefischerei missachten und diese stark überfischten Populationen entgegen jeder Vernunft weiter befischt werden. Die DUH fordert neben ökosystembasierten Fangquoten ein sofortiges Verbot von Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten, zusätzliche Schongebiete und eine Ausweitung der Schonzeiten.

Dazu DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner„Das bisherige Fischereimanagement der EU ist gescheitert. Die Ostsee zeigt auf besonders erschreckende Art und Weise, wohin chronische Überfischung und Missmanagement führen. Viele Fischpopulationen sind nur noch ein Bruchteil dessen, was sie einmal waren. Der Zustand von Hering und Dorsch, den einstigen „Brotfischen“ der deutschen Ostseefischerei, ist anhaltend katastrophal. Die EU hat Jahr für Jahr zu viele Fangquoten oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen festgesetzt, jetzt gibt es die Quittung – und ein Umdenken ist trotzdem nicht in Sicht.“

DUH-Meeresteamleiterin Katja Hockun führt weiter aus: „Es bedarf jetzt einer konsequenten Anwendung eines ökosystembasierten Fischereimanagements für die Ostsee, das auf die langfristige Erholung der Populationen abzielt, anstatt auf kurzfristige Profite. Die EU muss das Ökosystem Ostsee mit seinen Wechselwirkungen als Ganzes im Blick behalten, anstatt nur auf die einzelnen Populationen zu schauen und diese weiter zu überfischen. Denn neben dem zu hohen Fischereidruck, machen den Fischen auch die steigenden Wassertemperaturen und der Sauerstoffmangel zu schaffen. Wenn wir die Ostseefischerei wirklich erhalten wollen, brauchen wir einen besseren Schutz für unsere Ostseefische. Denn ohne Fische keine Fischerei.“

Ökosystembasiertes Fischereimanagement bedeutet, anstelle von Einzel-Arten-Management, die Wechselbeziehungen zwischen den unterschiedlichen Arten im Nahrungsnetz zu berücksichtigen. Fangquoten müssen auch vorsorglich niedriger als die wissenschaftlich berechneten Höchstwerte festgelegt werden, um Unsicherheiten bezüglich der Populationsgrößen und Veränderungen im Ökosystem zu berücksichtigen.

In einem im Mai 2023 veröffentlichten Rechtsgutachten hat die DUH bereits gezeigt, dass Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten im Küstenmeer der Ostsee rechtswidrig sind und juristisch dagegen vorgegangen werden kann.

Hintergrund:

Schon letztes Jahr wurden der gezielte Fang vom Dorsch in der östlichen und westlichen Ostsee sowie vom Hering in der westlichen Ostsee nicht zugelassen. Außerdem wurde erstmals die Quote für die Schollen-Fischerei niedriger angesetzt als die wissenschaftlich berechneten Höchstwerte, da diese Fischerei mit erheblichem Dorschbeifang einhergeht. Dies wurde von der DUH als kleiner Erfolg bewertet, da erstmals Prinzipen des ökosystembasierten Fischereimanagements ansatzweise angewandt wurden. Allerdings waren die Beifangquoten für Dorsch und westlichen Hering noch immer zu hoch, und auch die Quoten für Sprotte und Hering in der zentralen Ostsee wurden deutlich höher angesetzt als die wissenschaftlichen Empfehlungen.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei der DUH.

Die diesjährige Agrarministerkonferenz in Kiel zeigt erneut, dass eine Reform der Fischerei nicht ausreicht, sondern ein Neuanfang dringend notwendig ist.

Globaler Rettungsplan für Flussdelfine

Zwei Flussdelfine nahe eines Stegs schauen mit offenen Mündern in dieselbe Richtung.

