Überfischung
Die größte von allen aktuellen Bedrohungen für das Ökosystem Meer ist die Plünderung der Ozeane durch die industrielle Fischerei.
Ohne Fische kein lebendiges Meer und keine Zukunft.
Fangquoten 2020 für die Ostsee – nicht ausreichend, aber besser als erwartet
„Same procedure as every year“: Der Internationale Rat der Meeresforschung (ICES) legte der EU auch in diesem Jahr die Empfehlungen für die Fangquoten 2020 in Europäischen Meeren vor. Diese Empfehlungen basieren auf wissenschaftlich fundierten Berechnungen, die eine nachhaltige Fischerei der Bestände möglich machen. Eine empfohlene Fangquote ist so festgelegt, dass, wenn sie eingehalten wird, sichergestellt wird, dass ein Bestand nachhaltig befischt wird. Das heißt, dass nur maximal so viel Fisch gefangen wird, wie auch durch Fortpflanzung „nachwachsen“ kann und so der Bestand nicht weiter schrumpft. So die Theorie. Meist werden in den langen Verhandlungen der Fischereiminister die empfohlenen Fangquoten dann doch ein bisschen oder auch in großem Maße überschritten. Diese Praxis wird auch seit 2013 fortgesetzt, wo mit der Gemeinsamen Fischereipolitik (Common fisheries policy) der EU ein Ende der Überfischung bis 2020 (also de facto in zwei Monaten) beschlossen wurde. Dennoch gelten in der EU 41% der Fischbestände als überfischt. In der Ostsee hat sich die Situation in den letzten Jahren noch dramatisch verschlechtert. Während 2013 vier von acht kommerziell genutzten Arten als überfischt galten, waren es 2017 schon sieben. Und dennoch werden höhere Fangquoten festgelegt als von den Experten des ICES empfohlen.
In den meisten Fällen wurde bei den diesjährigen Verhandlungen der Rat des ICES umgesetzt (z.B. Östlicher Dorschbestand und Scholle). Zwar einigte man sich auch darauf, die erlaubten Fangmengen für den westlichen Hering und westlichen Dorsch drastisch zu senken, um 60 bzw. 65%, doch entspricht das nicht den Empfehlungen des ICES, welcher 68 bzw. 71% Absenkungen gefordert hatte. Dazu erklärte das BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft): „Mit der Einigung haben wir eine Balance zwischen der Wiederherstellung unserer Fischbestände und der Abfederung der gravierenden Auswirkungen auf unsere Fischer gefunden. Immerhin konnten wir erreichen, dass die Kürzungen bei den Herings- und den Dorsch-Quoten in der westlichen Ostsee gegenüber dem Kommissionsvorschlag nicht ganz so stark ausfallen.“ Da sich mit einer Überschreitung der vorgeschlagenen Quote (also dem Maximum, was entnommen werden darf, um einem weiteren Sinken der Bestände vorzubeugen) die Situation der Fischer auch in Zukunft nicht verbessern dürfte, darf man der obigen Aussage eine sehr kurzfristiges Denken unterstellen.
Es gibt aber auch durchaus optimistische Nachrichten für den Fisch und die Fischer:
- Der östliche Dorschbestand, der sich in einem kritischen Zustand befindet, ist nur als Beifang erlaubt, Ausnahmen für die kleine Küstenfischerei unter 12 Meter Länge sind vorgesehen.
- Für einige Bestände wurden Schutzzeiten festgelegt, in denen sie nicht befischt werden dürfen
- Andere ebenfalls für die dramatische Situation der Fische in der Ostsee verantwortliche Faktoren, wie z.B. der Klimawandel, die Verschmutzung der Ostsee und die Eutrophierung aufgrund von Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft, sollen gründlich untersucht werden. Dies soll helfen, den Einfluss der Fischerei auf den Zustand der Bestände, genauer bewerten zu können.
- Möglichkeiten zur Förderung einer vorübergehenden und dauerhaften Stilllegung von Fischereifahrzeugen werden geprüft.
So bleibt zu hoffen, dass sich in den nächsten Jahren das Umdenken fortsetzt und auf einen nachhaltigen Umgang mit unseren Meeren statt auf kurzfristigen wirtschaftlichen Fischereierfolg gesetzt wird. Um selber etwas dafür zu tun, Überfischung noch schneller zu beenden, kann man zum einen weniger oder gar keinen Fisch mehr essen, zum anderen diese Petition von Our Fish gegen Überfischung in der EU unterschreiben.
