Jedes Jahr gegen Anfang Oktober sind wir am Meer, an der Westküste Dänemarks, da wo die Nordsee wirkt wie das, was sie ist: ein Randmeer des Atlantiks. Wenn man hier ankommt aus den Gebirgen der Städte und das erste Mal über die Dünen steigt und das Meer wiederfindet, sieht man – das Ende der Welt. Hier versteht man, warum wir Menschen das so lange so gedacht haben. Hier ist das Meer bei sich. Wir können uns zu ihm gesellen, wenn wir diese Wucht aushalten.
Manchmal wenn die Sonne leuchtet, blendet es uns auch hier mit seiner Schönheit. Und wir laufen barfuß im Spülsaum, glücklich, mit all den anderen hier, barfuß im Spülsaum …
Und dann kommen die Stürme, so wie sie jetzt vor unserer Ankunft gewütet haben müssen. Die Dünen sind abgebrochen, der Strand abhanden gekommen, bei Flut muss man sich zwischen Spülsaum und Abbruchkante hindurchzwängen. Und die freieren Stellen sind übersät mit dunklen Bollen, die aussehen wie Steine, aber keine sind. Keiner hier konnte uns sagen, was das ist. Für mich sieht es aus, als ob der Meeresboden sich brockenweise auf den Strand erbrochen hätte. Immerhin riecht es nicht so bestialisch wie letztes Jahr, als der Sturm den Strand mit Krebsen übersät hatte, ein tagelanges Festmahl für die Möwen, bis der nächste Sturm den Strand verwandelte, als ob nie etwas gewesen wäre.
Dieses Jahr sind es die Schweinswalkadaver, die die Vögel anlocken, man erkennt sie an den Rippen und an der kleinen Fluke, die übrig gelassen wird. Warum liegen sie hier, weil der Wind sie gegen die Dünen geschleudert hat? Ich denke an die Schweinswale in dem anderen Meer, die den Explosionen an Nordstream 1 und 2 zum Opfer gefallen sind, da vor Bornholm, wo eine der wenigen noch ungestörten Populationen anzutreffen war. Und dass die hohe Methankonzentration den Verbliebenen den Rest geben wird.
Irgendetwas gerät immer mehr in Unordnung. Und das Meer kann die Gedanken nicht davon abhalten, in dieses eigentlich geliebte Nachbarland zu wandern, das sich gerade eine faschistische Regierung gewählt hat, ich denke an unsere eigene nahe Vergangenheit und unsere Verantwortung, für Gerechtigkeit und Climate Justice zu kämpfen. Aber der Strand wird immer schmaler …
Dieser Beitrag und unsere anderen Reflexionen stammen ursprünglich von unserem Instagram Kanal @deepwave_ocean_org.