© Jason Auch / Wikimedia Commons (CC-BY-2.0)

Pressemitteilung, 24.10.2023, WWF

11 Staaten unterzeichnen globale Flussdelfin-Deklaration

Heute haben 11 asiatische und südamerikanische Länder in Bogotá ein wegweisendes Abkommen unterzeichnet, um Flussdelfine vor dem Aussterben zu retten. Alle sechs Arten, die es weltweit noch gibt, sind auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN als gefährdet oder kritisch gefährdet eingestuft.

Die Globale Deklaration für Flussdelfine zielt darauf ab, den Rückgang aller Flussdelfinarten zu stoppen und die am stärksten gefährdeten Populationen zu vergrößern. Beispielsweise durch die Entwicklung und Finanzierung von Maßnahmen für die Beseitigung von Stellnetzen, die Verringerung der Verschmutzung, die Intensivierung der Forschung und die Ausweitung von Schutzgebieten.

Seit den 1980er Jahren sind die Populationen von Flussdelfinen weltweit um 73 % zurückgegangen, was auf eine ganze Reihe von Bedrohungen zurückzuführen ist. Darunter: nicht nachhaltige Fischereipraktiken, Staudämme, Wasserverschmutzung durch Landwirtschaft, Industrie und Bergbau sowie der Verlust von Lebensräumen durch den Menschen. Die jüngste Katastrophe von über 150 verendeten Flussdelfinen im Tefé-See, gelegen im Amazonasgebiet, zeigt, dass die Klimakrise zu einer rasant wachsenden Bedrohung geworden ist.

Flussdelfine leben in einigen der weltweit wichtigsten Flüssen (Amazonas, Mekong, etc.). Sie sind starke Indikatoren für die Gesundheit der Ökosysteme, in denen sie leben. Wo Süßwasserdelfinpopulationen leben, ist es daher wahrscheinlich, dass auch die Flusssysteme insgesamt in einem guten Zustand sind. Das ist elementar wichtig, schließlich versorgen Flüsse ebenfalls Hunderte von Millionen Menschen weltweit –  Indigene gleichermaßen wie Bewohner:innen von Metropolregionen. Die Flüsse bewässern riesige Mengen an landwirtschaftlichen Flächen, treiben Industrie und Wirtschaft an und ernähren einen großen Teil der Tierwelt. Daher bedeutet ein Schutz der Flussdelfine gleichzeitig auch einen Schutz aller Lebewesen.

Während das globale Gesamtbild leider düster erscheint, haben sich die Schutzbemühungen – wo sie konsequent umgesetzt werden – als erfolgreich erwiesen. Die Population der Indus-Delphine beispielsweise hat sich in den letzten 20 Jahren dank gemeinsamer Maßnahmen von Regierung, Gemeinden und NGOs, darunter auch der WWF, fast verdoppelt. Auch die jüngste Zählung der Jangtse-Schweinswale zeigt einen Anstieg der Population um 23 % in den letzten fünf Jahren.

„Die heute unterzeichnete Flussdelfin-Erklärung ermöglicht den langfristigen Schutz der Flussdelfinpopulationen und -gebiete, während sie zeitgleich ein schnelleres Agieren von staatlicher Seite bei Tragödien, wie der am Tefé-See, fördert“, so Programmreferent Südamerika beim WWF Deutschland, Dr. Dirk Embert.

Hintergrund Flussdelfinarten:
Überlebende Arten von Flussdelfinen: Amazonas, Ganges, Indus, Irrawaddy, Tucuxi und Jangtse-Schweinswal. Der Jangtse-Schweinswal ist der einzige Süßwassertümmler der Welt, wird aber mit den anderen Süßwasserwalen unter dem Oberbegriff „Flussdelfine“ zusammengefasst. Alle Arten sind entweder „unmittelbar vom Aussterben bedroht“ (Irrawaddy-Delfin und Jangtse-Schweinswal) oder „vom Aussterben bedroht“ (Amazonas, Ganges, Indus und Tucuxi). Eine siebte Art – der Chinesische Flussdelfin – wurde 2007 für „wahrscheinlich ausgestorben“ erklärt.

