Überfischung

Die größte von allen aktuellen Bedrohungen für das Ökosystem Meer ist die Plünderung der Ozeane durch die industrielle Fischerei.

Ohne Fische kein lebendiges Meer und keine Zukunft.

Aktionstag: Internationaler Tag des Ostsee-Schweinswals

ein Schweinswal taucht zur Hälfte an der Oberfläche des Wassers auf

© Baldhur, NOAA / Wikimedia Commons

Am 19. Mai findet dieses Jahr der internationale Tag des Ostsee-Schweinswals statt. Die Stiftung Deutsches Meeresmuseum hat eine wissenschaftliche Projektgruppe gegründet, die sich der einzigen Walart widmet, die in der Ostsee heimisch ist. Die Schweinswale sind stark durch die Fischerei (insbesondere Stellnetzfischerei), Unterwasserlärm und die Verschmutzung der Meere bedroht. Anlässlich des Internationalen Tag des Ostsee-Schweinswals werden die Wissenschaftler*innen am OZEANEUM (19. Mai 2019, 10:00 bis 15:00) Uhr einen Einblick in ihre Arbeit geben und über ihre aktuellen Projekten informieren. Neben dem Modell eines Schweinswals, werden auch Aktionen zum Mitmachen für Kinder angeboten.

Veranstaltungsübersicht der Stiftung Deutsches Meeresmuseum:

https://www.deutsches-meeresmuseum.de/veranstaltungen/

„Wir dachten, der Stint wäre unerschöpflich“

Nahaufnahme eines Fischernetzes. Vielleicht kann bald kein Stint mehr darin gefangen werden

© Reuben Hustler / Unsplash

Die Nachfrage nach Stint ist hoch, gerade in den Hamburger Restaurants. Seit über 50 Jahren fischt Walter Zeeck in der Elbe. Er berichtet, dass immer weniger Stint im Netz landet. Viele Fischereibetriebe müssen nun um ihre Existenz fürchten, wenn der Fischbestand weiter sinkt. Die Überfischung führt somit nicht nur zur Eindämmung der maritimen Biodiversität und der darauf folgenden Umweltauswirkungen, sondern auch zu einem wirtschaftlichen Einbruch des Fischereiwesens. Walter Zeeck erzählt im Interview mit ZEIT ONLINE seine Geschichte und wie er in einem halben Jahrhundert als Fischer den Rückgang der norddeutschen Stint-Bestände miterlebt hat. Der Artikel zeigt, dass nachhaltige Innovationen und Alternativen existentiell für ein weiteres Bestehen des maritimen Lebens in den Gewässern der Erde sind, nicht nur für das Bestehen des Stints.

Das Walter Zeeks Interview „Wir dachten, der Stint wäre unerschöpflich“ mit Folko Damm vom 14. März 2019 findet ihr bei ZEIT ONLINE.

 

 

Verstümmelte Delfine in Rekordzahl an der französischen Küste angespült

Zwei Delfine schwimmen nebeneinander an der Wasseroberfläche

© Tammi Baliszewski / Unsplash

An der französischen Atlantikküste wurden in diesem Jahr so viele tote Delfine angespült, wie noch nie. Nach Schätzungen von Aktivist:innen sind es mindestens 1100 Tiere, die Dunkelziffer wird aber 10 Mal höher geschätzt, denn viele tote Körper sinken noch im offenen Meer ab. Viele der Tiere waren schwer verletzt und verstümmelt. Auch wenn die genauen Todesursachen nicht klar sind, scheinen die Delfine in Kontakt mit großen Fischtrawlern und Netzen gekommen zu sein. Da die genutzten Netze nicht selektiv Fischen, verenden die Delfine oft als Beifang und ertrinken, wenn sie sich unter Wasser im Netz verheddern oder sterben, wenn das Netz mit dem Fang hochgezogen wird. Die Zahl der Delfine, die auf diese Weise getötet werden, ist in den letzten drei Jahren stark angestiegen und bringt die ohnehin schon gefährdeten europäischen Populationen weiter an den Rand des Aussterbens. Der französische Agrarkulturminister hat einen „Aktionsplan“ angekündigt der auch spezielle Netze mit akustischen Signalen einschließt, die die Delfine auf das Netz aufmerksam machen sollen. Sea Shepherd kritisiert diesen Plan, denn viele Fischer hätten Angst, durch die akustischen Signale auch Fische zu vertreiben, und wie die Umsetzung kontrolliert werden soll, ist auch unklar.