Franziska Bils für DEEPWAVE
Quellen und weitere Information zu diesem Thema findet ihr beim WWF, bei der Coalition Clean Baltic, beim BMEL, bei der Europäischen Kommission und auf unserer DEEPWAVE website.
Kein Fisch Meer: Deutsche Umwelthilfe, Our Fish und DEEPWAVE fordern ein Ende der Überfischung zum Welttag der Meere
Deutsche Umwelthilfe, Our Fish und DEEPWAVE kritisieren Versäumnis der Politik, Überfischung zu stoppen – DUH fordert Ende der Überfischung und illegaler Fischrückwürfe auf See – Aktion der DUH, Our Fish und DEEPWAVE zum Welttag der Meere vor den Toren der Bundesregierung veranschaulicht verheerende Auswirkungen der Überfischung – Marktschreier prangert zu hohe Fangmengen für Dorsch, Hering & Co. an
Berlin, 4.6.2019: Es bleiben nicht mal mehr sieben Monate, um die Überfischung in unseren europäischen Meeren zu beenden. Zu dieser Frist verpflichteten sich 2013 alle EU-Mitgliedstaaten in der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP). Kurz vor dem Welttag der Meere am 8. Juni machen die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Our Fish und DEEPWAVE auf die verheerenden Folgen eines nicht nachhaltigen Fischereimanagements aufmerksam. Vor dem Reichstag in Berlin forderten sie die Bundesregierung mit einer bildstarken Aktion auf, die Überfischung bis 2020 zu beenden.
Leere Marktstände auf einem inszenierten abgesagten Fischmarkt verdeutlichen, wie es in Zukunft an der Nord- und Ostseeküste immer häufiger aussehen könnte. Ein einsamer Marktschreier schildert stimmgewaltig, wie es zu den leeren Fischauslagen kommen konnte.
41 Prozent der Fischbestände im Nordostatlantik sind überfischt. Zu diesen Fischpopulationen zählen auch der westliche Hering und der östliche Dorsch in der Ostsee. Diese Populationen sind aktuell in einem sehr schlechten Zustand. Erstmals empfehlen die Wissenschaftler vom Internationale Rat für Meeresforschung 2019 für beide Populationen eine Null-Quote, das heißt einen Fangstopp ab 2020. Auch das Warnemünder Heringsfest wurde bereits in diesem Jahr abgesagt, da es im Frühjahr nicht genug Heringe in der Ostsee gab. Das ist unter anderem das Resultat jahrzehntelanger Überfischung.
„Unsere wichtigsten Speisefischarten in Nord- und Ostsee stehen unter Druck: Überdüngung, Verschmutzung, die Folgen der Klimakrise und die Überfischung machen unseren Meeresökosystemen zu schaffen“, sagt Sascha Müller-Kraenner, DUH-Bundesgeschäftsführer. „Trotz der gesetzlichen Vorgabe, die Überfischung bis 2020 zu beenden, wurden wieder zu viele Fangquoten für 2019 oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen festgelegt. Frau Klöckner – es ist fünf vor zwölf und Sie sind als Fischereiministerin verantwortlich für unsere Fischpopulationen. Sorgen Sie für den sofortigen Fangstopp bedrohter Populationen und nachhaltige Fangmengen bis 2020“, fordert Müller-Kraenner weiter.