Hintergrund Abkommen:
Die acht Säulen der Globalen Erklärung für Flussdelfine sind: Schaffung eines Netzes von Schutzgebieten; Verbesserung des Managements von Flussdelfingebieten; Ausweitung von Forschung und Überwachung; Einbeziehung lokaler Gemeinschaften und indigener Völker; Abschaffung nicht nachhaltiger Fischereipraktiken; Verbesserung der Wasserqualität und -quantität; Feier des #WorldRiverDolphinDay, um das Bewusstsein zu schärfen; verstärkte Bereitstellung von Ressourcen und Partnerschaften.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Delfine sind intelligente und faszinierende Tiere, wie auch eines unserer Lieblingsbücher „Die Insel der Delfine“ von Fabian Ritter zeigt. Aber auch Haie und Rochen sind für ein gesundes Meeresökosystem unverzichtbar. Deshalb haben 1,1 Millionen Europäer:innen und über 100 NGOs ein Ende des Flossenhandels in der EU gefordert.

Landes-Pilotprojekt zu Geisternetzen startet in Schleswig-Holstein

Ein riesiges Geisternetz am Grund

© Wolf Wichmann

Pressemitteilung, 02.10.2023, WWF

WWF koordiniert Suche, Bergung und Entsorgung von Geisternetzen in der Ostsee

Im September startete in Schleswig-Holstein das bundesweit zweite Pilotprojekt zur Bergung von Geisternetzen, das mit von einem Küstenbundesland verwalteten Fischereigeldern finanziert wird. Der WWF wird die Suche, Bergung und Entsorgung von Geisternetzen in der Ostsee federführend durchführen und dabei mit der Fischerei und den Behörden eng zusammenarbeiten.

Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee, lobt den Einsatz der Landesregierung. „Die Bergung von Geisternetzen ist eine staatliche Aufgabe. Schleswig-Holstein kommt nun dieser Verantwortung nach und hat dabei auch die Entwicklung einer langfristigen Lösung im Blick. Der WWF freut sich, diesen Weg gemeinsam mit dem Land zu gehen.“

Mit der vom WWF entwickelten Sonarsuche werden die Netze in Küstenfischereigebieten ausfindig gemacht, um sie anschließend zu bergen und zu entsorgen. Die Fischereibetriebe unterstützen dabei mit ihren Kuttern. „Es ist wichtig, die Fischerei einzubinden. Die Fischer kennen ihr Revier und sind eine wertvolle Unterstützung für das Projekt“, erklärt Finn Viehberg.

Die Empfehlungen aus dem Pilotprojekt sollen am Ende zu einer langfristigen Lösung für das Problem verlorener Fischernetze führen. Klare Regelungen können die Fischereibetriebe auch dazu motivieren, Netzverluste durch Unfälle auf See zu melden, damit eine zeitnahe Bergung möglich ist. Ziel des WWF ist es, dass Schleswig-Holstein und die anderen Küstenländer die Such- und Bergungseinsätze in Zusammenarbeit mit den Fischereien in Zukunft selbst durchführen.

Das Projekt „Verlorene Fischernetze Schleswig-Holstein“ läuft für zwei Jahre und wird vom Land Schleswig-Holstein mit 260.000 Euro aus Eigenmitteln und aus dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfond (EMFAF) gefördert. Es findet in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Fischerei des Landwirtschaftsministeriums und der Abteilung Meeresschutz des Umweltministeriums des Landes Schleswig-Holstein statt.

Seit 2013 entwickelt und erprobt der WWF verschiedene Methoden zur Suche und Bergung von Geisternetzen. Mehr als 26 Tonnen Schlepp- und Stellnetze konnte die Umweltschutzorganisation seit 2015 aus der Ostsee bergen. Dafür hat der WWF bisher über 1,5 Millionen Euro aus eigenen Mitteln in die Entwicklung und Erprobung investiert.