Den zugehörigen Artikel „Mutilated dolphins wash up on French coast in record numbers“ von Kim Willsher vom 31.03.2019 findet ihr bei The Guardian.

 

 

 

Tag des Artenschutzes: Tiefseefisch – Orange Roughy

Drei Orange Roughy liegen auf einem Tisch und werden vermessen

© CSIRO / Wikimedia Commons (CC-BY 3.0)

Alljährlich findet am 3. März der Tag des Artenschutzes statt, der aus dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) von 1973 hervorgeht.

Zum diesjährigen Tag des Artenschutzes stellen wir euch den Granatbarsch – oder auch Orange Roughy – vor. Ein Sinnbild für das Leben in der Tiefsee. Die Tiefsee – tiefer, dunkler und  langsamer. Der größte Lebensraum unseres Planeten, der früher durch seine besonderen Lebensbedingungen als lebensfeindlich galt. Orange Roughy hat sich jedoch, so wie viele andere Lebewesen, perfekt an die Kälte, den hohen Druck und die ewige Dunkelheit der Tiefsee angepasst.

In bis zu 1800 Metern Tiefe gleitet er langsam durch den lichtlosen Ozean, wo die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Er hat einen extrem langsamen Stoffwechsel, der dazu führt, dass er erst sehr spät geschlechtsreif wird und sich somit auch nur langsam reproduzieren kann.  Bis zu 150 Jahre kann der orange-rote Fisch die Tiefen unseres Planeten durchqueren. Die ZEIT hat Orange Roughy nicht ohne Grund den „Entdecker der Langsamkeit“ getauft.

Der Knochenfisch, der älter wird als unsere Großeltern, landet in Ländern wie USA, Australien, China, aber auch in Deutschland auf den Speisekarten. Er fällt der steigenden Nachfrage nach Fisch zum Opfer. Er stirbt und endet im Magen von Menschen, die diesen besonderen Fisch gerne verspeisen oder er wird als Beifang der industriellen Fischerei unabsichtlich gefangen, wenn er nicht dem erhofften Fang entspricht aufgrund seiner Spezies, Größe oder Qualität, sterbend wieder ins Meer geworfen.

Seit 2016 tragen drei neuseeländische Fischereien das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) für nachhaltige Fischerei, die insgesamt für mehr als die Hälfte des örtlichen Fangs von Granatbarschen verantwortlich sind. Wie ist das möglich?  Tiefseelebewesen wie Orange Roughy werden mit Grundschleppnetzen gefangen, die gleichzeitig die Jahrhunderte alten empfindlichen Kaltwasser-Korallenriffe der Tiefsee zerstören.  Kann er überhaupt „nachhaltig“ gefangen werden, wenn durch die angewandten Tiefseefangmethoden gleichzeitig sein Lebensraum zerstört wird? Was ist, wenn sich die Granatbarsche und ihr Lebensraum trotz der Auflagen des MSCs nie wieder erholen?

Können wir als Gäste des Planeten Erde unser Bedürfnis diesen Fisch zu essen über das Leben eines Lebewesens stellen, das mehr als doppelt so alt wird wie wir? Wir sind in den Ländern, in denen Orange Roughy gegessen wird, nicht auf Fische als Proteinquelle angewiesen. Auf wie viel verzichten wir wirklich, wenn wir nicht mehr uralte Lebewesen aus den unbekannten Tiefen des Ozeans rauben, um unsere Vorliebe für besonderes Fischfilet zu befriedigen?