„2019 muss das Jahr sein, in dem die Fanggrenzen endlich den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen. Außerdem müssen die EU-Fischereiminister das 2020-Ziel der Gemeinsamen Fischereipolitik ernst nehmen, um die Überfischung in den europäischen Meeren zu beenden“, sagt Rebecca Hubbard, Direktorin der Our Fish Kampagne. „Eigentlich ist es eine einfache Rechnung: Wird zu viel Fisch aus dem Meer geholt, kollabieren die Fischpopulationen und sind dann wirtschaftlich nicht mehr nutzbar. Nur eine nachhaltige Fischerei kann die Widerstandsfähigkeit unserer Fischpopulationen gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise stärken und führt zu höheren wirtschaftlichen Erträgen und somit zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Fischerei und den Küstengemeinden.“
Anna Groß, CEO der Meeresschutzorganisation DEEPWAVE: „Überfischung ist nicht nur ein ökonomisches Problem. Sie zeigt deutlich unseren völlig falschen Bezug zu den Meeren. Wir behandeln sie als auszuschöpfende Ressource, als Wasserstraße, als Entsorgungsdeponie. Ohne uns darüber im Klaren zu sein, dass wir so zielstrebig auf das Kippen unserer Meere zusteuern. Die derzeitige Fischerei ist verschwenderisch und zerstört eine gemeinschaftliche Ressource. Sie kann dies nur tun, weil sie durch eine Politik gedeckt wird, die unseren Meeren nicht genug Zeit gibt, um sich zu regenerieren. Trotz der seit Januar 2019 vollumfänglichen Anlandungspflicht werden für den täglichen Konsum unvorstellbare Mengen an Meereslebewesen als ungewollter Beifang zurück ins Meer geworfen und wie Abfall behandelt.“
Über Our Fish
Die europäische Initiative Our Fish will sicherstellen, dass die EU-Mitgliedstaaten die Gemeinsame Fischereipolitik umsetzen und für nachhaltige Fischbestände in den europäischen Meeren sorgen. Die Deutsche Umwelthilfe koordiniert die Our Fish-Kampagne in Deutschland.
Über DEEPWAVE
Die Meeresschutzorganisation mit Sitz in Hamburg setzt sich regional und international für den Schutz der Ozeane und ihrer Bewohner ein. DEEPWAVE setzt sich für ein geschärftes Bewusstsein für den globalen Zusammenhang der Gefährdungen des Wasserplaneten ein, denn nur so kann das gemeinsame Erbe des Weltmeeres für künftige Generationen erhalten werden. Die essentielle Problematik der Überfischung auf der Agenda zu halten, ist eine der Aufgaben von DEEPWAVE.
Links:
- Pressefotos der Aktion finden Sie ab 15 Uhr hier: http://l.duh.de/p190604
- Mehr über Our Fish: https://our.fish/de/
- Mehr zu DEEPWAVE: https://www.deepwave.org/
- Mehr zur Fischereipolitik: https://www.duh.de/fischerei/
Kontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer DUH
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Anna Groß, CEO DEEPWAVE
040 4609 1461, deepwave.annagross@gmx.de
Katja Hockun, Projektmanagerin DUH
030 2400867-895, hockun@duh.de
Rebecca Hubbard, Programmdirektorin Our Fish
+34 657669425, rebecca@our.fish
DUH-Pressestelle:
Ann-Kathrin Marggraf, Marlen Bachmann
030 2400867-20, presse@duh.de
www.duh.de, www.twitter.com/umwelthilfe, www.facebook.com/umwelthilfe,www.instagram.com/umwelthilfe
Vermüllt und leergefischt – Wie retten wir die Meere?
Unsere wissenschaftliche Beirätin, Dr. Franziska Bils, war im Gespräch bei SWR2 mit Prof. Dr. Julian Gutt (Helmholz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung am Alfred-Wegener-Institut) und Claus Ubl (Deutscher Fischerei-Verband e.V., Hamburg) unter der Gesprächsleitung von Susanne Henn.
In der Radiosendung „Vermüllt und leergefischt – Wie retten wir die Meere?“ diskutieren sie über die Zukunft und die Gefährdungen der Meere durch Plastikmüllverschmutzung, Überfischung, fehlende Meeresschutzgebiete und den Klimawandel.
„Vermüllt und leergefischt – Wie retten wir die Meere?“ findet ihr hier.
SWR2: https://www.swr.de/swr2/-/id=7576/otnbb1/index.html
Dorschbestand in der östlichen Ostsee kollabiert – Umweltverbände fordern sofortigen Fangstopp
Pressemitteilung, 11.04.2019 von der Deutschen Umwelthilfe (DUH)
Aktionstag: Internationaler Tag des Ostsee-Schweinswals
Am 19. Mai findet dieses Jahr der internationale Tag des Ostsee-Schweinswals statt. Die Stiftung Deutsches Meeresmuseum hat eine wissenschaftliche Projektgruppe gegründet, die sich der einzigen Walart widmet, die in der Ostsee heimisch ist. Die Schweinswale sind stark durch die Fischerei (insbesondere Stellnetzfischerei), Unterwasserlärm und die Verschmutzung der Meere bedroht. Anlässlich des Internationalen Tag des Ostsee-Schweinswals werden die Wissenschaftler*innen am OZEANEUM (19. Mai 2019, 10:00 bis 15:00) Uhr einen Einblick in ihre Arbeit geben und über ihre aktuellen Projekten informieren. Neben dem Modell eines Schweinswals, werden auch Aktionen zum Mitmachen für Kinder angeboten.