Hintergrund

Als Geisternetze bezeichnet man herrenlose Fischernetze, die teils jahrzehntelang im Wasser treiben können oder am Meeresboden liegen. Sie bestehen aus Kunststoff und können etwa 30 – 50 Prozent des Plastikmülls in den Meeren ausmachen. Oft werden die herrenlosen Netze zur tödlichen Falle für Seevögel, Fische oder Meeressäuger. Nur indem Geisternetze aus dem Wasser entfernt werden, lässt sich verhindern, dass sie mit der Zeit zu Mikroplastik zerfasern, und sich so Kunststoffe in der Nahrungskette anreichern.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Geisternetze verursachen einen großen Teil der Plastikverschmutzung im Meer. 2018 schätzte die FAO (Food and Agriculture Organization), dass jährlich etwa 640 000 Tonnen Fischereinetze weltweit in den Ozeanen landen. Das UN-Plastikabkommen, das diesen November verhandelt wird, ist auch deshalb ein besonderer Erfolg, weil es auch auf Geisternetze verweist.

NABU zur Agrarministerkonferenz: Fischerei braucht keine Reform, sondern einen Neuanfang

Ein traditioneller Krabbenkutter für die Fischerei von Krabben in der Nordsee

© Joachim Müllerchen / Wikimedia Commons (CC BY-SA 2.0)

Pressemitteilung, 22.09.2023, NABU

Krüger: Gegeneinander von Politik schadet Fischerei und Meer

Berlin – Anlässlich der heute endenden Agrarministerkonferenz in Kiel fordert der NABU ein entschlossenes Signal für einen Neuanfang in der Fischereipolitik in Deutschland. Als wichtiger erster Schritt gilt es den EU-Aktionsplan für eine nachhaltige Fischerei mit wirksamen Maßnahmen und einem ambitionierten Zeitplan zu unterstützen.

„Nach Jahren verfehlter Fischereipolitik, dem politischen Geschachere um Fangquoten, der Blockade notwendiger Meeresschutzmaßnahmen und einem immer schlechteren Umweltzustand unserer Meere brauchen wir einen Neuanfang. Bund und Länder müssen Position beziehen. Fischereien und die Lebensgemeinschaften in Nord- und Ostsee stehen mit dem Rücken zur Wand. Populationen von Hering und Dorsch in der Ostsee sind eingebrochen. Die Klimakrise und zu hohe Nährstofffrachten aus der Landwirtschaft verhindern eine Erholung. Es ist keine Zeit zur Symptombehandlung, die Politik muss an die Ursachen“, fordert NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger.

Das hat auch die EU-Kommission erkannt und fordert die Mitgliedsstaaten in dem „Aktionsplan zum Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“ auf, einen Fahrplan zu erarbeiten, um eben diese Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch die grundberührende Fischerei in Meeresschutzgebieten zu beenden. Mit diesen und weiteren Maßnahmen sollen Fischbestände aufgebaut, aber auch wichtige Lebensräume wie artenreiche Riffe, Meeressäugetiere und Seevögel gegen menschliche Einflüsse und die Folgen der Klimakrise besser geschützt werden.

„Es fehlt Politik und Fischerei immer noch an der Bereitschaft für Veränderungen. Die pauschale Ablehnung des EU-Aktionsplans durch die deutschen Agrarministerien der Küstenländer aber auch des Bundeslandwirtschaftsministers ist nur ein Beispiel. Auf der Agrarministerkonferenz muss die Zukunft des Fischereisektors mit den Zielen des Meeresschutzes, der Wiederherstellung wichtiger Lebensräume, mit der Lenkungswirkung von Landwirtschafts- und Subventionspolitik zusammengebracht werden. Genau dort müssen Ursache und Wirkung verknüpft und der Weg in eine verantwortungsvolle und kohärente Politik beschritten werden“, ergänzt NABU-Meeresschutzexperte Dr. Kim Detloff.