Orange Roughy steht für die Tiefsee. Eine geheimnisvolle und artenreiche Welt, die wir in ihrer Komplexität noch nicht erfasst haben. Müssen wir das, bevor wir anfangen sie zu schützen? Nein, wir müssen nicht alle Vorgänge und Mechanismen in der Tiefsee verstehen, um sie sinnvoll schützen zu können. Klar ist, wenn wir so weitermachen, werden wir nicht mehr alle Wunder der Tiefsee entdecken…

3.März – Ein Tag, an dem wir unsere täglichen Entscheidungen überdenken müssen, die das Leben vieler Lebewesen gefährden, sowohl in den Tiefen des Ozeans, als auch auf dem ganzen Planeten Erde.

Johan Busse von Colbe für DEEPWAVE

 

 

NABU: Nachhaltigkeitssiegel MSC schützt Wale und Seevögel nicht ausreichend

Ein toter Kormoran hängt unter Wasser in einem, von Algen bewachsenen, Netz

© Wolf Wichmann

Pressemitteilung, 22.02.2019 vom NABU

BirdLife-Studie offenbart gravierende Mängel beim Siegel für Fischprodukte

Berlin – Eine aktuelle Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International dokumentiert gravierende Mängel des weltweit bekannten Siegels für Fischprodukte und Meeresfrüchte, das Marine Stewardship Council (MSC). Nur 13 Prozent der untersuchten Fischereien erhielten eine gute Note, lediglich bei einer ging der ungewollte Beifang von bedrohten Arten nach der Zertifizierung zurück.

„Das ist zu wenig für den Anspruch eines Nachhaltigkeitssiegels“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Wer zu einem Nachhaltigkeitssiegel greift, möchte sicher gehen, dass sein Einkauf nicht auf Kosten der Meeresumwelt geht und zum sinnlosen Tod von Walen und Seevögeln führt. Das ist beim MSC leider nicht immer gewährleistet. Wir appellieren daher eindringlich an MSC, schnellstmöglich Reformen einzuleiten und dem Schutz seltener und bedrohter Arten höchste Priorität einzuräumen.“

Der Beifang sogenannter „Nichtzielarten“ ist ein weltweites Problem und fordert Jahr für Jahr Hunderttausende Opfer. Haie und Meeresschildkröten verenden an hakenbesetzten Langleinen oder Delfine und Seevögel ertrinken in für sie unsichtbaren Stellnetzen. Die Birdlife-Studie untersuchte 23 unterschiedliche Fischereien anhand MSC-eigener Veröffentlichungen. Verglichen wurden die Datenqualität und die Überprüfung der Fischereien sowie ob es effektive Maßnahmen zur Beifangvermeidung gibt, die erfolgreich umgesetzt werden.

Diese Pressemitteilung und weitere Informationen findet ihr beim NABU.

Die komplette Studie des NABU-Dachverbandes Birdlife International: http://www.birdlife.org/sites/default/files/msc_bycatch_review_summary_report_final.pdf

Kaffeesatz statt Wissenschaft: WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“

Pressemitteilung, 19.12.2018, WWF

EU einigt sich auf Fischfangmengen für 2019 / WWF kritisiert „staatlich legitimierte Überfischung“

Die EU Fischereiminister haben in der Nacht festgelegt, wie hoch die Fangmengen für das kommende Jahr für 89 Fischbestände in der Nordsee und dem Nordostatlantik sein dürfen. In der Nordsee dürfen im Jahr 2019 mehr Schollen und Seelachs, aber weniger Kabeljau und Heringe gefangen werden. Die Naturschutzorganisation WWF kritisiert in einer Stellungnahme die fortgesetzte „staatlich legitimierte Überfischung“ und fordert ein Umdenken in der EU-Fischereipolitik.

„Noch immer ist jeder zweite Fischbestand im Nordostatlantik überfischt. Doch anstatt auf wissenschaftliche Fakten und Empfehlungen zu bauen, betreiben die Fischereiminister willkürliche Kaffeesatzleserei, um die Quoten festzulegen. Europa wollte bis 2020 die Überfischung abschaffen. Mit den getroffenen Entscheidungen wird die Politik diese Selbstverpflichtung verfehlen und bedient die Interessen der Fischereiindustrie“, kritisiert Heike Vesper, Direktorin des WWF Meeresschutzprogramms. „Für die Erholung der Fischbestände muss zwingend weniger gefangen werden. Das ist doch kein Hexenwerk, sondern politische, ökologische und ökonomische Vernunft.

