„Same procedure as every year“: Der Internationale Rat der Meeresforschung (ICES) legte der EU auch in diesem Jahr die Empfehlungen für die Fangquoten 2020 in Europäischen Meeren vor. Diese Empfehlungen basieren auf wissenschaftlich fundierten Berechnungen, die eine nachhaltige Fischerei der Bestände möglich machen. Eine empfohlene Fangquote ist so festgelegt, dass, wenn sie eingehalten wird, sichergestellt wird, dass ein Bestand nachhaltig befischt wird. Das heißt, dass nur maximal so viel Fisch gefangen wird, wie auch durch Fortpflanzung „nachwachsen“ kann und so der Bestand nicht weiter schrumpft. So die Theorie. Meist werden in den langen Verhandlungen der Fischereiminister die empfohlenen Fangquoten dann doch ein bisschen oder auch in großem Maße überschritten. Diese Praxis wird auch seit 2013 fortgesetzt, wo mit der Gemeinsamen Fischereipolitik (Common fisheries policy) der EU ein Ende der Überfischung bis 2020 (also de facto in zwei Monaten) beschlossen wurde. Dennoch gelten in der EU 41% der Fischbestände als überfischt. In der Ostsee hat sich die Situation in den letzten Jahren noch dramatisch verschlechtert. Während 2013 vier von acht kommerziell genutzten Arten als überfischt galten, waren es 2017 schon sieben. Und dennoch werden höhere Fangquoten festgelegt als von den Experten des ICES empfohlen.
In den meisten Fällen wurde bei den diesjährigen Verhandlungen der Rat des ICES umgesetzt (z.B. Östlicher Dorschbestand und Scholle). Zwar einigte man sich auch darauf, die erlaubten Fangmengen für den westlichen Hering und westlichen Dorsch drastisch zu senken, um 60 bzw. 65%, doch entspricht das nicht den Empfehlungen des ICES, welcher 68 bzw. 71% Absenkungen gefordert hatte. Dazu erklärte das BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft): „Mit der Einigung haben wir eine Balance zwischen der Wiederherstellung unserer Fischbestände und der Abfederung der gravierenden Auswirkungen auf unsere Fischer gefunden. Immerhin konnten wir erreichen, dass die Kürzungen bei den Herings- und den Dorsch-Quoten in der westlichen Ostsee gegenüber dem Kommissionsvorschlag nicht ganz so stark ausfallen.“ Da sich mit einer Überschreitung der vorgeschlagenen Quote (also dem Maximum, was entnommen werden darf, um einem weiteren Sinken der Bestände vorzubeugen) die Situation der Fischer auch in Zukunft nicht verbessern dürfte, darf man der obigen Aussage eine sehr kurzfristiges Denken unterstellen.
Es gibt aber auch durchaus optimistische Nachrichten für den Fisch und die Fischer:
- Der östliche Dorschbestand, der sich in einem kritischen Zustand befindet, ist nur als Beifang erlaubt, Ausnahmen für die kleine Küstenfischerei unter 12 Meter Länge sind vorgesehen.
- Für einige Bestände wurden Schutzzeiten festgelegt, in denen sie nicht befischt werden dürfen
- Andere ebenfalls für die dramatische Situation der Fische in der Ostsee verantwortliche Faktoren, wie z.B. der Klimawandel, die Verschmutzung der Ostsee und die Eutrophierung aufgrund von Nährstoffeinträgen aus der Landwirtschaft, sollen gründlich untersucht werden. Dies soll helfen, den Einfluss der Fischerei auf den Zustand der Bestände, genauer bewerten zu können.
- Möglichkeiten zur Förderung einer vorübergehenden und dauerhaften Stilllegung von Fischereifahrzeugen werden geprüft.
So bleibt zu hoffen, dass sich in den nächsten Jahren das Umdenken fortsetzt und auf einen nachhaltigen Umgang mit unseren Meeren statt auf kurzfristigen wirtschaftlichen Fischereierfolg gesetzt wird. Um selber etwas dafür zu tun, Überfischung noch schneller zu beenden, kann man zum einen weniger oder gar keinen Fisch mehr essen, zum anderen diese Petition von Our Fish gegen Überfischung in der EU unterschreiben.
Franziska Bils für DEEPWAVE
Quellen und weitere Information zu diesem Thema findet ihr beim WWF, bei der Coalition Clean Baltic, beim BMEL, bei der Europäischen Kommission und auf unserer DEEPWAVE website.