Konkret wünscht sich der NABU von der Agrarministerkonferenz ein Bekenntnis zum EU-Aktionsplan, zur EU-Wiederherstellungsverordnung und damit einem ökosystembasierten Fischereimanagement. Die Landwirtschaftspolitik, allen voran der Düngemitteleinsatz an der Küste braucht einen verbindlichen Auftrag zum Erreichen des guten Umweltzustands in Nord- und Ostsee beizutragen. Die Förderung klimaneutraler Fangfahrzeuge sowie Zahlungen an die Fischerei in Härtefällen oder bei starken Fangeinschränkungen müssen an klare Nachhaltigkeitskriterien gebunden sein. Alles Elemente, mit denen ein Neuanfang der Fischerei gelingen kann, für die Fischerei und für eine gesunde Nord- und Ostsee.

Hintergrund:

Nach der EU-Biodiversitätsstrategie ist Deutschland verpflichtet, zehn Prozent der deutschen Nord- und Ostsee wirksam zu schützen. Das sagt auch der Koalitionsvertrag. Und das fordert der NABU mit seiner aktuellen Kampagne für Meeresschutzgebiete, die schützen („Meeresschutzgebiete müssen schützen!“). Dazu gehört auch die Regulierung der Grundschleppnetzfischerei wie es der EU-Aktionsplan fordert.

Der NABU beteiligt sich aktuell an Forschungsprojekten zur Entwicklung naturverträglicher Fanggeräte in Zusammenarbeit mit der Fischerei, der Fischereiforschung und dem Naturschutz und ist darüber hinaus Mitglied der Leitbildkommission Ostseefischerei. Hier werden Perspektiven für die Fischerei von morgen erarbeitet.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim NABU.

Durch die Grundschleppnetzfischerei wird nicht nur der Meeresboden nachhaltig zerstört, sie ist auch extrem klimaschädlich. Warum sich die für Fischerei zuständigen Landwirtschaftsministerien in Norddeutschland trotzdem zunächst gegen den EU-Aktionsplan ausgesprochen haben, könnt ihr in der Pressemitteilung des NABU vom März diesen Jahres nachlesen.

Klimawandel bedroht Polardorschbestände in der Arktis

Ein kleiner Polardorsch im Eis

© Shawn Harper, Hidden Ocean 2005 Expedition: NOAA Office of Ocean Exploration / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Pressemitteilung, 09.08.2023, Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

Forschende befürchten erhebliche Folgen von steigenden Temperaturen und Meereisrückgang für den wichtigsten Fisch im Nordpolarmeer

[09. August 2023] Der Polardorsch ist der am häufigsten vorkommende Fisch im Arktischen Ozean. Er ist wichtige Nahrungsgrundlage für arktische Meeressäuger und spielt auch bei der Selbstversorgung der Inuit eine wichtige Rolle. Ein internationales Studienteam, darunter auch Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, hat nun die wichtigsten wissenschaftlichen Arbeiten zum Polardorsch der vergangenen Jahrzehnte ausgewertet. Das Fazit: Vor allem der bereits weit fortgeschrittene Rückgang der arktischen Meereisbedeckung in Folge des menschengemachten Klimawandels könnte sich erheblich auf die künftige Verbreitung der Art auswirken. Die Studie wurde im Fachmagazin Elementa: Science of the Anthropocene veröffentlicht.

Der Polardorsch (Boreogadus saida) ist eng mit dem atlantischen Kabeljau verwandt und lebt im arktischen Ozean rund um den Nordpol. Als wichtige Nahrungsquelle für Meeressäuger (Ringelrobben, Narwale, Belugas) und Seevögel spielt er eine zentrale Rolle im arktischen Ökosystem. Zudem wird er von den Inuit in Kanada und auf Grönland genutzt.