Veranstaltungsübersicht der Stiftung Deutsches Meeresmuseum:
„Wir dachten, der Stint wäre unerschöpflich“
Die Nachfrage nach Stint ist hoch, gerade in den Hamburger Restaurants. Seit über 50 Jahren fischt Walter Zeeck in der Elbe. Er berichtet, dass immer weniger Stint im Netz landet. Viele Fischereibetriebe müssen nun um ihre Existenz fürchten, wenn der Fischbestand weiter sinkt. Die Überfischung führt somit nicht nur zur Eindämmung der maritimen Biodiversität und der darauf folgenden Umweltauswirkungen, sondern auch zu einem wirtschaftlichen Einbruch des Fischereiwesens. Walter Zeeck erzählt im Interview mit ZEIT ONLINE seine Geschichte und wie er in einem halben Jahrhundert als Fischer den Rückgang der norddeutschen Stint-Bestände miterlebt hat. Der Artikel zeigt, dass nachhaltige Innovationen und Alternativen existentiell für ein weiteres Bestehen des maritimen Lebens in den Gewässern der Erde sind, nicht nur für das Bestehen des Stints.
Das Walter Zeeks Interview „Wir dachten, der Stint wäre unerschöpflich“ mit Folko Damm vom 14. März 2019 findet ihr bei ZEIT ONLINE.
Verstümmelte Delfine in Rekordzahl an der französischen Küste angespült
An der französischen Atlantikküste wurden in diesem Jahr so viele tote Delfine angespült, wie noch nie. Nach Schätzungen von Aktivist:innen sind es mindestens 1100 Tiere, die Dunkelziffer wird aber 10 Mal höher geschätzt, denn viele tote Körper sinken noch im offenen Meer ab. Viele der Tiere waren schwer verletzt und verstümmelt. Auch wenn die genauen Todesursachen nicht klar sind, scheinen die Delfine in Kontakt mit großen Fischtrawlern und Netzen gekommen zu sein. Da die genutzten Netze nicht selektiv Fischen, verenden die Delfine oft als Beifang und ertrinken, wenn sie sich unter Wasser im Netz verheddern oder sterben, wenn das Netz mit dem Fang hochgezogen wird. Die Zahl der Delfine, die auf diese Weise getötet werden, ist in den letzten drei Jahren stark angestiegen und bringt die ohnehin schon gefährdeten europäischen Populationen weiter an den Rand des Aussterbens. Der französische Agrarkulturminister hat einen „Aktionsplan“ angekündigt der auch spezielle Netze mit akustischen Signalen einschließt, die die Delfine auf das Netz aufmerksam machen sollen. Sea Shepherd kritisiert diesen Plan, denn viele Fischer hätten Angst, durch die akustischen Signale auch Fische zu vertreiben, und wie die Umsetzung kontrolliert werden soll, ist auch unklar.
Den zugehörigen Artikel „Mutilated dolphins wash up on French coast in record numbers“ von Kim Willsher vom 31.03.2019 findet ihr bei The Guardian.
Tag des Artenschutzes: Tiefseefisch – Orange Roughy
Alljährlich findet am 3. März der Tag des Artenschutzes statt, der aus dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) von 1973 hervorgeht.
Zum diesjährigen Tag des Artenschutzes stellen wir euch den Granatbarsch – oder auch Orange Roughy – vor. Ein Sinnbild für das Leben in der Tiefsee. Die Tiefsee – tiefer, dunkler und langsamer. Der größte Lebensraum unseres Planeten, der früher durch seine besonderen Lebensbedingungen als lebensfeindlich galt. Orange Roughy hat sich jedoch, so wie viele andere Lebewesen, perfekt an die Kälte, den hohen Druck und die ewige Dunkelheit der Tiefsee angepasst.