„Die Höchstfangmangen oder TACs (engl. Total Allowable Catch) sind eigentlich das zentrale Werkzeug des Fischereimanagements, um die Bestände gesund zu erhalten. Doch im Jahr 2017 lagen 44 Prozent der politischen Beschlüsse zu TACs teilweise deutlich oberhalb der wissenschaftlich ermittelten Grenzen. Darunter litt auch der Nordsee-Kabeljau. Für das kommende Jahr reduzierten die Minister dessen Fangmenge in der Nordsee um ein Drittel auf rund 29.400 Tonnen. Das ist allerdings immer noch mehr als nachhaltig wäre.

Die Europäische Union hat sich mit ihrer aktuellen Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) zu dem Ziel verpflichtet, bis 2020 alle eigenen Bestände auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen. Nach WWF-Ansicht bleibt unklar, wie dieses zentrale Ziel in nur noch einem verbleibenden Jahr erreicht werden soll. Ebenso unklar ist, weshalb die zuständigen Minister die Entsorgung des „Beifangs“ auf offenem Meer nicht endlich angehen. „Vor fünf Jahren hat die Politik uns allen und dem Meer versprochen, mit dem neuen Gesetz gegen Rückwürfe die Fischverschwendung zu beenden. Doch heute sind wir kaum vom Startblock weg. Die Fischereilobby sperrt sich weiterhin und noch immer funktioniert die amtliche Kontrolle des Rückwurfverbotes nicht richtig“, kritisiert Vesper auch die deutsche Umsetzung der Fischereireform durch das zuständige Bundesministerium. Ab dem 01. Januar 2019 gilt das neue Gesetz in allen EU-Meeresgewässern. Der in großem Umfang praktizierte Rückwurf von Fischen, die zu klein sind, nicht der Zielart entsprechen oder über die Quote hinaus ins Netz gehen, sollte dann der Vergangenheit angehören. Doch dieses Versprechen haben die Minister mit ihrer Entscheidung nicht eingelöst.

Diese Pressemitteilung findet ihr beim WWF.

Weiter Informationen zur Überfischung unsere Ozeane findet ihr hier.

Die Forderung von einer Beendung der Überfischung zum Welttag der Meere, von der Deutsche Umwelthilfe, Our Fish und Deepwave, könnt ihr in unserem Politikblog nachlesen.

 

 

 

Fangquoten 2019/2020 für Tiefseefische festgelegt: EU umschifft eigenen Nachhaltigkeitsstandard

Die EU hat die aktuellen Fangquoten für einige Tiefseefischarten im Nordostatlantik beschlossen. Dabei geht es unter anderem um folgende Fischarten: Tiefseehai, Schwarzer Degenfisch, Kaiserbarsch, Rundnasen-Grenadier und Rote Fleckbrasse.

20.11.2018 Pressemeldung von Slow Food Deutschland:

Tiefsee-Fanggrenzen 2019/2020: EU umschifft eigenen Nachhaltigkeitsstandard

20.11.2018 – Die Fischereiminister der EU, darunter Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, haben über die Fanggrenzen für wirtschaftlich bedeutende Bestände von Tiefseefischarten für 2019 und 2020 entschieden – darunter die für Deutschland relevanten Arten Schwarzer Degenfisch, Rundnasengrenadier und Gabeldorsch. „Herzstück der Gemeinsamen Fischereipolitik ist das rechtlich verbriefte Ziel nachhaltiger Nutzungsgrade für alle fischereilich genutzten Populationen bis 2020. Dieser sogar global geltende Nachhaltigkeitsstandard wurde nun umschifft, indem zahlreiche Fanggrenzen einfach aufgehoben wurden“, so Nina Wolff, Fischerei-Expertin von Slow Food Deutschland.