Ein Forschungsteam hat nun 395 wissenschaftliche Artikel zum Polardorsch und zum Einfluss von Klimawandel und menschlichen Aktivitäten auf dessen Populationen ausgewertet, die zwischen 1954 und heute erschienen sind. Geleitet wurde das internationale Konsortium – 43 Forschende aus 26 Instituten – von Studienerstautor Dr. Maxime Geoffroy, Meeresbiologe am Fisheries and Marine Institute der Memorial University of Newfoundland in Kanada.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass dringend gehandelt werden muss, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die arktischen Polardorschbestände abzuschwächen“, sagt Maxime Geoffroy. „Die Veränderungen betreffen nicht nur den am häufigsten vorkommenden Fisch der Arktis, sondern stören auch das empfindliche Gleichgewicht des gesamten arktischen Ökosystems.“

Ein wichtiger Bestandteil der Studie war die von Dr. Hauke Flores, Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- Meeresforschung, koordinierte Bewertung der Zukunftsaussichten für den Polardorsch bis zur Mitte dieses Jahrhunderts. „Es war eine ziemliche Herausforderung, so viele Perspektiven auf die Auswirkungen der Klimakrise und anderer Stressfaktoren auf den Polardorsch zusammenzubringen“, sagt Hauke Flores. „Aber es gab einige klare Ergebnisse. Der Rückgang des Meereises und die Erwärmung der Ozeane sind die größten Bedrohungen für die Zukunft des Polardorschs. Die jüngsten Lebensstadien sind dabei am anfälligsten. Das Meereis ist für diesen Fisch sehr wichtig. Den Eiern und bis zu zwei Jahre alten Jungfischen bietet es Schutz vor Räubern. Umgekehrt finden die Jungfische unter dem Eis selbst im Winter Nahrung. Der Meereisrückgang hat daher nicht nur künftig, sondern auch heute schon erhebliche Auswirkungen auf den Polardorsch.“

Die wichtigsten Studienergebnisse zusammengefasst:

Lebensraumverlust: Steigende Temperaturen und schrumpfendes Meereis stellen eine erhebliche Bedrohung für den Lebensraum des Polardorschs dar, insbesondere für seine Eier und Larven. Diese Veränderungen beeinträchtigen die Fortpflanzungszyklen, die Überlebenschancen, das Wachstum, die Verbreitung und die Ernährungsfähigkeit der ganzen Art.

Veränderte Nahrungsverfügbarkeit: Der Klimawandel führt dazu, dass sich die Zusammensetzung des Zooplanktons als Nahrung für die Larven und Jungtiere des Polardorschs ändert. Dies kann zu geringeren Wachstumsraten und einer höheren Sterblichkeit der Larven und letztlich zu einem Rückgang der Bestände führen.

Zunehmende Prädation und Konkurrenz: Mit dem Rückgang des Meereises ist der Polardorsch verstärkt Raubtieren und Konkurrenten aus dem Nordatlantik und dem nördlichen Pazifik ausgesetzt. Seevogelarten und größere Fischarten aus südlich gelegenen Regionen dehnen ihr Verbreitungsgebiet auch auf bisher unzugängliche Gebiete aus. Dieser erhöhte Raubtier- und Konkurrenzdruck könnte kaskadenartige Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben.

Erhöhte Risiken durch Förderung/Transport von Öl und Gas: Insbesondere mögliche Ölverschmutzungen an der Meeresoberfläche können zu höherer Sterblichkeit, verringertem Wachstum und mehr Missbildungen bei Polardorschen führen.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung.

Mithilfe von alter DNA aus dem Meeresgrund hat ein Team vom Alfred-Wegener-Institut in Potsdam herausgefunden, dass sich in der Vergangenheit beim Übergang von saisonal vereisten zu eisfreien Bedingungen das gesamte Ökosystem verändern kann – und was wir daraus für die Zukunft unserer von der Klimakrise bedrohten Meere lernen können.