In bis zu 1800 Metern Tiefe gleitet er langsam durch den lichtlosen Ozean, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Er hat einen extrem langsamen Stoffwechsel, der dazu führt, dass er erst sehr spät geschlechtsreif wird und sich somit auch nur langsam reproduzieren kann. Bis zu 150 Jahre kann der orange-rote Fisch die Tiefen unseres Planeten durchqueren. Die ZEIT hat Orange Roughy nicht ohne Grund den „Entdecker der Langsamkeit“ getauft.
Der Knochenfisch, der älter wird als unsere Großeltern, landet in Ländern wie USA, Australien, China, aber auch in Deutschland auf den Speisekarten. Er fällt der steigenden Nachfrage nach Fisch zum Opfer. Er stirbt und endet im Magen von Menschen, die diesen besonderen Fisch gerne verspeisen oder er wird als Beifang der industriellen Fischerei unabsichtlich gefangen, wenn er nicht dem erhofften Fang entspricht aufgrund seiner Spezies, Größe oder Qualität, sterbend wieder ins Meer geworfen.
Seit 2016 tragen drei neuseeländische Fischereien das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) für nachhaltige Fischerei, die insgesamt für mehr als die Hälfte des örtlichen Fangs von Granatbarschen verantwortlich sind. Wie ist das möglich? Tiefseelebewesen wie Orange Roughy werden mit Grundschleppnetzen gefangen, die gleichzeitig die Jahrhunderte alten empfindlichen Kaltwasser-Korallenriffe der Tiefsee zerstören. Kann er überhaupt „nachhaltig“ gefangen werden, wenn durch die angewandten Tiefseefangmethoden gleichzeitig sein Lebensraum zerstört wird? Was ist, wenn sich die Granatbarsche und ihr Lebensraum trotz der Auflagen des MSCs nie wieder erholen?
Können wir als Gäste des Planeten Erde unser Bedürfnis diesen Fisch zu essen über das Leben eines Lebewesens stellen, das mehr als doppelt so alt wird wie wir? Wir sind in den Ländern, in denen Orange Roughy gegessen wird, nicht auf Fische als Proteinquelle angewiesen. Auf wie viel verzichten wir wirklich, wenn wir nicht mehr uralte Lebewesen aus den unbekannten Tiefen des Ozeans rauben, um unsere Vorliebe für besonderes Fischfilet zu befriedigen?
Orange Roughy steht für die Tiefsee. Eine geheimnisvolle und artenreiche Welt, die wir in ihrer Komplexität noch nicht erfasst haben. Müssen wir das, bevor wir anfangen sie zu schützen? Nein, wir müssen nicht alle Vorgänge und Mechanismen in der Tiefsee verstehen, um sie sinnvoll schützen zu können. Klar ist, wenn wir so weitermachen, werden wir nicht mehr alle Wunder der Tiefsee entdecken…
3.März – Ein Tag, an dem wir unsere täglichen Entscheidungen überdenken müssen, die das Leben vieler Lebewesen gefährden, sowohl in den Tiefen des Ozeans, als auch auf dem ganzen Planeten Erde.
Johan Busse von Colbe für DEEPWAVE
NABU: Nachhaltigkeitssiegel MSC schützt Wale und Seevögel nicht ausreichend
Pressemitteilung, 22.02.2019 vom NABU
BirdLife-Studie offenbart gravierende Mängel beim Siegel für Fischprodukte
Berlin – Eine aktuelle Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International dokumentiert gravierende Mängel des weltweit bekannten Siegels für Fischprodukte und Meeresfrüchte, das Marine Stewardship Council (MSC). Nur 13 Prozent der untersuchten Fischereien erhielten eine gute Note, lediglich bei einer ging der ungewollte Beifang von bedrohten Arten nach der Zertifizierung zurück.
„Das ist zu wenig für den Anspruch eines Nachhaltigkeitssiegels“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Wer zu einem Nachhaltigkeitssiegel greift, möchte sicher gehen, dass sein Einkauf nicht auf Kosten der Meeresumwelt geht und zum sinnlosen Tod von Walen und Seevögeln führt. Das ist beim MSC leider nicht immer gewährleistet. Wir appellieren daher eindringlich an MSC, schnellstmöglich Reformen einzuleiten und dem Schutz seltener und bedrohter Arten höchste Priorität einzuräumen.“
Der Beifang sogenannter „Nichtzielarten“ ist ein weltweites Problem und fordert Jahr für Jahr Hunderttausende Opfer. Haie und Meeresschildkröten verenden an hakenbesetzten Langleinen oder Delfine und Seevögel ertrinken in für sie unsichtbaren Stellnetzen. Die Birdlife-Studie untersuchte 23 unterschiedliche Fischereien anhand MSC-eigener Veröffentlichungen. Verglichen wurden die Datenqualität und die Überprüfung der Fischereien sowie ob es effektive Maßnahmen zur Beifangvermeidung gibt, die erfolgreich umgesetzt werden.