Die Tiefsee zählt zu den empfindlichsten Bereichen der Meere. Sie birgt eine Fülle von Lebewesen und Lebensräumen. Vieles davon ist uns Menschen noch unbekannt. Trotzdem fischen industrielle Fischereiflotten, auch aus EU-Ländern, in diesen Gefilden, weil sie in einigen Küstengewässern Europas nicht mehr ausreichend Fang und Gewinne erzielen. Viele Tiefseefische jedoch reproduzieren sich langsamer als andere Fischarten. Sie sind entsprechend anfällig für Überfischung. Einige dieser Arten sind bereits stark dezimiert, darunter der Granatbarsch sowie mehrere Haiarten. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hat im Vorfeld der gestrigen Entscheidung empfohlen, bei vielen der Tiefseebestände die Fänge erheblich zu reduzieren oder gänzlich zu vermeiden.

Diesen wissenschaftlichen Empfehlungen ist die EU mit ihrer getroffenen Entscheidung nicht ausreichend nachgekommen. „Die EU hätte gestern für 19 Tiefsee-Bestände Fanggrenzen festlegen sollen. Stattdessen wurden sechs Bestände der Quote entzogen. Der Ministerrat ist kritiklos diesem unverantwortlichen Vorschlag der EU-Kommission gefolgt. Die wissenschaftlichen Kenntnisse über die besonders schutzbedürftigen Tiefseepopulationen sind nach wie vor gering. Eine Bewirtschaftung dieser Bestände im Einklang mit dem Vorsorgeprinzip hätte deshalb besonders strenge Fanggrenzen bis hin zu Fangverboten erfordert“, so Wolff und erklärt entschieden weiter: „Die EU und auch das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sind sich der großen Bedeutung der Tiefseefische für die marinen Ökosysteme durchaus bewusst. Dennoch wurden erneut wichtige Erhaltungsmaßnahmen einer schlanken Quotenverwaltung geopfert. Das ist, als höbe man Geschwindigkeitsbegrenzungen auf weniger befahrenen Straßen auf, um die Verkehrspolitik zu entschlacken“.

In ihrer Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) hat die EU rechtsverbindlich beschlossen, bis 2020 alle EU-Fischbestände auf einem ökologisch vertretbaren Niveau zu bewirtschaften. Mit der jüngst getroffenen Entscheidung hat sie sich davon erneut einen Schritt entfernt und das wirtschaftliche Interesse einiger weniger Mitgliedstaaten über wissenschaftliche Expertise und geltendes Recht gestellt. „Ich bin sprachlos darüber, dass der Ministerrat nicht stärker agiert hat, um die für uns überlebenswichtigen marinen Ökosysteme zu erhalten. Da die EU weiterhin nicht die Grundlagen für einen verantwortungsvollen Fischverzehr schafft, kann ich nur an die Verbraucherinnen und Verbraucher appellieren, sensible und kluge Entscheidungen zu treffen. Wenn eine der biologischen Empfindlichkeit entsprechende vorsichtige Bewirtschaftung nicht gewährleistet ist, gibt es nur eine Konsequenz. Die Tiefsee gehört nicht auf den Teller, und wir sollten auch auf Reisen einen kulinarischen Bogen um Tiefseefischarten schlagen und stattdessen zu regionalem Fisch greifen, dessen ökologisch unbedenklicher Herkunft wir uns vergewissert haben“, sagt Ursula Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland.

Die Pressemitteilung findet ihr bei Slow Food Deutschland.

Weitere Informationen und Standpunkte findet ihr unter anderem bei Seas at Risk.

Und hier die Pressemitteilung der EU Deep-sea fish stocks: agreement on catch limitations over 2019 and 2020.

 

Überfischung der Weltmeere nimmt weiter zu und beschleunigt sich laut Welternährungsorganisation

Pressemitteilung Fair Oceans
Rom, 11.07.2018

Überfischung der Weltmeere nimmt weiter zu und beschleunigt sich
– Nahezu ein Drittel der von der Welternährungsorganisation erfassten Fischbestände ist überfischt