Aussterbe-Warnung für den Vaquita

Ein Vaquita schwimmt an der Wasseroberfläche

© Paula Olson, NOAA / Wikimedia Commons (PD)

Pressemitteilung, 07.08.2023, WWF

Organisierte Kriminalität ist ein Treiber des Artensterbens

Der Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfang-Kommission (IWC) hat heute zum ersten Mal eine Warnung über das unmittelbar bevorstehende Aussterben einer Art veröffentlicht. Der Vaquita, der kleinste Wal der Welt, droht mit nur 10 verbleibenden Individuen bald von der Erde zu verschwinden. Seit Jahren sterben die Tiere als Beifang in der illegalen Totoaba-Fischerei im Golf von Kalifornien, Mexiko. Der WWF fordert ein strengeres Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität, illegale Fischerei und den illegalen internationalen Handel mit Totoaba-Schwimmblasen.

„Vaquitas sind die am stärksten bedrohten Meeressäuger der Welt. Sie können nicht gefangen, gehalten oder nachgezüchtet werden. Ihr Verschwinden ist ein tragisches Beispiel dafür, wie die organisierte Umweltkriminalität das Artensterben befeuert“, erklärt Heike Zidowitz, Meeresartenschutz-Expertin beim WWF Deutschland.

Der Grund für das drohende Aussterben des Vaquitas ist die Fischerei auf den Totoaba, ein zwei Meter langer, barschartiger Fisch. Er kommt ebenfalls nur im Golf von Kalifornien vor und ist gefährdet, Fang und Handel sind verboten. Doch die Schwimmblasen sind ein begehrtes Mittel in der Traditionellen Chinesischen Medizin und eine teure Delikatesse. Am Schwarzmarkt erzielen sie höhere Preise als Gold und Kokain. Daher werden Totoabas noch immer illegal gefangen. Die Vaquitas können die dafür aufgestellten Kiemennetze nicht orten und verenden darin. Zum Schutz der kleinen Wale hat die mexikanische Regierung eine sogenannte „Null-Toleranz-Zone“ eingerichtet, in denen das Befahren und Fischen verboten ist. Doch trotz Verbesserungen werden auch hier immer wieder Verstöße gemeldet.

„Umweltkriminalität steht auf Platz drei der lukrativsten illegalen Geschäfte weltweit. Um die letzten Vaquitas zu retten, muss die mexikanische Regierung noch härter gegen die illegale Fischerei und die organisierte Kriminalität vorgehen. International muss der Schmuggel mit den Schwimmblasen gestoppt werden. Dafür kommt es vor allem darauf an, den Absatzmarkt in China auszutrocknen und die Schmuggelrouten zu schließen. Mexiko darf nicht zulassen, dass der Vaquita vor unseren Augen ausstirbt“, so Heike Zidowitz.

Der WWF begrüßt daher den Vorstoß des Wissenschaftsausschusses der IWC. Er sendet mit der Aussterbe-Warnung ein schrilles Signal der drohenden Ausrottung ins allgemeine Bewusstsein. Das Gremium reiht sich damit gemeinsam mit dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) in die internationalen Foren ein, die den Druck auf die mexikanische Regierung für eine strikte Umsetzung vorhandener Maßnahmen erhöhen.

Vom Ende der illegalen Fischerei und der organisierten Kriminalität würde der gesamte Lebensraum profitieren. Mexiko ist eines der artenreichsten Länder der Welt. Das Ökosystem im Golf von Kalifornien ist einzigartig und beheimatet viele Arten, die nur dort vorkommen. Neben der illegalen Fischerei belasten Pestizideinträge und der abnehmende Zufluss von Frischwasser den Golf.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Auch der Ostsee-Schweinswal ist genau wie der Vaquita stark gefährdet und verendet immer wieder als Beifang in Fischereinetzen.

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