Diese Pressemitteilung und weitere Informationen findet ihr beim NABU.
Die komplette Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International: http://www.birdlife.org/sites/default/files/msc_bycatch_review_summary_report_final.pdf
Kaffeesatz statt Wissenschaft: WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“
Pressemitteilung, 19.12.2018, WWF
EU einigt sich auf Fischfangmengen für 2019 / WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“
Die EU Fischereiminister haben in der Nacht festgelegt, wie hoch die Fangmengen für das kommende Jahr für 89 Fischbestände in der Nordsee und dem Nordostatlantik sein dürfen. In der Nordsee dürfen im Jahr 2019 mehr Schollen und Seelachs, aber weniger Kabeljau und Heringe gefangen werden. Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert in einer Stellungnahme die fortgesetzte „staatlich legitimierte Überfischung“ und fordert ein Umdenken in der EU-Fischereipolitik.
„Noch immer ist jeder zweite Fischbestand im Nordostatlantik überfischt. Doch anstatt auf wissenschaftliche Fakten und Empfehlungen zu bauen, betreiben die Fischereiminister willkürliche Kaffeesatzleserei, um die Quoten festzulegen. Europa wollte bis 2020 die Überfischung abschaffen. Mit den getroffenen Entscheidungen wird die Politik diese Selbstverpflichtung verfehlen und bedient die Interessen der Fischereiindustrie“, kritisiert Heike Vesper, Direktorin des WWF Meeresschutzprogramms. „Für die Erholung der Fischbestände muss zwingend weniger gefangen werden. Das ist doch kein Hexenwerk, sondern politische, ökologische und ökonomische Vernunft.
„Die Höchstfangmangen oder TACs (engl. Total Allowable Catch) sind eigentlich das zentrale Werkzeug des Fischereimanagements, um die Bestände gesund zu erhalten. Doch im Jahr 2017 lagen 44 Prozent der politischen Beschlüsse zu TACs teilweise deutlich oberhalb der wissenschaftlich ermittelten Grenzen. Darunter litt auch der Nordsee-Kabeljau. Für das kommende Jahr reduzierten die Minister dessen Fangmenge in der Nordsee um ein Drittel auf rund 29.400 Tonnen. Das ist allerdings immer noch mehr als nachhaltig wäre.
Die Europäische Union hat sich mit ihrer aktuellen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) zu dem Ziel verpflichtet, bis 2020 alle eigenen Bestände auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen. Nach WWF-Ansicht bleibt unklar, wie dieses zentrale Ziel in nur noch einem verbleibenden Jahr erreicht werden soll. Ebenso unklar ist, weshalb die zuständigen Minister die Entsorgung des „Beifangs“ auf offenem Meer nicht endlich angehen. „Vor fünf Jahren hat die Politik uns allen und dem Meer versprochen, mit dem neuen Gesetz gegen Rückwürfe die Fischverschwendung zu beenden. Doch heute sind wir kaum vom Startblock weg. Die Fischereilobby sperrt sich weiterhin und noch immer funktioniert die amtliche Kontrolle des Rückwurfverbotes nicht richtig“, kritisiert Vesper auch die deutsche Umsetzung der Fischereireform durch das zuständige Bundesministerium. Ab dem 01. Januar 2019 gilt das neue Gesetz in allen EU-Meeresgewässern. Der in großem Umfang praktizierte Rückwurf von Fischen, die zu klein sind, nicht der Zielart entsprechen oder über die Quote hinaus ins Netz gehen, sollte dann der Vergangenheit angehören. Doch dieses Versprechen haben die Minister mit ihrer Entscheidung nicht eingelöst.
Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.
Weiter Informationen zur Überfischung unsere Ozeane findet ihr hier.
Die Forderung von einer Beendung der Überfischung zum Welttag der Meere, von der Deutsche Umwelthilfe, Our Fish und Deepwave, könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.