Alle zwei Jahre anlässlich der Sitzung des Ausschusses für Fischerei veröffentlicht die Welternährungsorganisation der UN ihren Bericht über den Zustand der Weltfischbestände und der Aquakultur. SOFIA, so die Abkürzung von State of World Fisheries and Aquaculture, basiert auf den offiziellen Daten der Staaten, die zusammengetragen und detailliert ausgewertet werden. Die Ergebnisse und von SOFIA aufgezeigten Entwicklungstendenzen sind weltweit ein Gradmesser für die Probleme in der Fischereiwirtschaft. Fair Oceans nimmt zum mittlerweile vierten Mal an der Sitzung teil, die derzeit vom 09. bis 13. Juli in Rom stattfindet. Die zu Beginn der Ausschusssitzung vorgelegten Zahlen aus dem aktuellen SOFIA-Bericht von 2018 machen deutlich, dass die Überfischung der Ozeane und Meere weiterhin ungebremst zunimmt.

Von 1974 bis 2015 hat sich die Überfischung der Weltmeere von 10% auf nun 33,1% erhöht. Durchschnittlich gab es in diesem Zeitraum von Jahr zu Jahr einen Anstieg von gut einem halben Prozentpunkt. Der Vergleich mit den Zahlen aus den Jahren 2009, 2011 und 2013 zeigt nun eine überdurchschnittlich starke Zunahme der Überfischung, die sich mit dem neuen Bericht bestätigt. Von 1989 bis 2009 betrug der Anstieg über diese 20 Jahre insgesamt nur rund 4%. In jüngster Zeit hat sich die Geschwindigkeit mit der die Überfischung zunimmt jedoch dramatisch beschleunigt. Seit 2009 addiert sich diese Zunahme schon jetzt bis zur aktuell in Rom vorgestellten Bestandsaufnahme aus dem Jahr 2015 auf 3,2%. Allein von 2013 bis 2015 wuchs die Zahl der über ihre ökologischen Grenzen hinaus ausgebeuteten Bestände um 1,7%.

Der Bericht der Welternährungsorganisation zur Fischerei ist aber weit mehr als eine bloße Zahlensammlung. Er verdeutlicht die globale Bedeutung der Fischerei für die Ernährungssicherheit, ebenso wie die Notwendigkeit die Fischbestände nachhaltig zu managen.

In Rom bewertet Kai Kaschinski, Projektkoordinator von Fair Oceans, die aktuelle Entwicklung: „Der Meeresschutz hat in Öffentlichkeit und Politik an Gewicht gewonnen. Trotzdem verschlechtert sich der Zustand der Meere und speziell der Fischbestände unaufhörlich. Der aktuelle Bericht der Welternährungsorganisation zeigt die ganze Dramatik dieser Situation. Die Ausweitung der Überfischung wird mittelfristig katastrophale Folgen haben. Schreibt sich die Entwicklung fort, bricht rein rechnerisch spätestens Ende diesen Jahrhunderts der letzte Fischbestand zusammen. Die Fischereiwirtschaft wird entsprechend früher in der Bedeutungslosigkeit versinken.“

SOFIA stellt unter anderem auch die neuen Zahlen zum Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch und Meeresfrüchten vor. 2017 waren es 20,5 kg, 0,4 kg mehr als 2014, die weltweit durchschnittlich pro Kopf verzehrt wurden. Rund 3,2 Mrd. Menschen deckten dabei ihren Bedarf an tierischem Eiweiß zu etwa 20% aus der Fischerei und Aquakultur. Während die Wildfänge seit Mitte der 90er Jahre stagnieren, sichert die Aquakultur mit ihren Produktionssteigerungen den kontinuierlichen Anstieg des Angebots. 80 Mio. t der Gesamtmenge an Fisch und Meeresfrüchten von 171 Mio. t kamen Ende 2016 aus der Aquakultur. Da ein erheblicher Teil des Wildfangs zu Fischmehl verarbeitet wird, stammt mittlerweile mehr als die Hälfte des Fisches und der Meeresfrüchte für den menschlichen Verzehr aus der Aquakultur.

