Plastic Pollution - wie wir die Meere mit Plastik vermüllen und wie nicht

Bioplastik ist nicht immer „grün“

Eine Tüte aus Bioplastik mit Äpfeln drin

© John Cameron / Unsplash

Pressemitteilung, 22.10.2010, pressetext

Gesamter Lebenszyklus genauso schädlich wie bei Erdöl-Polymeren

(pte021/22.10.2010/13:40) – Plastik, das aus Pflanzenbasis hergestellt wurde, ist mindestens genauso umweltschädlich wie Kunststoffe aus Erdöl. Das zeigt sich, wenn man sowohl die Nachhaltigkeit des Materials selbst als auch den Lebenszyklus der nötigen Ressourcen berücksichtigt, kommen Forscher der University of Pittsburgh http://www.pitt.edu in der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ zum Schluss.

Zwar haben Biopolymere den Vorteil, dass sie biologisch abbaubar und weniger toxisch sind und erneuerbare Ressourcen verwenden. Was ihre Gesamtbilanz aber zunichte macht, ist die Herstellung der Ausgangsstoffe. „Die Landwirtschaft und die chemische Verarbeitung, die zur Produktion nötig sind, verschlingen ebenfalls Energie und setzen Unmengen an Düngemittel und Pestiziden in die Umwelt frei“, berichtet Studienleiter Michaelangelo Tabone.

Umwelt leidet an Produktion

Die Forscher untersuchten dazu zwölf verschiedene Polymere, die als Grundlage Zucker und Maisstärke (PLA-NW und PLA-G), Maisstängel (PHA-S), Maiskörner (PHA-G), Erdöl (PVC, PC, HDPE, PET, LDPE) oder Propengas (PP) verwenden sowie auch eine Hybridplastik, die sowohl auf Erdöl als auch Pflanzen basiert (B-PET). Zunächst analysierten sie den gesamten Lebenszyklus einer 30 Gramm schweren Kugel des jeweiligen Polymers in Hinsicht auf Umwelt, Gesundheit, Energieeinsatz, Rohmaterialien und zur Produktion nötige Chemikalien. Dann prüften sie, wie verträglich und energieintensiv das Endprodukt und dessen Abbau ist.

Jedes Bioplastik hat ihre Tücken, so das Ergebnis. Alle Biopolymere überdüngen die Gewässer und zerstören die Ozonschicht. Zwei der Maisvarianten tragen maßgeblich zur Versäuerung der Umwelt bei, jene auf Maiskörner-Basis braucht zudem beträchtliche Mengen fossiler Treibstoffe. Selbst im Vergleich der krebserregenden Inhaltsstoffe liegt Bioplastik nur im Mittelfeld. Insgesamt am schlechtesten schnitt Hybrid-Plastik ab, das laut den Forschern alle möglichen Nachteile sowohl der Erzeugung als auch der Abbaubarkeit in sich vereint.

Besser vermeiden als ersetzen

Umweltexperten sehen die Suche nach dem am wenigsten umweltschädlichen Kunststoff mit Skepsis. „Die Frage sollte bereits lauten, ob wir diese kurzlebigsten Verpackungsstoffe überhaupt brauchen“, kritisiert Markus Meissner vom österreichischen Ökologieinstitut http://www.ecology.at gegenüber pressetext. Bioplastik sei derzeit noch teuer, werde jedoch von Lebensmittelketten bereits für erste Produktverpackungen verwendet. „Man ersetzt ein Einwegprodukt durch ein anderes. Den ernormen Entwicklungsaufwand dafür sollte man besser für Abfallvermeidung und Wiederverwendung einsetzen“, so der Experte für Ressourcenmanagement.

Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2008 hat das Ökologieinstitut mit dem deutschen Öko-Institut und der Schweizer carbotech AG die von den Veranstaltern als „umweltfreundlich“ beworbenen Getränkebecher aus Maisplastik untersucht. Die ökologische Nutzen der biologischen Abbaubarkeit ist zu vernachlässigen gegenüber dem Erzeugungsaufwand, so das Ergebnis (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/080110025/ ).

Diese Pressemitteilung findet ihr bei pressetext.

In einer anderen Studie wurde der Abbau im Meer von Bioplastik mit dem von Plastik aus Erdölbasis verglichen – Unterschiede wurden erschreckend wenige festgestellt.

UN-Meereskonferenz in Indonesien

Überfüllter Müllcontainer auf einer Düne mit Müll daneben

© RitaE / Pixabay

Rund 1000 von der UN eingeladene Wissenschaftler:innen, Politiker:innen und NGOs aus 72 Nationen diskutieren auf der UN-Weltmeereskonferenz in Indonesien über die Verschmutzung der Meere durch Müll und Abwässer sowie über mögliche Lösungsansätze. Die Probleme, die Plastikmüll im Meer verursacht, sind hinreichend bekannt: Er wird von Tieren aufgenommen, die mit vollem Magen verhungern. Doch das Problem wird durch den Zerrieb des Plastiks im Meerwasser noch verstärkt, es entsteht Mikroplastik. Dadurch wird die Gesamtoberfläche stark vergrößert, Zusatzstoffe wie Weichmacher oder Flammschutzmittel werden freigesetzt und Chemikalien und Gifte wie DDT und PCB vom Mikroplastik leichter aufgenommen. Fische, Muscheln und Würmer fressen dieses Mikroplastik, da sie es mit Plankton verwechseln, und wer als Mensch Fisch konsumiert, nimmt somit ebenfalls  Plastikpartikel und angereicherte Chemikalien auf. Das Plastik wird Teil der Nahrungskette.

Aber auch über die in die Ozeane geleiteten Abwässer sollten wir uns Gedanken machen, denn bisher ist der Medikamenten- und Düngemitteleintrag zu hoch. Durch die erhöhte Nährstoffkonzentration an den Küsten kommt es zu einer verstärkten Algenblüte. Wenn diese Algen anschließend absterben, verbrauchen sie dabei Sauerstoff, die Folge sind sogenannte Todeszonen, in denen nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist, sodass kein bis kaum Leben möglich ist. Medikamente wie die Antibabypille oder Antidepressiva wirken schon bei sehr geringer Konzentration und schaden ebenfalls den Organismen.

Die UN-Meereskonferenz will nun Lösungsansätze erarbeiten, die den Schadstoffeintrag in die Ozeane stoppen sollen. Dazu gehört eine revolutionierte Landwirtschaft und eine aufgeklärte Gesellschaft, sowie einzelne Verbote und Richtlinien.

Den Artikel Rettung der Ozeane von Dagmar Röhrlich vom 14.05.2009 findet ihr beim Deutschlandfunk.

Nicht nur die Meere leiden unter der Plastikflut. Unser Blogbeitrag Zu viel Mikroplastik im Boden von 25.03.2019 verdeutlicht, dass Kunststoffe auch an Land und in der Luft Probleme verursachen.

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