Kai Kaschinski führt hierzu aus: „Die großen Umbrüche, die wir derzeit auf dem Meer erleben, treffen die Fischereiwirtschaft in doppelter Hinsicht. Zum einen verändert sie sich von innen heraus und wird mehr und mehr von der Aquakultur dominiert, mit all den negativen Aspekten der Massentierhaltung. Auf der anderen Seite ist der Zusammenbruch der natürlichen Bestände nicht nur dem Missmanagement in der Fischerei geschuldet. Meeresverschmutzung, Offshore-Projekte, Schifffahrt, Tourismus und nicht zuletzt der Klimawandel bedrohen die Fischbestände in vielerlei Hinsicht. Die Industrialisierung der Meere mit ihren negativen Begleiterscheinungen geschieht auf Kosten der Fischerei.“

Allein in ihrer neuesten Studie zum Klimawandel, die am zweiten Tag der Sitzung des Ausschusses für Fischerei vorgestellt wurde, geht die Welternährungsorganisation durch die Erwärmung der Ozeane von zusätzlichen Verlusten beim Fischfang von bis zu 12,1% aus.

Francisco Mari, Referent von Brot für die Welt, begleitet ebenfalls die Ausschusssitzung und stellt fest: „Mit der zunehmenden Überfischung und dem Verlust der Fischbestände werden die Existenzgrundlagen der Kleinfischer gefährdet. Ihre zentrale Rolle für die Ernährungssicherheit im globalen Süden muss jedoch in jedem Fall gewahrt bleiben. Wir unterstützen deshalb die Umsetzung der Richtlinien zum Schutz der Kleinfischerei. Die Initiativen der Welternährungsorganisation in diesem Bereich müssen von der EU politisch und auch mit ausreichenden finanziellen Mitteln unterstützt werden. Das Gleiche gilt für den Klimaschutz und die illegale Fischerei. Auch hier müssen die EU und die Bundesregierung handeln und dabei vorrangig die Bedürfnisse der Kleinfischerei in ihre Überlegungen einbeziehen.“

Fair Oceans sieht in der Richtlinie zum Schutz der Kleinfischerei eine gute Grundlage um entwicklungspolitischen Problemen in der internationalen Fischereipolitik Geltung zu verschaffen und das Management der Küstenzonen sozial gerechter und zugleich ökologisch sinnvoll zu gestalten. Es sind die armen Küstengemeinschaften, die am stärksten von einer intakten Meereswelt abhängig sind und denen die Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme am meisten zusetzt.

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an

Kai Kaschinski
kai.kaschinski@fair-oceans.info

Den vollständigen Report findet ihr hier:
http://www.fao.org/3/I9540EN/i9540en.pdf

Street-Art gegen Grundschleppnetzfischerei

Von Formen dominiertes Graffiti mit blauen Robotern

© MMT / Pixabay

Während sich heute die Fischereiminister:innen der EU-Mitgliedsstaaten treffen, nehmen sieben bekannte Street-Art-Künstler:innen dies zum Anlass, zeitgleich in verschiedenen europäischen Hauptstädten gegen die Grundschleppnetzfischerei zu protestieren. Dadurch erhoffen sie sich, die Meinung der Menschen zu diesem Thema an die versammelten Politiker:innen heranzutragen, denn mehr als 860.000 Europäer:innen haben die von BLOOM initiierte Petition unterschrieben, deren Ziel es ist, dass die Grundschleppnetzfischerei möglichst schnell verboten wird.

Ihre Sorge ist berechtigt: Schon seit längerem ist bekannt, dass die Tiefsee womöglich noch artenreicher als der Amazonas-Regenwald ist. Demnach ist die Grundschleppnetzfischerei das Unterwasser-Äquivalent zur Rodung des Amazonas-Regenwaldes. In unserem Factsheet haben wir die negativen Folgen der Grundschleppnetzfischerei sehr anschaulich dargelegt.

Die beteiligten Street-Art-Künstler:innen sind: POPAY in Brüssel, JB ROCK in Rom, SP38 in Berlin, SPOK BRILLOR in Mardid; David JAE Antunes in Lissabon, PANIK in London und DELWOOD in Biarritz.

Den Artikel European Street-Art Stands Up Against Deep-Sea Bottom Trawling vom 14.07.2014 findet ihr auf der Seite von BLOOM.

UPDATE:

  • 30.06.2016: Das Europaparlament, der Ministerrat und die Europäische Kommission einigen sich darauf, dass die Grundschleppnetzfischerei ab einer Tiefe von 800 Metern verboten wird. Außerdem werden einige Gebiete, in denen empfindliche Meeresökosysteme vermutet werden, aus den Fischfanggebieten ausgeschlossen. Nachlesbar ist dies in unserem Blogbeitrag EU zieht ersten Schlussstrich unter Grundschleppnetzfischerei in der Tiefsee.
  • 01.12.2020: Inzwischen diskutiert die EU, ob in weiteren Teilen der Gewässern der EU die Grundschleppnetzfischerei eingeschränkt werden soll.

Greenpeace: Schutz der Tiefsee durch eine Handvoll von Fischerei-Nationen vereitelt

Ein mehrfarbiges Schleppnetz hängt über die Reling eines blauen Schiffes. Mehrere Seile, Tampen und Ketten liegen übereinander

© David Clode / Unsplash

Pressemitteilung, 23.11.2006, Greenpeace

Nationale Interessen verhindern UN Moratorium auf Verbot der Tiefsee-Grundschleppnetze

Wien (OTS) – New York – Das Zustandekommen des dringend
notwendigen globalen Moratoriums zum Schutz der Tiefsee mit einem zeitweiligen Verbot von Tiefsee-Grundschleppnetzen auf Hoher See wurde heute Nacht von einer kleinen Gruppe von Fischerei-Nationen zunichte gemacht. Während die Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft, zusammen mit Meeresbiologen und Umweltschutzorganisationen, sich für dringend benötigte Maßnahmen zum globalen Schutz der Meere stark machte, stellte vor allem Island seine eigenen nationalen Fischerei-Interessen in den Vordergrund.

„Durch die Blockadehaltung Islands wurde jede wirklich greifende Maßnahme vereitelt, herausgekommen ist eine zahnlose Resolution, löchrig wie ein Fischernetz“, kritisiert Antje Helms, Meeresbiologin von Greenpeace. „Die jetzige Resolution ändert nichts am verantwortungslosen Fischerei-Management unserer Meere.“

Während große Fischereinationen wie Australien, die Pazifischen Inselstaaten, Neuseeland, die USA, Brasilien, Indien, Südafrika -Deutschland und Großbritannien an der Spitze der EU- weitreichende Maßnahmen bei den UN-Verhandlungen einforderten, endete das bei internationalen UN-Verhandlungen unerlässliche Streben nach einem Konsens auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner.

„Die Tiefsee ist eines der ältesten und facettenreichsten Ökosysteme unseres Planeten. Große Gebiete davon sind noch nicht einmal erforscht, da werden sie schon durch diese zerstörerischen Fangmethoden dem Erdboden gleichgemacht“, stellt Helms fest. „Unsere Meere sind keine unerschöpfliche Ressource, deren Ausbeutung so weiter gehen kann wie bisher.“

Erst kürzlich prognostizierte eine in der Wissenschaftszeitschrift ‚Science‘ veröffentlichte Studie einer Gruppe von Meeresbiologen den Kollaps der kommerziellen Fischerei bis zur Mitte des Jahrhunderts. Neuesten Berechnungen zufolge operieren die Grundschleppnetz-Flotten völlig unrentabel, gäbe es nicht massive öffentliche Subventionen, mit deren Hilfe sich sich über Wasser halten.

„Jetzt sind Regierungen und Einzelhandel in jenen Ländern, die für das Verbot der Grundschleppnetzfischerei in der Tiefsee eintraten, aufgerufen, andere Hebel in Bewegung zu setzen. Fische aus Grundschleppnetzfängen sollten nicht in den Handel gelangen und verkauft werden. Ebenso muss ein weltweites Netz an Meeresschutzgebieten eingefordert werden, um unsere Meere vor der Plünderung durch uneinsichtige Fischereiflotten zu schützen“, stellt Helms fest. Die Fischerei-Resolution der UN soll am 7. Dezember von der Generalversammlung der UN adoptiert werden.

Diese Pressemitteilung findet ihr bei Greenpeace.

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